aser-lib-2022-05-27-ke
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_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 14. Haftbedingungen Es gab zahlreiche glaubwürdige Berichte über grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in der Haft. Menschenrechtsanwälte berichteten, dass die Wärter Gefangene manchmal mit Schlägen bestraften oder sie in Einzelhaft setzten .Laut der von einer angesehenen Organisation vor Beginn von COVID-19 durchgeführten Gefängnisbesuchs waren die Haftbedingungen mitunter hart und potenziell lebensbedrohlich, da die Gefängnisse überbelegt waren, die Inhaftierten unzureichend ernährt wurden, Heizung, Belüftung und sanitäre Anlagen unzureichend waren und die medizinische Versorgung mangelhaft war (USDOS 12.4.2022). Beobachter von Nichtregierungsorganisationen (NRO) vor Ort berichteten, dass weibliche Gefangene in der Regel unter besseren Bedingungen lebten, häufiger überwacht wurden und besseren Zugang zu Schulungen und anderen Aktivitäten hatten. Dieselben NRO stellten jedoch fest, dass die Frauengefängnisse unter vielen der gleichen Probleme litten wie die Männergefängnisse (USDOS 12.4.2022). Die Haftbedingungen in den Gefängnissen des Landes werden durch Europarat und OSZE beobachtet. Die Bedingungen haben sich in zahlreichen Gefängnissen durch Renovierungen und Neubauten, wie etwa in Sheki, weiter verbessert. Es gibt jedoch beträchtliche Niveauunterschiede (AA 25.3.2022). Eine Menschenrechtsgruppe zur Überwachung der Gefängnisse, das so genannte „Öffentliche Komitee“, erhielt Zugang zu den Gefängnissen, ohne dass die Strafvollzugsbehörde vorher informiert wurde (USDOS 12.4.2022). Die Behörden gestatteten dem IKRK im Allgemeinen den Zugang zu Gefangenen, die im Zusammenhang mit dem Bergkarabach-Konflikt inhaftiert sind. Das IKRK führte das ganze Jahr über regelmäßige Besuche durch, um den Schutz der Gefangenen, einschließlich der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, zu fördern, und erleichterte regelmäßig den Austausch von Nachrichten zwischen den Gefangenen und ihren Familien, um ihnen zu helfen, den Kontakt wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten (USDOS 12.4.2022). Während die meisten Gefangenen berichteten, dass sie ohne Zensur Beschwerden bei den Justizbehörden und der Ombudsstelle einreichen konnten, lasen die Gefängnisbehörden regelmäßig die Korrespondenz der Gefangenen, überwachten Treffen zwischen Anwälten und Mandanten und hinderten einige Anwälte daran, Dokumente in die Hafteinrichtungen und aus diesen heraus zu bringen. Die Ombudsstelle gab an, dass sie systematische Besuche und Untersuchungen von Beschwerden durchführe, aber Aktivisten behaupteten, dass die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 41

Ombudsstelle Beschwerden von Gefangenen in politisch heiklen Fällen regelmäßig abwies (USDOS 12.4.2022). Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Haftbedingungen für politische Häftlinge härter sind als die für andere Häftlinge (AA 25.3.2022). Strafgefangene haben die Möglichkeit, sich an die Ombudsfrau zu wenden (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 23.5.2022 15. Todesstrafe Die Todesstrafe wurde mit Gesetz vom 28.Oktober 1998 abgeschafft. Die bis zu diesem Zeitpunkt verhängten Todesurteile sind in lebenslange Haft umgewandelt worden (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 16. Religionsfreiheit Die Verfassung garantiert die Religions- und Bekenntnisfreiheit (Art. 48 Abs. 2) und knüpft damit an eine historisch gewachsene Tradition der Toleranz in Religionsfragen an. So leben im heutigen Aserbaidschan zahlreiche Religionen in Eintracht miteinander. Laut Religionsgesetz ist für alle die Religionsgemeinschaften betreffenden Fragen ein Staatskomitee zuständig, das weitreichende Vollmachten hat: So muss jede Religionsgemeinschaft sich beim Staatskomitee registrieren lassen. Das Staatskomitee kontrolliert auch die Einfuhr, den Druck und die Verbreitung religiöser Literatur. Die Tätigkeit einer Religionsgemeinschaft ohne Registrierung ist illegal. In der Praxis des Staatskomitees ist insbesondere die Unterscheidung zwischen traditionellen und neuen Religionsgemeinschaften von Bedeutung. Klerikale Tätigkeit im Ausland ausgebildeter Theologen ist offiziell verboten, wird aber oft geduldet. Die Geldstrafen für Verstöße gegen Vorschriften der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 41

