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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- TI – Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019; https://www.transparency.org/cpi2019, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Eine Bandbreite von israelischer, palästinensischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen kann generell ohne Einschränkungen durch die Regierung aktiv sein, Recherchen durchführen und diese veröffentlichen. Regierungsvertreter haben ein Ohr für ihre Anliegen, und sie werden regelmäßig von Parlamentsabgeordneten zu Anhörungen über Gesetze in die Knesset eingeladen. Die Regierung bemühte sich nach eigenen Angaben konzentriert um die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Gesetzgebungsprozess, in die Entwicklung der öffentlichen Politik und in eine Reihe von verschiedenen Projekten innerhalb der Regierungsministerien. Die Regierung arbeitete jedoch nicht mit NGOs zusammen, die sie als „politisch verbunden“ („politically affiliated“) erachtete. Menschenrechtsorganisationen können direkt Eingaben beim Obersten Gerichtshof zu Regierungsmaßnahmen machen und Beschwerden zu individuellen Fällen vorbringen (USDOS 11.3.2020). Freedom House, Amnesty International und Human Rights Watch zufolge hat sich das Umfeld für NGOs jedoch verschlechtert (FH 4.3.2020; vgl. AI 31.7.2019; HRW 25.11.2019). In jüngster Zeit haben die israelischen Behörden versucht, die Arbeit von Menschenrechtsaktivisten zu beeinträchtigen, indem sie unter anderem einer Reihe anderer internationaler Rechtsverteidiger die Einreise verweigerten, israelische Rechtsverteidiger verleumdeten, ihnen belastende finanzielle Berichtsanforderungen auferlegten und Razzien in den Büros palästinensischer Rechtsverteidiger durchführten und diese verhafteten (HRW 25.11.2019). Außerdem erhielten Berichten zufolge NGOs wie Amnesty International Israel und weitere zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Aid Organization for Refugees and Asylum Seekers in Israel (ASSAF) oder das Elifelet Children’s Activity Center, die sich für die Rechte von Asylwerbern einsetzen, anonyme Morddrohungen (AI 31.7.2019). Die Behörden führten weiterhin belastende Prüfungen bei NGOs bzgl. deren Finanzierung durch ausländische Regierungen durch (FH 4.3.2020). Das israelische Parlament hat 2016 trotz aller Kritik ein Gesetz verabschiedet, das vor allem Nichtregierungsorganisationen (NGO) schärfere Auflagen erteilt. Demnach müssen alle Organisationen in Israel, die mehr als die Hälfte ihres Geldes von ausländischen Regierungen oder politischen Gruppen erhalten, dies in ihren Veröffentlichungen ausweisen. Vertreter dieser Gruppen müssen außerdem bei Besuchen im .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 57

Parlament spezielle Plaketten tragen. Verstöße sollen mit Geldbußen von umgerechnet 7.000 Euro geahndet werden. Befürworter wollen damit die „Durchsichtigkeit“ der Finanzierung von NGOs gewährleisten. Gegner sehen darin hingegen ein Instrument zur Schwächung regierungskritischer Linksgruppen, die sich der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern widersetzen. Rechtsgerichtete Gruppen in Israel, die beispielsweise die jüdischen Siedlungen im Westjordanland unterstützen, finanzieren sich vor allem über Privatspenden, die von dem Gesetz ausgenommen sind (FH 4.3.2020; vgl. DZ 12.7.2016; MW 1.9.2019). Im Februar 2019 veröffentlichte das Ministerium für strategische Angelegenheiten einen Bericht, in dem palästinensische MenschenrechtlerInnen und AktivistInnen der Kampagne Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen (BDS) als "Terroristen in Anzügen" bezeichnet wurden. Unter ihnen