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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Die Gerichte bestehen aus ständigen Richtern, deren Unabhängigkeit durch die Verfassung und das Gesetz geschützt ist. Die Befugnisse eines Richters können nur aus den im Gesetz festgelegten Gründen beendet oder ausgesetzt werden. Ein Richter kann nur mit Zustimmung des Präsidenten auf der Grundlage einer Stellungnahme des Obersten Justizrates verhaftet, vor Gericht gestellt, mit Verwaltungsmaßnahmen belegt oder strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (Verf KASA 30.8.1995, Art. 79). An der Spitze der Gerichtshierarchie steht das Oberste Gericht, das als höchste Instanz für Zivil-, Straf- und andere Fälle fungiert. Er beaufsichtigt die Tätigkeit der unteren Gerichte und gibt Erläuterungen zur Rechtsprechung (Verf KASA 30.8.1995, Art. 81). Der Vorsitzende und die Richter des Obersten Gerichts werden vom Senat auf Vorschlag des Präsidenten und auf Empfehlung des Hohen Justizrats gewählt (Verf KASA 30.8.1995, Art. 82). Die Staatsanwaltschaft in der Republik Kasachstan überwacht im Namen des Staates die Einhaltung der Gesetze, vertritt die Interessen des Staates vor Gericht und führt Strafverfolgungen durch. Sie bildet ein zentralisiertes System, in dem niedrigere Staatsanwälte den höheren und dem Generalstaatsanwalt unterstellt sind. Die Staatsanwaltschaft agiert unabhängig von anderen staatlichen Organen und ist nur dem Präsidenten der Republik rechenschaftspflichtig. Der Generalstaatsanwalt genießt während seiner fünfjährigen Amtszeit besondere rechtliche Immunität, die nur unter bestimmten Umständen aufgehoben werden kann. Die genauen Kompetenzen, die Organisation und die Verfahrensweise der Staatsanwaltschaft werden durch ein Verfassungsgesetz geregelt (Verf KASA 30.8.1995, Art. 83). Nicht zuletzt trägt der Menschenrechtsbeauftragte in der Republik Kasachstan zur Wiederherstellung verletzter Rechte und Freiheiten eines Menschen und Bürgers bei, er fördert die Rechte und Freiheiten eines Menschen und Bürgers. Bei der Ausübung seiner Befugnisse ist der Menschenrechtsbeauftragte unabhängig und nicht rechenschaftspflichtig gegenüber staatlichen Organen und Amtsträgern. Während seiner Amtszeit genießt er Immunität vor Verhaftung, Vorführung vor Gericht, administrativen Strafen und strafrechtlicher Verfolgung ohne Zustimmung des Senats, außer bei Festnahme am Tatort oder bei schweren Verbrechen. Die rechtliche Stellung und Organisation der Tätigkeit des Menschenrechtsbeauftragten werden durch ein Verfassungsgesetz bestimmt (Verf KASA 30.8.1995, Art. 83-1). Freedom House nach ist die Justiz in Kasachstan faktisch der Exekutive unterstellt, da der Präsident die Richter auf Empfehlung des Obersten Justizrats, der seinerseits vom Präsidenten ernannt wird, nominiert oder direkt ernennt. Die Richter unterliegen der politischen Einflussnahme (FH 2024; vgl. C24 29.7.2024, BS 19.3.2024). Laut dem US-amerikanischen Außenministerium sieht das Gesetz keine unabhängige Justiz vor, welche in der Praxis sowohl von der Exekutive als auch von Justizzweigen eingeschränkt wird (USDOS 23.4.2024). Die Justiz gilt nach Angaben von Crisis24 als korrupt (C24 29.7.2024; vgl. FH 2024, BS 19.3.2024). Obwohl Richter zu den bestbezahlten Regierungsangestellten gehören, geben .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 28

