isra-lib-2020-07-02-ke

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Hinweis:
Im vorliegenden  Länderinformationsblatt erfolgt  keine  Berücksichtigung  der  aktuellen 
CORONA-VIRUS-PANDEMIE  (COVID-19),  weil  die  zur  Bekämpfung  der  Krankheit 
eingeleiteten oder noch einzuleitenden Maßnahmen ständigen Änderungen unterworfen 
sind und zu deren Auswirkungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt Informationen fehlen.
Insbesondere können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine seriösen Informationen zu den
Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen, auf Versorgungslage sowie auf
Bewegungs- und Reisefreiheit der Bürgerinnen und Bürger sowie generell zu politischen, 
wirtschaftlichen, sozialen und anderen Folgen zusammengestellt werden.
Länderspezifische Anmerkungen
Das LIB bezieht sich ausschließlich auf das Territorium des Staates Israel innerhalb der 
von Österreich anerkannten Grenzen. Erwähnungen von Umständen, welche sich auf Gebiete 
beziehen, über welche Israel über seine anerkannten Grenzen hinaus eine maßgebliche Kontrolle 
ausübt, sind nicht als Anerkennung zu verstehen, sondern als Hintergrundinformation für die Lage 
im von Österreich anerkannten Staatsgebiet Israels. 
Die betreffenden Gebiete außerhalb des Staates Israel sind: - die Golan-Höhen, - die Westbank, - 
Ost-Jerusalem, - der Gaza-Streifen. Ergo wird nicht auf die Lage der israelischen BürgerInnen in 
den international abgelehnten Siedlungen eingegangen. Entwicklungen in den genannten Gebie-
ten können Einfluss auf die Sicherheitslage im Staat Israel haben. 
Völkerrechtliche und menschenrechtliche Fragestellungen ergeben sich vor allem aus der
Lage und der israelischen Politik bzgl. der Golan-Höhen, Ost-Jerusalem, Westbank und
Gaza-Streifen. Wo sich diese im Staat Israel manifestieren, werden sie in diesem LIB be-
rücksichtigt. Ansonsten fallen diese in die Zuständigkeit der LIBs zu diesen Gebieten.
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Inhaltsverzeichnis
 1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen...............................................................6
 2. Politische Lage........................................................................................................................7
2.1. Definition des Staatsgebiets – israelische Eigendefinition versus internationaler
Standpunkt..................................................................................................................................7
2.2. Staatsaufbau......................................................................................................................8
2.3. Der israelisch-palästinensische Konflikt als Faktor der israelischen Politik und 
Sicherheitslage..........................................................................................................................12
2.4. Nationalstaatsgesetz........................................................................................................14
 3. Sicherheitslage......................................................................................................................16
3.1. Grundsätzliches zur Lage in den Grenzgebieten..............................................................17
3.2. Zwischenstaatliche Faktoren für die israelische Sicherheitslage......................................18
 4. Rechtsschutz / Justizwesen..................................................................................................18
4.1. Justizielle Zuständigkeiten für die Bevölkerung der besetzten Gebiete............................19
 5. Sicherheitsbehörden.............................................................................................................21
 6. Folter und unmenschliche Behandlung.................................................................................22
 7. Korruption.............................................................................................................................24
 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten...................................................................................25
 9. Wehrdienst und Rekrutierungen............................................................................................27
9.1. Wehrersatzdienst..............................................................................................................28
9.2. Wehrdienstverweigerung / Desertion................................................................................29
 10. Allgemeine Menschenrechtslage...........................................................................................29
 11. Meinungs- und Pressefreiheit................................................................................................30
 12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition...........................................................31
 13. Haftbedingungen...................................................................................................................32
 14. Todesstrafe............................................................................................................................34
 15. Religionsfreiheit.....................................................................................................................35
 16. Ethnische Minderheiten.........................................................................................................39
16.1. Arabische Bevölkerung (ChristInnen, MuslimInnen, exkl. DruzInnen)...............................40
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16.2. Äthiopische Juden und Jüdinnen......................................................................................45
 17. Relevante Bevölkerungsgruppen..........................................................................................47
17.1. Frauen..............................................................................................................................47
 18. Bewegungsfreiheit.................................................................................................................50
 19. Grundversorgung und Wirtschaft...........................................................................................51
19.1. Die Lage der arabischen Bevölkerungsgruppe.................................................................54
 20. Medizinische Versorgung......................................................................................................56
 21. Rückkehr...............................................................................................................................57
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1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen
Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden.