befanden sich der Generaldirektor der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Al- Haq, Shawan Jabarin, Raji Sourani, der Direktor des Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte, und Salah Hamouri, ein französisch-palästinensischer Ermittler für Addameer. Am 19. September 2019 durchsuchten Angehörige der israelischen Streitkräfte das Büro von Addameer in Ramallah und beschlagnahmten mehrere technische Geräte (AI 18.2.2020). Ausländischen Mitgliedern bestimmter NGOs wird weiterhin die Einreise verweigert, wenn die Organisationen nach Regierungsansicht einen Boykott Israels, bestimmter israelischer Institutionen oder bestimmter Einrichtungen unter israelischer Kontrolle befürworten. Obwohl die Maßnahme von Organisationen der Zivilgesellschaft als Hindernis für die Aktivitäten vieler pro- palästinensischer und Menschenrechtsgruppen kritisiert wurde, kam 2019 das Gesetz wiederholt zur Anwendung, um gegen AktivistInnen und Organisationen vorzugehen, die sich kritisch zur Politik Israels geäußert hatten. Im November 2019 hielt beispielsweise das Oberste Israelische Gericht weiterhin an einem Ausweisungsbefehl gegen den Direktor von Human Rights Watch Israel und Palästina, fest, der sich auf dieses Gesetz stützte (AI 18.2.2020; vgl. FH 4.3.2020; HRW 25.11.2019; USDOS 11.3.2020). Darüber hinaus hinderten die israelischen Behörden im Oktober 2019 eine Mitarbeiterin von Amnesty International aus Sicherheitsgründen, die nicht bekannt gegeben wurden, daran, aus dem besetzten Westjordanland auszureisen (HRW 25.11.2019). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - AI – Amnesty International (31.7.2019): Amnesty International Israel‘s office targeted with death threat, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/07/amnesty-international-israels-office- targeted-with-death-threats/, Zugriff 18.6.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 57

- DZ – Die Zeit (12.7.2016): Israel verschärft Auflagen für NGOs, https://www.zeit.de/politik/ausland/2016-07/knesset-israel-umstrittenes-ngo-gesetz, Zugriff 18.6.2020 - HRW – Human Rights Watch (25.11.2019): Israel Expels Human Rights Watch Director Today, https://www.hrw.org/news/2019/11/25/israel-expels-human-rights-watch-director-today, Zugriff 18.6.2020 - MW – Mena-Watch (1.9.2019): Israel und der eingebildete permanente „Rechtsruck“, https://www.mena-watch.com/israel-und-der-eingebildete-permanente-rechtsruck/, Zugriff 18.6.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Bezüglich Wehrdienst gehen die Quellen auseinander. CIA zufolge ist der Militärdienst ab dem Alter von 18 Jahren für jüdische und druzische Männer und Frauen verpflichtend. Jedoch ist es ChristInnen, MuslimInnen und TscherkessInnen möglich, sich freiwillig ab dem Alter von 17 Jahren für den Militärdienst melden (CIA 7.2.2020). USDOS zufolge ist der Militärdienst für jüdische BürgerInnen, männliche druzische und männliche tscherkessische Bürger obligatorisch. Orthodoxe jüdische Frauen, arabische ChristInnen und MuslimInnen sind vom Militärdienst befreit. Ein freiwilliger Militärdienst ist für sie jedoch möglich (USDOS 21.6.2019). Wer nicht Wehrdienst geleistet hat, ist von verschiedenen sozialen/öffentlichen Leistungen wie etwa Stipendien und Wohnkredite ausgeschlossen (FH 4.3.2020). Die Dauer des Wehrdienstes zuletzt 32 Monate für Männer und 24 Monate für Frauen und variiert nach militärischer Funktion. Für Offiziere beträgt der Wehrdienst 48 Monate. Piloten verpflichten sich für 9 Jahre. Männer sind bis zum Alter von max. 51 Jahren in der Reserve, Frauen bis zum Alter von 24 Jahren (CIA 1.4.2020). Ab 1. Juli beträgt die Wehrdienstdauer für Männer 30 Monate, wobei sich dies