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Letztlich ist Gambia zwar vom islamistischen Terror verschont geblieben (BS 2022; vgl. BMEIA 24.7.2023, AA 18.9.2023), dies kommt jedoch in der Region vor und die Terrorismusbekämpfung ist Teil des laufenden Reformprogramms für den Sicherheitssektor (BS 2022). Angesichts der unsicheren Lage in anderen Regionen Westafrikas kann aber auch für Gambia ein „Spill-Over“ - Effekt bzw. ein Anschlagspotenzial nicht ausgeschlossen werden (BMEIA 24.7.2023; vgl. AA 18.9.2023). So kam es am 12.9.2023 zu einem Attentat auf Polizeibeamte durch zwei UDP-Mitglieder; die Regierung stufte diesen Angriff, bei dem zwei Polizisten getötet und ein weiterer schwer verletzt wurden, als Terroranschlag ein. Der mutmaßliche Hauptverdächtige habe inzwischen gestanden, ein vormaliges Mitglied der senegalesischen Bewegung demokratischer Kräfte in Casamance (MFDC) zu sein (BAMF 25.9.2023). Die Mitglieder griffen die Beamten tödlich an, sodass der Angriff durch die Regierung als Terroranschlag eingestuft wurde (Garda 25.4.2022). Es wird von zunehmenden bewaffneten Raubüberfällen, Banditentum und Morden berichtet (BS 2022). Aufgrund der generell schlechten wirtschaftlichen Lage sind Kleinkriminalität, aber auch gewalttätige Überfälle in Gambia keine Seltenheit mehr. Es finden außerdem häufig Demonstrationen zu verschiedenen lokalen und nationalen politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Themen statt (Garda 25.4.2022). Es gibt Berichte über übermäßige Gewaltanwendung der Polizei gegen Demonstranten (BS 2022). Während die meisten dieser Versammlungen friedlich verlaufen, kam es zwischenzeitlich zu polizeilichem Einsatz durch ungenehmigte Fortsetzung von Protesten (FH 2023). Zwar sind erhebliche Fortschritte auf dem Weg zur Demokratie zu verzeichnen, doch wächst die Unzufriedenheit über die Unfähigkeit der Regierung, die Sicherheit aufrechtzuerhalten (GOCI 2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.9.2023): Gambia: Reise und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/gambiasicherheit/213624#content_1, Zugriff 3.11.2023AMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (25.9.2023): Briefing Notes, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28971178/Deutschland._Bundesamt_f %C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes %2C_KW_39%2C_25.09.2023.pdf?nodeid=28971179&vernum=-2, Zugriff 17.11.2023 - BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (24.7.2023): Gambia, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/gambia, Zugriff 3.11.2023 - BS - Bertelsmann Stuftung (2022): BTI Gambia Country Report 2022, https://bti-project.org/en/reports/country-report/GMB#pos3, Zugriff 13.11.2023 - FD - France Diplomatie [France] (15.10.2023): Gambia, Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/ gambie/#securite, Zugriff 3.11.2023 - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 -Garda - Garda World (25.4.2022): Gambia Country Report https://crisis24.garda.com/insights- intelligence/intelligence/country-reports/gambia?origin=de_riskalert, Zugriff 13.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 34

-GOCI - Global Organized Ctrime Index (2023): Gambia country Profile, https://ocindex.net/assets/downloads/2023/english/ocindex_profile_gambia_2023.pdf, Zugriff 3.11.2023 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Verfassung Gambias sieht eine unabhängige Justiz vor (ÖB 19.4.2023; vgl. USDOS 20.3.2023), und die Regierung respektiert im Allgemeinen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser (USDOS 20.3.2023). Die Regierung Barrow hat Schritte zur Verbesserung des Justizwesens unternommen, das unter Jammeh durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt war (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Seit dem Machtwechsel haben die Gerichte eine stärkere Unabhängigkeit bewiesen. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt. Der Rückstau bei Gerichtsverfahren ist trotz Maßnahmen der Regierung in diesem Bereich weiterhin groß und das Justizsystem weiterhin durch Korruption und Ineffizienz beeinträchtigt (AA 12.1.2022; vgl. FH 2023). Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 19.4.2023; vgl. AA 12.1.2022). Beamte informieren die Angeklagten nicht immer unverzüglich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe. Der Rückstau von Fällen behindert das Recht auf ein rechtzeitiges Verfahren (USDOS 20.3.2023). Der Oberste Gerichtshof verhandelt Zivil- und Menschenrechtsfälle, einschließlich Berufungen von Gewohnheits- und Scharia-Gerichten (islamische Gerichte). Einzelpersonen können sich bei Menschenrechtsverletzungen auch an das Büro des Ombudsmanns wenden, das solche Fälle untersucht und Abhilfemaßnahmen zur gerichtlichen Prüfung empfiehlt. Ferner können Einzelpersonen und Organisationen gegen ablehnende nationale Entscheidungen bei regionalen Menschenrechtsgremien Berufung einlegen (USDOS 20.3.2023). Mit dem Legal Aid Act 2008 wurde der Zugang zur Justiz und zur Rechtshilfe für sozial benachteiligte Gruppen erweitert. Wurde bis dahin Rechtshilfe nur in Fällen mit Aussicht auf Todesstrafe bzw. lebenslänglich gewährt, kann nun auch um Rechtshilfe in Straf- oder Zivilrechtsangelegenheiten angesucht werden, sofern der Angeklagte weniger als den „festgesetzten Mindestlohn“ verdient (ÖB 19.4.2023). Obwohl die Dominanz der Exekutive nach wie vor ein Problem darstellt, hat die Justiz in den letzten Jahren eine gewisse Unabhängigkeit von den anderen Regierungszweigen bewiesen (FH 2023). Im November 2022 erklärte der Justizminister, dass die Regierung Gespräche mit der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS aufgenommen habe, um ein hybrides .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 34

Gericht einzurichten, das die unter Yahya Jammeh begangenen völkerrechtlichen Verbrechen strafrechtlich verfolgen soll (FH 2023). Bereits im Mai 2018 hatte eine verfassungsgebende Kommission ihre Arbeit an einem neuen Verfassungsentwurf aufgenommen, welcher die Verfassung von 1997 ablösen und mit seinen zahlreichen Reformen eine neue demokratische Ära in Gambia einleiten sollte. Im September 2020 wurde der Entwurf von der Nationalversammlung abgelehnt. So ging Gambia im Dezember 2021 mit der alten Verfassung in die Präsidentschaftswahl. Ein neuer Entwurf ist bislang nicht in Arbeit (AA 12.1.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 -USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 6. Sicherheitsbehörden Die gambische Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich und und ist dem Innenministerium unterstellt (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 19.4.2023) Sie besitzt sowohl eine Menschenrechts- und Beschwerdeabteilung, sowie eine Kinderfürsorge und „Gefährdete Personen“-Abteilung (ÖB 19.4.2023). Die zivilen Behörden haben eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.3.2023). Die State Intelligence Service (bis Februar 2017 National Intelligence Agency (NIA), welche weiterhin gemäß Artikel 191 der Verfassung direkt dem Präsidenten untersteht, ist für die Staatssicherheit verantwortlich. Die NIA war in der Vergangenheit eines der Hauptinstrumente des Präsidenten Jammeh für die Identifizierung und Bestrafung/Ausschaltung von Oppositionellen und wird auch für Folter und willkürliche Inhaftierung verantwortlich gemacht ( ÖB 19.4.2023). Die Gambia Armed Forces (GAF) unterstützen die zivilen Behörden in Notfällen und bei Naturkatastrophen und sind dem Verteidigungsminister unterstellt (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Hauptaufgabe der Gambian National Army (GNA) ist die Aufrechterhaltung der inneren Ruhe und Sicherheit. Es gibt formell keine Luftstreitkräfte und die Marinekräfte sind überschaubar (ÖB 19.4.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 34

Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 -USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 7. Folter und unmenschliche Behandlung Allgemein verbieten die Verfassung und das Gesetz Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Es gab jedoch Berichte, dass Sicherheitskräfte wie Gefängnisdienste, die Polizei und das Militärs Zivilisten menschenunwürdig behandelten (USDOS 20.03.2023). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Januar 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt. Im September 2018 hat Gambia das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ratifiziert. Folter und andere unmenschliche, grausame oder erniedrigende Behandlungen oder Strafe sind mittlerweile nach geltendem Recht und der Verfassung verboten (AA 12.1.2022). Zu den Ämtern, die mit der Untersuchung von Missständen beauftragt wurden, gehörten die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC), das Büro des Ombudsmanns und die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission (TRRC) (USDOS 20.3.