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2. Politische Lage
2.1. Definition des Staatsgebiets – israelische Eigendefinition versus internationaler 
Standpunkt
Die  israelische  Regierung  unterscheidet  zwischen  den  Gebieten,  die  unter  israelische 
Hoheitsgewalt fallen  (Golan  und Ost-Jerusalem, die nach  israelischem Recht  durch Annexion 
integraler Bestandteil Israels sind und unter dessen volle Souveränität fallen), und den nicht-
annektierten Gebieten (Westjordanland und Gaza) (AA 5.11.2019a).
Die  Europäische  Union  (EU)  erkennt  hingegen  Israels  Souveränität  über  die  besetzten 
Golanhöhen nicht an. Die  EU und ihre Mitgliedsstaaten betrachten israelische Siedlungen als 
völkerrechtswidrig, sehen sie als Hindernis für den Frieden und als Gefahr für die Umsetzbarkeit 
einer  Zwei-Staaten-Lösung  für  den  israelisch-palästinensischen  Konflikt.  Die  EU  und  ihre 
Mitgliedsstaaten werden keine Änderungen des Grenzverlaufs von vor 1967, einschließlich Ost-
Jerusalems, anerkennen, solange diese Änderungen nicht von den Konfliktparteien vereinbart 
werden. Das Westjordanland und Ost-Jerusalem, der Gaza-Streifen sowie die Golan-Höhen sind 
Gebiete, die seit 1967 von Israel besetzt gehalten werden. Darüber hinaus sind die israelischen 
Siedlungen gemäß Völkerrecht auf besetztem Gebiet errichtet und werden nicht als legitime Teile
des israelischen Staatsgebiets anerkannt. Desgleichen sollte möglichen Verletzungen des
humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte Rechnung getragen werden (ÖB o.D.; vgl. HB 
27.3.2019).
Israel beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt. Die Palästinenser sehen in 
Ost-Jerusalem ihre künftige Hauptstadt eines möglichen Palästinenserstaates. International wurde 
jedoch kein Teil der Stadt als Hauptstadt Israels anerkannt (IN 28.6.2019; vgl. LPB o.D). Nur die 
USA haben  Jerusalem  als  Hauptstadt  Israels  und  die  Golanhöhen  als  Teil  Israels  anerkannt 
(USDOS 11.3.2020).