aufgrund einer geplanten Gesetzesänderung wieder ändern kann. Derzeit arbeitet Verteidigungsminister Benny Gantz an einer Reform der Wehrpflicht, welche auf irgendeine verpflichtende Form von Dienst wie etwa beim „National Service“ [Anm.: dazu mehr in Abschnitt 9.1.], bei den Notfalldiensten oder der Polizei für alle israelische StaatsbürgerInnen abzielt (TJP 1.7.2020). Im September 2017 strich der Oberste Gerichtshof die Ausnahmeregelung beim Militärdienst für ultra-orthodoxe Männer und setzte der Knesset bereits mehrere Fristen, für den Erlass neuer Gesetze zur Reduzierung der ungleichen Wehrbelastung zwischen ultra-orthodoxen und anderen Juden (USDOS 21.7.2019). Die Kontroverse um die von säkularen Israelis zunehmend abgelehnte Ausnahmeregelung stand im Mittelpunkt des politischen Stillstands, der zu drei Wahlen innerhalb eines Jahres führte (F24 29.2.2020). Es fehlt jedoch nach wie vor das entsprechende Gesetz für .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 57

die Wehrpflicht von Ultra-Orthodoxen trotz des steigenden Drucks auf die Politik nach der Aufhebung der Ausnahmeregelung durch den Obersten Gerichtshof (F24 29.2.2020) Die Spannungen zwischen ultra-orthodoxen und anderen Israelis bezüglich Wehrdienst und anderen Fragen (Wohnbau, öffentliche Verkehrsmittel und Teilnahme am Arbeitsmarkt) halten an (USDOS 21.6.2019; vgl. HNA 25.9.2020). Quellen: - CIA – Central Intelligence Agency (1.4.2020): The World Factbook – Israel, https://www.cia.gov/ library/publications/the-world-factbook/geos/is.html, Zugriff 22.4.2020 - EN – Euronews (16.9.2019): Bibi und die Ultraorthodoxen: Darum geht es bei der Wahl in Israel, https://de.euronews.com/2019/09/16/worum-es-bei-den-wahlen-in-israel-geht, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - F24 – France24.com (29.02.2020): Ultra-Orthodox army service looms over Israel vote, https:// www.france24.com/en/20200229-ultra-orthodox-army-service-looms-over-israel-vote, Zugriff 15.5.2020 - HNA – Hessische/Niedersächsiche Allgemeine (25.9.2019): Israel-Experte im Interview: „Viele haben Netanjahu satt“, https://www.hna.de/politik/israel-experte-im-interview-viele-haben- netanjahu-satt-13038527.html, Zugriff 22.4.2020 - TJP – The Jerusalem Post (1.7.2020): IDF: Mandatory service shortened from 32 months to 30, https://www.jpost.com/israel-news/idf-mandatory-service-shortened-from-32-months-to-30- 633397, Zugriff 1.7.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 9.1. Wehrersatzdienst Zur Lage von Personen, die zum Wehrdienst verpflichtet wären, aber diese nicht leisten wollen, siehe Abschnitt 9.2. Wer vom verpflichtenden Wehrdienst ausgenommen ist, kann weiterhin eine zivile Alternative („National Service“) absolvieren. Der „National Service“ besteht aus Freiwilligen, welche für zwei Jahre soziale Arbeiten übernehmen, z.B. in Schulen, Spitälern und NGOs. Regierungsbeamten und NGOs zufolge war diese Alternative bei Frauen mit „national-religiösem“, jüdisch-orthodoxen Hintergrund beliebter als bei anderen Gruppen, die von der Wehrpflicht befreit sind (USDOS 21.6.2019). Quellen: - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 57

