aser-lib-2022-05-27-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Medien, Journalisten, Blogger und Aktivisten im Land und im Exil sowie auf deren Angehörige aus, damit sie keine Kritik an der Regierung übten (USDOS 12.4.2022). Nicht nur die offiziellen, sondern auch die meisten privaten Medien berichten tendenziell positiv über die Regierung und den Präsidenten und üben sich in Selbstzensur (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Lokale Beobachter berichteten, dass Journalisten unabhängiger Medien Schikanen und Cyberangriffen ausgesetzt waren. Die Schikanen richteten sich vor allem gegen Journalisten von Radio Liberty, Azadliq und anderen oppositionellen und halb unabhängigen Zeitungen sowie von Meydan TV, Obyektiv Television und Mikroskop Media (USDOS 12.4.2022). Eine unmittelbare Zensur findet nicht statt. Journalisten und Herausgeber setzen sich jedoch im Falle kritischer Berichterstattung der Gefahr aus, aufgrund ihrer Tätigkeit Nachteile bis zu Gefängnishaft zu erleiden (AA 25.3.2022). Dem Fernsehen kommt als bevorzugter Informationsquelle nach wie vor eine besondere Bedeutung zu. Dieses wird durch staatliche oder staatsnah berichtende aserbaidschanische Sender und russische sowie türkische Sender dominiert (AA 25.3.2022). Ausländischen Radiosendern wurde die direkte Ausstrahlung generell untersagt (USDOS 12.4.2022). Obwohl die Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung vorsieht, unterdrückte die Regierung weiterhin Personen, die sie als politische Gegner oder Kritiker ansah, oder versuchte, sie einzuschüchtern (USDOS 12.4.2022). Die Nutzung des Internets hat in Aserbaidschan stark zugenommen. Der Zugang zu Internetseiten ist im Wesentlichen frei und auch zu kritischen oder armenischen Websites problemlos möglich (AA 25.3.2022). Es gibt eine aktive Blogger- und Facebook-Aktivistenszene. Verfasser von Beiträgen in Blogs und bei Facebook müssen allerdings mit staatlicher Überwachung rechnen (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Internationale Nachrichten-Websites und solche, die mit Oppositionsgruppen in Verbindung stehen, wurden im Laufe des Jahres für unterschiedlich lange Zeit blockiert (USDOS 12.4.2022). Im Juli deckte eine gemeinsame Untersuchung mit Journalisten, Medienorganisationen und anderen auf, dass die aserbaidschanischen Behörden Hunderte von lokalen Aktivisten und Journalisten mit Hilfe der Spionagesoftware Pegasus ausspionierten (AI 29.3.2022). Die Verfassung verbietet Hassreden, definiert als "Propaganda, die rassische, nationale, religiöse und soziale Zwietracht und Feindseligkeit hervorruft" sowie "Feindseligkeit und andere Kriterien". Propaganda, Verleumdung und Hassreden wurden jedoch ungestraft gegen Oppositionsführer, Blogger, unabhängige Journalisten und Dissidenten eingesetzt (USDOS 12.4.2022). Das Gesetz sieht für Personen, die wegen Verleumdung oder übler Nachrede verurteilt werden, hohe Geldstrafen und bis zu drei Jahre Haft vor. Die Verurteilung wegen Beleidigung des .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 41

Präsidenten wird mit bis zu zwei Jahren Strafarbeit oder bis zu drei Jahren Haft bestraft. Beleidigungs- und Verleumdungsgesetze wurden routinemäßig angewandt, um Regierungskritiker zum Schweigen zu bringen (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - RSF – Reporter ohne Grenzen (ohne Datum): Rangliste der Pressefreiheit 2022, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/ Rangliste_2022/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2022.pdf, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition 13.1. Versammlungsfreiheit Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit sind zahlreichen Beschränkungen unterworfen. Dies gilt besonders für die Versammlungsfreiheit, obwohl Art. 49 der