aser-lib-2022-05-27-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 4. Sicherheitslage Vor Reisen in die Region Bergkarabach (einschließlich der von Aserbaidschan kontrollierten Teile), die übrigen ehemaligen besetzten Gebiete und das gesamte Grenzgebiet zu Armenien wird gewarnt. Der bewaffnete Konflikt um die Region Bergkarabach sowie die im Südwesten und Westen Aserbaidschans gelegenen, bisher von armenischen Streitkräften besetzten Bezirke Agdam, Füsuli, Dschabrayil, Sangilan, Kubadli, Ladschin und Kalbadschar, ist durch den Waffenstillstand aufgrund der dreiseitigen Erklärung zwischen Aserbaidschan, Armenien und Russland vom 9. November 2020 zunächst zwar beendet, ein Befahren und Betreten dieser Bezirke ist ohne Genehmigung der aserbaidschanischen Behörden aus Sicherheitsgründen weiterhin untersagt (AA 27.5.2022; vgl. EDA 27.5.2022). (BMEIA 27.5.2022). Minen- und Sprengstoffgefahr gilt in gleichem Maße für die aserbaidschanisch-armenische Landesgrenze, einschließlich der Grenze zwischen der aserbaidschanischen Autonomen Republik Nachitschewan und Armenien (AA 27.5.2022). Demonstrationen und Proteste der Opposition finden in den übrigen Landesteilen gelegentlich statt und haben meist ein starkes Aufgebot von Sicherheitskräften zur Folge. Vereinzelte gewaltsame Auseinandersetzungen können insbesondere bei nicht genehmigten Protestaktionen nicht ausgeschlossen werden (AA 27.5.2022). Die Kriminalitätsrate ist niedrig (AA 27.5.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (27.5.2022): Aserbaidschan: Reise- und Sicherheitshinweise, Sicherheit, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aserbaidschan-node/ aserbaidschansicherheit/201888, Zugriff 27.5.2022 - BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (27.5.2022): Aserbaidschan, aktuelle Hinweise, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/aserbaidschan/, Zugriff 27.5.2022 - EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (27.5.2022): Reisehinweise für Aserbaidschan, Spezifische regionale Risiken, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/aserbaidschan/ reisehinweise-fueraserbaidschan.html#eda61e9c2, Zugriff 27.5.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 41

4.1. Bergkarabach Das ehemalig „Autonome Gebiet Bergkarabach“ und die sieben angrenzenden Bezirke wurden 1992-1994 von Armenien militärisch besetzt. Seit 1994 herrschte ein Waffenstillstand, der regelmäßig von beiden Seiten entlang der sog. „Kontaktlinie“ verletzt wurde. Die de facto „Republik Arzach“ (bis 2017: Republik Bergkarabach) wird von keinem Staat anerkannt und ist in jeder Hinsicht von der Republik Armenien abhängig. Aserbaidschan hat von September bis November 2020 mit Militärgewalt vier der besetzten Bezirke und einen Teil von Bergkarabach zurückerobert (AA 25.3.2022). Am 9. November 2020 unterzeichneten die Regierungschefs beider Länder auf russische Vermittlung eine „Dreiseitige Erklärung“, die u.a. einen Waffenstillstand ab 10. November 2020 (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022) mit einem Zeitplan für die Rückgabe der drei übrigen Bezirke, der Rückkehr der Flüchtlinge und dem Einsatz von russischen Friedenstruppen vorsieht. Die sieben zurückerhaltenden Bezirke sind seit 1994 weitgehend entsiedelt und zerstört, ein Wiederaufbau wird mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die aserbaidschanische Regierung hat erhebliche Mittel für entsprechende Infrastrukturarbeiten vorgesehen (AA 25.3.2022). Der Waffenstillstand von 2020, der den sechswöchigen Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan in und um Bergkarabach beendete, hielt weitgehend, doch sorgten regelmäßige Zwischenfälle für eine instabile Situation an den Nachkriegsfronten. Der Waffenstillstand ermöglichte den Beginn des Wiederaufbaus in Gebieten, in denen Aserbaidschan die Kontrolle wiedererlangt hatte (HRW 13.1.2022). Es gab glaubwürdige Berichte, wonach aserbaidschanische und ethnisch-armenische Kräfte während und in einigen Fällen nach den Kämpfen im November 2020 rechtswidrige Tötungen, Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen vornahmen (USDOS 12.4.2022; vgl. HRW 13.1.2022). Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bearbeitete Fälle von Personen, die im Zusammenhang mit dem Bergkarabach-Konflikt vermisst wurden, und arbeitete mit der Regierung zusammen, um eine konsolidierte Liste der Vermissten zu erstellen. Nach Angaben des IKRK werden seit den 1990er Jahren mehr als 5.000 Aserbaidschaner und Armenier als Folge des Konflikts vermisst (USDOS 12.4.2022). Die Staats- und Regierungschefs Armeniens und Aserbaidschans haben sich am 23.5.2022 bei einem Treffen in Brüssel darauf geeinigt, die Gespräche über einen Friedensvertrag für die Region Bergkarabach „voranzutreiben“. Bei einem weiteren Treffen der „Grenzkommissionen“ sollen Fragen des Grenzverlaufs und der „bestmöglichen Gewährleistung einer stabilen Situation“ behandelt werden. Die Staats- und Regierungschefs waren sich auch einig, dass die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 41