Menschenrechtsbeobachter an, dass Richter, Staatsanwälte und andere Beamte Bestechungsgelder als Gegenleistung für günstige Urteile in Straf- und Zivilprozessen verlangen (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires Verfahren vor (USDOS 23.4.2024). Gemäß der Verfassung gilt eine Person so lange als unschuldig, bis ihre Schuld durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil festgestellt wird (Verf KASA 30.8.1995, Art. 77). Gerichtsverfahren sind in der Regel öffentlich, außer in Fällen, in denen Staatsgeheimnisse gefährdet werden könnten, oder wenn dies zum Schutz des Privatlebens oder persönlicher Familienangelegenheiten eines Bürgers erforderlich ist. Jedoch ist das Fehlen eines ordnungsgemäßen Verfahrens weiterhin ein Problem, insbesondere bei Fällen, die aus Bürgerprotesten resultieren (USDOS 23.4.2024). Die strafrechtliche Verfolgung von Teilnehmern an den Ereignissen vom Januar 2022 werden von Kritikern als politisch motiviert (FH 2024) und einseitig angesehen (HRW 11.1.2024). Beobachtern zufolge dominieren die Staatsanwälte die Prozesse, während die Verteidiger eine untergeordnete Rolle spielen. Verteidiger in Menschenrechtsfällen berichten, dass sie von den Behörden schikaniert werden. Die Anwälte beklagen sich auch manchmal darüber, dass sie und die Angeklagten nicht immer ausreichend Zeit oder Möglichkeiten haben, sich vorzubereiten (USDOS 23.4.2024). Freisprüche sind mit einer Quote von etwa 2 Prozent sehr selten (BS 19.3.2024). Schließlich berichten nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen über zahlreiche Probleme im Justizsystem, darunter der fehlende Zugang zu Gerichtsverfahren, der fehlende Zugang zu Beweisen, die sich im Besitz der Regierung befinden, häufige Verfahrensverstöße, ungerechtfertigte Ablehnung von Anträgen der Verteidiger und das Versäumnis der Richter, Behauptungen nachzugehen (USDOS 23.4.2024), wonach die Behörden Geständnisse durch Folter oder Zwang erzwungen haben (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 19.3.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105892/country_report_2024_KAZ.pdf, Zugriff 12.8.2024 - C24 – Crisis24 (29.7.2024): Kazakhstan Country Report, Political, https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/kazakhstan, Zugriff 12.8.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105042.html, Zugriff 12.8.2024 - GOJ KASA – Gesetz über den Obersten Justizrat [Kasachstan] (4.12.2015): On the Supreme Judicial Council of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/Z1500000436, Zugriff 12.8.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103174.html, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107744.html, Zugriff 12.8.2024 - Verf KASA – Verfassung Kasachstans [Kasachstan] (30.8.1995): Constitution of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/ K950001000 _, Zugriff 12.8.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 28

5. Sicherheitsbehörden Zu den kasachischen Sicherheitskräften gehören: die Streitkräfte; die Behörden für innere Angelegenheiten wie der Antikorruptionsdienst, der staatliche Feuerwehrdienst, der Wirtschaftsermittlungsdienst und die Rettungsdienste; Sonderorgane, die nachrichtendienstliche und spionageabwehrende Tätigkeiten ausüben; und nicht zuletzt ein Komplex rechtlicher und organisatorischer Maßnahmen, die auf die Sicherheit von geschützten Personen und Objekten gerichtet sind (GNS KASA 6.1.2012, Art. 9). Die Streitkräfte der Republik bestehen aus den Land-, See- sowie Luft- und Luftverteidigungsstreitkräften. Die Hauptverantwortung des Militärs liegt in der territorialen Verteidigung. Die Landstreitkräfte sind in Kampfbrigaden für Luftangriffe und mechanisierte Infanterie, Panzer, Artillerie und Boden-Boden-Raketen organisiert. Die Seestreitkräfte umfassen eine Marine-Infanteriebrigade und Patrouillenboote für Operationen auf dem Kaspischen Meer. Die Luftverteidigungskräfte verfügen über 100 Kampfflugzeuge, die größtenteils sowjetischen Ursprungs sind. Das Inventar des kasachischen Militärs besteht größtenteils aus älterer russischer und sowjetischer Ausrüstung, und Russland ist weiterhin der führende Waffenlieferant (CIA 13.6.2024). Die kasachischen Streitkräfte umfassen nach Schätzungen von 2023 etwa 40.000 aktive Soldaten, davon 25.000 in den Landstreitkräften, 3.000 in den Seestreitkräften und 12.000 in den Luft- und Luftverteidigungsstreitkräften, sowie