2025-09-08-coi-cms-laenderinformationen-somalia-version-8-50fd
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_health_care_nov_2020.pdf?la=en-GB&hash=3F6C5E28C30AF49C2A5183D32E1B68E3BA52E 60C, Zugriff 12.3.2024 ■ FH - Freedom House (2024b): Freedom in the World 2024 - Somalia, https://freedomhouse.org/cou ntry/somalia/freedom-world/2024, Zugriff 8.7.2024 ■ FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (7.8.2020a): Somalia: Tiedonhankintamatka Mogadishuun maaliskuussa 2020, Mogadishun turvallisuustilanne ja humanitääriset olosuhteet, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf/f58d6cd5- 271a-55fd-9b89-b3d32e4ff80b/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf?t=1596797440011, Zugriff 12.3.2024 ■ FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (7.8.2020b): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu in March 2020, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia Fact-Finding Mis sion to Mogadishu in March 2020.pdf/2f51bf86-ac96-f34e-fd02-667c6ae973a0/Somalia Fact-Finding Mission to Mogadishu in March 2020.pdf?t=1602225617645, Zugriff 12.10.2023 ■ INGO-F/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumen tation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Internationale NGO F, Senior Aid Official (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 ■ ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf , Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich] ■ Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (24.10.2022): Power, access, and social capital in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 467, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ SPC - Somalia Protection Cluster (9.2.2022): Protection Analysis Update, February 2022, https://re liefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/SOM_PAU_Somalia-Protection-Analysis_Feb2022.pdf, Zugriff 15.11.2023 ■ TANA/ACRC - Tana Copenhagen (Herausgeber), African Cities Research Consortium (Autor) (9.3.2023): Understanding Systems in Mogadishu City, https://tanacopenhagen.com/wp-content/upl oads/2023/03/ACRC-Tana-Mogadishu-City-System-Analysis.pdf , Zugriff 23.5.2024 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and State lessness in the Horn of Africa, https://www.ecoi.net/en/file/local/2065866/61c97bea4.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (14.3.2022): Somalia Humanit arian Bulletin, February 2022, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA SOMALIA HUMANITARIAN BULLETIN - FEBRUARY 2022.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (5.8.2023): Muna Mohamed Abdi: Helping include marginalised communities in Kismayo, https://unsom.unmissions.org/muna-mohamed-abd i-helping-include-marginalised-communities-kismayo , Zugriff 17.1.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices - Somalia, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-p ractices/somalia, Zugriff 23.4.2024 18.2.1 Ethnische Minderheiten, aktuelle Situation Letzte Änderung 2025-01-16 14:12 Ethnische Minderheiten haben eine andere Abstammung und in manchen Fällen auch eine an dere Sprache als die restlichen Einwohner des somalischen Sprachraums. Die soziale Stellung der einzelnen ethnischen Minderheiten ist unterschiedlich (SEM 31.5.2017). Mitunter werden sie als Fremde erachtet (SPC 9.2.2022). So können Angehörige ethnischer Minderheiten auf Pro bleme stoßen - bis hin zu Staatenlosigkeit - wenn sie z. B. in einem Flüchtlingslager außerhalb Somalias geboren wurden (UNHCR 22.12.2021a). Generell sind Angehörige von Minderheiten keiner systematischen Verfolgung mehr ausgesetzt, wie dies Anfang der 1990er der Fall war (MBZ 6.2023). In den Städten ist die Bevölkerung allge mein gemischt, Kinder gehen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit in die Schule und 224

