ecua-lib-2016-06-06-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 21 3. Sicherheitslage Nach einem Putschversuch Ende September 2010 gegen den seit 2007 amtierenden Präsidenten Rafael Correa verhängte dieser einen einwöchigen Ausnahmezustand, den er nach der Befreiung durch das Militär zur Wiederherstellung der Ordnung einsetzte. Zwischen der Bevölkerung, insbesondere den indigenen Bevölkerungsgruppen, dem Staat und den Erdölfirmen gibt es zahlreiche Auseinandersetzungen über die Verteilung des Gewinns aus der Erdölförderung sowie den Umgang mit Folgeschäden der Förderung für die Umwelt. Neben diesem Konflikt gibt es einen lang anhaltenden systemischen Konflikt zwischen der Regierung und verschiedenen Oppositionsgruppen, die von der Konföderation der indigenen Bevölkerungsgruppen Ecuadors (CONAIE) angeführt werden (EDA 18.4.2016). Nach Ankündigung einiger, inzwischen wieder vorläufig zurückgenommener kontroverser Gesetzesvorhaben im Mai 2015 kam es bis August 2015 im ganzen Land zu Protestmärschen und Ausschreitungen (AA 3.2016a). In der Region herrscht eine allgemein angespannte politische Situation. Zwar ist die politische Lage in einigen Staaten der Region als stabil zu bezeichnen, in anderen wiederum herrschen Konflikte, soziale Auseinandersetzungen und politische Umbrüche. Zudem ist die gesamte Region von dem Kampf um die regionale Vorherrschaft gekennzeichnet. Weiterhin belasten regionale Konflikte die lateinamerikanischen Staaten: Zwischen Ecuador und Peru bestand ein lang anhaltender Grenzkonflikt, der in der Vergangenheit zu bewaffneten Konflikten zwischen beiden Staaten geführt hat. Auch Grenzkonflikte mit Kolumbien prägten in den vergangenen Jahren zunehmend die ecuadorianische Sicherheitspolitik. Im März 2008 eskalierte die Situation als Kolumbien den Kommandanten der FARC Raúl Reyes auf ecuadorianischem Territorium mit amerikanischer Hilfe ortete und während einer militärischen Aktion erschoss. Da die Regierung in Quito vorher über eine solche Aktion nicht informiert wurde, brach sie die Beziehungen zu Kolumbien ab und verlegte Truppen an die Grenze. Diplomatische Beziehungen wurden erst wieder im Dezember 2010 aufgenommen (BICC 12.2015). Teile des Grenzgebiets zu Peru (besonders in der Nähe militärischer Einrichtungen) sind noch vermint. Die Sicherheitslage im Grenzgebiet zu Kolumbien ist abseits der Hauptstraßen zeitweise gespannt (EDA 18.4.2016). Am Samstag, den 16.4.2016 um ca. 19.00 Uhr Ortszeit haben sich an der Küste Ecuadors vor den Provinzen Esmeraldas und Manabi mehrere Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 7,8 auf der Richterskala ereignet, bei denen es mehrere Tote und Verletzte gegeben hat. Der Vize-Präsident Ecuadors Glas hat den landesweiten nationalen Notstand ausgerufen. Der vorübergehend geschlossene Flughafen in Guayaquil soll seinen Betrieb inzwischen wieder aufgenommen haben (AA 19.5.2016b).