Der  palästinensische  Bevölkerungsanteil  von  ganz  Jerusalem  wurde  mit  Stand  2018  als  38 
Prozent angegeben, aber wird bei Einbeziehung der PalästinenserInnen jenseits Trennbarriere mit 
40 Prozent angegeben (Haaretz 13.5.2018).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (5.11.2019a): Naher und Mittlerer Osten, Maghreb – Besetzte Gebiete, 
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/regionaleschwerpunkte/nahermittlererosten/
besetzte-gebiete/2263564, Zugriff 22.4.2020
- Haaretz (13.5.2018): Palestinians Now Make Up Some 40 Percent of Jerusalem's Population, 
https://www.haaretz.com/israel-news/palestinians-now-make-up-some-40-percent-of-
jerusalem-s-population-1.6077642, Zugriff 11.5.2020
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- HB – Handelsblatt (27.3.2019): EU erkennt Golanhöhen nicht als Staatsgebiet Israels an,
https://www.handelsblatt.com/politik/international/nahost-eu-erkennt-golanhoehen-nicht-als-
staatsgebiet-israels-an/24150860.html, Zugriff 22.4.2020
- IN – Israel Netz (28.6.2019): Jerusalem ist nicht Israels Hauptstadt, https://www.israelnetz.com/
politik-wirtschaft/politik/2019/06/28/jerusalem-ist-nicht-israels-hauptstadt/, Zugriff 22.4.2020
- LPB – Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Würtenberg (o.D.): Der Nahostkonftlikt, 
https://www.lpb-bw.de/nahostkonflikt, Zugriff 22.4.2020
- ÖB – Österreichische Botschaft in Israel (o.D.): Wirtschaft,  https://www.bmeia.gv.at/oeb-tel-
aviv/oesterreich-in-israel/wirtschaft/, Zugriff 22.4.2020
2.2. Staatsaufbau
Am  14.  Mai  1948  erklärte  Israel  seine  Unabhängigkeit  (AA  5.11.2019b).  Israel  ist  eine 
parlamentarische  Demokratie  mit gesetzgebender,  ausführender  und  rechtsprechender  Gewalt 
nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wodurch Kontrolle und Gleichgewicht innerhalb des
Systems gewährleistet sind. Der Präsident, dessen Pflichten in weitem Umfang formeller Art sind,
symbolisiert  die  Einheit  des  Staates.  Er  wird  von  der  Knesset  (Israels  Parlament)  für  eine 
einmalige Amtszeit von sieben Jahren gewählt. Staatspräsident ist seit dem 24. Juli 2014 Reuven 
Rivlin (IBÖ o.D.; vgl. AA 5.11.2019c).
Die Knesset, Israels gesetzgebendes Organ, ist ein Einkammer-Parlament mit 120 Mitgliedern, 
deren  Arbeit  in  Plenarsitzungen  und  in  15  ständigen  Ausschüssen  erfolgt.  Debatten  und 
Abstimmungen  über  Politik  und  Aufgaben  der  Regierung  sowie  über  Gesetzesvorlagen  der 
Regierung oder eines Parlamentsmitglieds finden in Plenarsitzungen statt. Um Gesetzeskraft zu 
erlangen, muss ein Gesetzentwurf drei Lesungen in der Knesset durchlaufen. […] Die Debatten in 
der  Knesset  finden  in  Hebräisch  statt,  arabische  und  druzische  Mitglieder  können  vor  dem 
Parlament  in  Arabisch  sprechen.  Simultanübersetzungen  in  beiden  Sprachen  stehen  zur 
Verfügung. Die Knessetabgeordneten, die ein breites Spektrum politischer Parteien repräsentieren, 
werden für eine Legislaturperiode von vier Jahren in landesweiten Wahlen gewählt; das gesamte 
Land gilt dabei als ein Wahlbezirk. Die Anzahl der Sitze, die jeder Partei in der Knesset zufallen, 
richtet sich proportional nach dem Stimmenanteil, den die jeweilige Partei am Gesamtwahlergebnis 
auf sich vereinigen konnte. Jeder Staatsbürger erhält mit Vollendung des 18. Lebensjahres das 
aktive, mit Vollendung des 21. Lebensjahres das passive Wahlrecht (IBÖ o.D.; vgl. AA 5.11.2019b). 
Mit der Verabschiedung des Nationalstaatsgesetzes im Juli 2018 verlor die arabische Sprache den 
Status einer Amtssprache und dem wird lediglich ein nicht näher definierter Sonderstatus
zugeschrieben (FH 4.3.2020; vgl. HSS 23.10.2018; DZ 4.8.2018).