Verkehrsverbindungen zwischen den Ländern wieder freigegeben werden müssen (ORF 23.5.2022). Bei der Untersuchung von Kriegsverbrechen und anderen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht während des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan im Jahr 2020 und unmittelbar danach sowie bei der Verurteilung der mutmaßlichen Täter wurden keine nennenswerten Fortschritte erzielt (AI 29.3.2022). Die Mehrheit der 40.000 aserbaidschanischen Zivilisten, die während des Konflikts im Jahr 2020 in die von der Regierung kontrollierten Gebiete vertrieben wurden, kehrte in ihre Heimat zurück (AI 29.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066481.html, Zugriff 24.5.2022 - ORF – Österreichische Rundfunk (23.5.2022): EU: Friedensgespräche Armenien – Aserbaidschan, https://orf.at/stories/3267328/, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Rechtsprechung wird durch den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, Berufungsgerichte, erstinstanzliche Bezirksgerichte und Gerichte mit Sonderzuständigkeiten ausgeübt. Das 1998 errichtete Verfassungsgericht besteht aus neun Richter, die von der Nationalversammlung auf Vorschlag des Staatspräsidenten ernannt werden. Es kann von verschiedenen Verfassungsorganen sowie von allen Personen angerufen werden, die sich von einem Akt hoheitlicher Gewalt in ihren Grundfreiheiten verletzt fühlen (AA 25.3.2022). Ungeachtet zahlreicher Gesetze, die sich an westlichen Standards orientieren, bleibt die Rechtsanwendung hinter den Standards des Europarats zurück. Die Rechtsprechung ist zwar formell unabhängig, steht aber faktisch unter dem Einfluss der Regierungsgewalt. Insbesondere in den Verfahren, die von politischer Bedeutung sind (wie z.B. Strafverfahren gegen kritische Journalisten und oppositionelle Menschenrechtsaktivisten), scheinen die Urteile politischen Vorgaben zu folgen. Bei Urteilen zulasten der Regierung sind Umsetzung bzw. Vollstreckung problematisch (AA 25.3.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 41

In politisch relevanten Fällen wird der Grundsatz der Unschuldsvermutung, den die Verfassung in Art. 63 garantiert, regelmäßig nicht beachtet; Erklärungen der Staatsanwaltschaft und des Innenministeriums enthalten oft Vorverurteilungen (AA 25.3.2022). Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die nach Merkmalen wie Ethnie, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe diskriminiert, lässt sich grundsätzlich nicht feststellen. Personen, die des Umsturzversuches oder des Terrorismus bezichtigt werden, müssen aber in besonderem Maße mit langjährigen Haftstrafen rechnen. Es gibt Anhaltspunkte für politisch motivierte Strafverfahren (AA 25.3.2022). Obwohl das Gesetz grundsätzlich rechtsstaatliche Bestimmungen und Verfahren (Zugang zu Rechtsbeistand und Rechtsmittel, Kontakt mit Angehörigen, Anhörung vor einem Richter, Unschuldsvermutung, begrenzte Untersuchungshaft etc.) garantiert, hielt sich die Regierung im Allgemeinen nicht immer an diese Vorgaben, insbesondere in allen Fällen, die als politisch motiviert galten (USDOS 12.4.2022). Die Untersuchungshaft ist auf drei Monate begrenzt, kann aber von einem Richter auf bis zu 18 Monate verlängert werden, je nach dem mutmaßlichen Verbrechen und den Erfordernissen der Ermittlungen (USDOS 12.4.2022). Es gab zwar ein formelles Kautionssystem, aber die Richter machten im Laufe des Jahres keinen Gebrauch davon (USDOS 12.4.2022). Das Gesetz sieht vor, dass Personen, die aus strafrechtlichen oder anderen Gründen festgenommen oder inhaftiert wurden, das Recht haben, die Rechtsgrundlage, die Dauer oder den willkürlichen Charakter ihrer Inhaftierung vor Gericht anzufechten und eine unverzügliche Freilassung und Entschädigung zu erwirken, wenn sich herausstellt, dass sie unrechtmäßig festgehalten wurden. Die Justiz entschied in solchen Fällen jedoch nicht unabhängig (USDOS 12.4.2022). Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, waren die Richter funktionell nicht von der Exekutive unabhängig. Die Justiz war nach wie vor weitgehend korrupt und ineffizient. Glaubwürdigen Berichten zufolge nahmen Richter und Staatsanwälte insbesondere in politisch heiklen Fällen Anweisungen von der Präsidialverwaltung und dem Justizministerium entgegen. (USDOS 12.4.2022). Obwohl die Verfassung die Verwendung unrechtmäßig erlangter Beweise verbietet, gaben einige Angeklagte an, dass die Polizei und andere Behörden Zeugenaussagen durch Folter oder Missbrauch erlangt hätten. Menschenrechtsbeobachter berichteten außerdem, dass die Gerichte den Missbrauchsvorwürfen nicht nachgingen und es keinen unabhängigen gerichtsmedizinischen Sachverständigen gab, der die Behauptungen über den Missbrauch hätte bestätigen können. Die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 41