zusätzlich rund 30.000 Angehörige der Nationalgarde (CIA 13.6.2024). Das Innenministerium beaufsichtigt die Nationalpolizei und die Nationalgarde. Das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) verwaltet den Grenzschutzdienst. Die Nationalpolizei, Nationalgarde, das Komitee für nationale Sicherheit und der Grenzschutz tragen die Hauptverantwortung für die innere Sicherheit, wobei das Militär bei Bedarf Unterstützung leisten kann. Die Nationalgarde untersteht als gendarmerieartige Einheit sowohl dem Innen- als auch dem Verteidigungsministerium, wobei sie für Verbrechensbekämpfung, öffentliche Ordnung, Sicherheit, Anti-Terror-Einsätze, Gefängnisbewachung, Aufstandsbekämpfung und territoriale Verteidigung im Kriegsfall zuständig ist (CIA 13.6.2024). Nach den Unruhen im Januar 2022 leitete Präsident Tokajew umgehend eine grundlegende Reform des Sicherheitsapparats ein, welche aber seit langem aussteht (BS 19.3.2024; vgl. CH 29.2.2024). Das Militär beteiligt sich auch an humanitären und friedenserhaltenden Einsätzen. Im Jahr 2008 eröffnete Kasachstan das erste zentralasiatische Ausbildungszentrum für Friedenstruppen, das sich an Militärs aus Kasachstan, der NATO und anderen Partnern richtet (CIA 13.6.2024). Kasachstan ist seit 1994 Mitglied der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) und hat Truppen für die schnelle Eingreiftruppe der OVKS abgestellt; das Land unterhält auch Beziehungen zur NATO, die sich auf demokratische, institutionelle und verteidigungspolitische .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 28

Reformen konzentrieren; die Beziehungen zur NATO wurden 1992 aufgenommen, und Kasachstan trat 1995 dem NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“ bei (CIA 13.6.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105892/country_report_2024_KAZ.pdf, Zugriff 12.8.2024 - CH – Chatham House (29.2.2024): Russia’s influence in Kazakhstan is increasing despite the war in Ukraine, https://www.chathamhouse.org/2024/02/russias-influence-kazakhstan-increasing- despite-war-ukraine, Zugriff 12.8.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (13.6.2024): The World Factbook: Kazakhastan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/kazakhstan/#introduction, Zugriff 12.8.2024 - GNS KASA – Gesetz über die nationale Sicherheit [Kasachstan] (6.1.2012): On national security of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/Z1200000527, Zugriff 12.8.2024 6. Folter und unmenschliche Behandlung Das Strafgesetzbuch Kasachstans unterschiedet Folter von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (CAT 8.6.2023; vgl. StGB KASA 3.7.2014, Art. 146). Folter wird als die vorsätzliche Zufügung körperlicher und/oder psychischer Leiden zwecks Erlangens von Informationen, Bestrafung oder Einschüchterung oder basierend auf Diskriminierung definiert, während eine grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung als die vorsätzliche Zufügung körperlichen und/oder psychischen Leidens ohne Anzeichen von Folter beschrieben wird. Für beides sind Geldstrafen, Arbeit im Strafvollzug, gemeinnützige Arbeit oder Freiheitsstrafe u.a., und im Falle einer schweren Gesundheitsschädigung oder des Todes des Opfers, eine Freiheitsstrafe von sieben bis zwölf Jahren u.a. vorgesehen (StGB 3.7.2014, Art. 146). Human Rights Watch nach besteht ein gravierender Mangel an Rechenschaftspflicht für Folter und Misshandlung (HRW 11.1.2024). Dem UN-Ausschuss gegen Folter liegen zahlreiche übereinstimmende Berichte über verschiedene Formen von Folter und Misshandlung vor, darunter übermäßige Gewaltanwendung mit Tod und Verletzung als Folge, Schläge, Elektroschocks und sexuelle Gewalt in der Haft, sowie Einschüchterungen, Bedrohungen und willkürliche Festnahmen von Menschenrechtsverteidigern im Zusammenhang mit ihrer Menschenrechtsarbeit (HRW 11.1.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, BS 19.3.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105892/country_report_2024_KAZ.pdf, Zugriff 12.8.2024 - CAT – UN Committee Against Torture (8.6.2023): Concluding observations on the fourth periodic report of Kazakhstan [CAT/C/KAZ/CO/4], https://www.ecoi.net/en/file/local/2093853/G2310421.pdf, Zugriff 12.8.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103174.html, Zugriff 12.8.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 28

