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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 4. Sicherheitslage Guatemala verzeichnet eine hohe Kriminalitätsrate. Neben der allgemeinen Straßenkriminalität ist Guatemala auch Schauplatz von Auseinandersetzungen im Bereich der Bandenkriminalität. Die Hemmschwelle beim Einsatz von Gewalt ist niedrig (AA 20.8.2021). Gewalt, Entführungen und Erpressung durch Polizei, Drogenhändler und Straßengangs sind weiterhin präsent und beeinträchtigen das Leben der Bevölkerung. Verbindungen zwischen Staat, Politikern, Militär und illegalen Akteuren erschweren eine kohärente Reaktion auf die Sicherheitsherausforderungen des Landes. Trotz dieser Herausforderungen sank 2020 die Mordrate das elfte Jahr in Folge. Die Gefängnisse sind stark überfüllt und voller Banden- und Drogengewalt und Korruption. Gefängnisaufstände sind weit verbreitet und oft tödlich. Seit ihrem Amtsantritt hat die Regierung Giammattei in acht Gebieten den Belagerungszustand ausgerufen, womit eine Einschränkung der verfassungmäßigen Rechte verbunden ist und was den Einsatz von Sicherheitskräften ermöglicht. Die Behörden begründeten die Maßnahmen mit der Präsenz bewaffneter Gruppen und der Notwendigkeit, die Ordnung wiederherzustellen. NGOs und indigene Gruppen äußerten Bedenken, dass diese Maßnahmen Bauprojekte in den betroffenen Gebieten erleichtern sollten. In einigen Gebieten führten die Maßnahmen zur rechtswidrigen Inhaftierung von Gemeindevorstehern (FH 3.3.2021). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (20.8.2021): Guatemala: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guatemala-node/ guatemalasicherheit/221882, Zugriff 26.8.2021 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 5. Rechtsschutz / Justizwesen Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor. Aufgrund von Ineffizienz, Korruption und Einschüchterung von Richtern, Staatsanwälten und Zeugen, kann im Allgemeinen aber nicht von fairen Verfahren gesprochen werden. Richter, Staatsanwälte, Kläger und Zeugen berichten weiterhin von Drohungen, Einschüchterungen und Überwachung, meist durch Drogenhandelsorganisationen. Von Januar bis 11. Dezember 2020 gingen bei der Sonderstaatsanwaltschaft für Verbrechen gegen Justizangestellte und Gewerkschafter 194 Anzeigen wegen Drohungen oder Aggressionen gegen Justizangestellte ein, verglichen mit 70 von Januar bis August 2019. Das bestehende Auswahlverfahren für die Wahl von Richtern des .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 20

Obersten Gerichtshofs und der Berufungsgerichte wird durch Politiker, Justizbeamte und andere einflussreiche Akteure weit verbreitet manipuliert, was zu einer nicht vollständigen Unabhängigkeit der Justiz führt. Die Verfassung sieht u.a. das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, die Unschuldsvermutung und das Recht auf Rechtsbeistand vor. Das Gesetz schreibt kostenlose Sprachübersetzung für diejenigen vor, die dies benötigen. Dolmetscher stehen jedoch nicht immer zur Verfügung, auch nicht für Indigene. Beamte führen Prozesse in der Amtssprache Spanisch, obwohl viele Bürger nur eine der 23 offiziell anerkannten indigenen Sprachen sprechen. Es besteht Zugang zu verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfen, um Klagen auf Schadensersatz wegen einer Menschenrechtsverletzung oder eines anderen mutmaßlichen Unrechts zu erheben. Während die Justiz in Zivilsachen im Allgemeinen unparteiisch und unabhängig ist, leidet sie unter Ineffizienz und einem Rechtssystem, das häufig Scheinbeschwerden zulässt. Internationale und inländische Beobachter halten die Zahl der Richter für unzureichend. Es gibt keine Berichte über politische Gefangene (USDOS 30.3.2021). Die Justiz wird durch Korruption, Ineffizienz, Unfähigkeit und Einschüchterung von Richtern, Staatsanwälten und Zeugen sowohl durch externe Akteure als auch durch einflussreiche Persönlichkeiten