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, jedoch hat die Regierung diesbezügliche Verfehlungen weder glaubwürdig untersucht noch verfolgt. Obwohl die Regierung einige Schritte unternommen hat, um gegen Missbrauch oder Korruption vorzugehen (USDOS 20.3.2023), wurde bisher nur vereinzelt gegen Korruption vorgegangen (ÖB 19.4.2023). Es gibt zahlreiche Berichte über Korruption innerhalb der Regierung, und es herrscht nach wie vor eine Korruptionskultur unter den Regierungsbeamten, einschließlich ehemaliger Beamter der Regierung Jammeh, die immer noch in Regierungspositionen tätig sind. Korruption auf kleiner .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 34

Ebene ist weiterhin die Norm, da Bürger oft Schmiergelder zahlen müssen, um bürokratische Hürden zu überwinden oder Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu erhalten. Korruption bei der Polizei ist ebenfalls ein alltägliches Problem, da Beamte routinemäßig Fahrer anhalten und Verstöße fälschen oder Geld verlangen (USDOS 20.3.2023). Außerdem sind, laut einer Diagnose des Internationalen Währungsfonds (IWF), staatliche Verfahren anfällig für Korruption und uneinheitliche Entscheidungen, da die Voraussetzungen für die Ausübung von Befugnissen nicht klar definiert sind (IMF 26.1.2023). Die Tätigkeit der Regierung ist im Allgemeinen undurchsichtig. Beamte müssen gegenüber dem Ombudsmann Vermögenserklärungen abgeben, die jedoch nicht von der Öffentlichkeit und den Medien eingesehen werden können. Es gibt weitverbreitete Korruptionsvorwürfe im öffentlichen Auftragswesen. Wichtige Genehmigungsverfahren, insbesondere für Industriezweige, die auf natürliche Ressourcen angewiesen sind, sind nicht transparent (FH 2023). Die Mehrheit der Befragten Menschen in Gambias sind der Meinung, dass die Regierung nicht genug tut, um Korruption zu bekämpfen. Zudem, gibt es bisher keine klare Antikorruptionspolitik (ÖB 19.4.2023). Dies ist auch sichtbar auf dem "Transparency International Corruption Perceptions Index" aus dem Jahr 2022, in dem sich Gambia gegenüber den Vorjahren verschlechtert hat und nun 34 von 100 Punkten erhält (TI 31.1.2023; vgl. ÖB 19.4.2023). Die Wahrnehmung in der Bevölkerung spricht laut Umfrage des AfroBaromenter 2021 für eine wachsende Korruption und ein Scheitern der Antikorruptionspolitik der Regierung (ÖB 19.4.2023) Ein Gesetzentwurf zur Korruptionsbekämpfung, der 2019 in die Nationalversammlung eingebracht wurde, muss noch verabschiedet werden, und eine vorgeschlagene Antikorruptionskommission wurde noch nicht eingerichtet. Andere Antikorruptionsstellen wie die Financial Intelligence Unit of The Gambia (FIU) verfügen nur über schwache Durchsetzungsbefugnisse (FH 2023). Es bestehen mehrere unabhängige Einrichtungen wie die Gambia Financial Intelligence Unit (GFIU) to the Gambia Public Service Commission (GPSC), the Gambia Public Procurement Authority (GPPA) und die Assets Recovery and Management Corporation (AMRC), die den Kampf gegen die Korruption unterstützen. Allerdings wurde das 2012 verabschiedete Gesetz über die Anti-Korruptionskommission bis dato nicht umgesetzt. Das 2019 ausgearbeitete Anti- Korruptionsgesetz, in dem ebenfalls auch Errichtung einer neuen Anti-Korruptionskommission vorgesehen wäre, wurde noch nicht verabschiedet (CMI U4 21.6.2021). Quellen: -CMI U4 - CMI U4 Anti Corruption Research Centre (21.6.2021): The Gambia: Overview of corruption and anti-corruprion, https://www.u4.no/publications/the-gambia-overview-of- corruption-and-anti-corruption.pdf, Zugriff 14.11.2023 -FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 34

