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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
6. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung verbietet Folter und Misshandlung. Es gibt Bestimmungen, dass Folter mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden kann, dem Gesetz mangelt es jedoch an einer umfassenden Definition von Folter (USDOS 24.4.2024). In Folge ist Folter trotz ihres Verbots weit verbreitet und wird von allen Konfliktparteien in Jemen begangen (USDOS 24.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025). So berichten etwa das UN-Expertengremium für den Jemen und Menschenrechtsorganisationen, wie Mwatana, dass Folter und andere Formen der Misshandlung von allen Konfliktparteien angewandt werden und dass Gefangenen beider Seiten von Misshandlung und Folter berichten, darunter körperliche Misshandlung sowie unzureichende Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten (USDOS 24.4.2024). Folter wird auch zur Erzwingen von Geständnissen eingesetzt (USDOS 24.4.2024; vgl. AI 29.4.2025). Berichten zufolge wurden Gefangene der Huthi gefoltert (FH 2025; vgl. USDOS 24.4.2024), verstümmelt und in einigen Fällen sexueller Gewalt ausgesetzt (USDOS 24.4.2024). Auch Todesfälle in Gewahrsam werden aus aus von den Huthi kontrollierten Gefängnissen gemeldet (FH 2025). Quellen: - AI - Amnesty International (29.4.2025): The State of the World's Human Rights; Yemen 2024, https://www.ecoi.net/en/document/2124664.html, Zugriff 12.5.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Yemen, https://freedomhouse.org/country/yemen/freedom-world/2025, Zugriff 29.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 7. Korruption Jemen wurde im 2024 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit 13 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean) und belegt damit Platz 173 von insgesamt 180. Es ist Abstieg um 3 Punkte im Vergleich zum Vorjahr (TI 2024). Korruption ist ein ernstes Problem in fast allen Bereichen und auf allen Ebenen der Regierung, besonders im Sicherheitssektor. Das Gesetz sieht Strafen für amtliche Korruption vor, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv durch. Kleinere Fälle von Korruption kommen häufig und in fast allen Ämtern vor. Regierungsbeamte profitierten regelmäßig von Insidergeschäften, Unterschlagungen und Bestechungsgeldern. Von Bewerbern für eine Stelle wird oft erwartet, dass sie sich ihre Stelle erkaufen. Zahlreiche Regierungsbeamte und öffentliche Bedienstete erhalten Bezahlungen für Tätigkeiten, die sie nicht ausführen (USDOS 23.4.2024). Die korruptionsbedingt zunehmende Funktionsunfähigkeit der staatlichen Institutionen wirkt sich auf das Leben der Bürger aus und untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung. Im Jahr 2023 bezeichnete ein .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 41

Regierungsbericht den zusammenbrechenden Stromsektor, dessen Verwaltung allein im Jahr 2022 2,27 Milliarden US-Dollar kostete, als "Schwarzes Loch, das aufgrund von Korruption öffentliche Gelder verschlingt" (SCSS 4.2.2025). Die Transparenz und Rechenschaftspflicht der Regierung war schon vor Kriegsausbruch im Jahr 2015 begrenzt, und das Netzwerk an Korruption und Vetternwirtschaft in den öffentlichen Institutionen, das unter Saleh aufgebaut wurde, existiert weiterhin. Durch die Störung der regulären Handelsbeziehungen während des bewaffneten Konflikts ist die Bedeutung des Schwarzmarkts angestiegen und es wurden weitere Möglichkeiten für Korruption geschaffen. Unter anderem wird Lebensmittelhilfe oft von Beamten aller Konfliktparteien gestohlen und am Schwarzmarkt weiterverkauft (FH 2025). In dem Bemühen, die wahrgenommene Korruption zu