Die  Regierung  (Exekutive)  ist  der  Knesset  gegenüber  verantwortlich  und  unterliegt  ihrem 
Vertrauen. Die politische Machtbefugnis der Regierung ist umfassend und bezieht sich auf alle 
wesentlichen Lebensaspekte in Israel. [...] Alle israelischen Regierungen seit 1948 sind aufgrund 
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eines Koalitionsvertrages zwischen mehreren Parteien gebildet worden, da bisher keine der
Parteien mehr als die Hälfte der Knessetsitze auf sich vereinigen konnte. Die Amtszeit der
Regierung beträgt vier Jahre, sie kann jedoch durch Rücktritt oder Tod des Ministerpräsidenten 
oder durch ein Misstrauensvotum in der Knesset früher beendet werden (IBÖ o.D.).
Der Oberste Gerichtshof hat nicht die Autorität eines Verfassungsgerichts, denn Israel besitzt keine 
Verfassung, sondern nur Grundgesetze mit verfassungsmäßigem Rang. Als höchste juristische 
Instanz muss der Gerichtshof deshalb die Handlungsspielräume der Regierung immer wieder neu 
abstecken – und dabei seine Unabhängigkeit beweisen (DZ 3.5.2020). 
Dem  Regierungschef  Netanjahu  war  es  nach  den  beiden  Parlamentswahlen  im  April  und 
September 2019 nicht gelungen, eine neue Regierungsmehrheit zu bilden. Netanjahus wichtigster 
Rivale Benny Gantz von der Mitte-rechts-Liste Blau-Weiß hatte nach der Wahl im September 2019 
die Bildung einer Einheitsregierung wegen der Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu abgelehnt. 
Nach dem Scheitern von Koalitionsverhandlungen stimmte die Knesset Anfang Dezember 2019 für 
ihre  Auflösung  und  eine  Neuwahl  am  2.  März  2020.  Netanjahu  ist  der  erste  amtierende 
Regierungschef  in  der  Geschichte  Israels,  der  unter  Anklage  steht.  Ihm  werden  Betrug, 
Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Gemäß israelischem Recht muss der Ministerpräsident 
nur im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung zurücktreten (DZ 18.2.2020; vgl. DP 12.12.2019; DS 
9.12.2019).
Aus der dritten Parlamentswahl in Israel innerhalb eines Jahres geht der „Likud" von
Ministerpräsident  Benjamin  Netanjahu  als  stärkste  Fraktion  hervor:  Nach  Auszählung  von  99 
Prozent der Stimmen kommt der „Likud" künftig auf 36 Sitze (September 2019: 32 Sitze). Die 
Partei „Kachol Lavan" von Herausforderer Benny Gantz erhält voraussichtlich 33 Sitze in der 
Knesset (September 2019: 33 Sitze). An dritter Stelle folgt mit 15 Sitzen erneut die „Vereinte Liste", 
einem Bündnis aus den vier hauptsächlich arabischen Parteien „Ta'al", „Chadasch", „Balad" und 
„Ra'am" (September 2019: 13 Sitze). Fünf weitere Parteien ziehen in das israelische Parlament 
ein: Im konservativen und  religiösen  Lager die  Partei „Schas"  (9 Sitze) sowie die Bündnisse 
„Vereinigtes Thora-Judentum" (7 Sitze) und „Jamina" (6 Sitze); im progressiven Spektrum das 
Bündnis „Awoda-Gescher-Meretz" (7 Sitze). Die nationalistische Partei „Jisra’el Beitenu" erhält 7 
Sitze. Die Wahlbeteiligung lag bei 71 Prozent und damit etwas höher als bei den vergangenen 
zwei Parlamentswahlen im April und September 2019 (BPB 4.3.2020). 