innerhalb der Justiz behindert. Das Verfassungsgericht demonstrierte im Jahr 2020 in mehreren Urteilen seine Unabhängigkeit. Die fortgesetzten Versuche, Richter desselben abzusetzen und öffentliche Angriffe gegen sie sowie die konsequente Weigerung des Kongresses und des Obersten Gerichtshofs, den Urteilen des Verfassungsgerichts Folge zu leisten, geben Anlass zu ernsthafter Besorgnis über die Schwächung der Unabhängigkeit der Justiz. Korruption wirkt sich auch auf das Verfahren zur Auswahl neuer Richter des Obersten Gerichtshofs und des Berufungsgerichts aus. Das Verfassungsgericht erließ ein Urteil mit klaren Richtlinien für die Auswahl von Richtern an den Obersten Gerichten. Zum Jahresende 2020 hatte sich der Kongress jedoch geweigert, sich an das Urteil zu halten und das Auswahlverfahren durchzuführen. Das Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren ist in der Verfassung garantiert, aber diese Rechte werden uneinheitlich aufrechterhalten, teilweise aufgrund von Korruption in der Justiz und einer ineffektiven Polizei, in der viele Beamte routinemäßig Gesetze und Bürgerrechte verletzen. Der Zugang zur Justiz bleibt schwierig, insbesondere für die indigene Gemeinschaft. Die Verurteilungsraten sind niedrig. In den letzten Jahren haben Richter und Staatsanwälte Drohungen und Belästigungen gemeldet, wurden Ziel von Verleumdungskampagnen und böswilligen Straf- und Disziplinarbeschwerden als offensichtliche Vergeltung für ihre Arbeit in sensiblen Fällen im Zusammenhang mit Korruption und Menschenrechtsverletzungen (FH 3.3.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 20

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 6. Sicherheitsbehörden Die Nationale Polizei untersteht dem Regierungsministerium unter einem vom Minister ernannten Generaldirektor. Das Ministerium für Nationale Verteidigung beaufsichtigt das Militär, das sich in erster Linie auf Operationen zur Verteidigung des Landes konzentriert, aber die Regierung setzt die Armee auch ein, um die Polizei bei Operationen der inneren Sicherheit zu unterstützen, wie dies in der Verfassung zulässig ist. Zeitweise hatten die zivilen Behörden keine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte und deren Angehörige haben auch Fehlverhalten gezeigt. Straflosigkeit innerhalb der Polizei ist kein allgegenwärtiges oder systemisches Problem. Nicht erfolgende Strafverfolgung für schwere Verbrechen innerhalb der Polizei ist seit mehr als einem Jahrzehnt im Allgemeinen rückläufig. Es gab mehrere hochkarätige Verurteilungen von Polizeibeamten zu Haftstrafen. Geringere Vergehen der Fahrlässigkeit und Bestechlichkeit kommen weiterhin vor und es kommt nur zu wenigen Verurteilungen. Fahrlässigkeit ist oft auf eine unzureichende Ausbildung zurückzuführen. Geringe Gehälter schaffen einen Anreiz für Bestechlichkeit. Eine große Anzahl von Polizisten wurde in den letzten drei Jahren aufgrund von Bestechungsvorwürfen aus der Truppe entfernt (USDOS 30.3.2021). Die Polizei ist ineffektiv und viele Beamte verletzen routinemäßig Gesetze und Bürgerrechte. Die Polizei droht häufig mit Gewalt und wendet manchmal Gewalt gegen Demonstranten an (FH 3.3.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 7. Folter und unmenschliche Behandlung Das Gesetz verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, aber Berichten zufolge werden diese Praktiken im Nationalkrankenhaus Federico Mora für psychische Gesundheit angewendet. Die Dokumentations- und Meldemechanismen für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe sind nach wie vor schwach ausgeprägt (USDOS 30.3.2021). Quellen: - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 20