Ermittlungen konzentrierten sich häufig darauf, Geständnisse zu erlangen, anstatt physische Beweise gegen Verdächtige zu sammeln (USDOS 12.4.2022). Die Bürger haben das Recht, wegen Menschenrechtsverletzungen Schadenersatz oder die Beendigung von Menschenrechtsverletzungen einzuklagen. Alle Bürger haben das Recht, innerhalb von sechs Monaten nach Ausschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsmittel, einschließlich einer Berufung beim Obersten Gerichtshof und dessen Entscheidung, den EGMR anzurufen (USDOS 12.4.2022). Das Justizministerium berichtete, dass die Behörden im Laufe des Jahres mehr als 2.500 Bürgern die Verwendung von GPS-fähigen elektronischen Überwachungsarmbändern erlaubt haben, wodurch sie der Inhaftierung entgehen konnten (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 6. Sicherheitsbehörden Das Innenministerium und der Staatssicherheitsdienst sind für die Sicherheit im Lande zuständig und unterstehen direkt dem Präsidenten (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Das Innenministerium beaufsichtigt die lokalen Polizeikräfte und unterhält die internen Zivilschutztruppen. Der Staatssicherheitsdienst ist für inländische Angelegenheiten zuständig, und der Auslandsnachrichtendienst konzentriert sich auf Angelegenheiten des Auslandsnachrichtendienstes und der Spionageabwehr. Der Staatliche Migrationsdienst und der Staatliche Grenzdienst sind für die Migration und die Durchsetzung der Grenzkontrollen zuständig (USDOS 12.4.2022). Die zivilen Behörden behielten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 12.4.2022). Es gab weiterhin Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen in Polizeigewahrsam. Die Generalstaatsanwaltschaft ist befugt, zu untersuchen, ob die von den Sicherheitskräften begangenen Tötungen gerechtfertigt waren, und die Strafverfolgung zu betreiben (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 41

Das Land verfügt über ein Militärgerichtssystem mit zivilen Richtern. Das Militärgericht behält die ursprüngliche Zuständigkeit für alle Fälle im Zusammenhang mit Krieg oder Militärdienst (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 7. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl die Verfassung und das Strafgesetzbuch derartige Praktiken verbieten und eine Verurteilung mit bis zu 10 Jahren Haft bestrafen, gab es weiterhin glaubwürdige Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen (USDOS 12.4.2022: vgl. AI 29.3.2022). Die meisten Misshandlungen fanden während des Polizeigewahrsams statt, wo die Behörden Berichten zufolge missbräuchliche Methoden anwandten, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022, HRW 13.1.2022). Es gibt Hinweise darauf, dass religiös-politische Häftlinge in Gefängnissen einem höheren Risiko von Misshandlungen und Folter im Vergleich zu den „weltlichen“ politischen Gefangenen ausgesetzt sind (AA 25.3.2022). Beweise für extralegale Tötungen oder Fälle von „Verschwindenlassen“ liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor. Unmenschliche oder erniedrigende Strafen werden nach Kenntnis des Auswärtigen Amts nicht praktiziert (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtig Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066481.html, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 41