-IMF - International Monetary Fund (26.1.2023): IMF Staff Concludes Governance Diagnostic for The Gambia, https://www.imf.org/en/News/Articles/2023/01/26/pr2318-imf-staff-concludes- governance-diagnostic-for-the-gambia, Zugriff 14.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 - TI - Transparency International (31.1.2023): Corruption Perception Index 2022, https://www.transparency.org/en/cpi/2022? gclid=EAIaIQobChMI3PWk9d_oggMVIkRBAh1oZgDcEAAYASAAEgLgxvD_BwE&gad_source= 1, Zugriff 13.11.2023 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten In Gambia gibt es mehrere NGOs ("Non-Governmental Organizations"), die sich mit Menschenrechts- und Governance-Fragen befassen (FH 2023; vgl. ÖB 19.4.2023) und im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen arbeiten. Sie untersuchen Menschenrechtsfälle und veröffentlichen ihre Ergebnisse (USDOS 20.03.2023). Die Mitarbeiter von NGOs waren unter Jammeh mit Inhaftierungen und anderen Repressalien konfrontiert, und es gelten nach wie vor restriktive Gesetze (FH 2023). Doch seit 2017 sind die NGOs in der Praxis weniger beeinträchtigt, und einige Gruppen haben die Regierung in politischen und rechtlichen Fragen erfolgreich herausgefordert, ohne dass dies zu Konsequenzen geführt hat. Auch internationale NGOs haben ihre Präsenz im Land verstärkt und können ohne Einmischung arbeiten. Im Vergleich zum Jammeh-Regime gibt es unter Barrow kaum Berichte über Repressalien gegen NGOs. Gegen die Bürgerbewegung “Three Years Jotna” (Drei Jahre sind genug), die 2020 den Rücktritt Präsident Barrows forderte, wurde allerdings hart vorgegangen. 2021 wurde schließlich die Anklage gegen sie fallen gelassen (ÖB 19.4.2023). Das Gesetz schreibt vor, dass sich NGOs beim Nationalen Beratungsrat registrieren lassen müssen. Dieser Rat ist befugt jeder NGO, einschließlich internationaler NGOs, das Recht zu verweigern, ihre Tätigkeit im Lande nachzugehen. Die Nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) hat den Auftrag Menschenrechte zu fördern und zu schützen und gefährdete Gruppen zu unterstützen (USDOS 20.03.2023). Quellen: - FH - Freedom House, Freedom in The World (2023): The Gambia Country Report, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2023, Zugriff 10.11.2023 - ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 - USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 34

10. Wehrdienst und Rekrutierungen Es besteht keine allgemeine Wehrpflicht (AA 12.1.2022). Der Dienst in der Gambia National Army (GNA) ist freiwillig und steht sowohl Männern als auch Frauen ab dem 18. Lebensjahr offen mit einer Dienstverpflichtung von 6 Monaten (ÖB 19.4.2023; vgl. CIA 6.11.2023). Fehlverhalten von Militärangehörigen wird nach dem „The Gambia Armed Forces Act“ verfolgt und ggf. bestraft (AA 12.1.2022). Militärangehörige, die während der politischen Krise im Zusammenhang mit dem Regierungswechsel Ende 2016/Anfang 2017 desertiert und danach zurückgekommen sind, haben keine strafrechtliche Verfolgung zu befürchten (AA 12.1.2022). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (6.11.2023): The World Factbook - Gambia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/field/military-service-age-and-obligation/, Zugriff 13.11.2023 - ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 11. Allgemeine Menschenrechtslage Während unter der Regierung Jammeh willkürliche Rechtsverletzungen üblich waren, hat die neue Regierung unter Präsident Barrow sich zum umfassenden Schutz der Menschenrechte bekannt (AA 12.1.2022). Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert (USDOS 20.3.2023). Die Nationale Menschenrechtskommission ist ein unabhängiges Regierungsgremium, das für die Verbesserung der Menschenrechtsstandards im Lande und die Förderung einer Kultur der Achtung der durch die Rechtsstaatlichkeit geschützten Rechte und Freiheiten zuständig ist (USDOS 20.3.2023). Das Büro des Ombudsmanns unterhält eine nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) mit dem Auftrag, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen und gefährdete Gruppen zu unterstützen (USDOS 20.3.2023). Unter der Regierung Barrow haben die Menschen in Gambia mehr Freiheit, ihre politischen Ansichten zu äußern. Die nach wie vor geltenden Gesetze gegen Volksverhetzung könnten jedoch genutzt werden, um Kritik an der Regierung zu kriminalisieren, auch in den sozialen Medien (FH 2023). Auch ist der Schutz des Rechts auf Privatsphäre begrenzt und die Überwachung von Informations- und Kommunikationstechnik bleibt, aufgrund der rechtlichen und technologischen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 34