8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Amtskorruption vor, aber Beamte sind häufig ungestraft korrupt. 2020 gab es zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung, darunter Geldwäsche, illegale Parteienfinanzierung und Bestechung, von denen viele untersucht und strafrechtlich verfolgt wurden. Am 22. Januar 2020 wurde eine Präsidialkommission zur Bekämpfung von Korruption geschaffen, aber die Zivilgesellschaft kritisierte deren wahrgenommenen Mangel an Unabhängigkeit von der Giammattei-Regierung. Beamte, die mehr als 8.000 Quetzals ($1.030) pro Monat verdienen oder öffentliche Gelder verwalten, unterliegen den Gesetzen zur finanziellen Offenlegung. Die Finanzinformationen wurden der Öffentlichkeit auf Anfrage zugänglich gemacht. Bei unzureichender oder gefälschter Offenlegung von Vermögenswerten werden verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen verhängt (USDOS 30.3.2021). Korruption, die oft mit organisierter Kriminalität in Verbindung steht, bleibt ein ernstes Problem. Behörden und Gesetzgeber behindern immer wieder den Kampf gegen Korruption, die Strafverfolgung ist ins Stocken geraten. Die Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straflosigkeit (FECI) hat die Ermittlungen gegen hochrangige Beamte vorangetrieben. Die mangelnde Unterstützung für FECI durch die Generalstaatsanwaltschaft hat jedoch die Bemühungen zur Eindämmung der Korruption weiter geschwächt. Die COVID-19-Pandemie bot Möglichkeiten für Korruption aufgrund der Lockerung der Vorschriften für die Auftragsvergabe und des eingeschränkten Zugangs zu Regierungsinformationen. Im April wurden zwei stellvertretende Gesundheitsminister entlassen und gegen sie wird wegen angeblicher Beteiligung an pandemiebedingter Korruption ermittelt (FH 3.3.2021). Der nationale Antikorruptionsstaatsanwalt und Direktor der Sonderstaatsanwaltschaft gegen die Straflosigkeit (FECI), Juan Francisco Sandoval, wurde Ende Juli 2021 abgesetzt, wegen angeblichen „Missbrauchs der Institutionalität“, was Demonstrationen im ganzen Land auslöste (ACLED 5.8.2021). Quellen: - ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project: Regional Overview (5.8.2021): Mexico, Central America, and the Caribbean; 24-30 July 2021, https://acleddata.com/2021/08/05/regional-overview-mexico-central-america-and-the- caribbean24-30-july-2021/, Zugriff 26.8.2021 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 20

9. Allgemeine Menschenrechtslage Politische Gruppen und Organisationen agieren in der Regel ohne rechtliche Beschränkungen. Allerdings müssen sich neue Gruppen manchmal mit bürokratischen Verzögerungen beim Versuch der Registrierung auseinandersetzen. Wahlen auf nationaler und lokaler Ebene sind wettbewerbsfähig, und neue Parteien gewinnen routinemäßig erhebliche Machtquoten. Die guatemaltekische Politik ist instabil und die Macht wechselt häufig zwischen den Parteien. Die zivilgesellschaftliche Organisation Electoral Watch berichtete, dass während der Wahlperiode 2019 mindestens 10 Kandidaten getötet wurden. Verbale Belästigungen und körperliche Gewalt gegen Wähler sind bei Wahlen an der Tagesordnung und können die politische Beteiligung abschrecken. Auch der direkte Stimmenkauf ist üblich (FH 3.3.2021). Das Gesetz sieht Freiheit der Meinungsäußerung und der Presse vor, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen. Unabhängige Medien sind aktiv und äußern unterschiedliche Ansichten. Nichtsdestotrotz räumen Reporter, die über organisierte Kriminalität, einschließlich ihrer Verbindungen zu korrupten Beamten berichten, Selbstzensur aufgrund der Gefahr für sie und ihre Familien ein. Pressevertreter berichten von Druck, Drohungen und Vergeltungsmaßnahmen von Amtsträgern und kriminellen Organisationen in Bezug auf den Inhalt ihrer Berichterstattung. Von Januar bis August 2020 wurden 73 Beschwerden über Angriffe oder Drohungen gegen Journalisten, darunter ein Mord, gemeldet, verglichen mit 51 Angriffen im gleichen Zeitraum 2019. Der Zugang zum Internet wird nicht eingeschränkt. Menschenrechtsverteidiger, Journalisten sowie Richter und Anwälte in hochkarätigen Fällen berichten von Angriffen auf soziale