- StGB KASA – Strafgesetzbuch Kasachstans [Kasachstan] (3.7.2014): Penal Code of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/K1400000226, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107744.html, Zugriff 12.8.2024 7. Korruption Gemäß Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International wird Kasachstan mit 39 von 100 Punkten bewertet (0 = sehr korrupt, 100 = sehr wenig korrupt) (TI 2024). Der Missbrauch von Amtsgewalt, einschließlich der Annahme, Gewährung wie auch Vermittlung von Bestechung, etc., kann gesetzlich mit einer Geldstrafe oder Strafarbeit bzw. gemeinnütziger Arbeit oder Freiheitsbeschränkung oder mit Freiheitsentzug, mit Beschlagnahme des Vermögens oder mit lebenslänglichem Entzug des Rechts, bestimmte Ämter zu bekleiden oder eine bestimmte Tätigkeit auszuüben, bestraft werden (StGB 3.7.2014, Art. 361, 366ff). Das Gesetz wird jedoch nicht wirksam umgesetzt. Die Korruption ist in der Exekutive, den Strafverfolgungsbehörden, den lokalen Verwaltungen, dem Bildungssystem und der Justiz verbreitet (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 19.3.2024, FH 2024). Der Kampf gegen die Korruption ist seit mehreren Jahrzehnten ein ständiger Slogan der kasachischen Behörden. Dennoch kommen politische Korruption und Vetternwirtschaft oft vor und untergraben die Bemühungen des Landes, die öffentlichen Ausgaben zu optimieren, verschwenderische Managementpraktiken auszumerzen und die öffentliche Verwaltung zu professionalisieren (BS 19.3.2024). Für die Korruptionsbekämpfung in Kasachstan ist die Anti-Korruptionsbehörde zuständig. Sie wurde im Juni 2019 als Nachfolgerin des Nationalen Antikorruptionsbüros (NAB) im Rahmen der Agentur für den öffentlichen Dienst und die Korruptionsbekämpfung eingerichtet. Die Behörde ist dem Präsidenten unterstellt und berichtet direkt an ihn. Kasachstan hat in den letzten Jahren verstärkt Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung ergriffen, darunter die Nutzung sozialer Medien, öffentliche Räte, ein Gesetz zum Informationszugang und E-Government. Das Land trat 2020 der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) des Europarats bei und schuf eine neue unabhängige Finanzüberwachungsbehörde zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. Schrittweise werden universelle Vermögens- und Einkommenserklärungen eingeführt, beginnend mit öffentlichen Amtsträgern und ihren Ehepartnern. Trotz dieser Fortschritte bestehen weiterhin Herausforderungen, wie die begrenzte Entwicklung der Zivilgesellschaft und die Notwendigkeit, die Maßnahmen in konkretere Ergebnisse umzusetzen (BS 19.3.2024). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105892/country_report_2024_KAZ.pdf, Zugriff 12.8.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105042.html, Zugriff 12.8.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 28

- StGB KASA – Strafgesetzbuch Kasachstans [Kasachstan] (3.7.2014): Penal Code of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/K1400000226, Zugriff 12.8.2024 - TI – Transparency International (2024): Corruption Perceptions Index 2023, https://images.transparencycdn.org/images/CPI-2023-Report.pdf, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107744.html, Zugriff 12.8.2024 8. Wehrdienst und Rekrutierungen Die Verteidigung der Republik Kasachstan ist gemäß der kasachischen Verfassung eine heilige Pflicht und Verantwortung eines jeden Bürgers (Verf KASA 30.8.1995, Art. 36). In