9.2. Wehrdienstverweigerung / Desertion Das Einziehen zum Wehrdienst von Mitgliedern der Zeugen Jehovas wurde bei Vorlegen der fortgesetzten Zugehörigkeit zu der Gruppe weiterhin mit Zustimmung der Regierung „verschoben“, auch wenn ihr Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen nicht anerkannt wurde. Da die Mitglieder nicht offiziell vom Wehrdienst ausgenommen sind, können sie nicht am National Service als Alternative teilnehmen (USDOS 21.6.2019). WehrdienstverweigerInnen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert. Im Jahr 2019 waren es mindestens drei Personen. Im August 2019 wurde der Wehrdienstverweigerer Roman Levin nach 82 Tagen Einzelhaft aus dem Gefängnis entlassen. (AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Isreal, 21. Juni 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011170.html, Zugriff 22.4.2020 10. Allgemeine Menschenrechtslage Zu den schwersten Menschenrechtsverletzungen zählen unter anderem die unrechtmäßigen oder willkürlichen Tötungen, einschließlich gezielter Tötungen israelischer Zivilisten und Soldaten; willkürliche Inhaftierungen und die wesentlichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Terroranschläge gegen Zivilisten sowie politisch und religiös motivierte Morde durch nicht- staatliche Gruppen und Einzeltäter, die oft exterritoriale Verwaltungshaft in Israel für PalästinenserInnen [siehe auch Abschnitte Justizsystem und Haftbedingungen], sowie Gesetze und offizielle Rhetorik, welche den Aktionsbereich für Menschenrechtsorganisationen negativ beeinflussen [siehe Abschnitt Menschenrechtsorganisationen]. Im Jahr 2019 starben bei Terroranschlägen in Jerusalem, Ashdod, Kibbutz Erez und Ashkelon neun Personen. Die meisten Angreifer waren Palästinenser aus der Westbank oder dem Gazastreifen (USDOS 11.3.2020). Auch wenn die Justiz beim Schutz von Minderheitenrechten aktiv ist, so diskriminieren die politische Führung und viele Teile der Gesellschaft arabische und andere Minderheiten, was in systematischen Disparitäten in den Bereichen politische Repräsentation, Strafjustiz, Bildung und wirtschaftliche Möglichkeiten resultiert (FH 4.3.2020). Problematisch war auch der Umgang mit Flüchtlingen. Irregulär ins Land eingereiste Personen, darunter auch Asylsuchende, können bis zu einem Jahr ohne Anklage inhaftiert werden (FH 4.3.2020). Darüber hinaus weigerten die Behörden Asylsuchenden den Zugang zu einem fairen und zügigen Verfahren, um ihren Flüchtlingsstatus feststellen zu lassen (AI 18.2.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 57

Asylanträge werden, wenn sie vollständig bearbeitet werden, fast immer abgelehnt (FH 4.3.2020). Mit Stand 30. Juni 2019 hatten die Behörden keinen einzigen Asylantrag positiv beschieden, 15.000 Anträge waren noch anhängig (FH 4.3.2020). Viele Asylsuchende hatten keinen Zugang zu grundlegenden staatlichen Leistungen. Rund 30.000 Asylsuchende lebten 2019 in Israel (AI 18.2.2020). In den letzten Jahren wurden Tausende afrikanische Migranten und Asylsuchende, die irregulär ins Land eingereist sind, von den Behörden unter Druck gesetzt, einer Rückführung oder Abschiebung in ein Drittland wie Ruanda oder Uganda zuzustimmen. Dies erfolgte durch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, der Arbeitsgenehmigungen und des Zugangs zur Gesundheitsversorgung sowie durch Konfiszierung eines Teils ihrer Gehälter (HRW 14.1.2020; vgl. FH 4.3.2020). Im September 2019 wies der Oberste Gerichtshof eine Petition ab, mit der die Aussetzung von Abschiebungen in Israel geborener Kinder von ArbeitsmigrantInnen ohne Aufenthaltsgenehmigung gefordert wurde (AI 18.2.2020). Ausländische ArbeiterInnen genossen nur einen minimalen Schutz vor Ausbeutung (FH 4.3.2020). Die Behörden schränkten die Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit von Personen ein, welche Kritik an der israelischen Besetzung der palästinensischen Gebiete übten. WehrdienstverweigerInnen aus Gewissensgründen wurden inhaftiert (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020; AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Israel and Palestine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022793.