Medien, einschließlich des Hackens ihrer privaten Social- Media-Konten, der Veröffentlichung gestohlener oder gefälschter personenbezogener Daten, der Veröffentlichung von fotografischer Überwachung von ihnen und ihren Familienmitgliedern , sowie Online-Diffamierung und Hassrede. Die Regierung hat wenig unternommen, um diese Personen zu schützen (USDOS 30.3.2021). Aufgrund der hohen Unsicherheit im Land treffen viele Guatemalteken Vorsichtsmaßnahmen, wenn sie außerhalb ihres Zuhauses über soziale und politische Themen sprechen. Journalisten und Menschenrechtsverteidiger berichteten im Jahr 2020 über Vorfälle von Belästigung und Überwachung. Diese verstärkte Überwachung hat zusammen mit zunehmender Einschüchterung und Belästigung vermeintlicher Regierungsgegner zu einer stärkeren Selbstzensur unter normalen Bürgern geführt. Regelmäßig kommt es zu körperlichen Angriffen auf Journalisten. Der Verband guatemaltekischer Journalisten registrierte im Jahr 2020 Dutzende von Einschüchterungsaktionen, Drohungen und Übergriffen, und mindestens zwei Journalisten wurden im Laufe des Jahres getötet. Journalisten forderten die Regierung auf, ein 2012 vereinbartes Schutzprogramm umzusetzen, aber es wurden nur geringe Fortschritte erzielt. Auch der Medienbesitz ist stark .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 20

konzentriert. Die Gesetze des Landes zur Cyberkriminalität, schützen Medien und Reporter nicht vor Belästigung durch Trolle (FH 3.3.2021). Die Verfassung sieht die Freiheit der friedlichen Versammlung und Vereinigung vor, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Die Regierung Giammattei machte jedoch ausgiebig Gebrauch von der Verhängung von Ausnahmezuständen in verschiedenen Departements des Landes. Diese Ausnahmezustände schränken bestimmte verfassungsmäßige Rechte ein, einschließlich der Vereinigungs-, Versammlungs- und Bewegungsfreiheit. Als Gründe hierfür wurden die Bekämpfung bewaffneter Gruppen, die Verhinderung von Gewalt, die Lösung von Landkonflikten und die Kontrolle einer „Migrantenkarawane“ aus Honduras genannt (USDOS 30.3.2021). Die Polizei droht häufig mit Gewalt und wendet manchmal Gewalt gegen Demonstranten an. Proteste im Zusammenhang mit Umweltproblemen oder indigenen Rechten stoßen auf harten Widerstand der Polizei und bewaffneter Gruppen. Während der COVID-19-Ausgangssperren und Einschränkungen für Versammlungsfreiheit hat die Polizei zwischen März und September 2020 mehr als 40.000 Menschen wegen Verstoßes gegen die Ausgangsbeschränkungen festgenommen. Eine Vielzahl von NGOs ist im Land tätig. Gruppen, die mit Menschenrechten, Rechten Indigener und Umweltrechten in Verbindung stehen, sehen sich jedoch zunehmender Gewalt und Kriminalisierung ihrer Arbeit ausgesetzt. NGOs dokumentierten im Jahr 2020 15 Tötungen und 22 Attentate sowie Hunderte weniger schwerwiegende Vorfälle (FH 3.3.2021). Guatemalas umstrittenes neues NGO-Gesetz verstößt laut Expertenmeinungen gegen internationale Menschenrechtsstandards, insbesondere gegen das Recht auf friedliche Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, und könnte Menschenrechtsverteidiger und die Zivilgesellschaft im Allgemeinen kriminalisieren. Das Gesetz gibt der Regierung einen weiten Spielraum um NGOs zu kontrollieren, ihre Finanzierung zu überwachen und sie unter Umständen sogar aufzulösen. Das Gesetz trat am 21. Juni 2021 in Kraft (OHCHR/OAS 1.7.2021). Mit 16,3 Millionen Einwohnern ist Guatemala das bevölkerungsreichste Land Zentralamerikas. Das Land ist durch diverse Bevölkerungsgruppen geprägt, darunter Ladinos, Mestizen mit europäischer und indigener Abstammung, Maya, Xinka, Personen mit afrikanischer Abstammung, Garífuna. Neben der Amtssprache Spanisch werden allein 22 Maya-Sprachen gesprochen. Die indigene Bevölkerung ist nach wie vor in Politik, den staatlichen Institutionen und der Wirtschaft stark unterrepräsentiert (AA 9.3.2021b). Es wird geschätzt, dass indigene Personen aus 24 ethnischen Gruppen 44% der Bevölkerung ausmachen. Das Gesetz sieht gleiche Rechte für indigene Personen vor und verpflichtet die Regierung, die Lebensweise, Bräuche, Traditionen, soziale Organisation und die Kleidung der Indigenen anzuerkennen, zu respektieren und zu fördern. Die Regierung erkennt jedoch bestimmten indigenen Gruppen keinen besonderen rechtlichen Status .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 20

