elfe-lib-2022-01-28-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
von Sicherheitsbedenken an der Stimmabgabe gehindert. Nach Angaben der Regierung, die die Wahlbeteiligung auf 54 Prozent bezifferte, gewann Ouattara die Wahl mit 94 Prozent der Stimmen. Diese Zahlen wurden von unabhängigen Beobachtern des Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa (EISA) angefochten. Das Institut berichtete, dass nur 54 Prozent der Wahllokale geöffnet waren und nur 41 Prozent der Wählerkarten vor der Abstimmung verteilt wurden. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass das Wählerverzeichnis Probleme hinsichtlich Vollständigkeit aufwies und eine große Zahl verstorbener Personen enthielt, und dass es der Wahlkommission an Transparenz mangelte und sie die Regierungspartei bei der Durchführung der Wahl stark begünstigte (FH 3.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.11.2020): Côte d'Ivoire: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/politisches- portraet/209484, Zugriff 27.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 4. Sicherheitslage Die Kriminalität ist vor allem in den nordwestlichen und westlichen Landesteilen (Grenzgebiete zu Liberia, Guinea und Mali) hoch (BMEIA 26.1.2022; vgl. EDA 26.1.2022). Zudem genießen nichtstaatliche bewaffnete Akteure und ehemalige Rebellen vor allem im Norden und Westen des Landes erheblichen Einfluss (FH 3.3.2021). Die Hauptbedrohung für die Sicherheit ist nicht mehr die politische Instabilität, sondern die Anschläge in den nördlichen Grenzregionen durch militante Islamisten, die hauptsächlich in Mali und Burkina Faso stationiert sind (GW 5.1.2022). Für das gesamte Grenzgebiet zu Burkina Faso und Mali, und insbesondere die Grenzregion im Nordosten des Landes, besteht ein hohes Entführungsrisiko. Angesichts der Entwicklungen im Sahel und insbesondere der Sicherheitslage in Burkina Faso und in Mali besteht auch in der Elfenbeinküste ein latentes Risiko terroristischer Anschläge (AA 26.1.2022). Zum Beispiel wurden im Juni 2021 bei der Explosion eines Sprengsatzes bei Tehini im Grenzgebiet zu Burkina Faso mehrere Sicherheitskräfte getötet oder verletzt. Im März und April 2021 kam es zu Terrorangriffen mit islamistischem Hintergrund auf Sicherheitsposten der in Kafolo an der Grenze zu Burkina Faso. Mehrere Soldaten kamen dabei ums Leben (EDA 26.1.2022; vgl. BMEIA 26.1.2022, AA 26.1.2022). Zudem kam es im April 2021 in der Nähe von Kafolo zu einem Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz auf ein ziviles Kraftfahrzeug. Trotz verstärkter Sicherheitsmaßnahmen durch die Behörden besteht die latente terroristische Bedrohung fort (AA 26.1.2022). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 34

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.1.2022): Côte d'Ivoire: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/cotedivoiresicherheit/209460, Zugriff 26.1.2022 - BMEIA - Bundesministerium für europäische und international Angelegenheiten [Österreich] (26.1.2022): Côte d'Ivoire, Reise und Aufenthalt, Gesundheit und Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 26.1.2022 - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (26.1.2022): Côte d’Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d- ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html#par_textimage_5, Zugriff 26.