Nach mehreren vergeblichen Versuchen bekam Israel Ende April 2020 eine neue Regierung. Eine 
„nationale  Notstandsregierung"  soll  künftig  Israel  regieren. Darauf  haben  sich  der  amtierende 
Ministerpräsident  Benjamin  Netanjahu  und  sein  wichtigster  politischer  Rivale,  der 
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Oppositionspolitiker Benny Gantz, geeinigt. Zuvor waren mehrere Versuche, eine Regierung zu
bilden, gescheitert. Ein zentraler Streitpunkt in den Koalitionsverhandlungen war laut
Medienberichten  die  Forderung  von  Netanjahus  Likud-Partei  nach  einem  Vetorecht  bei  der 
Besetzung von Richtern. Netanjahu wollte sich demnach außerdem absichern, falls das höchste 
Gericht  entscheidet,  dass  er  wegen  der  Korruptionsanklage  nicht  als  Ministerpräsident  oder 
Vizeministerpräsident amtieren kann.  Mit der Entscheidung vom Ende April ist das Ende einer 
Pattsituation in Sicht, die seit mehr als einem Jahr andauerte. So lange war es keinem der beiden 
Lager gelungen, eine mehrheitsfähige Regierung zu bilden. Die durch das Coronavirus ausgelöste 
Krise mache eine große Koalition nötig, erklärten beide Seiten. (DZ 20.4.2020). 
Nach Medienberichten wollen sich Netanjahu und Gantz an der Spitze des Landes abwechseln: In 
den ersten 18 Monaten der vorgesehenen dreijährigen Amtszeit wird Netanjahu weiterhin die 
Regierungsgeschäfte leiten. Dann soll im Rahmen einer Rotation Gantz übernehmen. Bis dahin 
wird der frühere Armeechef Verteidigungsminister sein, der wohl wichtigste Posten in der künftigen 
Regierung. Mit 32 Ministern und einem Dutzend stellvertretenden Ministern handelt es sich um die 
größte Regierung in der Geschichte Israels. Wenn die Corona-Krise vorbei ist, soll das Kabinett 
um vier Posten auf 36 erweitert werden. Die Zahl der Ministerposten wird zwischen den beiden 
Parteienblöcken gleich verteilt. Der Blau-Weiß-Block erhält das Außenamt für die halbe Zeit und 
zudem die Ministerien für Justiz, Einwanderung, Eingliederung, Kultur, Sport, Wirtschaft, Wohlfahrt, 
Kommunikation, Landwirtschaft, strategische Angelegenheiten, Tourismus, soziale Gleichheit und 
Diaspora. Dem Likud-Block verbleibt das Außenministerium für die halbe Zeit, außerdem das
Ministerium für Finanzen, Öffentliche Sicherheit, Verkehr, Wohnungsbau, Erziehung, Bildung,
Umwelt, Energie, Jerusalem und weitere weniger wichtige Posten. Dafür stellt die Likud-Partei den 
zukünftigen  Knessetsprecher;  für  den  Posten  ist  der  derzeitige  Tourismusminister  Jariv  Levin 
vorgesehen. Übergangsweise hat Gantz das Amt derzeit inne (IN 21.4.2020). 
Die neue Regierung, seit dem 17. Mai 2020 im Amt, hat die Teilannexion des Westjordanlandes 
erstmals in ihrem Koalitionsvertrag schriftlich fixiert. Laut der Koalitionsvereinbarung, die Benjamin 
Netanjahu mit seinem Rivalen Benny Gantz geschlossen hat, könnte Premier Netanjahu ab dem 1. 
Juli 2020 Schritte zur "Ausweitung der Souveränität" - die in Israel gebräuchliche Bezeichnung für 
Annexion  -  einleiten.  Eine  israelische  Annexion  von  Gebieten  im  Westjordanland  wäre  hoch 
umstritten und würde international vielfach missbilligt werden (SZ 20.5.2020; vgl. SZ 17.5.2020; 
DS 20.4.2020, Details zu den Annexionsplänen siehe Abschnitt 2.3).