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 11. Meinungs- und Pressefreiheit Die israelische Medienlandschaft ist lebendig und vermag frei die Regierungspolitik kritisieren. Während der Umfang der zulässigen Berichterstattung generell weit gefasst ist, unterliegen Printartikel zu Sicherheitsfragen einer militärischen Zensur, was auch regelmäßig umgesetzt wird. (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). 2017 wurden vom Militär insgesamt 2.358 Nachrichtenbeiträge oder 21 Prozent der Artikel, die von den Medien zur vorherigen Überprüfung vorgelegt wurden, teilweise oder vollständig redigiert. Das Presseamt vorenthielt gelegentlich Presseausweise von Journalisten unter Berufung auf Sicherheitserwägungen, um sie an der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 57

Einreise nach Israel zu hindern (FH 4.3.2020). Die Behörden machten von einer Reihe von Maßnahmen gegenüber MenschenrechtsverteidigerInnen, JournalistInnen und Andersdenkenden Gebrauch, die sich kritisch gegen Israels fortdauernde Besetzung des Westjordanlandes, des Gazastreifens und der syrischen Golanhöhen ausgesprochen hatten (AI 18.2.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Proteste und Demonstrationen sind weitgehend erlaubt, und sie verlaufen in der Regel friedlich. Die Polizei hat manchmal jedoch versucht, friedliche Demonstrationen einzuschränken. Einige Protestaktivitäten, wie die Schändung der israelischen Flagge oder eines befreundeten Landes, können allerdings schwerwiegende strafrechtliche Folgen haben (FH 4.3.2020). Die Registrierung einer Vereinigung oder einer Partei wird gesetzlich untersagt, wenn zu ihren Zielen die Leugnung des Existenz des Staates Israel oder des demokratischen Charakters des Staates gehört (USDOS 11.3.2020). Im Juni 2019 wurden von den Behörden ein neue Vorgehensweise eingeführt, die der Polizei ermöglicht, Versammlungen im Freien von 50 oder mehr Personen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Die Verletzung solcher Bedingungen würde als Straftat gelten. NGOs brachten ihre diesbezügliche Besorgnis zum Ausdruck, da ihrer Meinung nach die Einschränkung eine Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit darstelle. Darüber hinaus kritisierten sie die Polizei dafür, dass sie in Fällen, in denen keine Demonstrationsgenehmigung erforderlich sei, Hindernisse für die Rede- und Versammlungsfreiheit schaffe (MEMO 19.8.2019; vgl. TTI 20.8.2019; USDOS 11.3.2020). Quellen: - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - MEMO – Middle East Monitor (19.8.2019): Israel Police limit right to protest, https://www.middleeastmonitor.com/20190819-israel-police-limit-right-to-protest/, Zugriff - TTI – The Times of Israel (20.8.2019): Police propose new restrictions on civil protests, https:// www.timesofisrael.com/police-propose-new-restrictions-on-civil-protests/, Zugriff .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 57

- USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 13. Haftbedingungen Das Gesetz sieht Haftbedingungen vor, die nicht der Gesundheit und Würde der Gefangenen schaden. „Sicherheitsgefangene“ unterliegen lokalen Menschenrechtsorganisationen zufolge härteren Haftbedingungen als Personen, welche als Kriminelle inhaftiert sind. Darunter fallen z.B. die häufigere Verhängung von Verwaltungs- und Einzelhaft, Einschränkungen bei Besuchen durch die Familie und kein Anspruch auf Hafturlaub (USDOS 11.3.2020). Ein Bericht des Büros für Strafverteidigung über 42 Gefängnisse und Haftanstalten verwies darauf hin, dass es trotz der Bemühungen der Israel Prison Service (IPS), die Haftbedingungen zu verbessern und die in früheren Reporten festgestellten Mängel zu korrigieren, weiterhin zu schweren Verletzungen der Rechte der Häftlinge