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - GW - Garda World (5.1.2022): Côte d'Ivoire - Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/cote-divoire, Zugriff 28.1.2022 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Verfassung und das Gesetz sehen eine unabhängige Justiz vor, und obwohl die Justiz in gewöhnlichen Strafsachen im Allgemeinen unabhängig ist, respektiert die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz häufig nicht (USDOS 30.3.2021). Nach anderen Angaben ist die Justiz nicht unabhängig. Richter sind anfällig für externe Einflussnahme, Korruption und Bestechung sind innerhalb der Justiz nach wie vor endemisch (FH 3.3.2021). Im Jänner 2020 beklagten verschiedene Berufsverbände und Organisationen der Zivilgesellschaft die fortwährende Beeinträchtigung des Justizwesens durch die Exekutive und die Weigerung der Regierung, mehrere Gerichtsentscheidungen umzusetzen. Menschenrechtsorganisationen und politische Parteien behaupteten, die Regierung nutze das Justizsystem, um unterschiedliche Oppositionelle zu marginalisieren (USDOS 30.3.2021). Die Justiz wurde vollständig mobilisiert, um die dritte Amtszeit von Präsident Ouattara zu unterstützen (FH 3.3.2021). In der Vergangenheit traten die Schwurgerichte (Sondergerichte, die bei Bedarf zur Verhandlung von Strafsachen mit Verbrechen einberufen werden) nur selten zusammen. Im Laufe des Jahres 2020 nahmen die ständigen Strafgerichte, die als Ersatz für die Schwurgerichte eingerichtet worden waren, um den Rückstau an Fällen zu beseitigen, ihre Arbeit auf (USDOS 30.3.2021). Im März 2020 billigte das Parlament Verfassungsänderungen, durch die der Oberste Gerichtshof abgeschafft und drei bestehende Gerichte als letzte Instanz eingesetzt wurden: der Kassationshof (Berufungsgericht), der Staatsrat (Conseil d'Etat) und der Rechnungshof (Cour des Comptes). Diese Gerichte sind für verschiedene Arten von Rechtsangelegenheiten zuständig. Der Cour de Cassation ist das höchste Berufungsgericht für Straf- und Zivilsachen. Der Conseil d'Etat ist das höchste Berufungsgericht für Verwaltungsstreitigkeiten. Der Cour des Comptes ist das oberste Rechnungsprüfungsorgan, das für die Überwachung der öffentlichen Finanzen und Konten zuständig ist. Zusätzlich zu diesen drei Gerichten entscheidet der Conseil Constitutionnel (Verfassungsrat) über die Wählbarkeit von Parlaments- und Präsidentschaftskandidaten, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 34

entscheidet über Streitigkeiten bei Wahlen, bestätigt Wahlergebnisse und urteilt über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und Verträgen (USDOS 30.3.2021). Berichten zufolge gewähren die Militärgerichte den Angeklagten nicht die gleichen Rechte wie zivile Strafgerichte. Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass es zu keinen Prozessen gegen Zivilisten vor Militärgerichten gekommen ist (USDOS 30.3.2021). Die Verfassung und das Gesetz sehen das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, aber die Justiz setzte dieses Recht manchmal nicht durch. Obwohl das Gesetz die Unschuldsvermutung und das Recht auf unverzügliche und ausführliche Unterrichtung über die Anklagepunkte vorsieht, wurde dies nicht immer eingehalten. Verurteilte haben Zugang zu Berufungsgerichten, aber höhere Gerichte hoben die Urteile nur selten auf (USDOS 30.3.2021). Der relative Mangel an ausgebildeten Richtern und Anwälten führte zu einem eingeschränkten Zugang zu wirksamen Gerichtsverfahren, insbesondere außerhalb der Großstädte. Die Regierung nennt eine Zahl von 450 Richtern für eine Bevölkerung von schätzungsweise 27,5 Millionen (USDOS 30.3.2021). In ländlichen Gebieten wird die Justiz häufig von traditionellen Institutionen auf Dorfebene ausgeübt, die häusliche Streitigkeiten und kleinere Landfragen nach dem Gewohnheitsrecht regeln. Die Streitbeilegung erfolgt durch ausführliche Debatten. Es wurden keine Fälle von körperlicher Bestrafung nach solchen, nach traditionellem Recht geführten Verfahren gemeldet. Das Gesetz sieht ausdrücklich einen sogenannten „großen Vermittler“ vor, der vom Präsidenten ernannt wird und eine Brücke zwischen traditionellen und modernen Methoden der Streitbeilegung schlagen soll (USDOS 30.3.