Verfassung dieses Grundrecht garantiert und vorsieht, dass jeder sich nach rechtzeitiger Anmeldung friedlich und ohne Waffen versammeln kann (AA 25.3.2022). Obwohl die Verfassung vorsieht, dass sich Gruppen nach vorheriger Anmeldung bei der zuständigen Regierungsstelle friedlich versammeln dürfen, legte die Regierung diese Bestimmung weiterhin so aus, dass nicht nur eine vorherige Genehmigung erforderlich ist. Die örtlichen Behörden verlangten, dass alle Kundgebungen im Voraus genehmigt und an bestimmten Orten abgehalten wurden, die weit vom Stadtzentrum von Baku entfernt und nur begrenzt mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar waren (USDOS 12.4.2022). Die Regierung schränkte die Freiheit, sich friedlich zu versammeln, konsequent und stark ein und schuf damit Bedingungen, die de facto einem Versammlungsverbot gleichkamen. Die Behörden reagierten auf friedliche Proteste und Versammlungen bisweilen mit Gewalt oder der Festnahme von Demonstranten (USDOS 12.4.2022; AI 29.3.2022). In der Praxis werden Versammlungen in der Innenstadt von Baku nicht gestattet (AA 25.3.2022). Sofern regierungskritische Kundgebungen unangemeldet oder trotz behördlichen Verbots durchgeführt werden, löst die Polizei Menschenansammlungen notfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs auf. Regelmäßig werden Teilnehmende an solchen Aktionen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 41

festgenommen, aber meistens nach wenigen Stunden (oder zuweilen Tagen) wieder auf freien Fuß gesetzt. Es kann auch mit „vorbeugenden“ administrativen Arresten vor angekündigten Demonstrationen gerechnet werden (AA 25.3.2022). Für Versammlungen in geschlossenen/privaten Räumen sieht das Gesetz keine Beschränkungen vor. Die Anmietung von Konferenzräumen ist jedoch für kritische Zivilgesellschaftsvertreter oder Oppositionelle insbesondere in den Gebieten außerhalb der Hauptstadt so gut wie unmöglich. Auch wird von Druck auf die Vermieter von Büroflächen berichtet, Mietverträge mit NROs, die kritischen Veranstaltungen Raum geben, vorzeitig zu beenden. In Einzel- fällen werden Vermieter, die diesem Druck nicht nachgeben, mit faktischem Eigentumsentzug konfrontiert (AA 25.3.2022). Das Gesetz räumt den meisten Beschäftigten des privaten Sektors das Recht auf legale Streiks ein, verbietet jedoch Streiks im öffentlichen Dienst (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13.2. Vereinigungsfreiheit Vielfältigen faktischen Einschränkungen in der Rechtswirklichkeit unterliegt auch die in Artikel 58 der Verfassung garantierte Vereinigungsfreiheit. So müssen NROs, um finanzielle Zuwendungen oder Spenden erhalten zu können, als NRO registriert sein und auch jede einzelne Zuwendung in einem umständlichen Verfahren beim Justizministerium registrieren. Kritische NROs, die im Bereich Menschenrechte/Demokratie agieren, erhalten regelmäßig keine Registrierung als NRO und sind somit vom Rechtsverkehr – insbesondere hinsichtlich des Abschlusses von Zuwendungsverträgen – ausgeschlossen. Zuwendungen von westlichen Geldgebern an unabhängige NROs werden mit schwer erfüllbaren Registrierungsauflagen belegt; der Zuwendungsgeber muss ebenfalls registriert werden. Zudem lehnen einige Geschäftsbanken es ab, Girokonten für NROs zu führen. Zahlreiche herausgehobene Vertreter regierungskritischer NROs haben ihre Tätigkeiten eingestellt oder das Land verlassen. Alternativ melden sich mitunter NROs als „gemeinnützige Unternehmen“ an. Damit können sie zwar .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 41