bekämpfen, hat der Präsidiale Führungsrat (PLC) im Juli 2022 das Kabinett umgebildet und den Öl- und den Verteidigungsminister ersetzt. Formelle Mechanismen zur Korruptionsbekämpfung sind jedoch weitgehend wirkungslos (FH 2025). Die oberste nationale Behörde der Regierung zur Korruptionsbekämpfung (Supreme National Authority for Combatting Corruption - SNACC) wird durch einen Mangel an ausreichend qualifiziertem Personal und Ermittlern sowie durch mangelnde Unabhängigkeit in ihrer Arbeit behindert. Der Regierung fehlen angemessene Mechanismen zur Meldung von Korruption und schriftliche Schutzmaßnahmen für „Whistleblowers". Die SNACC hatte im Laufe des Jahres 2023 Schwierigkeiten, ihre Betriebskosten und die Gehälter ihrer Mitarbeiter zu decken. Die Kontrolle der Huthi im Norden schränkt die Möglichkeiten der Regierung ein, Ermittlungen wegen Missbrauch oder Korruption durchzuführen (USDOS 23.4.2024). Für fünf Journalisten, die mutmaßliche Korruption in der Justiz von Ma’rib untersucht hatten, hat die Staatsanwaltschaft in Ma’rib Haftbefehle erlassen (USDOS 23.4.2024) Korruptionsvorwürfe betreffen auch die Huthi, wie etwa die Enthüllung über den Missbrauch von Geldern der Zentralbank in Sana’a aufzeigten (SCSS 4.2.2025). Die Huthi missbrauchen die Überreste der ehemaligen Anti-Korruptionsbehörden, um Dissidenten zu unterdrücken und politische Gegner zu verfolgen. Ein von den Huthi kontrolliertes "Sonderstrafgericht" hat im März 2023 Online-Kritiker an der Wirtschafts- und Steuerpolitik der Huthi wegen fingierten Korruptionsvorwürfen zu mehrjährigen Freiheits- und hohen Geldstrafen verurteilt (USDOS 23.4.2024). Quellen: - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Yemen, https://freedomhouse.org/country/yemen/freedom-world/2025, Zugriff 29.4.2025 - SCSS - The Sana’a Center for Strategic Studies (4.2.2025): A Last Chance to Tackle Corruption, https://sanaacenter.org/the-yemen-review/oct-dec-2024/24096, Zugriff 24.4.2025 - TI - Transparency International (2024): Corruption Perceptions Index 2024, Yemen, https://www.transparency.org/en/cpi/2024/index/yem, Zugriff 24.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 41

8. Wehrdienst und Rekrutierungen Gemäß der jemenitischen Verfassung regelt das Gesetz die Bedingungen für den Wehrdienst, die Beförderung und die Disziplinarverfahren in den Streit-, Polizei- und Sicherheitskräften (Artikel 36). Der Verfassung zufolge ist die Verteidigung der Religion und des Vaterlandes eine heilige Pflicht, der Militärdienst eine Ehre. Der Nationaldienst ist gesetzlich zu organisieren (Artikel 60) (JEME 1991). Die Wehrpflicht wurde 2001 abgeschafft. Das Mindestalter für einen freiwilligen, zweijährigen Wehrdienst beträgt 18 Jahre (Anmerkung: seit Beginn des Bürgerkriegs 2014 sind die Informationen limitiert) (CIA 24.4.2025). Desertion kann laut Artikel 222 des jemenitischen Strafgesetzbuches von 1994 in Friedenszeiten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren und in Kriegszeiten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden. Gemäß Artikel 227 dieses Gesetzes kann die Todesstrafe gegen Militärangehörige verhängt werden, die sich in Sichtweite des Feindes weigern, die Waffen zu erheben, desertieren, ihren Posten verlassen oder sich dem Feind ergeben (MBZ 8.2022; vgl. MBZ 9.2023). Das französische Amt für den Schutz von Flüchtlingen und Staatenlosen (OFPRA) schrieb in einem älteren Bericht vom Februar 2021, dass es nicht feststellen konnte, ob Deserteure tatsächlich von den jemenitischen Behörden verfolgt wurden. Nach Angaben verschiedener weiterer Quellen, verfolgte die jemenitische Regierung im Berichtszeitraum (2021) keine aktive Politik zur Fahndung und Verfolgung von Deserteuren (MBZ 8.2022; vgl. MBZ 9.2023). (Informationen zur Rekrutierung von Kindersoldaten finden sich im Kapitel "Kinder".) Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (24.4.2025): World Factbook, Middle East, Yemen, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/yemen, Zugriff 24.4.2025 - JEME - Die jemenitische Verfassung [Jemen] (1991): Yemen's Constitution of 1991 with Amendments through 2015, zitiert in: Comparative Constitutions Project am 28.11.2022, https://www.constituteproject.org/constitution/Yemen_2015.pdf?lang=en, Zugriff 24.4.2025 - MBZ - Ministerie van Buitenlandse Zaken [Niederlande]/ Netherlands Ministry of Foreign Affairs (9.2023): General Country of Origin Information Report on Yemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2103514/AB_Jemen_September%202023.pdf, Zugriff 24.4.2025 - MBZ - Ministerie van Buitenlandse Zaken [Niederlande]/ Netherlands Ministry of Foreign Affairs (8.2022): Algemeen ambtsbericht Jemen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2078140/Algemeen ambtsbericht Jemen augustus 2022.pdf, Zugriff 24.4.2025 9. Allgemeine Menschenrechtslage Es gibt glaubwürdige Berichte über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im Jemen. Diese umfassen beispielsweise willkürliche Festnahmen oder Inhaftierungen, Verschleppungen und Verschwindenlassen, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, willkürlich und rechtswidrige und außergerichtliche .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 41

Tötungen, Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz, rechtswidrige oder weit verbreitete konfliktbedingte Gewalt gegen Zivilisten, Rekrutierung oder Einsatz von Kindern, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Medienfreiheit, Versammlungsfreiheit und der Vereinigungsfreiheit, der Religionsfreiheit, der Bewegungsfreiheit, geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich Kinder-, Früh- und Zwangsehen sowie weiblicher Genitalverstümmelung, Bestrafung von sexuellen Minderheiten sowie schwere Formen von Kinderarbeit (USDOS 23.4.2024). Trotz eines Rückgangs der bewaffneten Konflikte und grenzüberschreitenden Angriffe im Vergleich zu den Vorjahren begingen alle Parteien des langjährigen Konflikts im Jemen weiterhin ungestraft rechtswidrige Angriffe und Tötungen (AI 24.4.2024). Neben den Huthi haben auch andere nichtstaatliche Akteure, wie Stammesmilizen, militante abtrünnige Elemente, Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel und ein lokaler Ableger des Islamischen Staates (IS), ungestraft erhebliche Menschenrechtsverletzungen begangen (USDOS 23.4.2024). Die Meinungs- und Pressefreiheit ist durch die Verfassung eingeschränkt. Gesetzliche Bestimmungen bilden den Rahmen, in dem Medienvertreter agieren dürfen. Es besteht beispielsweise ein Verbot der Kritik am Staatsoberhaupt. Selbst diese eingeschränkten Rechte wurden von regierungsnahen Akteuren nicht respektiert. Auch die Huthi schränken die Meinungsfreiheit in den von ihnen kontrollierten Gebieten durch Gewalt und Einschüchterung erheblich ein (USDOS 23.4.2024). Personen, die die Politik der Huthi kritisiert haben, wurden etwa unter falschen Vorwänden, wie "unmoralische Handlungen” festgenommen (HRW 27.3.2024). Generell haben die Konfliktparteien weiterhin Personen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, Religions- und Glaubensfreiheit friedlich ausgeübt haben, schikaniert, bedroht, willkürlich festgenommen, gewaltsam verschwinden lassen und strafrechtlich verfolgt (AI 24.4.2024). In den letzten Jahren kam es zu Demonstrationen sowohl gegen die international anerkannte Regierung als auch gegen die Huthi-Behörden, die in einigen Fällen zu Verhaftungen und mutmaßlichen Folterungen von Inhaftierten führten (FH 2025). Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts und einer Behinderung ist nach wie vor ein ernstes Problem in Beschäftigung und Beruf (USDOS 23.4.2024). Personen, von denen bekannt ist oder vermutet wird, dass sie LGBTQI+ sind, werden diskriminiert (USDOS 23.4.2024). Ihnen droht sogar die Todesstrafe. Im Jänner 2024 wurden 32 Männer von Huthi-Gerichten aufgrund von Sodomievorwürfen zum Tode verurteilt (HRW 27.3.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Einigen ethnischen Gruppen wie der Muhamasheen-Gemeinschaft, die ost-afrikanischen Ursprungs ist, und den Muwaladun (Bürger ausländischer Herkunft) begegnen soziale und institutionelle Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und sozialen Status (USDOS 23.4.2024; vgl. SCSS 18.7.2022). Willkürliche Inhaftierungen sind weit verbreitet (FH 2025). Alle Konfliktparteien, darunter die Huthi, die jemenitische Regierung und die von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 41

unterstützten Kräfte wie der Südliche Übergangsrat (STC) und die Vereinigten Streitkräfte, haben im ganzen Jemen willkürlich Personen festgenommen, verschwinden lassen, gefoltert und misshandelt (HRW 16.1.2025). In den letzten Jahren wurden Hunderte von Fällen dokumentiert, in denen Jemeniten in offiziellen und inoffiziellen Haftanstalten festgehalten wurden (HRW 16.1.2025; vgl. FH 2025). Viele dieser Inhaftierungen kommen dem Verschwindenlassen gleich (FH 2025). Auch Journalisten und Menschenrechtsaktivisten befinden sich unter den Opfern dieser willkürlichen Übergriffe (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Humanitäre Hilfe wird von allen Konfliktparteien eingeschränkt (AI 24.4.2024). Im Jahr 2024 haben die de facto-Behörden der Huthi mehr als 50 Mitglieder von UN-Einrichtungen, internationalen und nationalen Nichtregierungsorganisationen, der Zivilgesellschaft und anderen Organisationen festgenommen, die humanitäre Aktivitäten unterstützten, und behinderten somit Hilfsleistungen an bedürftige Menschen (OCHA 12.2024). Die jemenitische Regierung hat keine glaubwürdigen Maßnahmen ergriffen, um Beamte, die möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu identifizieren und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Generell haben es die Konfliktparteien verabsäumt, den Opfern von Verbrechen gegen das Völkerrecht und Menschenrechtsverletzungen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen (AI 24.4.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Yemen, https://freedomhouse.org/country/yemen/freedom-world/2025, Zugriff 29.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - HRW - Human rights Watch (27.3.2024): Yemen: Houthis Sentence Men to Death, Flogging, https://www.hrw.org/news/2024/03/27/yemen-houthis-sentence-men-death-flogging, Zugriff 24.4.2025 - OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2024): Global Humanitarian Overview 2025, https://www.unocha.org/attachments/5546d7d3-654f-4962-91be- 0e0b8708dda6/Global%20Humanitarian%20Overview%202025.pdf, Zugriff 5.5.2025 - SCSS - The Sana’a Center for Strategic Studies (18.7.2022): Muwalladeen in Yemen: Racialization, Stigmatization and Discrimination in Times of War, https://sanaacenter.org/publications/main-publications/18105, Zugriff 24.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 10. Haftbedingungen Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten, die von der Regierung, dem Südlichen Übergangsrat (STC), den Huthi und ländlichen Stämmen in den von ihnen kontrollierten Gebieten betrieben werden, sind hart und lebensbedrohlich. Beobachter berichten von Überbelegung, schlechter Belüftung, von hohen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit sowie mangelndem Zugang zu .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 41