kam. Bemängelt wurden u.a., dass Tausende von Gefangenen in veralteten Einrichtungen unter unangemessenen, teilweise unter menschenunwürdigen, Lebensbedingungen festgehalten wurden; dass viele Insassen, vor allem Minderjährige, mit Einzelhaft und unverhältnismäßigem Einsatz von Fesseln bestraft wurden. Dies fand das Büro für Strafverteidigung in solchen Fällen besonders besorgniserregend, in denen die Gefangenen an einer psychischen Krankheit litten (USDOS 11.3.2020). Zwangsernährung von Hungerstreikenden ist unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Die Israel Medical Association betrachtet dieses Gesetz jedoch als unethisch und fordert die Ärzte nachdrücklich auf, die Umsetzung der Regelung zu verweigern. Laut der Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights Israel (PHRI) wird durch die Bestimmungen die Verweigerung der medizinischen Behandlung aus Kostengründen ebenfalls ermöglicht. Ein von PHRI veröffentlichter Bericht wies auf die erheblichen Mängel in der Funktionsweise des medizinischen Systems der IPS hin. Dem Bericht zufolge war das separate Gesundheitssystem nicht in der Lage, Serviceleistungen bereitzustellen, die denen der Allgemeinbevölkerung durch Registrierung in der staatlichen sog. Health Maintenance Organizations (HMO) gleichwertig sind. Die Leistungen entsprechen nicht den anerkannten HMO- Standards und bei der Hälfte der untersuchten Vorfälle bestand ein Risiko für die Gesundheit der Insassen aufgrund einer nicht normgerechten medizinischen Versorgung oder aufgrund der Verweigerung der ärztlichen Behandlung. Das Ergebnis der Untersuchung eines Todesfalls stand zu Jahresende 2019 noch aus (USDOS 11.3.2020). Die Behörden führten ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Behauptungen über Misshandlungen durch. Besuche von Anwälten waren nicht immer gestattet, insbesondere beim .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 57

Erstarrest von erwachsenen und jugendlichen „nicht-israelischen StaatsbürgerInnen“ (USDOS 11.3.2020). Laut Yossi Beilin [Anm.: ein international bekannter israelischer ehemaliger Knesset- Abgeordneter] verwendet der Menschenrechtsbericht des US-Außenministerium den Begriff „nicht- israelische BewohnerInnen“ als Ersatzbezeichnung für PalästinenserInnen in Ost-Jerusalem, wobei von den 350.000 PalästinenserInnen im Großraum Jerusalem einige Tausend die israelische Staatsbürgerschaft besitzen (al-M 23.3.2020) Die israelischen Behörden nutzten Verwaltungshaftanordnungen, die beliebig oft verlängert werden konnten, um PalästinenserInnen ohne Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren in Haft zu halten. Nach Angaben der israelischen Justizvollzugsbehörde saßen zum 31. Dezember 2019 rund 4.544 PalästinenserInnen aus den besetzten Gebieten, darunter 464 Verwaltungshäftlinge, in israelischen Gefängnissen. Folter und andere Misshandlungen von Häftlingen, darunter auch Minderjährigen, wurden nicht geahndet. Viele Familien von palästinensischen Häftlingen in Israel, vor allem jene aus dem Gazastreifen, bekamen keine Einreiseerlaubnis nach Israel, um ihre Verwandten zu besuchen (AI 18.2.2020; vgl. FH 4.3.2020). Das internationale Komitee des Roten Kreuzes besuchte weiterhin regelmäßig alle Haftanstalten und Verhöreinrichtungen in Israel, in denen palästinensische Gefangene festgehalten werden (USDOS 11.3.2020). Berichten zufolge wurde einigen palästinensischen Gefangenen eine adäquate medizinische Versorgung vorenthalten, oder sie erhielten die Behandlungen unter erniedrigenden Bedingungen (AI 26.2.2019). Im September 2019 weigerten sich die israelischen Justizvollzugsbehörden auf Anfrage der Vereinigung für Bürgerrechte in Israel (Association