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 21 Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2016a): Staatsaufbau und Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ecuador/ Innenpolitik_node.html, Zugriff 23.5.2016 - AA - Auswärtiges Amt (19.5.2016b): Ecuador: Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_3EA7DCDE839B095987A546F36169EFB3/DE/ Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/EcuadorSicherheit_node.html, Zugriff 23.5.2016 - BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - EDA - Eidgenössisches Department für auswärtige Angelegenheiten (18.4.2016): Reisehinweise für Ecuador, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/ecuador/reisehinweise-fuerecuador.html, Zugriff 23.5.2016 4. Rechtsschutz/Justizwesen Mängel und Defizite bei der Polizei sowie der daraus resultierende unzureichende Schutz der Bevölkerung führen vermehrt zu Fällen von Selbstjustiz. Betroffen sind insbesondere arme und indigene Bevölkerungsgruppen. Dazu gehört ebenfalls, dass vielen Häftlingen ein ordentliches Gerichtsverfahren vorenthalten wird. Ferner bestehen Defizite bei der Verfolgung und Aufklärung von Verbrechen, die mutmaßlich von Polizisten begangen wurden. Dabei wird häufig deutlich, dass die Unabhängigkeit des Justizsystems nicht immer gewährleistet ist (BICC 12.2015). Während die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, beeinträchtigen die Korruption und der Druck von außen die gerichtlichen Verfahren. Die Verfassung und Gesetze sorgen für das Recht auf ein faires Verfahren, obgleich häufig Verzögerungen auftreten. Es gilt die Unschuldsvermutung. Gesetzlich müssen die Angeklagten auch sofort über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert werden. Es gibt keine Geschworenengerichte (USDOS 13.4.2016). Quellen: - BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 5. Sicherheitsbehörden Die ecuadorianische Polizei (National Police) ist formell Teil des Militärs und steht unter Aufsicht des Ministeriums für allgemeine Regierungsangelegenheiten (Ministry of Government) (BICC 12.2015). Die Funktion der Nationalpolizei ist die Wahrung der öffentlichen Ordnung sowie die Garantie der internen Sicherheit (BICC 12.2015; vgl. USDOS 13.4.2016). Die Organisation der Polizei ist eng an die hierarchischen Strukturen des Militärs

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 21 geknüpft. Der Präsident ist nicht nur Oberbefehlshaber des Militärs, sondern übt auch direkte Befehlsgewalt und Kontrolle über die Polizei aus. Ihre Organisation ist eng an die hierarchischen Strukturen des Militärs geknüpft. Der Präsident ist nicht nur Oberbefehlshaber des Militärs, sondern übt auch direkte Befehlsgewalt und Kontrolle über die Polizei aus. Bei der Aufklärung von Verbrechen und der allgemeinen Unterstützung der Zivilbevölkerung bestehen innerhalb der Polizei erhebliche Mängel. Hinzu kommen anhaltende Korruption sowie Verwicklungen weiter Teile der Polizei in den grassierenden Drogenhandel. Ecuadors Militär ist integraler Bestandteil des Staates und der Gesellschaft. Insgesamt ist das Militär ein starker und wichtiger Akteur im politischen und gesellschaftlichen Leben. Das Militär unterhält oder kontrolliert zusätzlich Unternehmen in verschiedenen Bereichen wie etwa dem Tourismus, der Landwirtschaft und dem Abbau natürlicher Ressourcen. In den meisten Fällen ist nur ein Minimum an Kontrolle und Transparenz gegeben. In Ecuador sind derzeit keine ausländischen Militäreinheiten stationiert (BICC 12.2015). Sowohl die Polizei als auch das Militär sind für die Grenzkontrollen verantwortlich (USDOS 13.4.2016). Quellen: - BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 6. Folter und unmenschliche Behandlung Ecuador hat 1987 das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unterzeichnet (BICC 12.2015). Die Verfassung und andere Gesetze verbieten Folter und andere unmenschliche Behandlung. Es gibt jedoch Berichte, dass einige Polizisten Verdächtige und Häftlinge manchmal ungestraft misshandeln (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 28.1.2015). Im Januar 2014 wurde der ehemalige Polizeichef Edgar Vaca in den USA festgenommen; er sollte nach Ecuador ausgeliefert werden. Edgar Vaca war einer von zehn ehemaligen Polizei- und Militärangehörigen, die wegen Folter und Verschwindenlassens unter der Präsidentschaft von Léon Febres Cordero (1984-88) unter Anklage standen. Dies war der erste Fall in Ecuador, in dem ein Angehöriger der Sicherheitskräfte wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden sollte (AI 25.2.2015). Quellen: - AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/297397/444519_de.html, Zugriff 23.5.2016

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 21 - BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/297553/433968_de.html, Zugriff 23.5.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 7. Korruption Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Ecuador unter 167 Ländern und Territorien an 107. Stelle mit einer Punkteanzahl von 32 von bestmöglichen 100 (TI 2015). Ecuador hat in den vergangenen Jahren Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung erzielen können. Ecuadors Position hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert - um 40 Positionen alleine seit 2007 (LIPortal 9.2015a). Quellen: - LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2015a): Ecuador, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/ecuador/geschichte-staat/, Zugriff 23.5.2016 - TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2015; https://www.transparency.org/cpi2015/, Zugriff 23.5.2016 8. Wehrdienst Im Alter ab 18 Jahren kann freiwilliger Militärdienst geleistet werden. Die Wehrpflicht ist ausgesetzt (CIA 4.4.2016). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency (4.4.2016): The World Factbook - Ecuador, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ec.html, Zugriff 23.5.2016 9. Allgemeine Menschenrechtslage Ecuador ist den zentralen internationalen Menschenrechtsabkommen beigetreten. Hinsichtlich der Umsetzung der Verträge und Konventionen zeigen sich jedoch weiterhin erhebliche Defizite. Generell sieht die Verfassung den Schutz der grundlegenden Menschenrechte zwar vor, in der Praxis kommt es Berichten zufolge aber immer wieder zur Missachtung oder gar Verletzung dieser Rechte. So gibt es seitens der Regierung immer wieder Versuche, die Meinungs- und Pressefreiheit weiter einzuschränken und zu regulieren. Diskriminiert werden auch indigene Bevölkerungsgruppen und Homosexuelle (BICC 12.2015). Die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz und die Korruption bleiben weiterhin ein Problem (USDOS 13.4.2016).