einfacher agieren, unterliegen aber den für Gewerbebetriebe geltenden Buchführungs- und Publikationspflichten (AA 25.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Eine Reihe von Rechtsvorschriften erlaubt es der Regierung, die Aktivitäten von politischen Parteien, religiösen Gruppen, Unternehmen und NROs zu regulieren, einschließlich der Verpflichtung für NROs, sich beim Justizministerium registrieren zu lassen, wenn sie den Status einer "Rechtspersönlichkeit" anstreben. Obwohl die Regierung gesetzlich verpflichtet ist, Anträge auf Registrierung von NRO innerhalb von 30 Tagen nach Eingang zu bearbeiten (oder innerhalb weiterer 30 Tage, wenn weitere Untersuchungen erforderlich sind), führten vage, schwerfällige und undurchsichtige Registrierungsverfahren weiterhin zu langen Verzögerungen, die das Recht der Bürger auf Vereinigung einschränkten. Andere Gesetze schränken die Vereinigungsfreiheit ein, indem sie beispielsweise vorschreiben, dass stellvertretende Leiter von NRO-Zweigstellen Staatsbürger sein müssen, wenn der Leiter der Zweigstelle ein Ausländer ist (USDOS 12.4.2022). Das Justizministerium ist gesetzlich befugt, die Aktivitäten von NRO zu überwachen und Inspektionen bei NRO durchzuführen. Das Gesetz enthält nur wenige Bestimmungen zum Schutz der Rechte von NRO und sieht erhebliche Geldstrafen für NRO vor, wenn diese nicht kooperieren. Weiters sind die Bildung und der Beitritt zu Gewerkschaften gesetzlich erlaubt. Uniformierten Militärs, Polizisten und leitenden Angestellten ist ein Gewerkschaftsbeitritt untersagt (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 13.3. Opposition Parteien sind in Aserbaidschan nur rudimentär ausgeprägt und in der Regel Wahlvereine für eine (oder mehrere) Führungspersönlichkeiten, mit fehlender oder kaum formulierter Pro- grammatik, unklarer Mitgliedschaft sowie geringem Wirkungsgrad außerhalb eigener Klien- telzirkel (AA 25.3.2022). Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition sind eingeschränkt. Mitglieder und Sympathisanten regierungskritischer Oppositionsparteien und -bewegungen (insbesondere Volksfront, „Müsavat“, REAL, Jugendbewegung NIDA) können im Alltag Benachteiligun- gen ausgesetzt werden. Diese richten sich insbesondere gegen Funktionäre bzw. politisch aktive Parteimitglieder. 2020 verlautbarte die Regierung, dass sie mit dem „kooperativen“ Teil .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 41

der Opposition in Dialog treten will (gemeint ist vor allem die mit einem Abgeordneten im Parlament vertretene REAL-Partei), die „dialogunwillige“ außerparlamentarische Opposition, vor allem Müsavat und Volksfront-Partei, wird rhetorisch und in Taten bedrängt (AA 25.3.2022). Oppositionsmitglieder waren im Allgemeinen häufiger als andere Bürger von behördlichen Schikanen sowie willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen betroffen. Die Polizei nahm regelmäßig Oppositionelle und andere Aktivisten wegen administrativer Anschuldigungen wie Ungehorsam gegenüber der Polizei fest und brachte sie anschließend vor die örtlichen Gerichte, wo sie von Richtern zu Verwaltungshaft von 10 bis 30 Tagen verurteilt wurden (USDOS 12.4.2022). Die Oppositionsparteien hatten nach wie vor Schwierigkeiten, Büroräume zu mieten, da die Eigentümer angeblich Vergeltungsmaßnahmen der Behörden befürchteten. Die Mitglieder regionaler Oppositionsparteien mussten oft den Zweck ihrer Versammlungen verschleiern und trafen sich in Teehäusern und anderen abgelegenen Orten. Die Oppositionsparteien stießen auch auf formelle und informelle Finanzierungshindernisse. So schränkten die Behörden die finanziellen Ressourcen der Oppositionsparteien ein, indem sie diejenigen bestraften, die sie materiell unterstützten, Mitglieder der Oppositionsparteien entließen und wirtschaftlichen Druck auf ihre Familienangehörigen ausübten (USDOS 12.4.2022). Die aserbaidschanische Diaspora erscheint wenig konsolidiert und kaum politisch aktiv. Es muss davon ausgegangen werden, dass die aserbaidschanischen Behörden die Aktivitäten ihrer