elfe-lib-2022-01-28-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Das Gesetz sieht Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit vor, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Das Gesetz schreibt vor, dass Gruppen, die Demonstrationen oder Kundgebungen in Stadien oder anderen geschlossenen Räumen abhalten wollen, mindestens drei Tage vor der geplanten Veranstaltung eine schriftliche Anmeldung bei der Regierung einreichen müssen. Die Organisatoren müssen die Genehmigung der Regierung einholen, um die Veranstaltung durchführen zu können (USDOS 30.3.2021). Die Versammlungsfreiheit wurde bereits mit der Revision des Strafgesetzbuches vom Juni 2019 eingeschränkt. Im Falle von nicht angemeldeten oder verbotenen Versammlungen kann es zur Verhängung von ein- bis dreijährigen Haftstrafen kommen (FH 3.3.2021). Im August 2020 wurden politische Aktivisten, Vertreter der Zivilgesellschaft und andere, die zu Demonstrationen aufgerufen oder an friedlichen Protesten gegen die Kandidatur des Präsidenten teilgenommen hatten, willkürlich verhaftet (AI 7.4.2021). Damals wurden mehrere von der Opposition organisierte Demonstrationen gewaltsam aufgelöst. Zwischen 10. und 14.8.2020 gab es dabei laut offiziellen Angaben fünf Todesopfer, 104 Verletzte und 68 Festnahmen von Personen, die der „Störung der öffentlichen Ordnung, der Anstiftung zum Aufruhr, der Gewalt gegen Ordnungskräfte und der Zerstörung von Eigentum“ beschuldigt wurden. Am 19.8.2020 wurden vom Ministerrat alle öffentlichen Proteste verboten. Dieses Verbot wurde bis Dezember 2020 mehrmals verlängert. Wahlkampfveranstaltungen waren erlaubt (AI 7.4.2021). Präsident Ouattara verbot demnach während der gesamten Wahlperiode 2020 öffentliche Demonstrationen und Proteste. Die Polizei löste Proteste und andere Akte des zivilen Ungehorsams, die auf den Wahlboykott der Opposition zurückzuführen waren, gewaltsam auf. Bewaffnete Milizen griffen unbewaffnete Demonstranten während des gesamten Wahlzeitraums ungestraft brutal an. Häufig kam es zu Zusammenstößen zwischen regierungsnahen Gruppen und Anhängern der Opposition. Insgesamt wurden über 50 Menschen bei Demonstrationen getötet (FH 3.3.2021). Quellen: - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 13.1. Opposition Das Gesetz verbietet die Bildung politischer Parteien entlang ethnischer oder religiöser Linien. In der Vergangenheit gab es derartige Verbindungen zwischen ethnischen Gruppen und bestimmten politischen Parteien (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 34

Oppositionelle politische Gruppen berichten immer wieder über die Ablehnung ihrer Anträge auf Abhaltung politischer Versammlungen und über angeblich uneinheitliche Standards bei der Erteilung von Genehmigungen für öffentliche Versammlungen (BTI 2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Nach der Regierungsverordnung vom August 2020, mit welcher Demonstrationen auf öffentlichen Straßen verboten wurden, und den anschließenden Verhaftungen von Oppositionsanhängern, die an nicht genehmigten Demonstrationen teilnahmen, berichteten die Medien über Bilder von Anhängern der Regierungskoalition, die auf dem Weg zur offiziellen Nominierung von Präsident Ouattara als Präsidentschaftskandidat ungehindert durch die Straßen marschierten (USDOS 30.3.2021). Im August 2020 riefen mehrere Oppositionsparteien und Einzelpersonen, sowie auch eine zivilgesellschaftliche Organisation, über soziale Medien zu Demonstrationen gegen die Absicht von Präsident Ouattara auf, eine dritte Amtszeit anzustreben. Im ganzen Land fanden mehrere Demonstrationen statt, von denen einige in