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 21 Die politische und soziale Fragmentierung erschwert die Umsetzung von Menschenrechtsstandards und manifestiert soziale Ungleichheit. Bemerkenswert ist die Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte am 11.6.2010. Ecuador ist damit weltweit das erste Land, das diesen Pakt ratifiziert hat (BICC 12.2015). Die ecuadorianische Verfassung von 2008 garantiert zwar formal die Meinungsfreiheit, jedoch wurde 2015 durch eine Verfassungsänderung die Kommunikation als eine "öffentliche Dienstleistung" definiert. Ferner ist die Pressefreiheit durch das Mediengesetz vom Juni 2013 auf vielfältige Weise eingeschränkt und der Überwachung durch eine Behörde (Superintendent) unterstellt, die von der Exekutive dominiert wird. Seitdem gibt es zwar noch persönliche Meinungsfreiheit, jedoch keine umfassende und uneingeschränkte Pressefreiheit mehr. Während die Medienmacht des Staatsapparates wächst, kämpfen private Medien mit staatlichen Eingriffen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten (AA 3.2016d). 95% der Bevölkerung gehören der katholischen Kirche an. Nach der Gründung der Republik Ecuador wurde der Katholizismus Staatsreligion, wie generell Staat und Kirche eine Einheit bildeten. Eine Trennung erfolgte erst im Zuge der "liberalen Revolution" (1895-1925) unter Eloy Alfaro, die eine Reihe antiklerikal gefärbter Reformen mit sich brachte. Obwohl sich der politische Einfluss der Kirche somit im 20. Jahrhundert reduziert hat, richtet die Mehrheit der ecuadorianischen Bevölkerung ihr Leben auch heute noch streng nach traditionellen katholischen Moralkonzepten aus. In Teilen des Hochlandes und bei einigen kleineren Ethnien im Oriente [Amazonasgebiet; Anm.] wächst in der jüngsten Gegenwart stetig der Einfluss protestantischer Religionsgemeinschaften US-amerikanischer Herkunft (LIPortal 9.2015b). Rechte indigener Bevölkerungsgruppen: Das Recht indigener Bevölkerungsgruppen auf vorherige Konsultation und eine freiwillige, vorab und in Kenntnis der Sachlage gegebene Zustimmung wurde nicht gewahrt. Im Juli 2014 marschierten indigene Gruppen in die Hauptstadt Quito, um gegen die Genehmigung eines neuen Gesetzes zur Regulierung von Wasserressourcen zu protestieren, das ihrer Ansicht nach den von ihnen geäußerten Anliegen nicht hinreichend Rechnung trug. Die Indigenen- und UmweltschutzorganisationFundación Pachamamablieb geschlossen. Sie war im Dezember 2013 im Rahmen einer Anordnung, die den Behörden umfassende Befugnisse zur Überwachung und Auflösung von NGOs gewährte, geschlossen worden. Einige Tage vor der Schließung hatten Mitglieder von Fundación Pachamama an einer Demonstration vor dem Energieministerium teilgenommen (AI 25.2.2015). Indigene

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 21 Bevölkerungsgruppen sind direkt von der Armut bedroht und haben oft nur Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Das Gesetz und die Verfassung erkennen indigenen Gemeinschaften das Recht an, ihre - auf Basis ihrer Traditionen und Bräuche - eigenen Justizsysteme auszuüben (BICC 12.2015). Im Oktober 2014 entschuldigte sich die Regierung beim Volk der Kichwa in Sarayaku dafür, dass der Staat ihr Leben und ihre Lebensgrundlage gefährdet hatte, als er 2002 und 2003 einem Unternehmen die Erdölexploration auf ihrem Territorium gestattete. Die Kichwa in Sarayaku hatten 2012 einen Rechtsstreit vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gewonnen. Allerdings hatte Ecuador Ende 2014 weder die Beseitigung von 1,4 Tonnen Sprengstoff abgeschlossen, die auf dem Territorium der indigenen Gemeinschaft deponiert waren, noch Schritte zur Umsetzung des Rechts aller indigenen Völker auf vorherige Konsultation und eine freiwillige, vorab und in Kenntnis der Sachlage gegebene Zustimmung vorgenommen, wie es der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte 2012 angeordnet hatte. Pläne der Regierung zur Erschließung von Erdölvorkommen im Yasuní-Nationalpark, der Heimat der indigenen Gemeinschaften der Gagaeri und Taromenane, führten auch weiterhin