alba-lib-2024-04-12-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Das gegenständliche Produkt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellt. Ein Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation ist ein COI-Dokument, das beruhend auf den Bedürfnissen in Verfahren des Asyl- und Fremdenwesens (RD, EASt, ASt, BVwG) mittels Recherche von vorhandenen, vertrauenswürdigen und vorrangig öffentlichen Informationen gemäß den Standards der Staatendokumentation erstellt wird. Ein LIB gibt eine einzelfallunabhängige Darstellung über die Lage betreffend relevanter Tatsachen in Herkunftsländern bzw. in EU-Mitgliedsstaaten. Die LIB dienen den Bedarfsträgern der Instanzen des Asyl- und Fremdenwesens. Für sie gilt § 5 Abs. 5 letzter Satz BFA-G, d.h. sie sind als solche nicht Teil der allgemein zugänglichen, öffentlichen Staatendokumentation. Sie werden aber durch Verwendung im Verfahren (Parteiengehör, Verwendung im Bescheid) der jeweiligen Partei zugänglich und durch Verwendung im Bescheid öffentlich gemacht. Wie bereits erwähnt, ist dieses Produkt als Arbeitsbehelf für österreichische Behörden und Gerichte entworfen worden. In diesem Sinne stehen Lesbarkeit, flexible Nutzbarkeit und einfache Verwertbarkeit in Entscheidungen im Vordergrund. Grundsätzlich wird jede Information mit mindestens einer Quelle belegt; aus vorgenannten Gründen wird jedoch auf die Hervorhebung von Originalzitaten verzichtet – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich daraus für die Entscheidungsfindung kein Mehrwert ergibt. Das gegenständliche Produkt erhebt bezüglich der zur Verfügung gestellten Informationen keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aus dem vorliegenden Produkt ergeben sich keine Schlussfolgerungen für die rechtliche Beurteilung eines konkreten Verfahrens. Das LIB stellt keine allgemeine oder individuelle Entscheidungsvorgabe dar. Das vorliegende Dokument kann insbesondere auch nicht als politische Stellungnahme seitens der Staatendokumentation oder des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gewertet werden. Zugunsten der besseren Les- und Verwendbarkeit wird im vorliegenden Produkt auf eine genderneutrale Schreibweise verzichtet. So nicht explizit angemerkt, sind immer alle Geschlechter gemeint. Qualitäts- und Aktualisierungshinweis Das LIB beinhaltet Arbeitsübersetzungen fremdsprachiger Quellen. Auswahl, Verwertung und Verwendung von Informationen im vorliegenden Produkt unterliegen dem Qualitätsmanagement der Staatendokumentation. Dieses LIB wird mittels Einbezug relevanter Kurzinformationen der Staatendokumentation auf aktuellem Stand gehalten. Eine Gesamtaktualisierung des LIB erfolgt bei gegebenem Bedarf. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 2 von 30

Länderspezifische Anmerkungen Keine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 3 von 30

Inhaltsverzeichnis 1. Neueste Ereignisse – integrierte Kurzinformationen.................................................................5 2. Covid-19....................................................................................................................................5 3. Politische Lage..........................................................................................................................5 4. Sicherheitslage..........................................................................................................................7 5. Rechtsschutz / Justizwesen......................................................................................................8 6. Sicherheitsbehörden...............................................................................................................10 7. Folter und unmenschliche Behandlung...................................................................................10 8. Korruption................................................................................................................................11 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten.....................................................................................13 10. Wehrdienst und Rekrutierungen.............................................................................................14 11. Allgemeine Menschenrechtslage............................................................................................14 12. Haftbedingungen.....................................................................................................................16 13. Todesstrafe..............................................................................................................................17 14. Religionsfreiheit.......................................................................................................................17 15. Minderheiten...........................................................................................................................18 15.1. Roma / Balkan-Ägypter......................................................................................................19 16. Relevante Bevölkerungsgruppen............................................................................................20 16.1. Frauen................................................................................................................................20 16.2. Kinder.................................................................................................................................21 16.3. Homosexuelle / sexuelle Minderheiten...............................................................................22 17. IDPs und Flüchtlinge...............................................................................................................23 18. Bewegungsfreiheit...................................................................................................................24 19. Grundversorgung und Wirtschaft............................................................................................25 20. Medizinische Versorgung........................................................................................................26 21. Rückkehr.................................................................................................................................28 22. Blutrache.................................................................................................................................29 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 4 von 30