Ausschreitungen ausarteten. Es kam zu Verhaftungen und zu Anklagen wegen Anstiftung zu Unruhen, Störung der öffentlichen Ordnung, Aufruf zum Aufruhr, Gewalt und Körperverletzung sowie Zerstörung von öffentlichem und privatem Eigentum (USDOS 30.3.2021). Bei den Präsidentschaftswahlen 2020 kam es zu Einschüchterungen, Drohungen und körperlicher Gewalt. Die Oppositionsparteien boykottierten die Wahlen und veranstalteten im Vorfeld des Wahltages im Oktober zahlreiche Protestmärsche, Sitzstreiks und Demonstrationen, obwohl die Regierung von August bis Oktober alle Proteste verboten hatte. Anhänger der Opposition sahen sich Drohungen von Polizei und Militär ausgesetzt, die es zudem versäumten, die Sicherheit der Bürger während und nach dem Wahltag zu gewährleisten. Die Sicherheitskräfte gingen mit Gewalt gegen die Demonstranten vor und töteten mehrere Demonstranten während des Wahlkampfes. Auch bewaffnete Milizen griffen unbewaffnete Demonstranten während der gesamten Wahlperiode brutal und ungestraft an. Mehr als 50 Menschen wurden von Milizionären getötet, Täter blieben ungestraft. Oppositions- und Regierungsanhänger gingen in Abidjan und in mindestens acht weiteren Städten mit Macheten, Knüppeln und Jagdgewehren auf die Straße. Die Sicherheitskräfte sahen über die Gewalt gegen Oppositionsanhänger weitgehend hinweg (FH 3.3.2021), und es kam zu einer Reihe von willkürlichen Verhaftungen von politischen Aktivisten, Vertretern der Zivilgesellschaft und weiteren Personen, die zu Demonstrationen aufgerufen bzw. an friedlichen Protesten gegen die Präsidentschaftskandidatur teilgenommen hatten. Mehrere Oppositionelle wurden im November 2020 de facto unter Hausarrest gestellt, nachdem sie den Nationalen Übergangsrat gegründet hatten (AI 7.4.2021). Menschenrechtsorganisationen und politische Parteien behaupten, dass die Regierung die Justiz dazu nutze, Oppositionelle zu marginalisieren. Die Regierung leugnet, dass es politische Gefangene gibt, doch wurden Ende 2019 und im Laufe des Jahres mehrere Mitglieder von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 34

Oppositionsparteien aufgrund verschiedener strafrechtlicher Anschuldigungen verhaftet (USDOS 30.3.2021). Bei mehreren Gelegenheiten haben Polizei oder Gendarmerie Oppositionspolitiker und Aktivisten der Zivilgesellschaft, die regierungsfeindliche Demonstrationen organisiert haben, festgenommen und kurzzeitig inhaftiert (HRW 14.1.2020). Berichten zufolge gewähren Beamte inhaftierten Mitgliedern von Oppositionsparteien den gleichen Schutz wie anderen Gefangenen (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report — Côte d’Ivoire, https://www.bti- project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 14. Haftbedingungen Die Haftbedingungen sind aufgrund unzureichender Verpflegung und sanitärer Bedingungen, grober Überbelegung, und fehlender medizinischer Versorgung hart und ungesund (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 14.1.2020). Die Überbelegung der Gefängnisse stellt weiterhin ein Problem dar. Die Haftanstalten sind für maximal 8.000 Gefangene ausgelegt, die Anzahl an Häftlingen betrug aber Ende August 2020 insgesamt 21.430. In mindestens einem Gefängnis schliefen die Häftlinge Berichten zufolge dicht gedrängt auf dem Boden (USDOS 30.3.2021). Am 8.4.2021 ließen die Behörden mehr als 2.000 Gefangene frei, um die Überlastung der Gefängnisse zu verringern und damit die Verbreitung von Covid-19 einzudämmen (AI 7.4.2021). Eine lange Untersuchungshaft ist sowohl für Erwachsene als auch für Minderjährige ein ernstes Problem, wobei einige Häftlinge jahrelang ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis sitzen. Ende 2018 verabschiedete das Unterhaus eine neue Strafprozessordnung, die Änderungen bei den Strafgerichten vorsieht, um den Rückstau zu beseitigen (FH 3.3.2021). In einigen Gefängnissen sind Jugendliche zusammen mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). In den meisten Gefängnissen sind Männer und Frauen in getrennten Gefängnisbereichen untergebracht. Untersuchungshäftlinge werden häufig zusammen mit verurteilten Gefangenen untergebracht. Die Kinder weiblicher Insassen leben häufig bei ihren Müttern im Gefängnis (USDOS 30.3.2021). Korruption unter den Gefängniswärtern sorgt für eine bessere Behandlung derer, die es sich leisten können, während diejenigen Gefangenen mit wenig oder gar keinen finanziellen Mitteln in sehr beengten, schmutzigen Zellen einsitzen. Auch das Besuchsrecht von Familienmitgliedern .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 34

hängt häufig von Bezahlung ab (AA 9.10.2020). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass auch prominente oder politisch aktive Gefangene manchmal etwas bessere Lebensbedingungen haben als andere Gefangene, während ärmere Gefangene nur unregelmäßig ausreichend Nahrung erhalten. Familien ergänzen routinemäßig die Rationen von Verwandten im Gefängnis, wenn sie die Mittel dazu haben. Nach Beschwerden verbesserten einige Gefängnisse Hygiene und Ernährung (USDOS 30.3.2021). Unter bestimmten Umständen gestattete die Regierung NGOs, Gefangene mit Nahrungsmitteln und anderen Gütern zu versorgen, darunter auch mit Gegenständen zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid-19 – wie Masken, Isolierzelten und Hygienekits (USDOS 30.3.2021). Gewalt unter den Insassen wird mit Gewalt durch Gefängniswärter beantwortet (AA 9.10.2020). Die Gefängnisbehörden räumen ein, dass es zu Misshandlungen kommen kann, und dass Häftlinge derartige Vorfälle aus Angst vor Repressalien nicht melden. Theoretisch können sich Insassen bei der Gefängnisleitung über Misshandlungen beschweren; der Regierung waren jedoch für das gesamte Jahr 2020 keine derartigen Fälle bekannt (USDOS 30.3.2021). Die Regierung gewährt den Vereinten Nationen sowie lokalen und internationalen NGOs im Allgemeinen angemessenen Zugang zu den Gefängnissen, nicht aber zu den von der DST (Direction de la surveillance du territoire) betriebenen Haftanstalten. Dort mangelt es Gefangenen Berichten zufolge am Zugang zu Anwälten und Familien (USDOS 30.3.2021). Berichten zufolge gewähren die Behörden den politischen Gefangenen den gleichen Schutz wie anderen Gefangenen, einschließlich des Zugangs durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 27.1.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 34

15. Todesstrafe Seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 wurde die Todesstrafe nicht vollstreckt. Das ivorische Parlament hat 2015 das in Art. 2 Abs. 2 der Verfassung aus dem Jahre 2000 geregelte Verbot von Strafen, die den Entzug des Lebens nach sich ziehen, durch Änderung des materiellen Strafrechts umgesetzt. Durch ein Änderungsgesetz vom 2.3.2015 zum Strafgesetzbuch wurde die Strafandrohung der Todesstrafe für Mord aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Die Verfassung von 2016 erhebt in Art. 3 Abs. 3 die Abschaffung der Todesstrafe nun auch explizit auf Verfassungsrang (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire, https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 29.1.2021 16. Religionsfreiheit Laut der letzten Volkszählung aus dem Jahr 2014 sind 42,9 Prozent der Bevölkerung Muslime, 33,9 Prozent Christen (17,2 Prozent Katholiken, 11,8 Prozent