zu. Indigene sind in der nationalen Politik unterrepräsentiert und bleiben weitgehend außerhalb des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Mainstreams. Begrenzte Bildungsmöglichkeiten, begrenzte Kommunikation über ihre Rechte und weit verbreitete Diskriminierung sind ein Problem. Indigene Vertreter behaupteten, Akteure in einer Reihe von regionalen Entwicklungsprojekten hätten es versäumt, sich sinnvoll mit den lokalen Gemeinschaften zu beraten. In einigen Fällen waren indigene Gemeinschaften nicht in der Lage, an Entscheidungen teilzunehmen, welche die Ausbeutung von Ressourcen in ihren Gemeinschaften beeinflussen. Auch fehlen ihnen wirksame Mechanismen für den Dialog mit dem Staat zur Konfliktlösung (USDOS 30.3.2021). Angehörige ethnischer und anderer Minderheiten haben Mühe, ihre politischen Rechte vollständig auszuüben, und es gibt keine positiven Maßnahmen, um die Wahl von Vertretern indigener Völker zu fördern. Keine indigenen Personen oder Afro-Guatemaler bekleiden Kabinettspositionen. Gleiche Rechte sind in der Verfassung garantiert, aber Minderheiten sind weiterhin mit Ungleichbehandlung konfrontiert. Indigene Gemeinschaften leiden unter hoher Armut, Analphabetismus und Kindersterblichkeit. Indigene Frauen werden besonders ausgegrenzt (FH 3.3.2021). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Guatemala: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guatemala-node/politisches-portraet/ 221918, Zugriff 25.8.2021 - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - OHCHR/OAS – UN Office of the High Commissioner for Human Rights / Organization of American States (1.7.2021): Guatemala: UN and OAS experts sound alarm about ‘choking’ NGO law, https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx? NewsID=27248&LangID=E, Zugriff 26.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 10. Todesstrafe Am 24. Oktober 2017 erklärte das Verfassungsgericht von Guatemala Artikel im Strafgesetzbuch und im Antibetäubungsmittelgesetz für verfassungswidrig, welche die Verhängung der Todesstrafe ermöglichten. Als Ergebnis der Entscheidung kann die Todesstrafe nach einfachen Gesetzen nicht mehr verhängt werden (AI 7.11.2017). Die Todesstrafe ist in dem mittelamerikanischen Staat bereits seit mehreren Jahren nicht mehr angewendet worden. Zumindest auf dem Papier gültig bleibt sie jedoch im Militärjustizwesen Guatemalas (TA 27.10.2017). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 20

- AI – Amnesty International (7.11.2017): Guatemala: court decision ruling death penalty unconstitutional for most crimes is a key step on path to full abolition, https://www.amnesty.org/en/wp-content/uploads/2021/05/ACT5074122017ENGLISH.pdf, Zugriff 26.8.2021 - TA – Tagesanzeiger (27.10.2017): Guatemala schafft die Todesstrafe ab, https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/amerika/guatemala-schafft-die-todesstrafe-ab/story/ 15234944, Zugriff 26.8.2021 11. Relevante Bevölkerungsgruppen 11.1. Frauen Das Gesetz kriminalisiert Vergewaltigung, einschließlich Vergewaltigung von Ehepartnern, und sieht Strafen zwischen fünf und 50 Jahren Gefängnis vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht wirksam durch. Die Polizei verfügt nur über eine minimale Ausbildung zur Untersuchung von Sexualverbrechen oder um Opfern solcher Verbrechen zu helfen. Die Regierung unternahm Schritte zur Bekämpfung von Femizid und Gewalt gegen Frauen. Die Justiz unterhält weiterhin ein rund