8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzte das Gesetz nicht wirksam um, so dass Beamte häufig ungestraft korrupte Praktiken ausübten. Die Regierung erzielte zwar einige Fortschritte bei der Bekämpfung der Korruption auf niedriger Ebene bei der Erbringung staatlicher Dienstleistungen, doch gab es immer wieder Berichte über Korruption durch Regierungsbeamte, auch auf höchster Ebene (USDOS 12.4.2022). Laut Corruption Perceptions Index von Transparency International belegte Aserbaidschan 2021 den 128. Platz von 180 gelisteten Staaten (TI 1.2022). Ähnlich wie in den Vorjahren bestraften die Behörden weiterhin Personen, die Korruption in der Regierung aufdeckten (USDOS 12.4.2022). Quellen: - TI – Transparency International (1.2022): Corruption Perceptions Index 2021, https://www.transparency.org/en/cpi/2021/index/aze, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 9. NGOs, Menschenrechtsaktivisten / Ombudsperson Die Regierung schränkte die Tätigkeit inländischer und internationaler Menschenrechtsgruppen weiterhin stark ein. Die Anwendung restriktiver Gesetze zur Einschränkung der Aktivitäten von NRO und anderer Druckmittel blieb auf demselben hohen Niveau wie in den letzten Jahren. Aktivisten berichteten auch, dass die Behörden sich weigerten, ihre Organisationen zu registrieren oder Zuschüsse zu gewähren, und dass sie die Aktivitäten ihrer Organisationen weiterhin untersuchten. Einige Menschenrechtsverteidiger konnten aufgrund verschiedener staatlicher Hindernisse, wie den eingefrorenen Bankkonten, ihre beruflichen Aufgaben nicht wahrnehmen (USDOS 12.4.2022). Die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern und Nichtregierungsorganisationen wird nach wie vor durch übermäßige gesetzliche und praktische Beschränkungen behindert. Im November empfahl der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Aserbaidschan, "alle Rechtsvorschriften aufzuheben, die die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen unangemessen einschränken" (AI 29.3.2022). Während die Regierung mit einigen internationalen Menschenrechts-NRO kommunizierte und auf deren Anfragen reagierte, kritisierte sie bei zahlreichen Gelegenheiten andere Menschenrechts- NRO und Aktivisten und schüchterte sie ein. Das Justizministerium verweigerte weiterhin die Registrierung oder erlegte Menschenrechts-NROs aus willkürlichen Gründen schwerwiegende administrative Beschränkungen auf (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 41

Führende Menschenrechtsorganisationen sahen sich einem feindlichen Umfeld gegenüber, wenn sie Menschenrechtsfälle untersuchten und ihre Erkenntnisse darüber veröffentlichten (USDOS 12.4.2022). Bürger können sich bei Verstößen des Staates oder von Einzelpersonen an die Ombudsperson für Menschenrechte für Aserbaidschan oder die Ombudsperson für Menschenrechte der Autonomen Republik Nachitschewan wenden. Die Ombudsperson kann die Annahme von Missbrauchsfällen verweigern, die mehr als ein Jahr alt oder anonym sind oder bereits von der Justiz bearbeitet werden. Menschenrechtsorganisationen kritisierten, dass es der Ombudsstelle in Fällen, die als politisch motiviert angesehen werden, an Unabhängigkeit und Wirksamkeit mangelt (USDOS 12.4.2022). Auch die Menschenrechtsbüros in der Nationalversammlung und im Justizministerium nahmen Beschwerden entgegen, führten Untersuchungen durch und gaben Empfehlungen an die zuständigen Regierungsstellen ab, wurden aber ebenfalls beschuldigt, Verstöße in politisch heiklen Fällen zu ignorieren (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 10. Wehrdienst und Rekrutierungen / Wehrersatzdienst Die Wehrpflicht gilt allgemein für Männer zwischen 18 und 35 Jahren (USDOS 12.4.2022; vgl. CIA 17.5.2022). Die Dienstverpflichtung beträgt 18 Monate für Nicht-Hochschulabsolventen oder 12 Monate für Hochschulabsolventen; 17 Jahre für den freiwilligen Dienst (Männer und Frauen). Diese gelten als aktive Wehrdienstleistende an Kadettenschulen (CIA 17.5.2022). Die Verfassung sieht in Art. 76 Abs. 1 die allgemeine Wehrpflicht vor. Artikel 76 Abs. 2 ergänzt, dass ein Wehrersatzdienst denen offen steht, deren Überzeugungen der Leistung eines aktiven Wehrdienstes entgegenstehen. Trotz wiederholter Mahnungen des Europarates wurde bis heute kein entsprechendes Gesetz verabschiedet, mit dem Hinweis auf den fortbestehenden Kriegszustand mit Armenien. Auch nach Rückeroberung der ehemals besetzten Gebiete ist kein entsprechendes Gesetz geplant (AA 25.3.2022). Es gibt verlässliche Berichte darüber, dass ein Freikauf vom Militärdienst bzw. Erwirkung einer Versetzung auf „angenehmere“ Verwendungsposten durch Zahlung von Schmiergeldern weit verbreitet ist (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Es gab Berichte, dass Männer, die bei medizinischen Untersuchungen für die Einberufung zugaben oder verdächtigt wurden, LGBTQI+ zu sein, manchmal rektalen Untersuchungen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 41