zu öffentlichen Protesten. Im Mai 2014 erhob die Dachorganisation der Kichwa-Völker in Ecuador (Confederacion Kichwa del Ecuador - Ecuarunari), eine der wichtigsten Indigenenorganisationen des Landes, Klage vor dem Verfassungsgericht, weil die Regierung nicht die 2006 den indigenen Gemeinschaften der Tagaeri und Taromenane vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte zugesprochenen Schutzmaßnahmen traf. Ende 2014 war das Verfassungsgericht noch zu keinem Urteil gelangt (AI 25.2.2015). Das herausragende politische Ereignis der letzten Jahre stellt das selbstbewusste Auftreten der organisierten indigenen Völker Ecuadors in Form der Konföderation der Indigenen Nationen Ecuadors CONAIE dar. Zwar ist ihr institutioneller Einfluss noch begrenzt, sie hat jedoch über ihre Aktionen (Besetzung des Parlaments oder Unterstützung der Opposition) die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Nicht wenige Akteure in Ecuador versuchen regelmäßig, die Arbeit von CONAIE zu behindern, die bis zu Morddrohungen und sogar Mordanschlägen reichen. Einige ihre Forderungen, wie beispielsweise die Definition Ecuadors als Vielvölkerstaat oder die Deklaration der Rechte der indianischen Bevölkerung und Afroecuadorianer, haben Eingang in die neue Verfassung von 1998 gefunden. Die indianischen Organisationen spielten seit dem Generalstreik von Juli 1999 bis zum Militärputsch von Januar 2000 ebenfalls eine zentrale Rolle. Inzwischen ist es jedoch zu einem Bruch zwischen der Regierung und CONAIE gekommen (LIPortal 9.2015a).

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 21 In den vergangenen Jahrzehnten haben indigene Gruppen in Lateinamerika im Allgemeinen und in Ecuador im Besonderen eine bedeutende Entwicklung von marginalisierten Bevölkerungsteilen in der Gesellschaft zu bedeutenden sozialen und politischen Bewegungen vollzogen. Die Indígenas wurden stets von den verschiedenen Regierungen als unbedeutende Minderheit betrachtet, obwohl sie je nach statistischer Erhebung 20-50% der Bevölkerung ausmachen. Seit etwa einem Jahrzehnt zeigen sie sich als eine aufstrebende politische Kraft und Speerspitze sozialer Bewegungen in Ecuador. Ihre Interessen werden im politischen System von der Partei Pachakutik ("Zeitenwende") vertreten. Nun sitzen indigene Führer im Parlament und in verschiedenen Kommunen. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung 2009 gewann Pachakutik vier Mandate. Die indigene - eher ländliche- Bevölkerung wird von der weißen "kreolischen" städtischen Bevölkerung als "minderwertig" betrachtet. Erst das selbstbewusste Auftreten der indigenen Bevölkerung in den 1990er Jahren scheint einen Beitrag zur Überwindung dieses Problems zu leisten (LIPortal 9.2015b). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (3.2016d): Bildung, Kultur, Medien, http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ecuador/Kultur-Bildung_node.html, Zugriff 23.5.2016 - AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/297397/444519_de.html, Zugriff 23.5.2016 - BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2015a): Ecuador, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/ecuador/geschichte-staat/, Zugriff 23.5.2016 - LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2015b): Ecuador, Gesellschaft, https://www.liportal.de/ecuador/gesellschaft/, Zugriff 23.5.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 10.Todesstrafe Todesstrafe ist für alle Straftaten abgeschafft worden (AI 24.5.2012). Quellen: - AI - Amnesty International (24.5.2012): Amnesty International Report 2012 - The State of the World's Human Rights - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/217428/339253_de.html, Zugriff 23.5.2016 11.Relevante Bevölkerungsgruppen - Frauen/Kinder Die Verfassung sieht den Schutz der grundlegenden Menschenrechte vor, in der Praxis kommt es Berichten zufolge allerdings regelmäßig zur Missachtung oder gar Verletzung