Religionsgesetzgebung wurden durch eine Gesetzesänderung Ende 2010 im Durchschnitt verzehnfacht (AA 25.3.2022). Staatlich anerkannte nichtmuslimische Glaubensgemeinschaften berichten dagegen von einem allgemein verbesserten Klima und davon, in ihrer Gemeindearbeit von staatlichen Stellen weitestgehend unbehelligt zu sein. In früheren Jahren vorkommende polizeiliche Schikanen seien kaum noch zu beobachten (AA 25.3.2022). Es gab keine Berichte über antisemitische Handlungen (USDOS 12.4.2022). Nicht registrierte islamische, in der Praxis vor allem islamistische Gruppierungen, werden besonders streng observiert und in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt (AA 25.3.2022). Religionswechsel – auch vom Islam zum Christentum oder von einer islamischen Konfession zu einer anderen – wird akzeptiert und führt zu keinerlei Benachteiligungen. Offene Missionstätigkeit wird allerdings nicht geduldet (AA 25.3.2022). Aserbaidschan ist ein säkularer Staat, und die Rechtsordnung wird durch das Zivilrecht bestimmt. Religiösen Organisationen und Mitgliedern des Klerus ist die Teilnahme an Wahlen untersagt. Obwohl die Gesellschaft ihren überwiegend säkularen Charakter bewahrt hat, versuchen religiöse Gruppen von Zeit zu Zeit, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen (BTI 2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - BTI – Bertelsmann Stiftung (2022): BTI 2022 Country Report Azerbaijan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_AZE.pdf, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 16.1. Religiöse Gruppen Die aserbaidschanische Bevölkerung ist mehrheitlich (zu 95 %) muslimischen Glaubens (das Schia-Sunni-Verhältnis wird dabei auf 65 zu 35 geschätzt). Weiter sind die russisch-orthodoxe Kirche, verschiedene Strömungen des Judentums, eine sehr kleine katholische Gemeinde, Baha’i, Krischnaiten, die evangelisch-lutherische Gemeinde sowie freikirchliche Bewegungen und Zeugen Jehovas vertreten (AA 25.3.2022; vgl. USCIRF 4.2022). Die jüdische Gemeinde des Landes wurde auf 20.000 bis 30.000 Personen geschätzt (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 41

Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2022): United States Commission on International Religious Freedom 2022 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watch List: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2072710/2022+Azerbaijan.pdf, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 17. Minderheiten In Aserbaidschan leben neben der Titularnation der Aserbaidschaner weitere ethnische Gruppen (schätzungsweise 1,3 % Russen, 2,0 % Lesginer, 1,3 % Armenier, 1,3 % Talyschen sowie Kurden, Georgier, Awaren usw.) (AA 25.3.2022; vgl. CIA 17.5.2022). Die Lebensbedingungen dieser Minderheiten unterscheiden sich grundsätzlich nicht von denen der Aserbaidschaner. Die Sprachen Lesginisch, Georgisch, Awarisch und Talysch werden in den Schulen im traditionellen Siedlungsgebiet dieser Volksgruppen unterrichtet. Die russische Sprache gilt gerade in Baku weiterhin als die Sprache der Bildungs- und Verwaltungselite (AA 25.3.2022). Die Verfassung garantiert die Gleichheit der Rechte und Freiheiten für alle, ungeachtet der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, des Vermögens, des Berufs, der Überzeugungen oder der Zugehörigkeit zu politischen Parteien, Gewerkschaften oder anderen öffentlichen Vereinigungen. Einschränkungen von Rechten und Freiheiten aus Gründen