Tageslicht, sanitären Einrichtungen, medizinischer Versorgung, Wasser und ausreichender Verpflegung (USDOS 23.4.2024). Im Allgemeinen herrschen im Strafvollzugssystem schwierige Bedingungen, wobei Sicherheits- und Gesundheitsprobleme am gravierendsten sind. Es gibt Berichte über Folter, sexuelle Ausbeutung, Einzelhaft und Verstöße gegen ein ordnungsgemäßes Verfahren in von den Huthi betriebenen Gefängnissen (GOCI 2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Die Nationale Kommission zur Untersuchung mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen (2012 per Präsidialdekret Nr. 140 etabliert) führte Feldbesuche in Gefängnissen in den Gouvernements Ta'iz, Hudaydah, Aden, Dhalea und Ma’rib durch, wobei sie über zahlreiche Fälle unzureichender Lebensmittelversorgung und mangelhafter Gesundheitsversorgung berichtete, die von den Gefängnisverwaltungen mit Überbelegung aufgrund von Rückständen bei den Gerichten begründet wurden (USDOS 23.4.2024). Die Vereinigung der Mütter der Entführten berichtet auch über schlechte Bedingungen im von den Huthi betriebenen "Sicherheits- und Geheimdienstgefängnis" in Sana'a (USDOS 23.4.2024). 2023 urteilte der UN-Sicherheitsrat, auf der Grundlage gesammelter Beweise, darunter medizinische Berichte, dass von den Huthi festgehaltene Gefangene systematischer psychischer und physischer Folter ausgesetzt werden, darunter die Verweigerung medizinischer Hilfe zur Behandlung der durch die Folter verursachten Verletzungen, was bei einigen Gefangenen zu dauerhaften Behinderungen und zum Tod geführt hat (UNSC 2.11.2023; vgl. HRW 14.11.2024). Quellen: - GOCI - Global Organized Crime Index (2024): Profile Yemen, https://ocindex.net/2023/country/yemen, Zugriff 24.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (14.11.2024): Article on deaths and violation of trial rights in Houthi detention, https://www.ecoi.net/en/document/2118181.html, Zugriff 24.4.2025 - UNSC - United Nations Security Council (2.11.2023): Letter dated 2 November 2023 from the Panel of Experts on Yemen addressed to the President of the Security Council, https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3- CF6E4FF96FF9%7D/S_2023_833.pdf, Zugriff 24.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2107612.html, Zugriff 24.4.2025 11. Todesstrafe Das jemenitische Recht sieht für eine Vielzahl von Straftaten die Todesstrafe vor, darunter "Verletzung der Unabhängigkeit, Einheit oder territorialen Integrität der Republik", "Handlungen mit dem Ziel, die Streitkräfte zu schwächen", Mord, Drogenhandel, Ehebruch, Abkehr vom Islam oder dessen Verleumdung, die Förderung der Prostitution (AHR 1.5.2024; vgl. NLB 12.10.1994) sowie einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen (AHR 1.5.2024; vgl. NLB 12.10.1994, FH 2025, HRW 16.1.2025). Laut Artikel 123 der jemenitischen Verfassung darf ein Todesurteil nur dann vollstreckt werden, wenn es vom Präsidenten der Republik bestätigt wird (JEME 1991). Die Hinrichtung von Personen, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 41

die zum Tatzeitpunkt noch nicht Volljährig waren, ist verboten, jedoch ist die Altersfeststellung aufgrund einer fehlenden allgemeinen Geburtenregistrierung schwierig. 