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 21 dieser Rechte. Beispiele hierfür sind Verstöße gegen die Rechte von Frauen und Kindern. Im Hinblick auf wirtschaftliche Rechte besteht weiterhin eine signifikante Ungleichbehandlung der Frauen. Dies spiegelt sich in schlechten Beschäftigungsmöglichkeiten und einer deutlich geringeren Bezahlung wider (BICC 12.2015). Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen, Kinder, Minderheiten und die LGBTI Gemeinschaft, sowie Menschenhandel und Kinderarbeit bleiben weiterhin ein Problem. Das Gesetz kriminalisiert Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt. Vergewaltigung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 22 Jahren sanktioniert. Die Strafe für Vergewaltigung mit Todesfolge beträgt 22 bis 26 Jahren Gefängnis. Das Strafgesetzbuch stellt die sexuelle Belästigung unter Strafe und wird mit drei bis fünf Jahren Gefängnis bestraft. Trotz des gesetzlichen Verbots der sexuellen Belästigung, wird die Belästigung in der Öffentlichkeit von Frauenrechtsorganisationen als üblich bezeichnet. Im August 2015 berichteten die Medien, dass von 693 untersuchten Fällen sexueller Belästigung, es nur drei Gerichtsurteile gegeben hat. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist in der Verfassung garantiert. Allerdings ist die Diskriminierung von Frauen weit verbreitet, vor allem in Bezug auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten für ältere und Frauen aus unteren sozialen Schichten (USDOS 13.4.2016). Verfassungsrechtlich wurde Frauen in Ecuador 1929 zunächst ein beschränktes Wahlrecht zuerkannt, diesbezüglich nahm das Land in der Region eine Pionierstellung ein. 1967 wurden diese Beschränkungen aufgehoben und Frauen erhielten das volle Wahlrecht. In den letzten Jahren wurden diverse Quotenregelungen eingeführt, wie in einem Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung zu lesen ist. Bei den Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung 2007 wurde die Frauenquote auf 50% angehoben und ein alternierendes System (Mann – Frau – Mann etc.) für die Aufstellung der Wahllisten vorgeschrieben. Einerseits hat Ecuador die Frauenrechte somit in den vergangenen Jahren gestärkt und alle internationalen Abkommen in dieser Hinsicht unterzeichnet. Viele Reformen für Frauen wurden in den letzten Jahren initiiert. U.a. wurde ein "Comisaría de la mujer" eingerichtet, eine staatliche Behörde, die Frauen Hilfe in persönlichen Problemsituationen jeglicher Art und rechtlichen Beistand gewährt. Die Regierung spricht folglich von einer deutlichen Verbesserung der sozio-ökonomischen Situation von Frauen im Land. Dennoch sind Frauen in der ecuadorianischen Gesellschaft weiterhin benachteiligt - dies gilt insbesondere für indigene Frauen (LIPortal 9.2015b). Nach dem im Januar 2014 verabschiedeten neuen Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung nur dann nicht mehr strafbar, wenn das Opfer unter einer geistigen Behinderung leidet. Versuche, Abtreibungen für alle

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 21 Vergewaltigungsopfer zu entkriminalisieren, stießen auf starken Widerstand seitens des Präsidenten, der mit seinem Rücktritt drohte, sollte ein solcher Vorschlag in der Nationalversammlung auch nur diskutiert werden. Der Vorschlag wurde zurückgezogen, und drei Kongressmitglieder der Regierungspartei wurden sanktioniert (AI 25.2.2015). Kinder werden mit 5-6 Jahren in die erste Grundschulklasse eingeschult. Die Grundschule ist obligatorisch, wenn auch nicht alle Kinder die Schule besuchen. Nur 76% schließen das fünfte Schuljahr ab. Es gibt staatliche, halbprivate und private Schulen. Die staatliche (fiscal) Schule ist kostenfrei. Grundschulen gibt es oft auch auf dem Lande (Großklassen mit verschiedenen Altersstufen). Nach sechs Jahren Grundschule folgt das Colegio mit denselben Schultypen. Hierfür muss aber eine Schulgebühr entrichtet werden. Kosten für das Schulmaterial, Uniformen und zumeist auch laufende Kosten für eine Extrabesoldung der Lehrkräfte (um sie in der Schule zu halten), sowie den Schulbus und Verpflegung kommen hinzu. Insofern ist bereits das Colegio für viele unerschwinglich. Nur 52% der Bevölkerung besuchen Sekundarschulen. Ecuador hat etwa 300 Bildungseinrichtungen des tertiären Sektors, die aber nicht alle vom Erziehungsministerium anerkannt sind. Es gibt 22 offizielle staatliche und 30 private Universitäten. Große Unterschiede im Bildungssektor sind sowohl im Stadt-Land-Gefälle als auch zwischen den einzelnen Bevölkerungsschichten zu verzeichnen. Das Bildungsniveau der Privatschulen liegt erheblich über dem der staatlichen Schulen. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 86% (LIPortal 9.2015b). Das Gesetz verbietet sexuelle Ausbeutung von Kindern, einschließlich Kinderpornographie. Diese Delikte werden mit Strafen von 22 bis 26 Jahren Haft sanktioniert. Die Staatsbürgerschaft wird durch Geburt im Staatsgebiet und im Ausland, wenn einer der Elternteile die ecuadorianische Staatsbürgerschaft besitzt oder durch Einbürgerung, erlangt (USDOS 13.4.2016). Die Zahl der Frauenhäuser in Ecuador und damit die Unterbringungsmöglichkeiten von Frauen ist rudimentär. Eine Emanzipationsbewegung der Frauen, insbesondere der alleinstehenden Frauen, ist im Aufbau und mit mitteleuropäischen Maßstäben unvergleichbar und entwicklungsbedürftig (ÖB 6.6.2016). Quellen: - AI - Amnesty International (25.2.2015): Amnesty International Report 2014/15 - The State of the World's Human Rights - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/297397/444519_de.html, Zugriff 23.5.2016 - BICC Bonn International Center for Conversion (12.2015): Ecuador, Länderinformation, http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201512/ecuador.pdf, Zugriff 23.5.2016 - LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (9.2015b): Ecuador, Gesellschaft, https://www.liportal.de/ecuador/gesellschaft/, Zugriff 23.5.2016

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 21 - ÖB Lima (6.6.2016): Auskunft des Österreichischen Honorargeneralkonsulats in Quito /Ecuador - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 12.Bewegungsfreiheit Die Freiheit sich innerhalb des Landes frei zu bewegen, zu reisen, zu emigrieren und wieder zurückzukehren ist gesetzlich garantiert, und die Regierung respektiert im Allgemeinen diese Rechte (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 28.1.2015). Die Regierung kooperiert durch Zusammenarbeit mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen bei der Schutz- und Hilfegewährung für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge und staatenlose Personen (USDOS 13.4.2016). Ecuador möchte die veralteten, fremdenfeindlichen und diskriminierenden Migrationsgesetze hinter sich lassen. Laut Präsident Rafael Correa wird das neue Gesetz die Rechte der Ecuadorianer ebenso wie ausländischer Staatsbürger im Land garantieren. Bereits in der 2008 verabschiedeten Verfassung von Ecuadors "Bürgerrevolution" findet sich in Artikel 40, dass der ecuadorianische Staat niemanden aufgrund seines Migrationsstatus als illegal erachtet und jede Person ein Recht auf Migration hat. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) beheimatet Ecuador von allen südamerikanischen Ländern die meisten Geflüchteten. Die Mehrheit sind Kriegsflüchtlinge aus dem benachbarten Kolumbien. Der Zugang zum Land wird radikal vereinfacht: Statt vormals 18 unterschiedlicher Visumskategorien wird es nur noch vier geben (amerika21.de 30.10.2015). Quellen: - amerika21.de - Nachrichten und Analysen aus Lateinamerika (30.10.2015): Ecuador: Kein Mensch ist illegal, https://amerika21.de/2015/10/135507/einwanderungsgesetz- ecuador, Zugriff 23.5.2016 - FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/297553/433968_de.html, Zugriff 23.5.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Ecuador, http://www.ecoi.net/local_link/322575/462052_de.html, Zugriff 23.5.2016 13.Grundversorgung und Wirtschaft Ecuadors Wirtschaft hat grundsätzlich eine marktwirtschaftliche Struktur. Die aktuelle Verfassung von 2008 gewährt dem Staat eine führende Rolle in Wirtschaftsthemen, wovon die Regierung von Staatspräsident Correa durch mehrere Reformmaßnahmen Gebrauch gemacht hat. Insgesamt kennzeichnend für das Land ist einerseits eine positive