Menschen ins Spital (UNFPA/DIS 25.6.2020). Nach anderen Angaben können Angehörige eth nischer Minderheiten Diskriminierung und Benachteiligung ausgesetzt sein - etwa beim Zugang zu sozialer Absicherung oder zu humanitärer Hilfe. Auch im Xeer werden sie marginalisiert (MBZ 6.2023). In Mogadischu mangelt es den Minderheiten auch an politischem Einfluss. Andererseits ändert sich die Situation langsam zum Besseren, die Einstellung v. a. der jüngeren Generation ändert sich; die Clanzugehörigkeit ist für diese nicht mehr so wichtig wie für die Älteren (FIS 7.8.2020a). Die Bantu (Jareer) sind die größte Minderheit in Somalia (SEM 31.5.2017; vgl. FIS 7.8.2020a). Sie stammen teils von Bauernvölkern ab, die bereits vor der Expansion der Somali an den Flüssen existiert haben; teils stammen sie von nach Somalia importierten Sklaven ab. „Adoon“ – ein abwertendes Wort, das noch immer von einigen ethnischen Somalis für die Jareer ver wendet wird – bedeutet wörtlich „ Sklave“. Ein weiteres abwertendes Wort für somalische Bantu – „ tiimo jareer“ („ hartes Haar“) – bezieht sich vorgeblich auf die dichten Locken ihrer Haare im Gegensatz zu den „ weichen Locken“ ethnischer Somali. Die Bantu selbst haben dies aufge griffen und bezeichnen sich als „ Jareer“ oder „ die Harten“. Als sie ihre zahlenmäßige Stärke erkannt haben, änderte sich der Name in „ Jareer Weyne“ – „ die großen Harten“. Was einst eine Beleidigung war, ist heute ein Ehrenzeichen (Sahan/Menkhaus 23.8.2023). Traditionell waren somalische Bantu in verschiedenen, getrennten Gemeinschaften im Süden Somalias verstreut. Hier gibt es z. B. die Makanne, Shiidle, Gobaweyne, Mushunguli und Shan gani (Sahan/Menkhaus 23.8.2023), die Kabole, Reer Shabelle und Oji. Traditionell leben sie als sesshafte Bauern in den fruchtbaren Tälern der Flüsse Juba und Shabelle (SEM 31.5.2017; vgl. UNHCR 22.12.2021a). Bantu werden oft für manuelle Tätigkeiten eingesetzt. Sie über nehmen Arbeiten, die von ethnischen Somali als zu gering erachtet werden (Sahan/Menkhaus 23.8.2023). Die Bantu waren jahrzehntelang systematischer Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt durch die somalische Regierung und die somalische Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt (Sahan/ SWT 3.11.2023). Sie sind die am stärksten marginalisierte, ausgegrenzte und ausgebeutete somalische Gemeinschaft. Von Machtpositionen auf lokaler und nationaler Ebene sind sie viel fach ausgeschlossen (Sahan/Menkhaus 23.8.2023; vgl. MBZ 6.2023). Die Bantu werden überall in Somalia rassistisch stigmatisiert (ACCORD 31.5.2021, S. 25) und diskriminiert (ACCORD 31.5.2021, S. 25; vgl. USDOS 22.4.2024). Die meisten Somali schauen auf die sesshaften Bantu herab (SEM 31.5.2017; vgl. UNHCR 22.12.2021a; MBZ 6.2023). Sie werden als Bürger zweiter Klasse erachtet (Sahan/SWT 3.11.2023; vgl. BS 2024) und befinden sich am untersten Ende der Gesellschaft (LIFOS 19.6.2019). Der mangelnde Zugang zu Bildung, Beschäftigung und politischer Vertretung hat einen Kreislauf aus Armut und Ausgrenzung verursacht und die Möglichkeiten für wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg eingeschränkt. Dies wiederum verstärkt gesellschaftliche Stereotypen (Sahan/SWT 3.11.2023; vgl. TANA/ACRC 9.3.2023). In Städten wie Kismayo mangelt es den Bantu an Ressourcen und Unterstützung (Sahan/SWT 1.12.2023). 225

Auch in IDP-Lagern werden sie diskriminiert, Bantu-Frauen mangelt es dort an Schutz durch die traditionelle Clanstruktur (USDOS 22.4.2024; vgl. LIFOS 19.6.2019), Bantu haben kaum Zu gang zum Xeer (LIFOS 19.6.2019) und sind folglich besonders schutzlos (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. FIS 7.8.2020a). Die Diskriminierung von Bantu ist auch in der Bundesarmee und im so malischen Rechtssystem allgegenwärtig. Oft wird ihnen der Zugang zur Justiz verweigert, sie tragen ein höheres Risiko, vor Gericht ungerecht behandelt zu werden (Sahan/SWT 3.11.2023); im Justizsystem sind Bantu kaum vertreten (TANA/ACRC 9.3.2023). Nach anderen Angaben sind einige Bantu-Gruppen mit lokal mächtigen Clans Allianzen einge gangen, um sich dadurch zu schützen (FIS 7.8.2020a). Eine Quelle erklärt, dass die meisten von ihnen als niedrige Kaste einem dominanten somalischen Clan angehören (Sahan/Menkhaus 23.8.2023). Gleichzeitig erklärt der Experte Ken Menkhaus zur jüngeren Entwicklung der Bantu in Somalia: Bis vor Kurzem hatten die unterschiedlichen Bantu-Gruppen kein Gefühl einer ge meinsamen Identität. Auch ihre Probleme und ihr Identitätsgefühl waren lokal und nicht national. Sich als „ Jareer“ zu bezeichnen ist neu. Bis vor Kurzem waren die Bantu unbewaffnet und daher politisch schwach und anfällig für Raubüberfälle. Der Aufstieg von al Shabaab hat das geändert. Die Rekrutierungstaktiken der militanten Gruppen konzentrieren sich seit Langem darauf, Miss stände