1. Neueste Ereignisse – integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. 2. Covid-19 Hinweis: COVID-19: Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports. Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd4029942 3467b48e9ecf6 . 3. Politische Lage Die Republik Albanien ist eine parlamentarische Demokratie. Die Verfassung überträgt die gesetzgebende Gewalt an das Einkammerparlament (die Versammlung), das sowohl den Premierminister als auch den Präsidenten wählt. Der Premierminister steht an der Spitze der Regierung, während der Präsident nur über eingeschränkte exekutive Befugnisse verfügt (USDOS 20.3.2023). Staatsoberhaupt ist seit Juli 2022 Staatspräsident Bajram Begaj (President.al o.D.). Seit dem politischen Umbruch in den Jahren 1990/91 hat sich die Republik Albanien zu einer parlamentarischen Demokratie mit einem Mehrparteiensystem entwickelt. Infolge historischer, politischer und kultureller Ursachen leidet das demokratische System an Defiziten. Das politische Leben ist durch eine starke Polarisierung mit wiederholten Boykott und Straßendemonstrationen geprägt. Interessensgruppen üben einen starken Einfluss auf die Parteien aus, und die parteipolitische Zugehörigkeit sowie Abhängigkeiten haben tiefgreifende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben (AA 7.7.2023). 2020 wurde vom albanischen Parlament eine Wahlrechtsreform beschlossen (bpb 22.4.2021). Der Einsatz moderner Technik wie die biometrische Wähleridentifizierung sollen dazu beitragen, Wahlbetrug und Stimmenkauf zurückzudrängen (WDZ 25.4.2021). Die letzten Parlamentswahlen fanden am 25. April 2021 statt (USDOS 20.3.2023; vgl. KAS 3.2021), mit Nachwahlen für sechs Gemeinden im März 2022 (BS 19.3.2024). Premierminister Edi .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 30

Rama von der Sozialistischen Partei hat diese gewonnen; die sozialistische Partei bleibt somit weiterhin stärkste Kraft (ORF 27.4.2021; vgl. Standard 25.4.2021), vor der Demokratischen Partei (PD) und der mit ihr verbündeten Sozialistische Bewegung für Integration (LSI) [Anm.: der aktuellen Freiheitspartei] (DW 27.4.2021). Einem Bericht der internationalen Wahlbeobachter von OSCE/ODHIR zufolge waren Stimmabgabe und Auszählungsprozess nur von kleineren Versäumnissen und Zwischenfällen begleitet. Gleichzeitig stellte der Bericht jedoch auch fest, dass u.a. der Kauf von Stimmen ein ernstes Problem in Albanien bleibt (OSCE 4.2021; vgl. USDOS 20.3.2023). Das Gesetz sieht die systematische Überprüfung von Parlamentariern und Kandidaten auf eine kriminelle Vergangenheit vor. Trotz verschiedener Verbesserungen wird noch immer eine Kultur der Straflosigkeit und der fehlenden Implementierung von Regelwerken beklagt, weiters Nepotismus aufgrund der clanbasierten Gesellschaftsstrukturen (AA 7.7.2023). Im Wesentlichen wird die Politik des Landes von folgenden drei Parteien bestimmt: der aus der (kommunistischen) Partei der Arbeit Albaniens hervorgegangenen Sozialistischen Partei von Premierminister Edi Rama; der in zwei Flügel gespaltenen Demokratischen Partei unter dem ehemaligen Premier Sali Berisha und dem auf Lulzim Basha gefolgten Enkelejd Alibea sowie der vom ehemaligen Staatspräsidenten Ilir Meta geführten Freiheitspartei (vormals: Sozialistische Bewegung für Integration LSI) (AA 7.7.2023). Nachdem Albanien bereits im Juni 2014 als Würdigung der erzielten Fortschritte der EU- Kandidatenstatus verliehen worden war, hat der Rat der Europäischen Union auf Empfehlung der Europäischen Kommission die Aufnahme von Beitrittsgesprächen empfohlen. Die Beitrittsverhandlungen wurden dann im Juli 2022 von den Staats- und Regierungschefs aufgenommen (BKA 19.7.2022). Albanien ist seit 1991 Mitglied der OSZE, seit 1995 Mitglied des Europarates, seit 1.4.2009 NATO- Mitglied (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 3.4.2024 - BKA – Bundeskanzleramt [Österreich] (19.7.2022): Startschuss für EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/europa- aktuell/2022/startschuss-fuer-eu-beitrittsverhandlungen-mit-nordmazedonien-und-albanien.html, Zugriff 5.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 30

- bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (22.4.2021): Parlamentswahl in Albanien, https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/331775/parlamentswahl-in-albanien, Zugriff 5.4.2024 - DW - Deutsche Welle (27.4.2021): Wahlsieg für Sozialisten in Albanien, https://www.dw.com/de/wahlsieg-f%C3%Bcr-sozialisten-in-albanien/a-57355842, Zugriff 30.3.2024 - KAS - Konrad Adenauer-Stiftung (3.2021): Länderbericht Albanien. Albanien vor den Parlamentswahlen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2047134/Albanien+vor+den+Parlamentswahlen.pdf. Zugriff 30.3.2024 - ORF Österreichischer Rundfunk (27.4.2021): Albanien-Wahl: Regierende Sozialisten weiter auf Siegeskurs, https://orf.at/stories/3210808/, Zugriff 30.3.2024 - OSCE - Organization for Security and Co-operation in Europe (4.2021): International Election Observation Mission. Republic of Albania, Parliamentary elections on 25 April 2021, https://www.osce.org/files/f/documents/2/7/484688.pdf, Zugriff 30.3.2024 - President.al (o.D.): Ilir Meta - The President of the Republic of Albania, https://president.al/en/biografia/, Zugriff 28.4.2022 - Standard (25.4.2021): Edi Ramas Sozialisten bei Albanien-Wahl in Führung, https://www.derstandard.at/story/2000126129584/buerger-in-albanien-waehlen-neues- parlament, Zugriff 30.3.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 - WDZ - Westdeutsche Zeitung (25.4.2021): Prognose: Opposition bei Parlamentswahl in Albanien vorne, https://www.wz.de/politik/ausland/prognose-opposition-bei-parlamentswahl-in- albanien-vorne_aid-57543855, Zugriff 30.3.2024 4. Sicherheitslage Der albanische Staat hat das Gewaltmonopol auf seinem Staatsgebiet. Der Kampf des Staates gegen informelle Gruppen, die sich seiner Autorität widersetzen, insbesondere gegen mächtige Mafia- und kriminelle Netzwerke, hat sich konsolidiert (BS 19.3.2024). Die Sicherheitslage kann insgesamt als relativ stabil bezeichnet werden. Dennoch kann es in Tirana und anderen großen Städten zu Proteste und Kundgebungen kommen (EDA 23.11.2023), die vereinzelt auch von Gewalttätigkeiten und Ausschreitungen begleitet sein können (BMEIA 26.2.2024). Das Risiko von Terroranschlägen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 23.11.2023). Quellen: - BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (26.2.2024), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/albanien#:~:text=Sicherheit %20%26%20Kriminalit%C3%A4t&text=Die%20Sicherheitssituation%20in%20Albanien %20ist,Demonstrationen%20und%20Menschenansammlungen%20zu%20meiden, Zugriff 5.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 - EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (23.11.2023): Reisehinweise für Albanien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/albanien/reisehinweise-fueralbanien.html, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 30