Kritiker im Exil beobachten. Dabei scheinen sie nach den bisherigen Beobachtungen in ihren Reaktionen zwischen Führungspersönlichkeiten, Aktivisten und bloßen Unterstützern zu unterscheiden (AA 25.3.2022). Aktuell sind noch keine Auswirkungen des neuen Mediengesetzes auf exilpolitische Aktivitäten bekannt geworden. Das neue Mediengesetz erfasst jedoch auch exterritoriale, auf Aserbaidschan zielende Medien (AA 25.3.2022). Die Verfassung verbietet Hassreden. Propaganda, Verleumdung und Hassreden wurden jedoch ungestraft gegen Oppositionsführer, Blogger, unabhängige Journalisten und Dissidenten eingesetzt (USDOS 12.4.2022). Führende Vertreter der Oppositionsparteien berichteten, dass ihre Mitglieder Schwierigkeiten hatten, eine Anstellung als Lehrer an Schulen und Universitäten zu finden und zu behalten (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 41

_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 14. Haftbedingungen Es gab zahlreiche glaubwürdige Berichte über grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in der Haft. Menschenrechtsanwälte berichteten, dass die Wärter Gefangene manchmal mit Schlägen bestraften oder sie in Einzelhaft setzten .Laut der von einer angesehenen Organisation vor Beginn von COVID-19 durchgeführten Gefängnisbesuchs waren die Haftbedingungen mitunter hart und potenziell lebensbedrohlich, da die Gefängnisse überbelegt waren, die Inhaftierten unzureichend ernährt wurden, Heizung, Belüftung und sanitäre Anlagen unzureichend waren und die medizinische Versorgung mangelhaft war (USDOS 12.4.2022). Beobachter von Nichtregierungsorganisationen (NRO) vor Ort berichteten, dass weibliche Gefangene in der Regel unter besseren Bedingungen lebten, häufiger überwacht wurden und besseren Zugang zu Schulungen und anderen Aktivitäten hatten. Dieselben NRO stellten jedoch fest, dass die Frauengefängnisse unter vielen der gleichen Probleme litten wie die Männergefängnisse (USDOS 12.4.2022). Die Haftbedingungen in den Gefängnissen des Landes werden durch Europarat und OSZE beobachtet. Die Bedingungen haben sich in zahlreichen Gefängnissen durch Renovierungen und Neubauten, wie etwa in Sheki, weiter verbessert. Es gibt jedoch beträchtliche Niveauunterschiede (AA 25.3.2022). Eine Menschenrechtsgruppe zur Überwachung der Gefängnisse, das so genannte „Öffentliche Komitee“, erhielt Zugang zu den Gefängnissen, ohne dass die Strafvollzugsbehörde vorher informiert wurde (USDOS 12.4.2022). Die Behörden gestatteten dem IKRK im Allgemeinen den Zugang zu Gefangenen, die im Zusammenhang mit dem Bergkarabach-Konflikt inhaftiert sind. Das IKRK führte das ganze Jahr über regelmäßige Besuche durch, um den Schutz der Gefangenen, einschließlich der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, zu fördern, und erleichterte regelmäßig den Austausch von Nachrichten zwischen den Gefangenen und ihren Familien, um ihnen zu helfen, den Kontakt wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten (USDOS 12.4.2022). Während die meisten Gefangenen berichteten, dass sie ohne Zensur Beschwerden bei den Justizbehörden und der Ombudsstelle einreichen konnten, lasen die Gefängnisbehörden regelmäßig die Korrespondenz der Gefangenen, überwachten Treffen zwischen Anwälten und Mandanten und hinderten einige Anwälte daran, Dokumente in die Hafteinrichtungen und aus diesen heraus zu bringen. Die Ombudsstelle gab an, dass sie systematische Besuche und Untersuchungen von Beschwerden durchführe, aber Aktivisten behaupteten, dass die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 41