2021 wurde mindestens eine Person hingerichtet, die zum Zeitpunkt der Tat noch nicht volljährig war (AHR 1.5.2024; vgl. HRW 27.3.2024, NLB 12.10.1994). Im Jahr 2023 wurden über 15 Personen im Jemen hingerichtet und mehr als 81 Todesurteile ausgesprochen (DPIC 2024). Huthi-Gerichte haben seit der Eroberung der jemenitischen Hauptstadt Sana'a im Jahr 2014 bis 2022 etwa 350 Menschen zum Tode verurteilt und elf von ihnen hingerichtet (EMHRM 18.12.2022; vgl. HRW 27.3.2024). Neun davon wurden am 18.9.2021 auf dem Tahrir-Platz in Sana'a hingerichtet, darunter ein 17Jahre alter Minderjähriger (HRW 27.3.2024). Im Jänner 2024 verurteilte ein Huthi-Gericht in einem Massenprozess 32 Männer zum Tode, aufgrund von Sodomievorwürfen. Neun wurden zum Tod durch Enthauptung verurteilt, andere zum Tod durch Kreuzigung und Steinigung (HRW 27.3.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Am 5.12.2023 wurde die Menschenrechtsverteidigerin Fatma al-Arwali wegen Spionage, einem Kapitalverbrechen, durch das Huthi-Sonderstrafgericht (SCC) zum Tode verurteilt (AI 24.4.2024). Quellen: - AHR - The Advocates for Human Rights (1.5.2024): Yemen Death Penalty, https://www.theadvocatesforhumanrights.org/Res/Yemen%20UPR%20Information%20Death %20Penalty.pdf, Zugriff 24.4.2025 - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - DPIC - Death Penalty Information Center (2024): Executions Around the World, https://deathpenaltyinfo.org/policy-issues/policy/international/executions-around-the-world, Zugriff 24.4.2025 - EMHRM - Euro-Med Human Rights Monitor (18.12.2022): Death penalty for 16 Yemenis reflects high cost of Houthi impunity, https://euromedmonitor.org/en/article/5480/Death-penalty- for-16-Yemenis-reflects-high-cost-of-Houthi-impunity, Zugriff 24.4.2025 - FH - Freedom House (2025): Freedom in the World 2025 – Yemen, https://freedomhouse.org/country/yemen/freedom-world/2025, Zugriff 29.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2120133.html, Zugriff 24.4.2025 - HRW - Human rights Watch (27.3.2024): Yemen: Houthis Sentence Men to Death, Flogging, https://www.hrw.org/news/2024/03/27/yemen-houthis-sentence-men-death-flogging, Zugriff 24.4.2025 - JEME - Die jemenitische Verfassung [Jemen] (1991): Yemen's Constitution of 1991 with Amendments through 2015, zitiert in: Comparative Constitutions Project am 28.11.2022, https://www.constituteproject.org/constitution/Yemen_2015.pdf ? , Zugriff 24.4.2025 - NLB - National Legislative Bodies [Jemen] (12.10.1994): Yemen, Republican Decree for Law No 12 for the Year 1994 Concerning Crimes and Penalties, zitiert in: Refworld, https://www.refworld.org/docid/3fec62f17.html, Zugriff 24.4.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 41

12. Religionsfreiheit Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und die Scharia zur Quelle aller Gesetze. Sie sieht Gedanken- und Meinungsfreiheit "innerhalb der Grenzen des Gesetzes" vor, lässt aber die Erwähnung der Religionsfreiheit aus (USDOS 26.6.2024). Das Gesetz verbietet die Herabwürdigung des Islams, die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion und Missionierungsversuche, die auf Muslime gerichtet sind. Apostasie, wozu einerseits Konversion aber auch die "vorsätzliche" und "beharrliche" Verleumdung des Islam gezählt werden, ist ein Kapitalverbrechen. Blasphemie wird mit Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet. Das Gesetz gewährt Personen, die wegen Apostasie angeklagt sind, drei Gelegenheiten und 30 Tage Zeit, um zu bereuen. Tun sie das, wird ihnen die Todesstrafe erlassen. Konvertiten riskieren wegen der "Entehrung" der Familie auch Todesdrohungen und Verbannung aus dem Stamm (USDOS 26.6.2024). Beruhend auf einer Schätzung von 2020, offizielle Zahlen existieren nicht, wird davon ausgegangen, dass 99,1 % der Bevölkerung des Jemen Muslime sind, ca. 65 % davon schafiitische Sunniten und 35 % Schiiten (Zaiditen). Die restlichen 0,9 % beinhalten Juden, Baha’i, Hindus und Christen, von denen viele Flüchtlinge sind oder nur eine temporäre Aufenthaltsgenehmigung haben (CIA 24.4.2025; vgl. USDOS 26.6.2024). Eine Schätzung von 2022 geht davon aus, dass rund 