Eine der Hauptsorgen Netanjahus ist die Möglichkeit einer Verurteilung wegen Bestechung und 
Korruption.  Deshalb  behält  er  sich  das  Vetorecht  zur  Ernennung  des  nächsten 
Generalstaatsanwaltes und Staatsanklägers vor. Beide spielen eine entscheidende Rolle bei der 
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Anklage gegen ihn. Derzeit ist Dan Eldad übergangsweise Staatsankläger, die Amtszeit von
Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit läuft noch bis 2022. Während der sechsmonatigen Periode
einer  Notstandsregierung  soll  es  keine  Ernennungen  derartiger  Schlüsselposten  geben.  Der 
Beginn des Prozesses gegen Netanjahu ist für den 24. Mai 2020 angesetzt (DS 20.4.2020).
Gantz' Parteienbündnis Blau-Weiß hatte im Wahlkampf stets betont, man werde alles daransetzen, 
einen Regierungschef Netanjahu zu verhindern. Dass er dieses Versprechen nach der Wahl brach, 
hat ihn sein Wahlbündnis gekostet. Empörte Fraktionskollegen kehrten ihm den Rücken. Nun hat 
Gantz nicht einmal halb so viele Abgeordnete im Parlament auf seiner Seite (DS 20.4.2020).
 Am 19. April 2020 fanden sich mehrere Tausend Demonstranten am Tel Aviver Rabin-Platz ein, 
um  unter  Einhaltung  des  gebotenen  Zwei-Meter-Abstands  für  den  Erhalt  der  Demokratie  zu 
protestieren.  Wiederkehrende Demonstrationen (siehe auch DZ 3.5.2020, TI 29.6.2020)  richten 
sich gegen Netanjahus Übergangskabinett, Attacken auf die Justiz und Überwachung sowie gegen 
Premierminister Netanjahu selbst wegen des Korruptionsprozesses (TI 29.6.2020) demonstriert. 
Netanjahus  Kabinett  hatte  die  Corona-Krise  genutzt,  um  den  Geheimdienst  mit  umfassenden 
Überwachungsbefugnissen auszustatten. (DS 20.4.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (5.11.2019b): Israel – Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-
amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/politisches-portrait/203848, Zugriff 22.4.2020
- AA  –  Auswärtiges  Amt  (5.11.2019c):  Israel  –  Steckbrief, 
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/israel-node/steckbrief/203560, 
Zugriff 22.4.2020
- BPB  –  Bundeszentrale  für  politische  Bildung  (4.3.2020):  Israel:  Netanjahu  gewinnt  Wahl, 
https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/306164/israel-netanjahu-gewinnt-wahl,  Zugriff 
22.4.2020
- DP  –  Die  Presse  (12.12.2019):  Parlament  aufgelöst  –  Israel  wählt  ein  Drittes  Mal, 
https://www.diepresse.com/5737239/parlament-aufgelost-israel-wahlt-ein-drittes-mal,  Zugriff 
22.4.2020
- DS  –  Der  Standard  (20.4.2020):  Israel  bekommt  seine  Corona-Regierung, 
https://www.derstandard.at/story/2000116998058/israel-bekommt-seine-corona-regierung, 
Zugriff 22.4.2020
- DS – Der Standard (9.12.2019): Israels Pareien einigen sich auf dritte Neuwahl innerhalb eines 
Jahres, https://www.derstandard.at/story/2000112042416/parteien-in-israel-einigen-sich-auf-
neuwahlen-am-2-maerz, Zugriff 22.4.2020
- DZ  –  Die  Zeit  (20.4.2020):  Gantz  und  Netanjahu  einigen  sich  auf  große  Koalition, 
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-04/israel-gantz-und-netanjahu-einigen-sich-auf-grosse-
koalition, Zugriff 22.4.2020
- DZ – Die Zeit (3.5.2020):  "Wir sind die Demokratie", https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-
05/israel-demonstrationen-benjamin-netanjahu-demokratie, Zugriff 14.5.2020