Ombudsstelle Beschwerden von Gefangenen in politisch heiklen Fällen regelmäßig abwies (USDOS 12.4.2022). Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Haftbedingungen für politische Häftlinge härter sind als die für andere Häftlinge (AA 25.3.2022). Strafgefangene haben die Möglichkeit, sich an die Ombudsfrau zu wenden (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 15. Todesstrafe Die Todesstrafe wurde mit Gesetz vom 28.Oktober 1998 abgeschafft. Die bis zu diesem Zeitpunkt verhängten Todesurteile sind in lebenslange Haft umgewandelt worden (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 16. Religionsfreiheit Die Verfassung garantiert die Religions- und Bekenntnisfreiheit (Art. 48 Abs. 2) und knüpft damit an eine historisch gewachsene Tradition der Toleranz in Religionsfragen an. So leben im heutigen Aserbaidschan zahlreiche Religionen in Eintracht miteinander. Laut Religionsgesetz ist für alle die Religionsgemeinschaften betreffenden Fragen ein Staatskomitee zuständig, das weitreichende Vollmachten hat: So muss jede Religionsgemeinschaft sich beim Staatskomitee registrieren lassen. Das Staatskomitee kontrolliert auch die Einfuhr, den Druck und die Verbreitung religiöser Literatur. Die Tätigkeit einer Religionsgemeinschaft ohne Registrierung ist illegal. In der Praxis des Staatskomitees ist insbesondere die Unterscheidung zwischen traditionellen und neuen Religionsgemeinschaften von Bedeutung. Klerikale Tätigkeit im Ausland ausgebildeter Theologen ist offiziell verboten, wird aber oft geduldet. Die Geldstrafen für Verstöße gegen Vorschriften der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 41

Religionsgesetzgebung wurden durch eine Gesetzesänderung Ende 2010 im Durchschnitt verzehnfacht (AA 25.3.2022). Staatlich anerkannte nichtmuslimische Glaubensgemeinschaften berichten dagegen von einem allgemein verbesserten Klima und davon, in ihrer Gemeindearbeit von staatlichen Stellen weitestgehend unbehelligt zu sein. In früheren Jahren vorkommende polizeiliche Schikanen seien kaum noch zu beobachten (AA 25.3.2022). Es gab keine Berichte über antisemitische Handlungen (USDOS 12.4.2022). Nicht registrierte islamische, in der Praxis vor allem islamistische Gruppierungen, werden besonders streng observiert und in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt (AA 25.3.2022). Religionswechsel – auch vom Islam zum Christentum oder von einer islamischen Konfession zu einer anderen – wird akzeptiert und führt zu keinerlei Benachteiligungen. Offene Missionstätigkeit wird allerdings nicht geduldet (AA 25.3.2022). Aserbaidschan ist ein säkularer Staat, und die Rechtsordnung wird durch das Zivilrecht bestimmt. Religiösen Organisationen und Mitgliedern des Klerus ist die Teilnahme an Wahlen untersagt. Obwohl die Gesellschaft ihren überwiegend säkularen Charakter bewahrt hat, versuchen religiöse Gruppen von Zeit zu Zeit, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen (BTI 2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - BTI – Bertelsmann Stiftung (2022): BTI 2022 Country Report Azerbaijan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_AZE.pdf, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 16.1. Religiöse Gruppen Die aserbaidschanische Bevölkerung ist mehrheitlich (zu 95 %) muslimischen Glaubens (das Schia-Sunni-Verhältnis wird dabei auf 65 zu 35 geschätzt). Weiter sind die russisch-orthodoxe Kirche, verschiedene Strömungen des Judentums, eine sehr kleine katholische Gemeinde, Baha’i, Krischnaiten, die evangelisch-lutherische Gemeinde sowie freikirchliche Bewegungen und Zeugen Jehovas vertreten (AA 25.3.2022; vgl. USCIRF 4.2022). Die jüdische Gemeinde des Landes wurde auf 20.000 bis 30.000 Personen geschätzt (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 41

Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2022): United States Commission on International Religious Freedom 2022 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watch List: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2072710/2022+Azerbaijan.pdf, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 17. Minderheiten In Aserbaidschan leben neben der Titularnation der Aserbaidschaner weitere ethnische Gruppen (schätzungsweise 1,3 % Russen, 2,0 % Lesginer, 1,3 % Armenier, 1,3 % Talyschen sowie Kurden, Georgier, Awaren usw.) (AA 25.3.2022; vgl. CIA 17.5.2022). Die Lebensbedingungen dieser Minderheiten unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen der Aserbaidschaner. Die Sprachen Lesginisch, Georgisch, Awarisch und Talysch werden in den Schulen im traditionellen Siedlungsgebiet dieser Volksgruppen unterrichtet. Die russische Sprache gilt gerade in Baku weiterhin als die Sprache der Bildungs- und Verwaltungselite (AA 25.3.2022). Die Verfassung garantiert die Gleichheit der Rechte und Freiheiten für alle, ungeachtet der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, des Vermögens, des Berufs, der Überzeugungen oder der Zugehörigkeit zu politischen Parteien, Gewerkschaften oder anderen öffentlichen Vereinigungen. Einschränkungen von Rechten und Freiheiten aus Gründen der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, der Weltanschauung oder der politischen oder sozialen Zugehörigkeit sind verboten (USDOS 12.4.2022). Einige Gruppen, darunter die Talysh im Süden und die Lezgins im Norden, berichteten, dass die Regierung keine offiziellen Schulbücher in ihren lokalen Muttersprachen zur Verfügung stellt (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Die religiöse oder ethnische Herkunft scheint kein Faktor zu sein, der die Beschäftigung behindert, aber der regionale Hintergrund spielt in Aserbaidschan immer noch eine wichtige Rolle: Aserbaidschaner aus Armenien und der Exklave Nachitschewan haben im Allgemeinen einen privilegierten Zugang zu öffentlichen Ämtern und Beschäftigung (BTI 2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 41

https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - BTI – Bertelsmann Stiftung (2022): BTI 2022 Country Report Azerbaijan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_AZE.pdf, Zugriff 24.5.2022 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.5.2022): The World Factbook, Azerbaijan, People and Society, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/azerbaijan/#people-and-society, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 17.1. Armenier Bei den nach dem Waffenstillstand im Bergkarabach-Krieg von 1994 außerhalb der inzwischen zurück erhaltenen armenisch besetzten Gebiete in Aserbaidschan verbliebenen Armeniern handelt es sich meist um Ehepartner ethnischer Aserbaidschaner bzw. deren Nachkommen. Viele Armenier haben einen aserbaidschanischen Namen angenommen, um ihre Herkunft zu verschleiern. Es ist für Personen mit armenischer Volkszugehörigkeit auch aktuell noch äußerst schwierig, aserbaidschanische Dokumente zu erhalten. Oftmals werden Anfragen seitens der Behörden ignoriert oder an andere Stellen verwiesen (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 18. Relevante Bevölkerungsgruppen Das Gesetz verbietet die Diskriminierung von Menschen mit körperlichen, sensorischen, geistigen oder psychischen Behinderungen, aber die Regierung hat diese Bestimmungen nicht wirksam durchgesetzt. Das Gesetz fordert einen verbesserten Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Sozialschutz und Justiz sowie das Recht auf Teilnahme am politischen Leben (USDOS 12.4.2022). Quellen: - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 18.1. Frauen Trotz verfassungsmäßig garantierter Gleichberechtigung, ist die gesellschaftliche und beschäftigungsbezogene Diskriminierung (nach Angaben des Staatlichen Komitees für Statistik lag das durchschnittliche Monatsgehalt von Frauen im Jahr 2020 bei 63 Prozent des .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 41