unterzogen wurden und oft mit der Begründung, sie seien psychisch krank, für den Militärdienst nicht geeignet waren (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.5.2022): The World Factbook, Azerbaijan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/azerbaijan/#military-and-security, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 11. Allgemeine Menschenrechtslage Die Verfassung enthält in den Art. 24 bis 71 einen umfassenden Menschenrechtskatalog (AA 25.3.2022). Die Verfassung garantiert die Gleichheit der Rechte und Freiheiten für alle, ungeachtet der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, des Vermögens, des Berufs, der Überzeugungen oder der Zugehörigkeit zu politischen Parteien, Gewerkschaften oder anderen öffentlichen Vereinigungen. Einschränkungen von Rechten und Freiheiten aus Gründen der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, der Weltanschauung oder der politischen oder sozialen Zugehörigkeit sind verboten (USDOS 12.4.2022). Allerdings gab es laut USDOS-Bericht glaubwürdige Berichte über unterschiedliche Menschenrechtsprobleme wie: rechtswidrige oder willkürliche Tötung; Folter harte und mitunter lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Inhaftierung; politische Gefangene; weit verbreitete Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Misshandlungen in Konflikten, einschließlich des Verschwindenlassens von Personen, Folter und anderer körperlicher Misshandlungen; schwerwiegende Einschränkungen der freien Meinungsäußerung und der Medien und des Internets, ein faktisches Verbot des Rechts, sich friedlich zu versammeln, und erhebliche Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit; Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; schwerwiegende Einschränkungen der politischen Partizipation; systemische Korruption in der Regierung; polizeiliche Brutalität gegen Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung; erhebliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern; und schlimmste Formen der Kinderarbeit (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 41

Nach Ansicht unabhängiger Beobachter und Menschenrechtsverteidiger, hat sich die Menschenrechtslage speziell im Bereich der politischen Rechte (Meinungs- und Versammlungsfreiheit) nach deutlicher Verschlechterung 2013 bis 2015 nicht wieder grundsätzlich verbessert. In den Bereichen wie Frauenrechte und Inklusion von Menschen mit Behinderung zeigt Aserbaidschan allerdings Interesse (AA 25.3.2022). Jeder Staatsangehörige, der sich durch einen Akt staatlicher Gewalt in diesen Grundrechten verletzt sieht, kann im Wege einer Individualbeschwerde den Rechtsweg zum Verfassungsgericht beschreiten (AA 25.3.2022). Die Schätzungen zu der Anzahl politischer Gefangener in aserbaidschanischen Gefängnissen variieren in der Größenordnung zwischen 20 (laut Europarat) und über 100 (NRO-Listen) (AA 25.3.2022). Die Regierung hat die meisten Beamten, die Menschenrechtsverletzungen und Korruptionshandlungen begangen haben, nicht strafrechtlich verfolgt oder bestraft; Straffreiheit ist nach wie vor ein Problem (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 12. Meinungs- und Pressefreiheit Obwohl das Gesetz das Recht auf freie Meinungsäußerung, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, vorsieht und die Pressezensur ausdrücklich verbietet, hat die Regierung diese Rechte regelmäßig verletzt (USDOS 12.4.2022; vgl AA 25.3.2022). In der Rangliste der Pressefreiheit 2022 liegt Aserbaidschan auf Platz 154 von 180 Plätzen (RSF ohne Datum). Die Medien – insbesondere staatlich kontrollierte Druckpresse und Fernsehen – werden gelegentlich für Hetzkampagnen gegen regierungskritische Organisationen oder Individuen missbraucht (AA 25.3.2022). Journalisten, Redakteure und unabhängige Blogger waren Einschüchterungsversuchen ausgesetzt und wurden bisweilen verprügelt und inhaftiert. Darüber hinaus kam es zu verdächtigen Gewalttaten außerhalb des Landes. Im Laufe des Jahres übten die Behörden weiterhin Druck auf .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 41