um die Uhr geöffnetes Gericht in Guatemala-Stadt, um Dienste im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen anzubieten. Die Justiz unterhält auch im ganzen Land spezialisierte Gerichte für Gewalt gegen Frauen, jedoch nicht in allen Departements. Es gibt ein staatliches 24-Stunden- Opfer-Service-Center, um den Opfern medizinische, psychosoziale und rechtliche Unterstützung zu bieten, einschließlich einstweiliger Verfügungen zu ihrem sofortigen Schutz. Auch gibt es ein nationales Warnsystem für die Suche nach verschwundenen Frauen. Trotz dieser Fortschritte bleibt sexuelle Gewalt weit verbreitet. Von Januar bis August 2020 gab es 3.684 weibliche Opfer von Vergewaltigungen, verglichen mit 6.231 Frauen im Jahr davor. NGOs führen diesen Rückgang teilweise auf Schwierigkeiten beim Zugang zu den Behörden während der COVID-19-Pandemie zurück. Das Gesetz sieht Strafen für Frauenmorde von 25 bis 50 Jahren Gefängnis ohne die Möglichkeit einer Strafminderung vor; Femizid bleibt jedoch ein bedeutendes Problem. NGOs berichten, dass von Januar bis August 2020 302 Frauen getötet wurden, verglichen mit 477 im gleichen Zeitraum 2019. Von Januar bis November 2020 wurden 34 Personen wegen Femizids verurteilt. Gewalt gegen Frauen, einschließlich sexueller und häuslicher Gewalt, ist nach wie vor weit verbreitet und schwerwiegend. Das Gesetz sieht Strafen von fünf bis acht Jahren für körperliche, wirtschaftliche und psychische Gewalt gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts vor. Während der COVID-19-Pandemie gab es einen Anstieg von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen. Obwohl sich mehrere Gesetze auf sexuelle Belästigung beziehen, wird sie in keinem einzigen Gesetz direkt angesprochen. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass sexuelle Belästigung weit verbreitet ist. Obwohl das Gesetz den Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter festlegt, werden Frauen, insbesondere indigene Frauen, diskriminiert und sind seltener in Führungspositionen (USDOS 30.3.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 20

Frauen sind in der Politik unterrepräsentiert, obwohl kleine Frauenrechtsgruppen, vor allem solche, die sich mit Gewalt gegen Frauen befassen, in der Politik eine gewisse Sichtbarkeit haben. Präsident Giammattei hat drei Ministerinnen in sein Kabinett berufen. Nur 19% des Kongresses sind weiblich. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, aber Frauen sind weiterhin mit geschlechtsspezifischer Ungleichheit konfrontiert; Frauen werden für ihre Arbeit in der Regel schlechter bezahlt als Männer, und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird nicht bestraft (FH 3.3.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 11.2. Kinder Kinder erhalten die Staatsbürgerschaft durch Geburt im Land oder von ihren Eltern, die niedrige Rate der Registrierung von Geburten ist jedoch ein Problem, insbesondere bei Indigenen. Das Fehlen einer Registrierung schränkt den Zugang von Kindern zu einigen öffentlichen Dienstleistungen ein und schafft Bedingungen, die zu Staatenlosigkeit führen könnten. Während die Grundschulbildung bis zum Alter von 15 Jahren kostenlos und obligatorisch ist, ist der Zugang dazu in vielen ländlichen Gebieten begrenzt; Bildung bis zur Sekundarstufe ist nicht verpflichtend. Kindesmissbrauch bleibt ein ernstes Problem. Eine Abteilung der Sonderstaatsanwaltschaft für Verbrechen gegen Kinder und Jugendliche befasst sich mit Fällen von Kindesmissbrauch. Es wurde ein integriertes 24-Stunden-Betreuungsmodell eingeführt, das Kindern und Jugendlichen, die von Gewalt betroffen sind, medizinische, psychosoziale und rechtliche Unterstützung bietet. Das Ministerium meldete 4.001 Fälle von Missbrauch von Minderjährigen aller Art, etwa 3.000 weniger als 2019. Das Ministerium meldete von Januar bis August 2020 14 Verurteilungen wegen Kindesmissbrauchs, verglichen mit 54 im gleichen