auszunutzen, wobei die Jareer ein offensichtliches Ziel sind. Der Beitritt zu al Shabaab wurde oft als attraktive Option angesehen, da er den Jugendlichen der Jareer ein Gehalt, eine Waffe, Status und Schutz verschafft hat. Obwohl die meisten Jareer heute der al Shabaab ge genüber misstrauisch und viele aus dem Territorium der militanten Gruppe geflohen sind, hat die Tatsache, dass so viele zu bewaffneten Kämpfern geworden sind, begonnen, ihren Status zu verändern (Sahan/Menkhaus 23.8.2023). Heute finden sich unter den hunderttausenden IDPs im Großraum Mogadischu zu fast 80 % Bantu (FIS 7.8.2020a). Jahrzehnte der Urbanisierung haben aus den Subsistenzbauern der Flusstäler Stadtmenschen gemacht (Sahan/SWT 1.12.2023). Menkaus erklärt diesbezüglich: Somalische Bantu stellen heute einen signifikanten Prozentsatz der städtischen Bevölkerung in Südsomalia. Dies könnte bei allgemeinen Wahlen durchaus von Bedeutung werden und ist einer der Hauptgründe, warum politisch einflussreiche Clans in den Städten darauf bestehen, die Jareer als IDPs zu bezeichnen, die per Definition anderswo hingehören. Tatsächlich ist ihre Umsiedlung aber dauerhaft geschehen. Die Jareer bilden heute eine große städtische Unter schicht mit begrenzten Aussichten auf soziale Mobilität und ein besseres Leben außerhalb der sogenannten IDP-Lager. Wahr ist aber auch, dass zumindest einige städtische Jareer nunmehr bewaffnet und in der Lage sind, Banden oder Milizen in Mogadischu zu leiten und Straßenpro teste zu mobilisieren. Das ist eine außergewöhnliche Entwicklung, die noch vor nicht allzu langer Zeit undenkbar gewesen wäre (Sahan/Menkhaus 23.8.2023). So geschehen ist dies etwa, als ein Offizier der Bundesarmee - ein Bantu - verhaftet worden war. Sowohl in Baidoa als auch in Mogadischu kam es daraufhin zu Protesten von Bantus. Dies wäre früher undenkbar gewesen (Sahan/SWT 16.8.2024). Mischehen werden stigmatisiert (LIFOS 19.6.2019). Viele Fußsoldaten von al Shabaab, die aus Middle Shabelle stammen, gehören zu Gruppen mit niedrigem Status – etwa zu den Bantu. 226

Al Shabaab hat diese Mitglieder dazu ermutigt, Frauen und Mädchen von „ noblen“ Clans (z. B. Hawiye, Darod) zu heiraten (Ingiriis 2020). Einem Bericht zufolge sind aus den USA deportierte somalische Bantu - manchmal schon am Flughafen in Mogadischu - von Bewaffneten entführt worden, um Lösegeld zu erpressen (UNHCR 22.12.2021a). Benadiri ist ein Dachbegriff für verschiedene voneinander unabhängige urbane Minderheiten, die in den Küstenstädten des Südens leben (z. B. Mogadischu, Merka, Baraawe) und sich tra ditionell im Handel betätigen. Sie haben eine gemischte Abstammung aus Somalia, Arabien, Persien, Indien und Portugal (SEM 31.5.2017; vgl. UNHCR 22.12.2021a). Vor 1991 hatten sie einen privilegierten Status. Ohne bewaffnete Miliz waren sie im Bürgerkrieg aber schutzlos. Heu te werden Benadiri gemeinhin als Händler respektiert (SEM 31.5.2017). In Mogadischu stellen die Benadiri die zweitgrößte Minderheitengruppe. Einige von ihnen haben es geschafft, reich zu werden (FIS 7.8.2020a). Im Gegensatz zu den Bantu kommt ihnen kein geringerer Status zu, Mischehen sind kein Problem (Landinfo 14.6.2018; vgl. MBZ 6.2023). Es kann ihnen gegenüber zu Diskriminierung kommen, doch werden keine Sicherheitsprobleme berichtet (MBZ 6.2023). Laut einem Experten werden Benadiri zwar marginalisiert und haben keinen Einfluss; dafür kön nen sie aber an ihren angestammten Orten wohnen (AQSOM 4 6.2024). Vielen Reer Xamar (Teil der Benadiri) ist es gelungen, ihre vormaligen Immobilien im Bezirk Xamar Weyne (Mogadischu) durch Zahlungen zurückzuerhalten. Dort stellen sie auch die Bevölkerungsmehrheit (Landinfo 21.5.2019b). Die Bajuni sind ein kleines Fischervolk, das auf den Bajuni-Inseln im Süden Somalias sowie in Kismayo (SEM 31.5.2017; vgl. UNHCR 22.12.2021a), aber auch entlang der kenianischen Küste bis Lamu lebt. Der UNHCR zählt die Bajuni zu den Benadiri (UNHCR 22.12.2021a). Kinder von Mischehen der al Shabaab: Einige somalische Mädchen und Frauen haben aus ländische Kämpfer (z. B. aus Europa, USA, Asien) der al Shabaab geheiratet. Die aus solchen Ehen hervorgegangenen Kinder sind teils leicht zu identifizieren (ICG 27.6.2019a). Quellen ■ ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (31.5.2021): Somalia - Al-Schabaab und