der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Sprache, des Geschlechts, der Herkunft, der Weltanschauung oder der politischen oder sozialen Zugehörigkeit sind verboten (USDOS 12.4.2022). Einige Gruppen, darunter die Talysh im Süden und die Lezgins im Norden, berichteten, dass die Regierung keine offiziellen Schulbücher in ihren lokalen Muttersprachen zur Verfügung stellt (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Die religiöse oder ethnische Herkunft scheint kein Faktor zu sein, der die Beschäftigung behindert, aber der regionale Hintergrund spielt in Aserbaidschan immer noch eine wichtige Rolle: Aserbaidschaner aus Armenien und der Exklave Nachitschewan haben im Allgemeinen einen privilegierten Zugang zu öffentlichen Ämtern und Beschäftigung (BTI 2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 41

https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - BTI – Bertelsmann Stiftung (2022): BTI 2022 Country Report Azerbaijan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_AZE.pdf, Zugriff 24.5.2022 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.5.2022): The World Factbook, Azerbaijan, People and Society, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/azerbaijan/#people-and-society, Zugriff 25.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 17.1. Armenier Bei den nach dem Waffenstillstand im Bergkarabach-Krieg von 1994 außerhalb der inzwischen zurück erhaltenen armenisch besetzten Gebiete in Aserbaidschan verbliebenen Armeniern handelt es sich meist um Ehepartner ethnischer Aserbaidschaner bzw. deren Nachkommen. Viele Armenier haben einen aserbaidschanischen Namen angenommen, um ihre Herkunft zu verschleiern. Es ist für Personen mit armenischer Volkszugehörigkeit auch aktuell noch äußerst schwierig, aserbaidschanische Dokumente zu erhalten. Oftmals werden Anfragen seitens der Behörden ignoriert oder an andere Stellen verwiesen (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 18. Relevante Bevölkerungsgruppen Das Gesetz verbietet die Diskriminierung von Menschen mit körperlichen, sensorischen, geistigen oder psychischen Behinderungen, aber die Regierung hat diese Bestimmungen nicht wirksam durchgesetzt. Das Gesetz fordert einen verbesserten Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Sozialschutz und Justiz sowie das Recht auf Teilnahme am politischen Leben (USDOS 12.4.2022). Quellen: - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 18.1. Frauen Trotz verfassungsmäßig garantierter Gleichberechtigung, ist die gesellschaftliche und beschäftigungsbezogene Diskriminierung (nach Angaben des Staatlichen Komitees für Statistik lag das durchschnittliche Monatsgehalt von Frauen im Jahr 2020 bei 63 Prozent des .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 41

durchschnittlichen Monatsgehalts von Männern sowie höhere Arbeitslosenquoten) weiterhin ein Problem, wobei es diesbezüglich ein großes Stadt-Landgefälle gibt (AA 25.3.2022; vgl. BTI 2022, USDOS 12.4.2022). Die Repräsentanz von Frauen in Regierung und Parlament stagniert (22 von 125 Parlamentariern sind weiblich); sie sind im Bildungs- und Gesundheitssektor jedoch stark vertreten (AA 25.3.2022; vgl. BTI 2022). Das Gesetz schließt Frauen von 678 Berufen in 38 Branchen aus, die als von Natur aus gefährliche Arbeitsplätze eingestuft werden. Viele dieser Stellen waren höherrangig und besser bezahlt als Stellen, die Frauen in denselben Branchen besetzen durften. Auch durften Frauen nicht in gleicher Weise wie Männer nachts arbeiten (USDOS 12.4.2022). Frauenrechtsaktivistinnen, Journalistinnen und Frauen, die mit der politischen Opposition in Verbindung stehen, wurden erpresst und waren erniedrigenden geschlechtsspezifischen Verleumdungskampagnen ausgesetzt, nachdem ihre Konten in den sozialen Medien gehackt und private Informationen einschließlich Fotos und Videos online veröffentlicht worden waren (AI 29.3.2022). Das Gesetz legt einen Rahmen für die