5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein wesentliches Merkmal der Verfassung. Gleichzeitig hindern politischer Druck, Einschüchterung, Korruption und begrenzte Ressourcen die Justiz daran, vollständig, unabhängig und effizient zu arbeiten (USDOS 20.3.2023). Gerichtsentscheidungen werden de facto häufig durch unzulässige externe Einflussnahme und Korruption beeinträchtigt (BS 19.3.2024). Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz ist gering (FH 2023). Seit 2016 experimentiert Albanien mit einer umfassenden Justizreform, die von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Institutionen unterstützt und beaufsichtigt wird (FH 2023; vgl. BS 19.3.2024). Hauptbestandteil dieser Reform ist die Professionalisierung der Justiz inklusive Korruptionsbekämpfung durch Überprüfung aller Richter und Staatsanwälte (Vetting) (AA 7.7.2023) und somit von rund 800 Mitgliedern des Justizwesens auf ungerechtfertigtes Vermögen, Professionalität und Verbindungen zu kriminellen Organisationen (BS 19.3.2024). Im Rahmen dieses international überwachten Verfahrens entlässt die Regierung jene Richter und Staatsanwälte, die über unerklärlichen Reichtum verfügen oder Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben. Nach Angaben der Überprüfungsinstitutionen haben von den 556 Richtern, Staatsanwälten und anderen Beamten, die seit 2016 überprüft wurden, 37 % das Verfahren bestanden, 43 % wurden entlassen und 18 % traten zurück oder gingen in den Ruhestand (USDOS 20.3.2023). Die Überprüfung der Mitglieder des Justizwesens sollte eigentlich im Juni 2022 abgeschlossen sein, ging aber langsamer voran als geplant (BS 19.3.2024) und soll nun bis Ende 2024 finalisiert werden (AA 7.7.2023). Infolge der zahlreichen Entlassungen bewirkte die Justizreform im gesamten System einen Mangel an Richtern und somit auch einen Rückstau an Fällen (BS 19.3.2024). Positiv ist zu vermerken, dass das Mandat der für die Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten zuständigen Gremien vom Parlament verlängert wurde (FH 2023; vgl. BS 19.3.2024). Weiters wurde die Sonderstruktur zur Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität (SPAK), zu der die Sonderstaatsanwaltschaft (SPO) und das National Bureau of Investigations (NBI) gehören, mit neuen Mitarbeitern aufgestockt (BS 19.3.2024). Auch das Verfassungsgericht und der Oberste Gerichtshof wurden durch neue Ernennungen verstärkt (BS 19.3.2024). Hierdurch konnten die in Folge des Vettings entstandenen Vakanzen ausgeglichen (AA 7.7.2023) und der Oberste Gerichtshof wieder in die Lage versetzt werden, seine Aufgaben entsprechend zu erfüllen (USDOS 20.3.2023). Die Vakanzen betreffen nunmehr die Berufungsgerichte und die einfachen Gerichte. Eine Neuorganisation der Gerichtslandschaft (Zusammenlegen von Gerichten) soll in einer .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 30

Transitionsphase alle Lücken schließen und Abhilfe schaffen. Bestandteil der Justizreform sind u.a. auch eine neue Strafprozessordnung und das Jugendstrafrecht (AA 7.7.2023). Laut der Europäischen Kommission habe die Justizreform insgesamt einen zufriedenstellenden rechtlichen und institutionellen Rahmen geschaffen, aber trotz einiger Fortschritte und fortgesetzter Bemühungen bei der Korruptionsbekämpfung sei die Korruption in Albanien nach wie vor besorgniserregend (EC 8.11.2023). Verfassung und Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ohne unangemessene Verzögerungen vor. Angeklagte gelten bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Sie sind unverzüglich und ausführlich über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu informieren. Zudem haben sie das Recht auf anwaltliche Vertretung; bei Bedarf wird auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt. Die Angeklagten haben das Recht, Zeugen und Beweise zu präsentieren sowie Berufung einzulegen und bei Bedarf kostenlos einen Dolmetscher beizuziehen. Im Allgemeinen wurden diese Rechte respektiert, auch wenn die Verfahren nicht immer öffentlich waren und sich der Zugang zu einem Anwalt bisweilen als problematisch erwiesen hat (USDOS 20.3.2023). Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet und an westliche Standards angepasst. Viele Rechtsverstöße werden aufgrund der schwachen staatlichen Institutionen nicht oder zumindest nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Untersuchungshäftlinge müssen teilweise sehr lange auf ihren Prozess warten und Verfahren können mitunter mehrere Jahre lang dauern. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 2.4.2024 - BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Albania, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105800/country_report_2024_ALB.pdf, Zugriff 5.4.2024 - EC - European Commission (8.11.2023): Albania 2023 Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2101210/SWD_2023_690+Albania+report.pdf, Zugriff 5.4.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2097689.html, Zugriff 3.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 30