Evangelikale, 1,7 Prozent Methodisten, 3,2 Prozent andere) und 3,6 Prozent Anhänger indigener Religionen (USDOS 12.5.2021; vgl. CIA 18.1.2022). Viele Menschen, die sich als Christen oder Muslime bezeichnen, praktizieren auch einige Aspekte indigener religiöser Überzeugungen. Im Norden des Landes sind die Muslime in der Mehrheit, im Süden sind die Christen in der Mehrheit. Angehörige beider Gruppen sowie anderer religiöser Gruppen sind im ganzen Land ansässig (USDOS 12.5.2021). Die Verfassung schreibt einen säkularen Staat vor, der alle Glaubensrichtungen respektiert und alle Menschen vor dem Gesetz gleich behandelt, unabhängig von ihrer Religion (USDOS 12.5.2021), und diese gesetzlichen Garantien werden auch in de Regel eingehalten und jede Person kann ihren Glauben in der Öffentlichkeit und im Privatleben frei ausüben (FH 3.3.2021). Die Verfassung verbietet ausdrücklich religiöse Diskriminierung in der Arbeitswelt und sieht die Gewissens-, Glaubens- und Kultusfreiheit im Einklang mit dem Gesetz, den Rechten anderer, der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung vor. "Propaganda", die zu religiösem Hass aufruft ist verboten (USDOS 12.5.2021). Die muslimisch-christliche Nord-Süd-Spaltung ist seit Jahrzehnten ein hervorstechendes Merkmal des Lebens und wurde durch die Krise von 2002 bis 2011 noch verschärft, aber die Spannungen haben sich weitgehend abgebaut. Seitdem hat sich die Spaltung verringert, und die derzeitige Regierungskoalition umfasst Muslime und Christen (FH 3.3.2021). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 34

- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Religions, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security, Zugriff 27.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051537.html, Zugriff 18.1.2022 17. Minderheiten In dem Land gibt es mehr als 60 ethnische Gruppen (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021), darunter Akan (28,9 Prozent), Volta/Gur (16,1 Prozent), Nord-Mande (14,5 Prozent), Kru (8,5 Prozent) und Süd-Mande (6,9 Prozent) (CIA 18.1.2022). Die Behörden betrachten etwa 25 Prozent der Bevölkerung als Ausländer, obwohl viele in dieser Kategorie in der zweiten oder dritten Generation ansässig sind (USDOS 30.3.2021; vgl. CIA 18.1.2022). Die politischen Parteien sind ethnisch nicht homogen obwohl jede von ihnen tendenziell von bestimmten ethnischen Gruppen dominiert wird (FH 3.3.2021). Das Gesetz verbietet Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Stammesdenken und macht diese Formen der Intoleranz mit fünf bis zehn Jahren Haft strafbar. Allerdings berichten Menschenrechtsorganisationen, dass ethnische Diskriminierung ein Problem darstellt. Die Gesetze zum Landbesitz sind nach wie vor unklar und werden nicht angewendet, was zu Konflikten zwischen der einheimischen Bevölkerung und anderen Gruppen führt (USDOS 30.3.2021). Im Umfeld der Präsidentschaftswahlen kam es zu zahlreichen inter-ethnischen Zusammenstößen. Bei einem besonders gewalttätigen Zusammenstoß in Dabou zwischen den Malinke und den Adjoukrou gab es 16 Todesopfer und 67 Verletzte. Regierungsbeamte stellten fest, dass die Gewalt von unbekannten externen Akteuren angezettelt wurde, die den Konflikt möglicherweise zu politischen Zwecken anheizen wollten. Die Sicherheitskräfte blieben mehrere Tage lang vor Ort (USDOS 30.3.2021). Im November 2020 brachen in den ländlichen Städten im Landesinneren, in Daoukro, zwischen Baoule und Malinke, und in M'Batto, zwischen Agni und Malinke, brutale Konflikte zwischen den Gemeinden aus. Die Regierung meldete sechs Tote in Daoukro und drei Tote in M'Batto, darunter zwei Verbrennungen und eine Enthauptung. Eine Oppositionspartei behauptete, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer viel höher liegt (USDOS 30.3.2021). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Religions, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military-and-security, Zugriff 27.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 34

- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 18. Relevante Bevölkerungsgruppen 18.1. Frauen Frauen und Männer sind rechtlich gleichgestellt. Die Verfassung enthält in Art. 36 und 37 zwei Bestimmungen zum Schutz und zur Förderung der Rechte der Frauen sowie zur Gleichstellung (AA 9.10.2020). Allerdings ist das traditionelle Bild der Frau als Mutter und Hausfrau in der Gesellschaft fest verankert (AA 9.10.2020; vgl. BTI 2020). Frauen werden in allen Aspekten des Lebens schlechter behandelt als Männer. Frauen haben keinen angemessenen Zugang zu öffentlichen Ämtern und Bildungseinrichtungen, wie der geringe Anteil von Frauen im Parlament und eine deutlich niedrigere Alphabetisierungsrate von Frauen zeigt (BTI 2020). Es gibt keine Gesetze, die die Beteiligung von Frauen und Angehörigen von Minderheiten am politischen Prozess einschränken, und sie beteiligen sich auch daran (USDOS 30.3.2021). In der Politik sind Frauen allerdings unterrepräsentiert; es sind aber Fortschritte zu verzeichnen (AA 9.10.2020). Von den 253 Mitgliedern der Nationalversammlung sind 29 Frauen. Von den 99 Mitgliedern des Senats sind es 19 (USDOS 30.3.2021). Gewalt gegen Frauen bleibt ein Alltagsproblem. Es werden sowohl von staatlicher als auch von Nicht-Regierungsseite Anstrengungen unternommen, Institutionen zum Schutz von Frauen zu schaffen (AA 9.10.2020). Der gesetzliche Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt ist allerdings schwach und wird oft ignoriert (FH 3.3.2021). Ehebruch gilt nach wie vor als Straftat, ist nun aber für beide Ehepartner in gleicher Weise strafbar. Das neue Strafrecht führte im Juni 2019 erstmals eine Legaldefinition von Vergewaltigung ein (AA 9.10.2020; vgl. HRW 14.1.2020). Das Gesetz verbietet Vergewaltigung und sieht Gefängnisstrafen von fünf bis 20 Jahren vor. Es bestraft Vergewaltigung in der Ehe allerdings nicht speziell. Opfer werden häufig davon abgehalten, ein Strafverfahren anzustrengen, wobei ihre Familien oft eine Entschädigungszahlung akzeptieren. Es gibt mindestens einen Bericht über das Eingreifen von Sicherheitskräften, die eine Familie dazu überreden wollten, Strafanzeige zu erstatten, anstatt eine private Entschädigung für einen sexuellen Übergriff auf ihr minderjähriges Kind zu akzeptieren (USDOS 30.3.2021). Straffreiheit für die Täter stellt nach wie vor ein Problem dar. Wenn es zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommt, wird Vergewaltigung routinemäßig als unsittliche Körperverletzung eingestuft. Kostspielige ärztliche Atteste sind für die Opfer meist nicht leistbar (FH 3.3.2021), und obwohl sie nicht mehr gesetzlich verpflichtet sind, ein ärztliches Attest einzuholen, berichten einige Menschenrechtsorganisationen, dass Opfer, die dies nicht taten, Schwierigkeiten hatten, ihre Fälle voranzubringen (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 34