for Civil Rights in Israel), Gefängnisordnungen ins Arabische zu übersetzen. Die Behörden argumentierten, dass das Nationalstaatsgesetz dies nicht vorsehe. Dieses Gesetz ist Teil der Verfassung und legt fest, dass das Recht auf Selbstbestimmung allein jüdischen Israelis vorbehalten ist. Es diskriminiert palästinensische Zivilpersonen, auch durch die Herabstufung der arabischen Sprache (AI 18.2.2020). Das Büro für Strafverteidigung hat den Auftrag, über die Haftbedingungen zu berichten. Die Berichterstattung wird alle zwei Jahre durchgeführt (USDOS 11.3.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (18.2.2020): Menschenrechte im Nahen Osten und in Nordafrika: 2019; Israel und besetzte Palästinensische Gebiete, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026067.html, Zugriff 22.4.2020 - AI – Amnesty International (26.2.2019): Menschenrechte im Nahen Osten und Nordafrika: Rückblick auf das Jahr 2018, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 33 von 57

https://amnesty-israel-palaestina.de/wp-content/uploads/278/Jahresber.-2019-Menschenr.-Isr.- bes.-Gebiete.pdf, Zugriff 22.4.2020 - al-M – al-Monitor (Beilin, Yossi) (23.3.2020): Israel, US pretend East Jerusalem Palestinians don’t exist, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/03/israel-palestinians-us-state- department-east-jerusalem.html, Zugriff 2.7.2020 - FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020 - USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Israel, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026369.html, Zugriff 22.4.2020 14. Todesstrafe Die Todesstrafe in Friedenszeiten wurde 1954 abgeschafft. Für bestimmte Verbrechen sieht Israel jedoch die Todesstrafe vor - etwa bei Hochverrat sowie unter bestimmten Umständen im Kriegsrecht, das für die israelischen Streitkräfte und in der Westbank gilt (AI 10.4.2019; vgl. MW 10.11.2018). Die letzte Hinrichtung fand 1962 (Adolf Eichmann) statt (AI 10.4.2019; vgl. TK 14.11.2018). Laut Amnesty International kam es im Jahr 2019 weder zur Verhängung noch zum Vollzug der Todesstrafe. Es saß niemand in der Todeszelle (AI 2020). Das Komitee für Verfassung, Gesetz und Justiz der Knesset diskutierte im November 2018 einen Gesetzesentwurf, welcher den Gerichten erleichtern würde, gegen Terroristen die Todesstrafe für Mord an israelischen ZivilistInnen zu verhängen. Zur Verhängung würde die Zustimmung der Mehrheit der Richter ausreichen (TK 14.11.2018; vgl MW 10.11.2018). Ein israelischer Parlamentarier hat im März 2020 im Parlament zwei Gesetzesvorlagen vorgelegt, die u.a. darauf abzielen, die Todesstrafe gegen palästinensische politische Gefangene verhängen zu können (MEE 18.3.2020). Quellen: - AI – Amnesty International (2020): AMNESTY INTERNATIONAL GLOBAL REPORT DEATH SENTENCES AND EXECUTIONS 2019, https://www.amnesty.ch/de/themen/todesstrafe/dok/2020/todesstrafen-bericht-2019- gesunkene-fallzahlen-doch-rekordzahl-in-saudi-arabien/ amnesty_death_sentences_and_executions_2019.pdf, Zugriff 18.5.2020 - AI – Amnesty International (10.4.2019): Wenn der Staat tötet, https://amnesty-todesstrafe.de/wp-content/uploads/325/reader_wenn-der-staat- toetet_laenderliste.pdf, Zugriff 22.4.2020 - MEE – Middle East Eye (18.3.2020): Israeli MP presents bills to annex Jordan Valley, impose death penalty on Palestinians, https://www.middleeasteye.net/news/israeli-bills-annex-jordan- valley-and-impose-death-penalty-palestinian, Zugriff 5.5.2020 - MW – Mena Watch (10.11.2018): Wird Israel die Todesstrafe für Terroristen einführen?, https:// www.mena-watch.com/wird-israel-die-todesstrafe-fuer-terroristen-einfuehren/, Zugriff 22.4.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 34 von 57