Untersuchung von Beschwerden über häusliche Gewalt fest, definiert ein Verfahren für den Erlass von einstweiligen Verfügungen und fordert die Einrichtung eines Schutz- und Rehabilitationszentrums für Überlebende. Einige Kritiker des Gesetzes über häusliche Gewalt behaupteten, dass das Fehlen klarer Durchführungsrichtlinien die Wirksamkeit des Gesetzes beeinträchtigt. Aktivisten berichteten, dass die Polizei häusliche Gewalt nach wie vor als Familienangelegenheit betrachte und nicht wirksam zum Schutz der Überlebenden eingreife, auch nicht in Fällen, in denen Ehemänner ihre Frauen misshandelten oder töteten (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Es mangelt an Hilfsangeboten und Trainingsmöglichkeiten für den Umgang mit häuslicher Gewalt etwa unter den Polizeikräften (AA 25.3.2022). Geschlechtsspezifische Gewalt ist nach wie vor weit verbreitet, wird aber zu selten gemeldet (HRW 13.1.2022; vgl. AI 29.3.2022). Der SCFWCA (State Committee for Family, Women, and Children Affairs) ging das Problem der häuslichen Gewalt an, indem er Kampagnen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit durchführte und sich für die Verbesserung der sozioökonomischen Situation der Überlebenden häuslicher Gewalt einsetzte. Im November 2020 genehmigte der Präsident den nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung häuslicher Gewalt für 2020- 23. Die Regierung und eine unabhängige NRO betreiben jeweils eine Unterkunft, die Überlebenden von Menschenhandel und häuslicher Gewalt Hilfe und Beratung bietet. Im Dezember 2020 richtete der SCFWCA zusammen mit dem UN-Bevölkerungsfonds eine Notfall- Hotline für geschlechtsspezifische Gewalt ein. Über die Hotline konnten Anrufer kostenlosen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 41

Rechtsbeistand, Beratung und Informationen über geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt in Anspruch nehmen. Die Regierung verwies Opfer sexueller Gewalt an eine kostenlose medizinische Versorgung, einschließlich sexueller und reproduktiver Dienste. Notfallverhütungsmittel waren im Rahmen der klinischen Behandlung von Vergewaltigungen nicht verfügbar (USDOS 12.4.2022). Vergewaltigung ist illegal und wird mit einer Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis geahndet. Die Vergewaltigung in der Ehe ist ebenfalls illegal, aber Beobachter stellten fest, dass die Polizei solchen Vorwürfen nicht wirksam nachgeht (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 25.3.2022). Die Regierung hat das Verbot der sexuellen Belästigung nur selten durchgesetzt oder rechtliche Schritte gegen Personen eingeleitet, die der sexuellen Belästigung beschuldigt wurden (USDOS 12.4.2022). Das Auswärtige Amt hat keine Kenntnis über in Aserbaidschan vorkommende weibliche Genitalverstümmlung (AA 25.3.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Azerbaijan 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070289.html, Zugriff 25.5.2022 - BTI – Bertelsmann Stiftung (2022): BTI 2022 Country Report Azerbaijan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2022_AZE.pdf, Zugriff 24.5.2022 - HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066481.html, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 18.2. Kinder Kinder erhalten die Staatsbürgerschaft durch Geburt im Land oder von ihren Eltern (USDOS 12.4.2022). Obwohl die Schulbildung bis zum Alter von 17 Jahren obligatorisch, kostenlos und universell ist, legten große Familien in verarmten ländlichen Gebieten manchmal mehr Wert auf die Ausbildung der Jungen und ließen die Mädchen zu Hause arbeiten (USDOS 12.4.2022). Laut dem UNICEF-Bericht über den Zustand der Kinder in der Welt 2021 wurden 11 % der Mädchen im Land verheiratet, bevor sie 18 Jahre alt waren. Das Problem der Frühverheiratung setzte sich im Laufe des Jahres fort. Das Gesetz sieht vor, dass Buben und Mädchen mit 18 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 41