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 6. Sicherheitsbehörden Die Nationale Polizei, die dem Ministerium für Inneres und Sicherheit untersteht, und die Nationale Gendarmerie, die dem Verteidigungsministerium untersteht, sind für die Strafverfolgung im Inland zuständig. Das Koordinationszentrum für operative Entscheidungen, eine gemischte Einheit aus Polizei, Gendarmerie und Armee, unterstützt die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit in einigen Großstädten. Die Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstellt sind, sind für die Landesverteidigung zuständig (USDOS 30.3.2021). Die Streitkräfte der Elfenbeinküste (Forces Armées de Côte d'Ivoire, FACI; auch bekannt als Republikanische Streitkräfte / Forces républicaines de Côte d'Ivoire, FRCI), bestehen aus dem Heer Armee (Armée de Terre), der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 34

Marine (Marine Nationale), der Luftwaffe (Force Aérienne Côte), und den Spezialkräften (Forces Spéciale) (2021) (CIA 18.1.2022). Die dem Ministerium für Sicherheit und Katastrophenschutz unterstellte Direktion für territoriale Überwachung (DTS) ist für die Abwehr interner Bedrohungen zuständig (USDOS 30.3.2021). Nichtstaatliche bewaffnete Akteure und ehemalige Rebellen verfügen über erheblichen Einfluss, insbesondere im Norden und Westen (FH 3.3.2021). Den zivilen Behörden gelang es zeitweise nicht, die Sicherheitskräfte wirksam zu kontrollieren (USDOS 30.3.2021). Obwohl die Verteidigungs- und Sicherheitskräfte nominell unter ziviler Kontrolle stehen, gibt es nach wie vor erhebliche Probleme mit parallelen Kommando- und Kontrollsystemen innerhalb der FRCI (FH 3.3.2021). Angehörige der Sicherheitskräfte begingen einige Übergriffe (USDOS 30.3.2021). Die Militärpolizei und das Militärgericht sind für die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung mutmaßlicher Übergriffe durch Angehörige der Sicherheitsdienste zuständig. Die Regierung berichtet über gesetzte Schritte, mit denen u.a. Sicherheitsbeamte, die des Missbrauchs beschuldigt werden, strafrechtlich verfolgt werden können. Opfer gemeldeter Übergriffe berichten allerdings, dass Täter nicht bestraft wurden (USDOS 30.3.2021). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d'Ivoire, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military- and-security, Zugriff 27.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung und das Gesetz verbieten Folter und unmenschliche Behandlung (USDOS 30.3.2021) und die Regierung verabschiedete Gesetze, die Folter als eigenständiges Verbrechen definierten (HRW 14.1.2020). Es liegen keine Erkenntnisse vor, wonach Folter durch staatliche Stellen praktiziert wird. Eine widerstreitende Meinung vertritt die NGO Fédération internationale de l’Action des Chrétiens (FIACAT), welche in den Zuständen der Gefängnisse sowie in der teilweise langwierigen Verfahrensdauer eine Form der Misshandlung der Häftlinge und damit der Folter sieht (AA 9.10.2020). Menschenrechtsorganisationen berichten über Misshandlungen von Häftlingen zwischen Festnahme und Einlieferung in das Gefängnis, und dass Gefangene mitunter Gewalt und Missbrauch, einschließlich Schlägen und Erpressung, durch Gefängnisbeamte ausgesetzt sind. Auch die Strafvollzugsbehörden räumen ein, dass es zu Misshandlungen kommen kann, die nicht gemeldet werden, da die Gefangenen Repressalien fürchten (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 34