Kasachstan werden Bürger im Alter von 18 bis 27 Jahren, die keine Befreiung oder Zurückstellung haben und die erforderlichen physischen und psychologischen Voraussetzungen erfüllen, zweimal jährlich per Präsidialdekret zum Militärdienst einberufen (GWSW KASA 16.2.2012, Art. 31). Die Wehrpflichtigen sind männliche Staatsbürger, die den Wehrdienststellen der örtlichen Militärverwaltungsorgane zugewiesen sind und der Einberufung zu den Streitkräften unterliegen (GWSW KASA 16.2.2012, Art. 1). Die Dienstdauer beträgt zwölf Monate für Wehrdienstleistende und 24 Monate für Offiziere, die Militärdienst auf Abruf leisten. Jene, die auf Vertragsbasis Militärdienst leisten, unterliegen den im Vertrag festgehaltenen Fristen (GWSW KASA 16.2.2012, Art. 24). Bürger, die in einem anderen Staat Wehr-(Ersatz-)Dienst geleistet haben, werden in Friedenszeiten von der Einberufung zum Wehrdienst befreit (GWSW KASA 16.2.2012, Art. 36). Die Möglichkeit einer Militärdienstverweigerung aus religiösen Gründen ist gesetzlich nicht vorgesehen, aber Geistliche von registrierten religiösen Organisationen, einschließlich der Zeugen Jehovas, können vom Dienst befreit werden (USDOS 30.6.2024). Quellen: - GWSW KASA – Gesetz über den Wehrdienst und den Status der Wehrdienstleistenden [Kasachstan] (16.2.2012): On Military Service and Status of Military Servants (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/Z1200000561, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111895.html, Zugriff 12.8.2024 - Verf KASA – Verfassung Kasachstans [Kasachstan] (30.8.1995): Constitution of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/K950001000_, Zugriff 12.8.2024 9. Allgemeine Menschenrechtslage Die Verfassung Kasachstans garantiert umfassende Menschenrechte und Freiheiten für alle Bürger, Fremde und Staatenlose, wobei diese Rechte als angeboren, absolut und unveräußerlich gelten. Grundlegende Rechte umfassen das Recht auf Leben, persönliche Freiheit, Würde, Gleichheit vor dem Gesetz sowie Meinungs-, Gewissens- und Versammlungsfreiheit, wobei die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 28

Diskriminierung wegen der Herkunft, sozialen Stellung, des Vermögens, Berufs, Geschlechts, der Rasse, Staatsangehörigkeit, Sprache, religiösen Einstellung, Überzeugungen, des Wohnsitzes oder sonstiger Umstände verboten ist (Verf KASA 30.8.1995, Art. 12-17, 20, 22f). Zu den von Kasachstan ratifizierten völkerrechtlichen Verträgen zählen (OHCHR o.D.): 1) die Konvention gegen Folter (CAT) samt dem Fakultativprotokoll; 2) der Zivilpakt (ICCPR) samt den zwei Fakultativprotokollen; 3) die Konvention gegen Verschwindenlassen (ICED); 4) die Frauenrechtskonvention (CEDAW) samt dem Fakultativprotokoll; 5) die Konvention gegen Rassismus (ICERD); 6) der Sozialpakt (ICESCR); 7) die Kinderrechtskonvention (CRC) samt dem dritten Fakultativprotokoll, das ein Individualbeschwerde-, Staatenbeschwerde- und Untersuchungsverfahren beinhaltet (CRC-IC); 8) die Behindertenrechtskonvention (CRPD) samt dem Fakultativprotokoll. Die internationalen Verträge sind durch die Republik gewissenhaft zu erfüllen, wobei der Präsident, die Regierung und das Außenministerium die Einhaltung und Überwachung sicherstellen. Die Verträge haben Vorrang vor den Gesetzen des Landes und werden unmittelbar angewandt (GIV KASA 30.5.2005, Art. 20f). Die Menschenrechtslage in Kasachstan hat sich 2023 gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich verändert. Wenngleich die Regierung einige Schritte unternommen hat, um Beamte zu ermitteln und zu bestrafen, die möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sind Menschenrechtsverletzungen anhaltend (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 11.1.2024). Mehrere in- und ausländische Menschenrechtsgruppen können mit etwas Freiheit Menschenrechtsfälle untersuchen und veröffentlichen, obwohl die Regierung ihre Aktivitäten überwacht (USDOS 23.4.2024). Bei der Behandlung politisch sensibler Themen sehen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sich zunehmenden gesetzlichen Einschränkungen, finanziellen Auflagen und harten Strafen ausgesetzt (FH 2024). Andererseits kämpfen NGOs und gemeinnützige Vereine mit Problemen wie instabiler Finanzierung, mangelnden technischen Fähigkeiten und fehlender Anerkennung, während gleichzeitig eine neue Welle zivilgesellschaftlichen Engagements außerhalb traditioneller NGO-Strukturen entsteht (BS 19.3.2024). Die kasachische Regierung schränkt die Meinungs- und Pressefreiheit durch verschiedene Maßnahmen wie restriktive Gesetze, Verhaftungen, Zensur und Internetbeschränkungen ein, obwohl die Verfassung diese Freiheiten grundsätzlich garantiert. Journalisten, Aktivisten und Bürger sehen sich mit Schikanen konfrontiert, wenn sie die Regierung kritisieren oder über sensible Themen wie Korruption berichten, was zu Selbstzensur führt. Die Regierung übt auch Kontrolle über Online-Inhalte aus, blockiert oppositionelle Webseiten, reguliert Internetanbieter und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 28

schränkt die Anonymität von Internetnutzern ein (USDOS 23.4.2024). Im Jahr 2023 wurden etwa 23 Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten, Blogger und Journalisten aus politischen Gründen inhaftiert (AI 24.4.2024). Die Regierung schränkt die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit ein (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 11.1.2024). Versammlungen bedürfen einer Voranmeldung bei der örtlichen Regierung, wobei viele Anträge im Zusammenhang mit politischen oder gesellschaftlich kontroversen Themen aus bürokratischen Formalitäten abgelehnt werden (USDOS 23.4.2024). Die Eintragung einer Oppositionspartei ist praktisch unmöglich, und eine Tätigkeit ohne Eintragung kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (AI 24.4.2024). Für den Erhalt und die Verwendung ausländischer Gelder sind Meldepflichten gesetzlich vorgesehen. Für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderungen sind verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen vorgesehen, einschließlich möglicher Einschränkungen bei der Durchführung von Versammlungen, Protesten und ähnlichen Aktivitäten, die mit ausländischen Geldern organisiert werden (USDOS 23.4.2024). Die Beteiligung an als „extremistisch“ eingestuften Organisationen wird mit bis zu sechs Jahren Haft bestraft (AI 24.4.2024). Human Rights Watch nach werden friedliche Demonstranten festgenommen, mit Geldstrafen belegt oder mit kurzfristigen Freiheitsstrafen inhaftiert (HRW 11.1.2024). Die Verfassung gewährt jedem das Recht, seine Religionszugehörigkeit zu bestimmen und anzugeben oder nicht anzugeben (Verf KASA 30.8.1995, Art. 19; vgl. USDOS 30.6.2024). Der Staat sieht sich selbst getrennt von der Religion und den religiösen Vereinigungen (GRARV KASA 11.10.2011, Art. 3). Religiöse Vereinigungen dürfen Gottesdienste und religiöse Zeremonien in ihren Gebäuden und an bestimmten öffentlichen Orten abhalten, solange die Rechte der Anwohner respektiert werden, jedoch sind solche Aktivitäten in staatlichen Einrichtungen, militärischen Bereichen und Bildungseinrichtungen, außer religiösen Schulen, verboten (GRARV KASA 11.10.2011, Art. 7). Trotz rechtlicher Garantien finden Verfolgungen, Inhaftierung und Geldstrafen wegen religiöser Überzeugungen von Minderheiten oder Einzelpersonen durch staatliche Behörden statt (USDOS 30.6.2024). Die Aktivitäten nichtregistrierter religiöser Gruppen sind verboten, und registrierte Gruppen unterliegen einer strengen staatlichen Aufsicht (FH 2024; vgl. HRW 11.1.2024). Schließlich ist die Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft und Religion (in einem säkularen Staat) laut der Bertelsmann Stiftung selten und irrelevant (BS 19.3.2024). Quellen: - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Kazakhstan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107941.html, Zugriff 12.8.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105892/country_report_2024_KAZ.pdf, Zugriff 12.8.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105042.html, Zugriff 12.8.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 28