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- DZ – Die Zeit (18.2.2020): Prozess gegen Benjamin Netanjahu beginnt im März,
https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-02/israel-benjamin-netanjahu-prozessbeginn-
korruption, Zugriff 22.4.2020
- DZ  –  Die  Zeit  (4.8.2018):  Israelis  demonstrieren  gegen  „Nationalgesetz“, 
https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/tel-aviv-israel-nationalitaetsgesetz-drusen-
netanjahu, Zugriff 8.6.2020
- FH – Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2019 – Israel, https://www.ecoi.net/de/
dokument/2025929.html, Zugriff 22.4.2020
- HSS  –  Hanns  Seidel  Stiftung  (23.10.2018):  Interview  zum  israelischen  Nationalgesetz  – 
Demokratie  unter  Beschluss,  https://www.hss.de/news/detail/demokratie-unter-beschuss-
news3759/, Zugriff 22.4.2020
- IBÖ  –  Israelische  Botschaft  in  Österreich  (o.D.):  Das  politische  System, 
https://embassies.gov.il/vienna/AboutIsrael/Pages/Politisches%20System.aspx,  Zugriff 
22.4.2020
- SZ – Süddeutsche Zeitung (20.5.2020): Palästinenser kündigen alle Abkommen mit Israel und 
USA auf, https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-palaestinenser-westjordanland-
annexionsplaene-1.4913404, Zugriff 28.5.2020
- SZ – Süddeutsche Zeitung (17.5.2020): Politischer Stillstand in Israel beendet,
https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-regierung-benjamin-netanjahu-1.4910388,  Zugriff 
28.5.2020
- TI – Times of Israel (29.6.2020):  A quiet Israeli ex-general emerges as new hero for anti-
Netanyahu  camp,  https://www.timesofisrael.com/a-quiet-israeli-ex-general-emerges-as-new-
hero-for-anti-netanyahu-camp/, Zugriff 1.7.2020
2.3. Der israelisch-palästinensische Konflikt als Faktor der israelischen Politik und 
Sicherheitslage 
Die  Beziehungen  zu  den  Palästinensern  stellen  einen  wichtigen  Faktor  in  der  Außen-  und 
Sicherheitspolitik Israels dar. Die PalästinenserInnen in der Westbank und Ostjerusalem leben seit 
1967 unter israelischer Besatzung. Die von Israel gebauten Siedlungen mit beinahe 500 000 
Menschen  gelten  nach  internationalem  Recht  als  illegal,  was  von  Israel  bestritten wird.  Die 
israelischen  Siedler  in  Gaza  wurden  von  Israel  sowie  auch  seine  Truppen  im  Jahr  2005 
abgezogen. Israel kontrolliert weiterhin den Luftraum und die Küste von Gaza, weshalb der Gaza-
Streifen weiterhin international als besetztes Gebiet betrachtet wird  (BBC Israel Country Profile 
27.4.2020) 
Gewalt zwischen beiden Bevölkerungsgruppen bleibt Realität. Ein Durchbruch zu einer Lösung 
des Konflikts unter der Formel „Zwei Staaten für zwei Völker“ schien in den 1990er Jahren
möglich. Im Jahr 2018 gab es in Israel weiterhin eine Mehrheit, die diese Formel unterstützte.
Gleichzeitig glaubte aber auch eine Mehrheit nicht mehr daran, dass die Palästinenser ein Partner 
im Friedensprozess sein können und sprach sich daher dafür aus, im Interesse der Sicherheit die 
Besatzungssituation aufrechtzuerhalten (Lintl 3.2018).
Mit  scheiternden  Friedensgesprächen  gewannen  militärische  Maßnahmen  die  Oberhand  und 
veränderten die israelische Politik: Das linke „Friedenslager“ entfernt sich immer stärker von der 
Forderung  nach  Endstatusverhandlungen,  während  das  rechte  Lager  einen  palästinensischen 
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