Seit Mai 2013 gibt es in sechs größeren Städten Anlaufstellen („Cliniques Juridiques“), in denen Opfer sexueller Gewalt kostenlos Rechtsberatung erhalten können. Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind besonders gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden. Häufig werden sie von ihren Freiern misshandelt. Es kann aber auch zu Misshandlungen durch die Polizei oder aber die eigene Familie kommen. Zu Fällen von Zwangsprostitution kommt es eher selten. Es gibt einige nationale und internationale NGOs, die sich um die Belange von Frauen, die als Prostituierte arbeiten, kümmern. Durch sie wurde auch ein Netzwerk von Ansprechpartnern in diversen Polizeidienststellen geschaffen, an welche sich betroffene Frauen bei Problemen wenden können (AA 9.10.2020). Das Gesetz N° 98-757 vom 23.12.1998 zur Unterdrückung bestimmter Formen von Gewalt gegen Frauen erklärte die weibliche Genitalverstümmelung (FGM/C) bereits für strafbar. Mit dem neuen Strafgesetzbuch, Gesetz N° 2019-574 vom 18.6.2019, wurde weibliche Genitalverstümmelung nun auch als eigener Straftatbestand eingeführt (AA 9.10.2020). Das Gesetz verbietet also ausdrücklich FGM/C und sieht Strafen für Praktizierende vor, dennoch bleibt FGM/C ein ernstes Problem (USDOS 30.3.2021; vgl. BTI 2020). Das Gesetz sieht im Arbeitsrecht für Frauen den gleichen rechtlichen Status und die gleichen Rechte wie für Männer vor. Ein Gesetz aus dem Jahr 2019 sieht vor, dass Witwen nach dem Tod ihres Mannes genauso viel erben können wie die Kinder des Verstorbenen (USDOS 30.3.2021). Mit dem Ehegesetz vom Juli 2019 haben Frauen das Recht, geerbtes Eigentum als Sicherheit für Kredite zu verwenden (FH 3.3.2021). Allerdings gilt das Gesetz nicht für nicht registrierte traditionelle und religiöse Ehen und räumt selbst langjährigen Lebensgefährten keine Rechtsansprüche ein (HRW 24.7.2019). Menschenrechtsorganisationen berichten, dass viele religiöse und traditionelle Autoritäten Gesetze ablehnen, welche die geschlechtsspezifische Ungleichheit bei Entscheidungen im Haushalt verringern sollen (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - BTI - Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report - Côte d’Ivoire, https://www.bti- project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 20.1.2022 - HRW - Human Rights Watch (24.7.2019): Côte d’Ivoire Marriage Reform a Step for Women Law Could Spur Change Throughout Africa, https://www.hrw.org/news/2019/07/24/cote-divoire- marriage-reform-step-women, Zugriff 28.1.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 34

- USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 18.2. Kinder Der Grundschulbesuch ist obligatorisch, kostenlos und für alle zugänglich. Der Schulbesuch ist damit dem Schein nach für Sechs- bis Sechzehnjährige verpflichtend und gratis. Familien berichten allerdings, dass sie zur Zahlung von Schulgebühren aufgefordert werden, entweder, um Zeugnisse zu erhalten, oder aber, für Schulmaterial. Nicht alle halten sich an die Schulpflicht. Obwohl die Einschulungsrate von Mädchen höher ist, als jene der Buben, sinkt der Anteil an Mädchen später unter jenen der Buben. Kulturell bedingt gibt es eine Tendenz, Mädchen eher zu Hause zu behalten, damit diese Hausarbeit verrichten oder sich um jüngere Geschwister kümmern zu können. Ein anderer Grund ist, dass sexuelle Belästigung von Schülerinnen durch Lehrer und anderes Personal weit verbreitet ist. Im April 2019 wurde eine neue Gender-Einheit innerhalb des Ministeriums für nationale Bildung geschaffen. Diese soll sich auf die Verbesserung der Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen konzentrieren (USDOS 30.3.2021). Gewalt gegen Kinder und deren Missbrauch sind verbreitet – besonders in Schulen. Die körperliche Züchtigung von Kindern in Bildungseinrichtungen ist an der Tagesordnung und gesetzlich weder verboten noch eingeschränkt (AA 9.10.2020). Im Jahr 2019 wurde das Alter für Frauen und Männer bei der Heirat gesetzlich mit 18 Jahren festgelegt. Das Gesetz