Sicherheitslage; Lage von Binnenvertriebenen und Rück kehrer·innen [sic]; Schutz durch staatliche und nicht-staatliche Akteure; Dokumentation zum COI- Webinar mit Markus Höhne und Jutta Bakonyi am 5. Mai 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/ 2052555/20210531_COI-Webinar Somalia_ACCORD_Mai 2021.pdf, Zugriff 17.5.2022 ■ AQSOM 4 - Anonymisierte Quelle Somalia 4 (6.2024): Expertengespräche ■ BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia, https://bti-project.org/filea dmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_SOM.pdf, Zugriff 18.3.2024 ■ DIS/UNFPA - United Nations Population Fund (Autor), Danish Immigration Service [Denmark] (Her ausgeber) (25.6.2020): Skype-Interview des DIS mit UNFPA, in: DIS (11.2020): Somalia - Health System, S.79-84, https://www.nyidanmark.dk/-/media/Files/US/Landenotater/COI_report_somalia _health_care_nov_2020.pdf?la=en-GB&hash=3F6C5E28C30AF49C2A5183D32E1B68E3BA52E 60C, Zugriff 12.3.2024 ■ FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (7.8.2020a): Somalia: Tiedonhankintamatka Mogadishuun maaliskuussa 2020, Mogadishun turvallisuustilanne ja humanitääriset olosuhteet, 227

https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf/f58d6cd5- 271a-55fd-9b89-b3d32e4ff80b/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf?t=1596797440011, Zugriff 12.3.2024 ■ ICG - International Crisis Group (27.6.2019a): Women and Al-Shabaab’s Insurgency, https://www. ecoi.net/en/file/local/2011897/b145-women-and-al-shabaab_0.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ Ingiriis - M.H. Ingiriis (2020): The anthropology of Al-Shabaab: the salient factors for the insurgency movement’s recruitment project, in: Small Wars & Insurgencies, Vol. 31/2, 2020, pp. 359-380, zitiert in: EASO - European Asylum Support Office (9.2021): Somalia – Targeted Profiles, S.18, https:// www.ecoi.net/en/file/local/2060580/2021_09_EASO_COI_Report_Somalia_Targeted_profiles.pdf ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (21.5.2019b): Somalia Rer Hamar-befolkningen i Mogadishu, https://www.ecoi.net/en/file/local/2009629/Respons _Somalia_Rer_Hamar-befolkningen_i_Mogadishu_21052019.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (14.6.2018): Somalia: Marriage and divorce, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013990/Report-Somalia-Marriag e-and-divorce-14062018-2.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ LIFOS - LIFOS-Migrationsverket [Schweden] (19.6.2019): Minoritetsgruppen bantu i Somalia Version 1.0, https://lifos.migrationsverket.se/dokument?documentAttachmentId=46795, Zugriff 12.3.2024 ■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (6.2023): General country of origin informa tion report on Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2103761/General_COI_report_Somalia_Ju ne_2023.pdf, Zugriff 29.4.2024 ■ ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf , Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich] ■ Sahan/Menkhaus - Sahan (Herausgeber), Ken Menkhaus (Autor) (23.8.2023): Political Unrest and the Somali Jareer Weyne, in: The Somali Wire Issue No. 582, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (16.8.2024): Somalia’s Humanita rian Crisis: Need and Greed, in: The Somali Wire Issue No. 719, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (1.12.2023): Clans and displacement in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 622, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (3.11.2023): Discrimination in Somali security sector and selective justice undermine war efforts, in: The Somali Wire Issue No. 612, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minder heiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SO M-clans-d.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ SPC - Somalia Protection Cluster (9.2.2022): Protection Analysis Update, February 2022, https://re liefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/SOM_PAU_Somalia-Protection-Analysis_Feb2022.pdf, Zugriff 15.11.2023 ■ TANA/ACRC - Tana Copenhagen (Herausgeber), African Cities Research Consortium (Autor) (9.3.2023): Understanding Systems in Mogadishu City, https://tanacopenhagen.com/wp-content/upl oads/2023/03/ACRC-Tana-Mogadishu-City-System-Analysis.pdf , Zugriff 23.5.2024 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and State lessness in the Horn of Africa, https://www.ecoi.net/en/file/local/2065866/61c97bea4.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices - Somalia, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-p ractices/somalia, Zugriff 23.4.2024 18.2.2 Berufsständische Minderheiten, aktuelle Situation Letzte Änderung 2025-01-16 14:11 Berufsständische Gruppen unterscheiden sich weder durch Abstammung noch durch Sprache und Kultur von der Mehrheitsbevölkerung (SEM 31.5.2017). Sie sind somalischen Ursprungs, wurden aber von den traditionellen Clan-Lineages ausgeschlossen (UNHCR 22.12.2021a). Im 228