Zeitraum im Jahr 2019. Dafür war auch die Schließung der Gerichte wegen COVID-19 verantwortlich. Das gesetzliche Mindestalter für die Eheschließung beträgt 18 Jahre. Es gibt weiterhin Berichte über Früh- und Zwangsheiraten in einigen ländlichen indigenen Gemeinschaften und in der religiösen Gemeinschaft von Lev Tahor, aber das Nationale Personenregister meldete keinen Versuch der Registrierung von Frühehen. Das Gesetz sieht bei Sex mit Minderjährigen je nach Alter des Opfers Freiheitsstrafen zwischen 13 und 24 Jahren vor. Das Mindestalter für einvernehmlichen Sex beträgt 18 Jahre. Das Gesetz verbietet Kinderpornografie und sieht Strafen von sechs bis zehn Jahren Gefängnis für die Herstellung, Förderung und den Verkauf von Kinderpornografie sowie zwei bis vier Jahre Haft für deren Besitz vor. Die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern, einschließlich des Kindersextourismus, bleibt jedoch ein Problem, auch in privat geführten Waisenhäusern. Kriminelle und Banden rekrutieren häufig Straßenkinder, von denen viele Opfer häuslicher Gewalt waren, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 20

zum Zwecke des Diebstahls, der Erpressung, der Prostitution, des Transports von Schmuggelware und der Durchführung illegaler Drogenaktivitäten (USDOS 30.3.2021). Indigene Gemeinschaften leiden unter hoher Kindersterblichkeit (FH 3.3.2021). In Guatemala ist fast jedes zweite Kind chronisch unterernährt oder wird mangelhaft ausgewogen ernährt. Die Fälle akuter Unterernährung haben sich 2020 gegenüber 2019 auf 27.913 verdoppelt. Dafür ist die Zahl der Todesfälle wegen Unterernährung bei Kindern unter fünf Jahren zurückgegangen (TNH 15.7.2021). Quellen: - FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052762.html, Zugriff 26.8.2021 - TNH – The New Humanitarian (15.7.2021): How COVID-19 and climate shocks are hurting children’s health in Guatemala, https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2021/7/15/how-covid-19-and-climate-shocks- are-hurting-childrens-health-in-guatemala, Zugriff 25.8.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Guatemala, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048157.html, Zugriff 26.8.2021 12. Grundversorgung und Wirtschaft 2019 konnte ein BIP-Wachstumsplus von + 3,8% verzeichnet werden. 2020 könnte es nach ersten Schätzungen aufgrund der Coronavirus-Krise sowie des damit verbundenen Wirtschaftseinbruchs beim Haupthandelspartner und -investor, den USA vorübergehend um -2,2% sinken. Am orthodoxen Wirtschaftskurs des Landes wird sich auch unter der neuen Regierung von Präsident Alejandro Giammattei, welche am 14. Januar 2020 angetreten ist, kaum etwas ändern. Mittelfristig werden die Prioritäten im Regierungsprogramm weiterhin bei erforderlichen Strukturreformen inkl. der Verbesserung des Ausbildungsniveaus bei Arbeitskräften, der Verbesserung der institutionellen Rahmenbedingungen und beim Abbau der Bürokratie sowie bei der Infrastrukturverbesserung, insbesondere auf dem Energiesektor liegen. Laut Einschätzung des Präsidenten der guatemaltekischen Zentralbank werde die wirtschaftliche Erholung Guatemalas nach der Coronavirus-Krise relativ rasch erfolgen und es könnte 2021 unter der Voraussetzung eines weltweiten Abklingens der Krise in der zweiten Jahreshälfte 2020 möglicherweise wieder das Wachstumsniveau von 2019 erreicht werden (WKO 20.7.2021). Die Arbeitslosenquote lag 2020 bei 4,7%, während es 2019 noch 2,4% gewesen waren (WKO 8.2021). Quellen: - WKO – Wirtschaftskammer Österreich (20.7.2021): Guatemala: Informationen zu Wirtschaft, Recht und Steuern sowie Reisen, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/guatemala- wirtschaft-recht-steuern-reisen.html, Zugriff 26.8.2021 - WKO – Wirtschaftskammer Österreich (8.2021):Länderprofil Guatemala, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-guatemala.pdf? .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 20