Straflosigkeit war bei den Sicherheitskräften kein nennenswertes Problem, obwohl Berichten zufolge Angehörige der Sicherheitskräfte vereinzelte Übergriffe begangen haben, ohne bestraft zu werden. Die Regierung setzte die Militärpolizei und das Militärtribunal ein, um Übergriffe zu untersuchen (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 27.1.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzt dieses Gesetz nicht wirksam um. Es wird berichtet, dass Beamte sich häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligen (USDOS 30.3.2021). Korruption und Bestechung sind nach wie vor weit verbreitet und betreffen vor allem die Justiz, die Polizei (FH 3.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021) und das öffentliche Auftragswesen. Geringfügige Bestechung behindert auch den Zugang der Bürger zu öffentlichen Dienstleistungen, von der Erlangung einer Geburtsurkunde bis hin zur Zollabfertigung (FH 3.3.2021). Eine öffentliche Antikorruptionsbehörde, die High Authority for Good Governance (HABG), wurde 2013 eingerichtet, gilt aber als ineffektiv. Das HABG verpflichtet Beamte zur Abgabe von Vermögenserklärungen, doch wird dies nicht ausreichend durchgesetzt. Täter auf allen Ebenen werden nur selten strafrechtlich verfolgt (FH 3.3.2021). Die HABG kann Empfehlungen aussprechen, aber die Staatsanwaltschaft muss entscheiden, ob sie einen Fall aufgreift. Zivilgesellschaftliche Gruppen und Regierungsbeamte berichten, dass die HABG nicht befugt ist, unabhängig zu handeln oder entscheidende Maßnahmen zu ergreifen. Der verfassungsmäßig vorgesehene Oberste Gerichtshof, der Regierungsmitglieder – einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten – wegen Straftaten in Ausübung ihres Amtes verurteilen kann, ist noch nicht eingerichtet worden (USDOS 30.3.2021). Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2020 von Transparency International belegte die Elfenbeinküste Rang 104 von 180 untersuchten Ländern (TI 1.2021). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 34

- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - TI - Transparency International (1.2021): Corruption Perceptions Index 2020, Côte d'Ivoire, https://images.transparencycdn.org/images/2020_Report_CPI_EN.pdf, Zugriff 12.1.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Eine Reihe lokaler und internationaler NGOs können im Allgemeinen frei arbeiten (FH 3.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021) und untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle (USDOS 30.3.2021). Die schlechten Sicherheitsbedingungen - vor allem im Norden und Westen des Landes - stellen jedoch für einige Organisationen eine Einschränkung dar (FH 3.3.2021). Regierungsvertreter treffen sich mit einigen dieser Gruppen. Während die Regierung je nach Thema oder Fall einigermaßen kooperativ ist und auf Ansichten von NGOs eingeht, ist sie bei heikleren Themen defensiv (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2020 wurden zahlreiche Aktivisten verhaftetet, darunter mehrere bekannte Anführer der Alternative Citoyenne Ivoirienne (ACI). Als Grund dafür wurden mehrere unrechtmäßige Anschuldigungen genannt, von „Untergrabung der öffentlichen Ordnung“ bis hin zur „Untergrabung der nationalen Verteidigung“. Die Verhafteten hatten sich kritisch zur Präsidentschaftskandidatur Ouattaras geäußert (FH 3.3.2021; vgl. AI 7.4.2021). Quellen: - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Auf dem Papier existiert zwar eine Wehrpflicht, diese wird jedoch seit 1995 nicht mehr umgesetzt (AA 9.10.2020; vgl. CIA 18.1.2022). Der Eintritt in den Militärdienst erfolgt freiwillig (AA 9.10.2020). Das Alter für den obligatorischen und freiwilligen Militärdienst beträgt für Männer und Frauen 18-25 Jahre. Eine freiwillige Rekrutierung ehemaliger Rebellen ist auf das Alter von 22-29 Jahren beschränkt (CIA 18.1.2022). Die Heranziehung zum Militärdienst ist heute nicht mehr an Merkmale wie Rasse, Religion, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung gebunden (AA 9.10.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 34