Gegensatz zu den „ noblen“ Clans wird ihnen nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Pro phet Mohammed zurückverfolgen zu können (SEM 31.5.2017). Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet (UNHCR 22.12.2021a, S. 57; vgl. SEM 31.5.2017) - etwa Jäger, Lederverarbeiter, Schuster, Friseure, Töpferinnen, traditionelle Heiler oder Hebammen (MBZ 6.2023). Diese Gruppen stehen damit auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie in der Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraums, mehrheitlich aber in Städten. Ein v. a. im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (SEM 31.5.2017; vgl. AQSOM 4 6.2024). Ein anderer Sammelbegriff ist Midgan (UNHCR 22.12.2021a). Diskriminierung: Für die Gabooye hat sich die Situation im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Insbesondere unter jungen Somali ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden; mittlerweile ist es für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Es gibt keine gezielten Angriffe gegen oder Misshandlungen von Gabooye (SEM 31.5.2017). In Mogadischu sind Angehörige von Min derheiten keiner systematischen Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potenziell gegenüber Kriminalität vulnerabler (Landinfo 21.5.2019b). Ein Experte erklärt, dass Gabooye zwar nicht angegriffen werden, diese aber davor Angst haben. Minderheiten werden demnach nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit angegriffen, es sei denn, dass sie bei einem Vorhaben im Weg stehen (AQSOM 4 6.2024). Allerdings sind Angehörige berufsständischer Kasten Belästigung und Ausbeutung ausgesetzt (Sahan/SWT 1.12.2023). Sie werden als Bürger zweiter Klasse erachtet (BS 2024; vgl. AQSOM 4 6.2024). Zu ihrer Diskriminierung trägt bei, dass sie sich weniger strikt organisieren und sie viel ärmer sind. Daher sind sie nur in geringerem Maß in der Lage, Kompensation zu zahlen oder Blutrache anzudrohen (Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA 3.7.2018; vgl. SEM 31.5.2017). Es kommt zu Beschimpfungen, Ausschluss von bestimmten Berufen, Einschränkungen beim Land besitz sowie zu Diskriminierung im Bildungs- und Gesundheitssystem (AQSOM 4 6.2024). Ins gesamt ist die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten in der Regel eine tendenziell schlechtere Kenntnis des Rechts systems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zur Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten z. B. Schulen fehlen. Außerdem verlassen viele Kinder die Schule früher, um zu ar beiten. Viele Familien sind auf derartige Einkommen angewiesen. Die meist schlechtere Bildung wiederum führt zur Benachteiligung bei der Arbeitssuche, bei der die Clanzugehörigkeit ohnehin oft zu Diskriminierung führen kann. Da berufsständische Gruppen nur über eine kleine Diaspora verfügen, profitieren sie zudem in geringerem Ausmaß von Remissen als Mehrheitsclans (SEM 31.5.2017). Aufgrund der oft schlechten Ausbildung treffen Gabooye außerhalb ihrer traditionellen Berufe am Arbeitsmarkt auf Schwierigkeiten (MBZ 6.2023). Dennoch sind vereinzelt auch Angehörige 229