Rahmenbedingungen problematisch. Weiterer Kritikpunkt ist die Strafbewährung für einvernehmliche homosexuelle Handlungen (AA 12.1.2022). Menschenrechtsverletzungen die im Land außerdem auftreten sind Menschenhandel, Genitalverstümmelungen und mangelhafte Haftbedingungen (AA 12.1.2022). Die Verfassung garantiert die Versammlungsfreiheit, aber das Public Order Act (POA) verlangt von Veranstaltungsorganisatoren, für öffentliche Versammlungen eine polizeiliche Genehmigung einzuholen (FH 2023). Dennoch geht die Polizei mit exzessiver Gewalt gegen Demonstrierende vor. Sowohl das Gambia Centre for Victims of Human Rights Violations als auch die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) verurteilten die übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei, und die NHRC forderte den Generalinspektor der Polizei auf, die Umsetzung der Leitlinien der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker für die Kontrolle von Versammlungen durch Vollzugsbeamte in Afrika sicherzustellen (AI 28.3.2023). Die Nationale Menschenrechtskommission (NHRC) fordert in ihrem Jahresbericht 2022 eine Änderung von Art. 5 des geltenden Gesetzes über die öffentliche Ordnung von 1961 (Public Order Act, POA), der die Grundrechte auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einschränkt. Zudem erinnert sie die Regierung des Weiteren, Maßnahmen zur Förderung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu ergreifen und die Kapazitäten, Schulung zu Methoden und Ausbildung der Sicherheitskräfte im Bereich der Kontrolle von Menschenmengen zu verbessern. Besonders da 21 % der im Jahr 2022 eingegangenen Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen sich gegen die nationalen Sicherheitskräfte wie die Polizei, die Armee sowie die Drogen- und Einwanderungsbehörden richtete (BAMF 30.6.2023). Wesentliche Fortschritte betreffen die Verbesserung des Umfelds für Medien und die damit einhergehende Wiederansiedlung von Medieninstitutionen, die Aufhebung mancher restriktiver Gesetze durch den Obersten Gerichtshof, die Verringerung von Belästigungen und Einschüchterungen von Journalisten sowie Verbesserungen der Meinungsfreiheit im Internet. Die Beschränkungen des Internets haben seit der Amtsübernahme Barrow’s stark abgenommen, und zuvor geblockte Webseiten der Opposition, Apps und Kommunikationsplattformen und soziale Netzwerke sind wieder zugänglich (ÖB 19.4.2023). Gemäß RSF-Korrespondent in Gambia, hat das Land in diesem Jahr erhebliche Fortschritte im World Press Freedom Ranking gemacht. Er betont das Fehlen willkürlicher Verhaftungen, Folter, Töten oder Verbrennen von Medienhäusern oder Büros ist, weil Journalisten ihren Job oder Beruf ausüben und fügt hinzu, dass die Situation der Journalisten in Gambia „jetzt viel besser“ sei als in der Jammeh-Ära (TSN 4.5.2023). Dennoch sind nach wie vor eine Reihe von Gesetzen in Kraft, die die Meinungsfreiheit einschränken - Medienunternehmen wurden willkürlich suspendiert, und Journalisten wurden im Rahmen ihrer Arbeit gelegentlich verhaftet oder tätlich angegriffen (FH 2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 34

Die Regierung betreibt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber allen Formen des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, und bekräftigt das stetige Engagement der Regierung für Prävention, Schutz und strafrechtliche Verfolgung jeglicher Fälle des Menschenhandels (BAMF 30.6.2023). Die Regierung wird für ihre Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels gelobt, erfüllt jedoch noch nicht alle Mindeststandards, da die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie die Kapazitäten der Regierung beeinträchtigt haben. Zu den Bemühungen der Regierung gehört, dass mehr Opfer identifiziert wurden, und Beamte wurden in Bezug auf Verfahren zur Identifizierung von Opfern geschult. Allerdings erhielt das Personal in staatlichen Unterkünften keine spezifische Ausbildung, und den mit der Bekämpfung des Menschenhandels beauftragten Behörden fehlt es weiterhin an Ressourcen (USDOS 8.6.