55 % der Muslime schafiitische Sunniten und 45 Prozent zaiditische Schiiten sind. Es gibt auch eine bedeutende Anzahl sunnitischer Anhänger der malikitischen und hanbalitischen Rechtsschulen sowie Anhänger der ismailitischen und zwölferischen Zweige des schiitischen Islam ( USDOS 26.6.2024). Alle Konfliktparteien setzten die Verfolgung, Bedrohung, willkürliche Inhaftierung, das Verschwindenlassen und die strafrechtliche Verfolgung von Personen fort, die ihr Recht auf freie Religions- und Weltanschauungsfreiheit friedlich ausübten (AI 24.4.2024). Es gibt keine verlässlichen Schätzungen zur Anzahl der Personen indischer Herkunft oder derjenigen, die den Hinduismus, Sikhismus oder die Dawoodi-Bohra-Variante des ismailitischen Schiismus praktizieren und im Land leben. Vor dem Konflikt betrug die hinduistische Bevölkerung etwa 150.000 (Schätzung von 2010) und konzentrierte sich auf Aden, Mukalla, Shihr, Lahaj, Mokha und Hudaydah. Viele Mitglieder der indischstämmigen Gemeinschaft leben seit Generationen im Land und besitzen die jemenitische Staatsbürgerschaft. Einer Quelle zufolge beläuft sich die Zahl der indischen Staatsangehörigen im Jemen auf 3.000 bis 5.000 (USDOS 26.6.2024). Es ist unklar wieviele Christen im Jemen leben. Die Schätzungen reichen von wenigen Tausenden bis zu etwa 16.500. Die meisten von ihnen seien Konvertiten vom Islam, die ihren Glauben heimlich praktizieren müssen. Zu den christlichen Gruppen gehören Katholiken, äthiopisch- orthodoxe Christen, russisch-orthodoxe Christen, Anglikaner und Protestanten (USDOS 26.6.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 41

Es wird geschätzt, dass zwischen 1.600 und 2.000Baha’iim Jemen leben (USDOS 26.6.2024). Die de facto-Behörden der Huthi ließen Angehörige der religiösen Minderheit der Bahá'í gewaltsam verschwinden, weil sie ihr Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit ausübten (AI 24.4.2024; vgl. HRW 30.5.2023) und ins Exil gezwungen (HRW 30.5.2023). Im Mai 2023 haben Huthi 17 Baha’i in Sana'a festgenommen und verschwinden lassen (HRW 30.5.2023; vgl. USDOS 26.6.2024). Einer der Festgenommen wurde im Juni schwer krank und in lebensbedrohlichen Zustand wieder freigelassen. Der von den Huthi eingesetzte Mufti von Sana'a rief in einer Predigt zu Hass gegen Baha’a und andere religiösen Gruppen auf und forderte den Tod von jedem, der vom Islam weg konvertiert sei (USDOS 26.6.2024). Juden dürfen weder beim Militär noch in der nationalen Regierung dienen. Regierungs- und Nichtregierungsbehörden verbieten ihnen das Tragen des zeremoniellen Nationaldolches. Es wird davon ausgegangen, dass Levi Salem Musa Marhabi, der seit 2016 in einem von den Huthi kontrollierten Gefängnis festgehalten wird, der letzte verbliebene Jude im Jemen sei, nachdem die Huthi Anfang 2021 13 Personen aus drei jüdischen Familien ausgewiesen hatten. Die Huthi- Bewegung verwendet regelmäßig anti-israelische und antisemitische Parolen. In Sommerlagern der Huthi wurden Kinder angewiesen Parolen zu rufen, die den Staat Israel und Juden verdammen (USDOS 26.6.2024). Öffentliche Schulenmüssen Islam-Unterricht anbieten, dürfen aber keinen Unterricht zu anderen Religionen abhalten. Das Gesetz besagt, dass der Grundschulunterricht Kenntnisse über islamische Rituale und die Geschichte und Kultur des Landes im Kontext der islamischen Zivilisation umfassen muss. Das Gesetz legt auch fest, dass die Kenntnis des islamischen Glaubens ein Ziel der Sekundarschulbildung ist. Öffentliche Schulen sind verpflichtet, sunnitische und schiitische Schüler nach demselben Lehrplan zu unterrichten. In Schulen in den von den Huthi kontrollierten Gebieten werden ausschließlich die Grundsätze des schiitischen Zaidismus gelehrt und der