6. Sicherheitsbehörden Dem Innenministerium unterstehen die republikanische Garde und die Staatspolizei, zu der auch die Grenz- und Migrationspolizei zählen. Die Staatspolizei ist für die innere Sicherheit verantwortlich. Die republikanische Garde schützt hochrangige Staatsbedienstete, ausländische Würdenträger und bestimmte Grundstücke im Staatsbesitz. Die Streitkräfte unterstehen dem Verteidigungsministerium, der Geheimdienst dem Premierminister. Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus (USDOS 20.3.2023). Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. In Folge werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Auch für die Polizei hat ein Durchleuchtungsprozess ähnlich dem Vetting der Richter und Staatsanwälte begonnen. Personelle Veränderungen haben zu einem effizienteren Agieren der Polizei geführt. Die Staatspolizei ist in vier Abteilungen unterteilt: die Generaldirektion zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität (Kriminalpolizei), die Generaldirektion Migration und Grenze (Grenzpolizei), die Generaldirektion Öffentliche Sicherheit (uniformierte Polizei) sowie seit 2015 eine Direktion zur Bekämpfung des Terrorismus. 2018 wurde eine Special Task Force zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Organisierten Kriminalität eingerichtet, BKA/LKAs unterstützen sie personell und materiell in großem Umfang. Polizei und Staatsschutz sind vollständig getrennt: Während die Polizei dem Innenminister untersteht, ist der Leiter des Staatsschutzes eigenständiges Kabinettsmitglied (AA 7.7.2023). Im Zuge einer Organisationsreform der Staatspolizei soll eine Stärkung der Bereiche Cyber- Kriminalität, Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und Bekämpfung des Terrorismus erfolgen. Des Weiteren wird die Grenzpolizei ihre Ermittlungskompetenz zurückerhalten, die zuvor durch die Kriminalpolizei wahrgenommen wurde (AA 7.7.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.6.2021): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2053949/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG_%28Stand_April_2021%29%2C_14.06.2021.pdf, Zugriff 28.4.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 7. Folter und unmenschliche Behandlung Verfassung und Gesetz verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Bestrafungen (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 30

In Albanien findet keine systematische staatliche Repression wegen Rasse, Geschlecht, Religions- zugehörigkeit, Nationalität oder politischer Überzeugung statt (AA 7.7.2023). Das Büro des Ombudsmanns, das als Wächter über die Regierung fungiert, stellte insgesamt eine allgemeine Verbesserung der Polizeipraxis fest, wobei die Regierung größere Anstrengungen unternahm, um gegen die Straflosigkeit der Polizei vorzugehen. Im Februar 2022 wurde eine neue, von der albanischen Staatspolizei (ASP) völlig unabhängige Polizeiaufsichtsbehörde eingerichtet, die die Strafverfolgung auf allen Ebenen untersuchen soll. Sie führte unabhängige Untersuchungen durch und nahm Beschwerden über Polizeimissbrauch und Korruption entgegen, die zu 385 Einzeluntersuchungen, 106 Verhaftungen und 61 Suspendierungen von Polizeibeamten vom Dienst führten (USDOS 20.3.2023). Albanien hat die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Bestrafungen samt Fakultativprotokoll ebenso wie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ratifiziert. Art. 25 der Verfassung verbietet explizit Folter und jedwede grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach überein- stimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen, insbesondere seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei, vorrangig während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden (AA 7.7.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.7.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2094873/Ausw%C3%A4rtiges_Amt %2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_von_Albanien_als_sicheres_Herkunftsland_im_ Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylG%2C_07.07.2023.pdf, Zugriff 2.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Albania, https://www.ecoi.net/en/document/2089105.html, Zugriff 5.4.2024 8. Korruption Auch wenn Albanien bei der Bekämpfung der Korruption einige Fortschritte gemacht hat, gibt diese weiterhin Anlass zu ernster Sorge. Korruption ist in vielen Bereichen des öffentlichen und geschäftlichen Lebens weit verbreitet. Präventivmaßnahmen zeigen weiterhin nur begrenzte Wirkung. Die spezialisierten Strukturen zur Korruptionsbekämpfung (SPAK) haben in mehreren Fällen auf höchster Ebene Ermittlungen durchgeführt und Verhaftungen angeordnet. Diese nunmehr höhere Zahl rechtskräftiger Verurteilungen ist wesentlich, um die Kultur der Straflosigkeit .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 30