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report Gambia 2022, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/gambia-2022, Zugriff 10.11.2023 - BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.6.2023): Briefing Notes Zusammenfassung Gambia, Kurzüberblick zu aktuellen Entwicklungen (Jänner bis Juni 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28833665/Deutschland._Bundesamt_f %C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_ %E2%80%93_Gambia%2C_Januar_bis_Juni_2023%2C_30.06.2023_DEU.pdf? nodeid=28863014&vernum=-2, Zugriff 17.11.2023 -ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 -TSN - The Standard Newspaper (4.5.2023): ‘Gambia makes significant progress in press freedom ranking’, https://standard.gm/gambia-makes-significant-progress-in-press-freedom- ranking/, Zugriff 15.11.2023 -USDOS - United States Department of State (8.6.2023): 2023 Trafficking in Persons Report: The Gambia, https://www.state.gov/reports/2023-trafficking-in-persons-report/the-gambia, Zugriff 17.11.2023 -USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089136.html, Zugriff 13.11.2023 12. Opposition Seit dem Amtsantritt Barrows hat sich das Umfeld für politische und religiöse Bewegungen verbessert (ÖB 19.4.2023). Während oppositionelle Bewegungen unter Jammmeh Unterdrückung und Verfolgung ausgesetzt waren, erfahren diese nun neue Freiheiten (AA 12.1.2022). So wurden alle politischen Gefangenen freigelassen, welche unter Jammeh größtenteils wegen Verrats, Amtsmissbrauchs und nicht-genehmigter Demonstrationen inhaftiert wurden (ÖB 19.4.2023). Mittlerweile sind 18 politische Parteien offiziell registriert. Die stärkste Oppositionspartei ist die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 34

„United Democratic Party“ (UDP) mit Parteichef und mutmaßlichem Präsidentschaftskandidaten Ousainou Darboe, der bei der Wahl mit deutlichem Abstand den zweiten Platz belegte (AA 12.1.2023). Ex-Präsident Jammeh ist im Exil in Äquatorial-Guinea und weiterhin Oberhaupt der Partei „Alliance for Patriotic Reorientation and Construction“ (APRC). Zwei Jahre vor den Präsidentenwahlen 2021 hat sich eine zivile Protestbewegung gegen Präsident Barrows Ambitionen einer zweiten Amtszeit gebildet, die Bewegung "three years jotna" (s.o.). Anfang 2020 kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen, gegen welche allerdings hart vorgegangen wurde. Präsident Barrow reagiert mit aller Härte und geht seither rigoroser und in menschenrechtlich bedenklicher Form gegen regierungskritische NGOs und die freie Presse vor (ÖB 19.4.2023). Nach einem Aufruf des Jugendflügels der UDP nahmen Hunderte von Menschen in Banjul im März 2023 offiziell an einer Demonstration gegen die weitverbreitete Korruption im Land teil (BAMF 30.6.2023; vgl. AN 10.3.2023). Der Protest verlief friedlich und ohne Intervention der Sicherheitsbehörden. Die Polizei hatte die Demonstration am 6.3.2023 genehmigt, jedoch Bedingungen gestellt, die die Organisation einhalten sollte. Diese Bedingungen wurden allerdings als Eingriff in die Demonstrationsfreiheit kritisiert. Laut dem Parteivorsitzenden Ousainou Darboe hat die UDP zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1996 eine Demonstrationserlaubnis erhalten. Die Demonstrationsfreiheit in Gambia unterliegt einer behördlichen Genehmigung gemäß Artikel 5 Absatz 2 (BAMF 30.6.2023). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2022): Bericht über die Asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand Dezember 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2066840/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_ %28Stand_Dezember_2021%29%2C_12.01.2022.pdf, Zugriff 10.11.2023 - AN - Africa News (10.03.2023): Gambia: opposition holds rally against corruption, https://www.africanews.com/2023/03/10/gambia-opposition-holds-rally-against-corruption/, Zugriff 20.11.2023 - BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.6.2023): Briefing Notes Zusammenfassung Gambia, Kurzüberblick zu aktuellen Entwicklungen (Jänner bis Juni 2023), https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetchcsui/-28833665/Deutschland._Bundesamt_f %C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes_Zusammenfassung_ %E2%80%93_Gambia%2C_Januar_bis_Juni_2023%2C_30.06.2023_DEU.pdf? nodeid=28863014&vernum=-2, Zugriff 17.11.2023 - ÖB - Österreichische Botschaft [Österreich] (19.4.2023): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091415/GAMB_%C3%96B_Bericht_2023_04.pdf, Zugriff 14.11.2023 13. Haftbedingungen Die Haftbedingungen entsprechen weiterhin nicht den Mindeststandards der Vereinten Nationen für die Behandlung von Gefangenen (AA 12.1.2022; vgl. ÖB 19.4.2023), und bleiben hart und lebensbedrohlich (USDOS 20.3.2023). Grund dafür sind vor allem schlechte Lebensbedingungen, mangelnder Nahrungsmittelversorgung sowie schlechter sanitärer und medizinischer Versorgung, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 34