berufsständischer Gruppen wirtschaftlich erfolgreich. Auch wenn sie weiterhin die ärmste Be völkerungsschicht stellen, finden sich einzelne Angehörige in den Regierungen, im Parlament und in der Wirtschaft (SEM 31.5.2017). Mischehe: In dieser Frage kommt es weiterhin zu einer gesellschaftlichen Diskriminierung, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch (SEM 31.5.2017; vgl. ÖB Nairobi 10.2024). Aufgrund dieser Stigmatisierung (FH 2024a) kommen Mischehen äußerst selten vor (SEM 31.5.2017; vgl. FIS 5.10.2018). Diesbezüglich bestehen aber regionale Unterschiede: Im Clan-mäßig ho mogeneren Norden des somalischen Kulturraums sind Mischehen seltener und gleichzeitig stärker stigmatisiert als im Süden (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. SEM 31.5.2017). Hawiye und Ra hanweyn sehen die Frage der Mischehe weniger eng. Außerdem ist der Druck auf Mischehen insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt (SEM 31.5.2017). In Mogadischu sind Misch ehen möglich (FIS 5.10.2018). Auch al Shabaab hat Hindernisse für Mischehen beseitigt, in ihren Gebieten kommt es zunehmend zu solchen Eheschließungen (ICG 27.6.2019a). Die Gruppe hat Fußsoldaten, die zu Gruppen mit niedrigem Status gehören, dazu ermutigt, Frauen und Mädchen von „ noblen“ Clans (z. B. Hawiye, Darod) zu heiraten (Ingiriis 2020). Eine Mischehe führt so gut wie nie zu Gewalt oder gar zu Tötungen. Seltene Vorfälle, in denen es etwa in Somaliland im Zusammenhang mit Mischehen zu Gewalt kam, sind in somaliländischen Medien dokumentiert (SEM 31.5.2017). Trotzdem können diese Ehen negative Folgen für die Ehepartner mit sich bringen – insbesondere, wenn der Mann einer Minderheit angehört (ÖB Nairobi 10.2024). So kommt es häufig zur Verstoßung des aus einem „ noblen“ Clan stammenden Teils der Eheleute durch die eigenen Familienangehörigen. Letztere besuchen das Paar nicht mehr, kümmern sich nicht um dessen Kinder oder brechen den Kontakt ganz ab; es kommt zu sozialem Druck (SEM 31.5.2017). Diese Art der Verstoßung kann vor allem in ländlichen Gebieten vorkommen. Eine Mischehe sorgt auf jeden Fall für Diskussionen und Getratsche, nach einer gewissen Zeit wird sie nach Angaben einer Quelle aber meist akzeptiert (FIS 5.10.2018). Quellen ■ AQSOM 4 - Anonymisierte Quelle Somalia 4 (6.2024): Expertengespräche ■ BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia, https://bti-project.org/filea dmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_SOM.pdf, Zugriff 18.3.2024 ■ FH - Freedom House (2024a): Freedom in the World 2024 - Somaliland, https://www.ecoi.net/de/do kument/2109065.html, Zugriff 8.7.2024 ■ FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia_- Fact_Finding Mission to Mogadishu and Nairobi January 2018.pdf/2abe79e2-baf3-0a23-97d1- f6944b6d21a7/Somalia_Fact_Finding Mission to Mogadishu and Nairobi January 2018.pdf.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ ICG - International Crisis Group (27.6.2019a): Women and Al-Shabaab’s Insurgency, https://www. ecoi.net/en/file/local/2011897/b145-women-and-al-shabaab_0.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ Ingiriis - M.H. Ingiriis (2020): The anthropology of Al-Shabaab: the salient factors for the insurgency movement’s recruitment project, in: Small Wars & Insurgencies, Vol. 31/2, 2020, pp. 359-380, zitiert in: EASO - European Asylum Support Office (9.2021): Somalia – Targeted Profiles, S.18, https:// www.ecoi.net/en/file/local/2060580/2021_09_EASO_COI_Report_Somalia_Targeted_profiles.pdf 230

■ Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (21.5.2019b): Somalia Rer Hamar-befolkningen i Mogadishu, https://www.ecoi.net/en/file/local/2009629/Respons _Somalia_Rer_Hamar-befolkningen_i_Mogadishu_21052019.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (6.2023): General country of origin informa tion report on Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2103761/General_COI_report_Somalia_Ju ne_2023.pdf, Zugriff 29.4.2024 ■ ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf , Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich] ■ Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (1.12.2023): Clans and displacement in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 622, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich] ■ SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minder heiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SO M-clans-d.