Lehrplan an die Ideologie der Huthi angepasst (USDOS 26.6.2024). Quellen: - AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Yemen 2023, https://www.ecoi.net/en/document/2107912.html, Zugriff 24.4.2025 - CIA - Central Intelligence Agency [USA] (24.4.2025): World Factbook, Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/yemen, Zugriff 24.4.2025 - HRW - Human Rights Watch (30.5.2023): Yemen: Houthis Forcibly Disappear Baha’is, https://www.ecoi.net/en/document/2092633.html, Zugriff 28.4.2025 - USDOS - US Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2111986.html, Zugriff 28.4.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 41

13. Relevante Bevölkerungsgruppen 13.1. Frauen Frauen sind in vielen Lebensbereichen Diskriminierung sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Praxis ausgesetzt (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2025). Es existiert für sie eine rechtliche Schlechterstellung in Bezug auf Erbschaft, Scheidung oder Sorgerecht für Kinder und sie genießen kaum rechtlichen Schutz. Vor Gericht zählt die Stimme einer Frau nur halb so viel wie die eines Mannes (FH 2025; vgl. USDOS 23.4.2024, MBZ 9.2023). Auch in Bereichen wie Beschäftigung, Kreditvergabe, Entlohnung, Besitz oder Führung von Unternehmen, Bildung und Wohnen werden sie diskriminiert. Hinsichtlich des Scheidungsrechts kann sich ein Ehemann ohne eine Begründung vor Gericht von seiner Frau scheiden lassen, eine Frau hingegen muss Gründe dafür vorbringen (USDOS 23.4.2024). Gewalt gegen Frauen ist weiterhin ein Problem. Das Gesetz stellt Vergewaltigung unter Strafe, nicht aber die Vergewaltigung in der Ehe. Frauen, die der ethnischen Gruppe Muhamasheen angehören, sind besonders anfällig für Vergewaltigungen und andere Misshandlungen, da Angreifer in der Regel straffrei ausgehen (USDOS 23.4.2024). Ein Frauenmord ist ein mit dem Tod zu bestrafendes Vergehen (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht jedoch Nachsicht für Personen vor, die sich eines "Ehrenmordes" schuldig gemacht haben (USDOS 23.4.2024; vgl. MBZ 9.2023) oder die eine Frau wegen eines als "unanständig" oder "aufsässig" empfundenen Verhaltens gewaltsam angegriffen oder getötet haben. Andere Formen des geschlechtsspezifischen Missbrauchs wie Zwangsisolierung, Inhaftierung sowie Früh- und Zwangsverheiratung sind nicht Gegenstand des Gesetzes (USDOS 23.4.2024). Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) ist zwar nicht verboten, aber eine ministeriale Richtlinie untersagt die Praxis in staatlichen medizinischen Einrichtungen (USDOS 23.4.2024). FGM ist im Jemen eine Folge kultureller und religiöser Überzeugungen und Geschlechternormen, die innerhalb der Familie oder der Gemeinschaft weitergegeben werden (UNICEF 7.2.2023). Anhand einer Erhebung von 2013 (jüngste Daten) wurden etwa 19 % der Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 einer FGM unterzogen, wobei die Raten in den Gouvernements al-Mahrah und Hadramawt (80 bzw 85 %) besonders hoch waren. Bei jungen Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren war FGM weniger verbreitet als bei Frauen im Alter von 45 bis 49 Jahren (USDOS 23.4.2024). FGM wird vor allem an Säuglingen praktiziert (83,8 % der Frauen, die FGM unterzogen wurden, werden in der ersten Woche nach der Geburt beschnitten, weitere 10,5 % vor Vollendung des ersten Lebensjahres) (UNICEF 7.2.2023). Im Mai 2024 beschlagnahmten Einheiten des Südlichen Übergangsrats (STC) die Büros und die Unterkunft der Jemenitischen Frauenunion in Aden, einer der wenigen sicheren Zufluchtsorte für Frauen, die vor häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt fliehen (HRW 16.1.2025) .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 41