verbietet, dass Mädchen und Buben unter diesem Alter ohne Zustimmung der Eltern heiraten. Das Gesetz bestraft ausdrücklich jeden, der einen Minderjährigen unter 18 Jahren zwingt, eine religiöse oder traditionelle Ehe einzugehen. Dennoch gibt es immer wieder Berichte über traditionelle Ehen, an denen mindestens ein minderjähriger Ehepartner beteiligt ist (USDOS 30.3.2021, vgl. AA 9.10.2020). Sex mit Minderjährigen unter 15 Jahren wird vom Gesetz als Vergewaltigung definiert (AA 9.10.2020). Das Mindestalter für einvernehmlichen Sex beträgt 18 Jahre (USDOS 30.3.2021). Kindersoldaten haben – auch während der Krisenjahre – keine nennenswerte Rolle gespielt. Fortschritte wurden für den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Strafverfahren gemacht. Bei den Gerichten erster Instanz in Abidjan sowie in Man und Bouaké wurden „Services de la Protection Judiciaire de l’Enfance et de la Jeunesse“ (Rechtsschutzdienste für Kinder und Jugendliche) geschaffen, welche die Richter beraten und unterstützen (AA 9.10.2020). Die Verfassung verbietet ausdrücklich den Menschenhandel, einschließlich Zwangs- und Kinderarbeit. Das Mindestalter für eine Beschäftigung beträgt 16 Jahre, für Lehrstellen 14 Jahre. Das Mindestalter für gefährliche Arbeiten liegt bei 18 Jahren (USDOS 30.3.2021). Trotzdem spielt Kinderarbeit traditionell im informellen Sektor – allen voran in der Landwirtschaft – weiterhin eine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 34

Rolle. Andere Sektoren sind der Bergbau, das Baugewerbe, häusliche Dienstleistungen oder die Gastronomie (AA 9.10.2020) und insbesondere die Kakaoproduktion. Trotz der in den letzten Jahren gemachten Bemühungen von Regierung und internationalen Konzernen, diesem Phänomen entgegenzuwirken, bleibt Kinderarbeit ein Problem (FH 3.3.2021). Die effektive Bekämpfung der Kinderarbeit über das Justizsystem ist aufgrund beschränkter Ressourcen und Personal begrenzt (AA 9.10.2020). Die Regierung der Elfenbeinküste erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig. Allerdings werden diesbezüglich Anstrengungen unternommen, wie etwa die Einrichtung neuer spezialisierter Polizeieinheiten zur Untersuchung von Kinderarbeit und Kinderhandel im ganzen Land, die Schulung von Strafverfolgungs- und Justizbeamten, die Überweisung identifizierter Opfer an eine Betreuungseinrichtung, die Aufstockung finanzieller Unterstützung und der Sachleistungen für NGOs, die Dienste für Opfer des Menschenhandels anbieten (USDOS 1.7.2021). Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass landesweit Tausende von Kindern auf der Straße leben, und dass diese häufig Gegenstand von Strafverfolgungsmaßnahmen werden oder Schikanen durch die Behörden ausgesetzt sind. Berichten zufolge betriebt die Regierung ein Programm zur Verringerung der Zahl obdachloser Minderjähriger. Beamte des Jugendministeriums eröffneten Berichten zufolge in einigen Städten Zentren, wo gefährdete Jugendliche leben und eine Ausbildung erhalten können (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (1.7.2021): 2021 Trafficking in Persons Report: Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055168.html, Zugriff 25.1.2022 18.3. Angehörige sexueller Minderheiten Die Elfenbeinküste gilt in der Region von Westafrika als vergleichsweise sicherer Hafen für Homosexuelle. Homosexualität bildet keinen Straftatbestand (AA 9.10.2020; vgl. FH 3.3.2021). Generell gilt sowohl für hetero- als auch für gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivitäten in der Öffentlichkeit, dass sie als unsittlich gewertet und mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 34