Für unterschiedliche Gruppen von Deserteuren gibt es unterschiedlich harte Strafen, welche im militärischen Strafgesetzbuch geregelt sind. Hier wird einerseits eine Unterscheidung zwischen Desertion in Friedens- bzw. Kriegszeiten getroffen sowie zwischen Desertion im Inland oder ins Ausland, bewaffneter Fahnenflucht oder Fahnenflucht und Übertritt zum Feind. Je nach Straftatbestand beläuft sich das Strafmaß auf ein Jahr bis hin zu zwanzig Jahren Haft. Die Entlassung aus dem Militär kann ebenfalls erfolgen (AA 9.10.2020). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2022): The World Factbook, Côte d‘Ivoire, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/cote-divoire/#military- and-security, Zugriff 27.1.2022 11. Allgemeine Menschenrechtslage Es gibt keine Berichte darüber, dass die Regierung willkürliche oder ungesetzliche Tötungen begangen hat (USDOS 30.3.2021). Zu den wichtigsten Menschenrechtsproblemen gehören vorübergehendes Verschwindenlassen durch die Regierung; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen durch die Streitkräfte; politisch motivierte Repressalien gegen Personen, die sich außerhalb des Landes aufhalten; politische Gefangene oder Inhaftierte; mangelnde Unabhängigkeit der Justiz; Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Internetfreiheit; Behinderungen des Rechts auf friedliche Versammlung und Vereinigung; Gewaltverbrechen gegen Frauen und Mädchen, welche die Regierung kaum strafrechtlich verfolgt; Gewaltverbrechen gegen Angehörige sexueller Minderheiten. Die Regierung hat über Schritte berichtet, um Beamte der Sicherheits- und anderer Behörden, die des Missbrauchs beschuldigt wurden, strafrechtlich zu verfolgen. Opfer gemeldeter Übergriffe erklären hingegen, dass Täter nicht verfolgt wurden (USDOS 30.3.2021). Das Ministerium für Justiz und Menschenrechte ist für die Umsetzung der Menschenrechtspolitik der Regierung zuständig. Im Jänner 2019 wurde die Nationale Menschenrechtskommission in den Nationalen Rat für Menschenrechte umbenannt. Die Änderung sollte dem Rat eigentlich mehr finanzielle und operative Autonomie verschaffen. Die Organisation blieb jedoch weiterhin vollständig von der Finanzierung durch die Regierung und Geber abhängig. Dementsprechend stellen Menschenrechtsorganisationen ihre Unabhängigkeit und Wirksamkeit weiterhin in Frage. Die zivil kontrollierte Sonderermittlungszelle des Ministeriums für Justiz und Menschenrechte .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 34

ermittelt gegen Personen, die für Menschenrechtsverletzungen während der Krise nach den Wahlen von 2010/11 verantwortlich waren (USDOS 30.3.2021). Eine Reihe von Gesetzesreformen führte zu Verbesserungen beim Schutz der Menschenrechte. Die Regierung verabschiedete Gesetze, die Folter als eigenständiges Verbrechen definieren. Zudem wurden Maßnahmen gesetzt, um den Rückgriff auf die Untersuchungshaft zu verringern. Einige Bestimmungen der neuen Gesetze können jedoch zur Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit genutzt werden (HRW 14.1.2020). Und die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung auch schon ein (AI 7.4.2021). Obwohl sich die Bevölkerung im Allgemeinen frei an politischen Diskussionen und Debatten beteiligen kann, wurden Politik und Regierungsparteien im Umfeld der Wahlen 2020 zu gefährlichen Themen. Einzelpersonen waren Einschüchterungen, Drohungen und physischer Gewalt ausgesetzt. Während und nach den Wahlen griffen Milizen und unbekannte Akteure Anhänger der Opposition an, die sich während des Wahlboykotts versammelt und demonstriert hatten. In Abidjan und mindestens acht weiteren Städten gingen Oppositions- und Regierungsanhänger mit Macheten, Knüppeln und Jagdgewehren auf die