Jahren bzw. Mädchen mit 17 Jahren mit Genehmigung der örtlichen Behörden heiraten können (USDOS 12.4.2022). Das Gesetz sieht hohe Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren für die Verurteilung wegen Zwangsheirat mit einem minderjährigen Kind vor. Mädchen, die im Rahmen religiöser Eheverträge heirateten, bereiteten besondere Besorgnis, da diese Verträge nicht der staatlichen Aufsicht unterlagen und die Frau im Falle einer Scheidung keinen Anspruch auf Anerkennung ihres Status hatte (USDOS 12.4.2022). In ländlichen Gebieten können illegale Zwangsverheiratungen von jungen Mädchen (13–15 Jahre) nicht ausgeschlossen werden (AA 25.3.2022). Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist strafbar. Das Gesetz sieht auch Strafen für Kinderarbeit und andere Misshandlungen von Kindern vor. Die Anwerbung von Minderjährigen zum Zwecke der kommerziellen sexuellen Ausbeutung (Beteiligung eines Minderjährigen an unsittlichen Handlungen) wird mit bis zu acht Jahren Gefängnis bestraft. Das Gesetz verbietet Pornografie, ihre Herstellung, ihren Vertrieb oder ihre Werbung, und eine Verurteilung wird mit drei Jahren Haft bestraft. Das Mindestalter für einvernehmlichen Sex liegt bei 16 Jahren. Die Verurteilung wegen Unzucht mit Minderjährigen wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft (USDOS 12.4.2022). In den meisten Fällen erlaubt das Gesetz, dass Kinder ab 15 Jahren mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag arbeiten. Kinder, die 14 Jahre alt sind, dürfen in Familienbetrieben oder, mit Zustimmung der Eltern, tagsüber nach der Schule arbeiten, wenn dies keine Gefahr für ihre Gesundheit darstellt. Kinder, die jünger als 16 Jahre sind, dürfen nicht mehr als 24 Stunden pro Woche arbeiten; Kinder, die 16 oder 17 Jahre alt sind, dürfen nicht mehr als 36 Stunden pro Woche arbeiten. Das Gesetz verbietet die Beschäftigung von Kindern unter 18 Jahren unter schwierigen und gefährlichen Bedingungen und nennt bestimmte Arbeiten und Branchen, in denen Kinder verboten sind, darunter die Arbeit mit giftigen Stoffen und unter Tage, bei Nacht, in Bergwerken und in Nachtclubs, Bars, Kasinos oder anderen Betrieben, in denen Alkohol ausgeschenkt wird (USDOS 12.4.2022). Im Juli 2020 genehmigte der Präsident den Nationalen Aktionsplan 2020-2024 zur Bekämpfung des Menschenhandels. Der Plan beauftragte die zuständigen Regierungsstellen, ihre Bemühungen fortzusetzen, um: Opfer von Menschenhandel und Zwangsarbeit, einschließlich Kinder, zu identifizieren; spezielle Arbeit mit bettelnden Kindern durchzuführen; allgemeine Standards für die Kommunikation mit Opfern von Kinderhandel zu entwickeln; Schulungen zur Identifizierung und zum Schutz von Opfern von Kinderhandel durchzuführen; und Sensibilisierungsarbeit bei Unternehmern und Arbeitgebern zu leisten, um die Ausbeutung von Kinderarbeit zu verhindern (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 41

Das Auswärtige Amt hat keine Kenntnis über spezifische Menschenrechtsverletzungen an Kindern in Aserbaidschan. Hinweise auf systematisch begangenen Kinderhandel oder sexuelle Ausbeutung von Kindern bzw. Kinderarbeit liegen nicht vor (AA 25.3.2022). Es gibt keine Kindersoldaten (AA 25.3.2022). Auf Jugendliche über 16 Jahre wird Erwachsenenstrafrecht angewendet (Art. 20 Abs. 1 des aserbaidschanischen StGB). Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren sind nur bei bestimmten Verbrechen, wie z. B. Mord, Vergewaltigung und schwerer Sachbeschädigung, strafmündig (Art. 20 Abs. 2). Kinder unter 14 sind strafunmündig. Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren existieren für den Fall einer Freiheitsstrafe Erziehungsanstalten, in die sie eingewiesen werden können. Das „Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs“ wurde Ende 2019 von Aserbaidschan ratifiziert (AA 25.3.2022). Beträchtliche Investitionen der Regierung in Binnenvertriebenengemeinden haben das Problem zahlreicher vertriebener Kinder, die unter prekären Bedingungen leben und keine Schule besuchen können, weitgehend gelindert (USDOS 12.4.2022). Es herrschte nach wie vor die Meinung, dass Kinder mit Behinderungen krank seien und von anderen Kindern getrennt und in Heimen untergebracht werden müssten. Das Bildungsministerium und das Ministerium für Arbeit und Sozialschutz setzten ihre Bemühungen fort, um die Eingliederung von Kindern mit Behinderungen in Regelklassen, insbesondere im Primarbereich, zu verbessern (USDOS 12.4.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 18.3. Homosexuelle/Sexuelle Minderheiten Homosexualität ist bei Frauen wie bei Männern seit einer Reform des aserbaidschanischen Strafgesetzbuches vom 1. September 2000 nicht mehr strafbar (AA 25.3.2022; vgl. AA 27.5.2022, BMEIA 27.5.2022); es gibt keine Anzeichen für staatlich organisierte Diskriminierungskampagnen gegen LGBTI-Vertreter. Sie werden aber sozial unter Berufung auf traditionelle Vorstellungen, insbesondere außerhalb der Hauptstadt, geächtet (AA 25.3.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 41

Es gibt Antidiskriminierungsgesetze, die jedoch nicht speziell für LGBTQI+-Personen gelten. Es gab Berichte über zunehmende Gewalt und Diskriminierung gegen LGBTQI+-Personen, insbesondere Transgender-Personen. Eine lokale NRO stellte fest, dass die Behörden in vielen Fällen die für Angriffe auf die LGBTQI+-Gemeinschaft verantwortlichen Personen nicht untersuchten oder bestraften. Weiters sollen nach Angaben von Aktivisten LGBTQI+-Personen regelmäßig von Arbeitgebern entlassen werden, wenn ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität bekannt wurde. Dabei fanden die Arbeitgeber andere Gründe um sie zu entlassen, da sie rechtlich nicht in der Lage waren, jemanden aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung zu entlassen (USDOS 12.4.2022). Es gab auch Berichte über familiäre Gewalt gegen LGBTQI+-Personen, einschließlich Entführung durch Familienmitglieder und Festhalten gegen ihren Willen (USDOS 12.4.2022). LGBTQI+-Personen weigerten sich im Allgemeinen, bei den Strafverfolgungsbehörden formelle Beschwerden über Diskriminierung oder Misshandlung einzureichen, weil sie Angst vor sozialer Stigmatisierung oder Vergeltung hatten. Aktivisten berichteten über die Gleichgültigkeit der Polizei gegenüber Ersuchen, gegen LGBTQI+-Personen begangene Verbrechen zu untersuchen (USDOS 12.4.2022). Vertreter der Zivilgesellschaft berichteten, dass diskriminierende Haltungen gegenüber Menschen mit HIV und AIDS in der gesamten Gesellschaft weit verbreitet seien. Die Regierung finanzierte weiterhin eine NRO, die sich mit den Gesundheitsproblemen der lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, queeren und intersexuellen (LGBTQI+) Gemeinschaft befasste (USDOS 12.4.2022). Im Rainbow Europe Index 2022 von ILGA belegt Aserbaidschan Platz 49 von 49 Ländern (ILGA 2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.3.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070754/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_ die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Aserbaidschan_%28Stand_Juni_2021%29%2C_25.03.2 022.pdf, Zugriff 23.5.2022 - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (27.5.2022): Aserbaidschan: Reise- und Sicherheitshinweise, LGBTIQ, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aserbaidschan-node/ aserbaidschansicherheit/201888#content_7, Zugriff 27.5.2022 - BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (27.5.2022): Aserbaidschan, Gesunheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/aserbaidschan/, Zugriff 27.5.2022 - ILGA - International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (2022): Rainbow Europe Index 2022, https://www.ilga-europe.org/rainboweurope/2022, Zugriff 27.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071162.html, Zugriff 24.5.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 34 von 41