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and State lessness in the Horn of Africa, https://www.ecoi.net/en/file/local/2065866/61c97bea4.pdf , Zugriff 12.3.2024 ■ Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Global and Area Studies (3.7.2018): Sachverständigengutachten zu 10 K 1802/14A 18.3 Somaliland Letzte Änderung 2025-01-16 14:11 [Zum Konflikt mit Teilen der Dhulbahante und dessen Auswirkungen auf Dhulbahante in Somali land siehe Sicherheitslage / Somaliland / Ethnische Spannungen bzw. Diskriminierung aufgrund des Konflikts um Laascaanood] Wie in den restlichen Landesteilen bekennt sich die Verfassung zum Gebot der Nichtdiskri minierung (AA 23.8.2024). In Somaliland sind Mitbestimmung und Schutz von Minderheiten vergleichsweise gut ausgeprägt (Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA 3.7.2018). Nach anderen Angaben besteht offiziell kein Minderheitenschutz (ÖB Nairobi 10.2024). Jedenfalls sind die Clanältesten der Minderheiten gleich wie jene der Mehrheitsclans offiziell anerkannt (SEM 31.5.2017). Große Clans dominieren Politik und Verwaltung, wodurch kleinere Gruppen margi nalisiert, gesellschaftlich manchmal diskriminiert werden. Ihr Zugang zu öffentlichen Leistungen ist schlechter (FH 2023; vgl. HRCSL 3.2024). Generell spielt die Clanzugehörigkeit eine große Rolle (AA 23.8.2024). Hauptclans in Somaliland: In der Region Awdal wohnen v. a. Angehörige der Dir / Gadabursi und Dir / Issa. In den Regionen Woqooyi Galbeed und Togdheer wohnen v. a. Angehörige der Isaaq-Subclans Habr Jeclo, Habr Yunis, Idagala und Habr Awal. In der Region Sool wohnen v. a. Angehörige der Darod / Dulbahante (Taleex, Xudun, Laascaanood), Isaaq / Habr Yunis (Xudun, Laascaanood) und Isaaq / Habr Jeclo (Caynabo). In der Region Sanaag wohnen v. a. Angehörige der Darod / Warsangeli (Las Qooray, Ceerigaabo), Isaaq / Habr Yunis (Ceerigaabo) und Isaaq / Habr Jeclo (Ceel Afweyn) (EASO 2.2016). Die einzelnen Clans der Minderheiten der Berufskasten in Somaliland werden unter dem Begriff „ Gabooye“ zusammengefasst (Mu se Dheriyo, Tumal, Madhiban, Yibir) (UNHRC 28.10.2015; vgl. SEM 31.5.2017). Zusätzlich gibt es noch alteingesessene Familien mit arabischem Hintergrund (HRCSL 3.2024). 231

Minderheiten: Einige Älteste (Suldaan) der Gabooye sind im Oberhaus (Guurti) des Parlaments vertreten (SEM 31.5.2017). Bei den Wahlen im Mai 2021 wurden Minderheitenangehörige ins somaliländische Unterhaus gewählt (EEAS 8.6.2021) - darunter ein Abgeordneter der Gabooye (ICG 12.8.2021). Eine systematische Verfolgung findet nicht statt (ÖB Nairobi 10.2024). Angehörige der Gabooye leiden allerdings unter sozialer und wirtschaftlicher Benachteiligung und werden am Arbeits markt diskriminiert (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. HRCSL 3.2024). Im Justizsystem treffen Minder heitenangehörige auf Vorurteile (FH 2024a) und Benachteiligung (HRCSL 3.2024). Es kann vorkommen, dass Vergehen gegenüber Angehörigen von Minderheiten seitens der Polizei nicht nachgegangen wird. Sie werden von den somaliländischen Gerichten in den letzten Jahren aber mehrheitlich fair behandelt, es kommt zu keiner systematischen Benachteiligung durch Polizei und Gerichte. Die offizielle Anerkennung von Gabooye-Suldaans hat zu einer Aufwertung der berufsständischen Gruppen geführt. Ihr gesellschaftlicher Ruf hat sich dadurch generell verbes sert. Damit geht auch soziale Sicherheit einher. Im Xeer (traditionelles Recht) haben Gabooye zwar ihre Rechte (SEM 31.5.2017), es kann aber vorkommen, dass Mehrheitsclans aufgrund ihrer Machtstellung Kompensationszahlungen nicht tätigen (Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA 3.7.2018). In Ceerigaabo leben alle Gabooye (ca. 500 Haushalte) außerhalb des Stadtzentrums. Der Besuch einer Grundschule ist in Sanaag möglich; doch hinsichtlich höherer Bildung stehen Ga booye oft vor finanziellen Hindernissen. In der Verwaltung der Region arbeitet nur ein Gabooye; zwei arbeiten bei Lokalräten (UNSOM 22.6.2022). Insgesamt hat sich die Situation laut zwei Quellen der FFM Somalia 2023 aber gebessert (YOVENCO/STDOK/SEM 5.2023; vgl. SOM NAT/STDOK/SEM 5.2023). Während sich in den frühen 1990ern kaum Gabooye in den Schulen fanden, und die wenigen, die dies taten, dort belästigt wurden, hat sich dies geändert. Laut einer Quelle der FFM Somalia 2023 gibt es kein Mobbing mehr, wenn auch weiterhin Vorurteile bestehen (SOMNAT/STDOK/SEM 5.2023). Nach anderen Angaben sind die Gabooye weiterhin nicht gleichgestellt, sie verfügen nur über geringe Ressourcen und sind weniger gebildet und werden als „ low status“ erachtet (YOVENCO/STDOK/SEM 5.2023). Es gibt einige NGOs, die sich explizit für Minderheiten einsetzen. Hinsichtlich berufsständischer Gruppen sind dies u. a.: Daami Youth Development Organization (DYDO), Somaliland Natio nal Youth Organization (SONYO Umbrella), Ubax Social and Welfare Organization (USWO), Voices of Somaliland Minority Women Organization (VOSOMWO) (SEM 31.5.2017). Mischehen: Vorbehalte gegen Mischehen bestehen weiterhin (SOMNAT/STDOK/SEM 5.2023), diese werden stigmatisiert (FH 2024a), von den Clans Isaaq und Darod vehement abgelehnt, vom Clan der Dir eher akzeptiert (SEM 31.5.2017). Gleichzeitig kommen Mischehen im clan mäßig homogeneren Norden tendenziell seltener vor als im stärker durchmischten Süden (ÖB Nairobi 10.2024. Die Konsequenz einer Mischehe ist oftmals die Verstoßung des Eheteils, der von einem „ noblen“ Clan stammt durch ebendiesen (SOMNAT/STDOK/SEM 5.2023). [Zu Clanauseinandersetzungen siehe Sicherheitslage / Somaliland] 232

Blutrache: Davon können laut einer Quelle selbst Personen betroffen sein, die nach Jahren in der Diaspora nach Hause zurückkehren. Während Sicherheitskräfte in größere Clankonflikte eingreifen, tun sie dies bei Blutfehden nur selten bzw. ist ein Eingreifen nicht immer möglich. Gleichzeitig sind Polizisten selbst Angehörige eines Clans, was die Sache erschwert (STDOK 8.2017). Nach neueren Angaben der FFM Somalia 2023 können Rachemorde im Fall eines Mordes vorkommen (z. B. wenn der eigene Bruder einen Angehörigen eines anderen Clans getötet hat). Meist gibt es für solche Fälle Abkommen zwischen Subclans im Rahmen des Xeer. Dort ist festgelegt, ob ein Mord durch einen Mord gebüßt wird oder durch eine Zahlung. Ein normaler Bürger in Hargeysa muss sich laut einer Quelle diesbezüglich keine Sorgen machen. In größeren Städten sind im Fall eines Mordes Sicherheitskräfte eingebunden, Täter werden verhaftet. In den östlichen Landesteilen - insbesondere in Sanaag und Sool - wird die Poli zei hingegen selten involviert, dort herrscht das traditionelle System vor (Omer/STDOK/SEM 4.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/app/nodes/30275841, Zugriff 4.9.2024 [Login erforderlich] ■ EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, https://www.ecoi.net /en/file/local/1158113/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf , Zugriff 13.10.2023 ■ EEAS - European Union / European External Action Service (8.6.2021): Statement by International Partners on Somaliland Parliamentary and Local Council Elections, https://eeas.europa.eu/delegat ions/somalia/99709/statement-international-partners_en#inbox/_blank, Zugriff 16.11.2023 ■ FH - Freedom House (2024a): Freedom in the World 2024 - Somaliland, https://www.ecoi.net/de/do kument/2109065.html, Zugriff 8.7.2024 ■ FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Somaliland, https://www.ecoi.net/de/do kument/2094400.html, Zugriff 13.10.2023 ■ HRCSL - Human Rights Centre (Somaliland) (3.2024): Annual Review of Human Rights Centre 2023, https://hrcsomaliland.org/wp-content/uploads/2024/03/Annual-Report-HRC-2023-web-1.pdf , Zugriff 31.5.2024 ■ ICG - International Crisis Group (12.8.2021): Building on Somaliland’s Successful Elections, https:// www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somaliland/b174-building-somalilands-successful-elections , Zugriff 13.10.2023 ■ ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf , Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich] ■ Omer/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumentati on des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Ahmed Omer (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 ■ SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minder heiten, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/SO M-clans-d.pdf, Zugriff 12.3.2024 ■ SOMNAT/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendoku mentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Somaliland National (Autor) (5.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023 ■ STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia; Sicherheitslage in Somalia; Bericht zur österreichisch-schwei zerischen FFM, https://www.ecoi.net/en/file/local/1406268/5209_1502195321_ffm-report-somalia-s icherheitslage-onlineversion-2017-08-ke.pdf , Zugriff 6.10.2023 ■ UNHRC - United Nations Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga, https://www.ecoi.net/en/file/local /1340193/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx , Zugriff 13.3.2024 233