Straße. Mehr als 50 Menschen wurden von Mitgliedern der Milizen getötet (FH 3.3.2021). Nach offiziellen Angaben lautete die Bilanz zwischen 10. und 14.8.2020: Fünf Tote, 104 Verletzte und 68 Festnahmen von Personen, die der "Störung der öffentlichen Ordnung, der Anstiftung zum Aufruhr, der Gewalt gegen Beamte und der Zerstörung von Eigentum" beschuldigt wurden (AI 7.4.2021) Auch Sicherheitskräfte gingen ungestraft mit exzessiver Gewalt gegen friedliche Demonstranten vor (AI 7.4.2021). Zudem haben sie bei Gewalt gegen Oppositionsanhänger nicht eingegriffen. Dies hat Menschen davon abgehalten, ihre politischen Ansichten offen zu äußern (FH 3.3.2021). Quellen: - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022702.html, Zugriff 27.1.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 12. Meinungs- und Pressefreiheit Sowohl die Verfassung als auch internationale und regionale Menschenrechtsinstrumente, die von der Elfenbeinküste ratifiziert wurden, stützen das Recht auf Meinungsfreiheit. Meinungs- und Pressefreiheit sind – bis auf einige Einschränkungen – meist gewährleistet (AA 9.10.2020; vgl. USDOS 30.3.2021). Das Gesetz verbietet Anstiftung zu Gewalt, ethnischem Hass und Rebellion, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 34

sowie die Beleidigung des Staatschefs oder anderer hochrangiger Mitglieder der Regierung. Manchmal unternimmt die Regierung Schritte, um solche Inhalte aus den sozialen Medien zu entfernen – so z.B. im Jänner 2020, als ein anonymer Facebook-Nutzer zu tödlicher Gewalt gegen römisch-katholische Christen aufgerufen hatte. In anderen Fällen warf die praktische Anwendung dieses Gesetzes Fragen der politischen Einflussnahme auf (USDOS 30.3.2021). Andererseits bleiben die öffentlichen Medien fest unter der Kontrolle der Regierung. Zusätzlich gibt es aber eine Fülle von privaten Medien, welche die Regierung offen kritisieren. Der Nationale Kommunikationsrat setzt sich stärker für oppositionelle Zeitungen ein als für regierungsnahe (BTI 2020). Unabhängige Medien sind aktiv und bringen ein breites Spektrum an Meinungen zum Ausdruck. Es gibt zahlreiche unabhängige Radiosender (USDOS 30.3.2021). Die meisten nationalen Medien – v.a. Zeitungen – sind in ihrer Berichterstattung allerdings parteiisch und bevorzugen entweder die Regierung oder die Opposition (FH 3.3.2021). Daneben gibt es Printerzeugnisse verschiedener Positionen. Eine parteineutrale Berichterstattung gibt es allerdings selten. Der Einfluss von oppositionellen Printmedien im Gegensatz zu den staatlichen TV-Sendern ist durch die niedrige Alphabetisierungsrate und der geringen Auflage eingeschränkt. NGOs werfen dem unabhängigen Nationalen Presserat (CNP) vor, Suspendierungen und Sanktionen unverhältnismäßig häufig gegen Oppositionsmedien zu verwenden (AA 9.10.2020). Trotzdem veröffentlichen Zeitungen, die politisch der Opposition nahestehen, häufig Leitartikel, in denen die Regierung verurteilt wird oder aber sie fabrizierten Geschichten, um politische Gegner zu diffamieren. Die journalistischen Standards werden sowohl von regierungs- als auch von oppositionsnahen Medien missachtet. Dies führt mitunter zu Verleumdungsvorwürfen und in der Folge zu Klagen, wonach oppositionelle Medien eher wegen dieses Delikts angeklagt werden würden (USDOS 30.3.2021). Nach anderen Angaben sind oppositionelle Medien weiterhin Drohungen und Druck seitens der Regierung ausgesetzt – insbesondere während des Wahlkampfs. Die verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur freien Meinungsäußerung werden somit in der Praxis nur teilweise eingehalten (BTI 2020). Die Situation der Presse hat sich seit dem Ende des Konflikts in den Jahren 2010/11 verbessert, und es kommt nur noch selten zu schweren Gewalttaten gegen Journalisten. Allerdings sind Journalisten im Zusammenhang mit ihrer Arbeit Einschüchterungen und gelegentlicher Gewalt durch Sicherheitskräfte ausgesetzt (FH 3.3.2021). Sowohl unabhängige Journalisten als auch solche, die den staatlichen Medien angehören, geben an, dass sie regelmäßig Selbstzensur ausüben, um Sanktionen oder Repressalien zu vermeiden. Die CNP suspendiert oder verwarnt kurzzeitig Zeitungen und Journalisten wegen Äußerungen, die ihrer Meinung nach falsch oder verleumderisch sind oder zu Fremdenfeindlichkeit und Hass aufstacheln. Dabei werden Verleumdungen, die das nationale Interesse bedrohen, mit sechs Monaten bis fünf Jahren .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 34

Gefängnis und hohen Geldstrafen bedroht (USDOS 30.3.2021). Politische Aktivisten, Journalisten und andere Personen, die sich abweichend äußerten, wurden schikaniert und willkürlich verhaftet (AI 7.4.2021). Das Gesetz verbietet „die Inhaftierung von Journalisten in Polizeigewahrsam, die Präventivhaft und die Inhaftierung von Journalisten wegen Straftaten, die durch die Presse oder durch andere Publikationsmittel begangen wurden“. Das Gesetz sieht jedoch hohe Geldstrafen für alle vor, die sich der Begehung von Straftaten durch die Presse oder andere Publikationsmittel schuldig gemacht haben. Zudem werden Journalisten aufgrund ihrer Berichterstattung manchmal von den Behörden mit Gewalt, Schikanen oder Einschüchterungen konfrontiert (USDOS 30.3.2021). Journalisten bleiben prinzipiell anfällig für Missbrauch durch die Polizei (BTI 2020). Einige wurden von der Polizei festgenommen, inhaftiert und geschlagen, als sie über Proteste und Gewalt während und nach den Wahlen 2020 berichteten (FH 3.3.2021). In der Rangliste der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen befindet sich die Elfenbeinküste auf Platz 66 von 180 gelisteten Ländern (RSF 2021). Das Gesetz verbietet Radiosendern die Ausstrahlung politischer Kommentare durch kommunale Radiosender, aber die Regulierungsbehörde erlaubt kommunalen Radiosendern die Ausstrahlung politischer Programme, wenn sie professionelle Journalisten beschäftigen. Die Eigentümer berichten jedoch, dass sie sich häufig selbst zensieren und die Ausstrahlung politischer Inhalte vermeiden, weil sie Sanktionen oder eine Abschaltung durch die Kommunikationsbehörde befürchten. Insgesamt nimmt die Regierung sowohl auf die Berichterstattung und die Programminhalte der Fernsehsender als auch auf jene öffentlicher und privater Radiosender Einfluss. Die Kontrolle der Regierung über die wichtigsten staatlichen Fernsehsender wird von der Opposition und der Zivilgesellschaft stark kritisiert (USDOS 30.3.2021). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Côte d‘Ivoire (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040690/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber _die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_C%C3%B4te_d_Ivoire_%28Stand_Juni_2020%29%2C _09.10.2020.pdf, Zugriff 20.1.2022 - AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Côte d'Ivoire 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048661.html, Zugriff 13.1.2022 - BTI - Bertelsmann Transformation Index (ohne Datum): BTI 2020 Côte d'Ivoire, https://www.bti- project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_CIV.pdf, Zugriff 20.1.2022 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046505.html, Zugriff 29.12.2021 - RSF - Reporters Sans Frontières (2021): Rangliste der Pressefreiheit 2020, Côte d’Ivoire, https://rsf.org/en/ranking/2021#, Zugriff 12.1.2022 - USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Côte d’Ivoire, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048151.html, Zugriff 30.12.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 34