- GIV KASA – Gesetz über internationale Verträge [Kasachstan] (30.5.2005): On International Treaties of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/Z050000054_, Zugriff 12.8.2024 - GRARV KASA – Gesetz über religiöse Aktivitäten und religiöse Vereinigungen [Kasachstan] (11.10.2011): On religious activities and religious associations (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/Z1100000483, Zugriff 12.8.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103174.html, Zugriff 12.8.2024 - OHCHR – Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the acceptance of procedures and the ratification status by country or by treaty, Status for Kazakhstan - Kazakhstan, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=89, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111895.html, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107744.html, Zugriff 12.8.2024 - Verf KASA – Verfassung Kasachstans [Kasachstan] (30.8.1995): Constitution of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/K950001000_, Zugriff 12.8.2024 10. Haftbedingungen Der Freiheitsentzug erfolgt durch Einweisung in eine Einrichtung des Strafvollzugs und kann zwischen sechs Monaten und lebenslang dauern, abhängig von der Schwere des Verbrechens. Die Verbüßung der Freiheitsstrafe wird in Strafvollzugsanstalten mit mittlerer Sicherheit, in Strafvollzugsanstalten mit höchster Sicherheit und in Strafvollzugsanstalten mit hoher Sicherheit für Personen, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, angeordnet. Personen unter 18 Jahren werden in Strafvollzugsanstalten mit mittlerer Sicherheit untergebracht. Die lebenslange Freiheitsstrafe wird für besonders schwere Straftaten verhängt, jedoch nicht gegen Frauen, Minderjährige oder Männer über 63 Jahre (StGB KASA 3.7.2014, Art. 46). Zwangsmaßnahmen medizinischer Natur können vom Gericht gegen Personen verhängt werden, die in einem Zustand der Unzurechnungsfähigkeit Straftaten begangen haben oder nach der Tat eine psychische Störung entwickelt haben, die eine Bestrafung unmöglich macht. Diese Maßnahmen werden gemäß den gesetzlichen Vorgaben auch bei Personen angewandt, die zwar schuldfähig sind, aber an psychischen Störungen leiden und eine Gefahr für sich oder andere darstellen (StGB KASA 3.7.2014, Art. 91). Die Maßnahmen umfassen laut Gesetz ambulante psychiatrische Beobachtung und Behandlung sowie stationäre Behandlung in allgemeinen oder spezialisierten psychiatrischen Krankenhäusern (StGB KASA 3.7.2014, Art. 93). Berichten zufolge sind die Haftbedingungen im Allgemeinen hart und lebensbedrohlich (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Human Rights Watch berichtet darüber, dass wenige Beamte für Folter und Misshandlung von Gefangenen zur Rechenschaft gezogen worden sind (HRW 11.1.2024). Weiters entsprechen die Einrichtungen nicht den internationalen Gesundheitsstandards. Weitere Probleme stellen Überbelegung, veraltete Einrichtungen, mangelnde Heizung oder Kühlung, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 28

unzureichende Ernährung, unzureichende Gesundheitsversorgung sowie Hygienebedingungen und Diskriminierung vulnerabler Gruppen dar (USDOS 23.4.2024; vgl. CRPD 2024). Es mangelt durchweg an Bedingungen für die Mobilität von Menschen mit Behinderungen (CRPD 2024). Quellen: - CRPD – United Nations Committee on the Rights of Persons with Disabilities (2024): Alternative Report on the Implementation by the Republic of Kazakhstan of the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities; Prepared by an Initiative Group of Non-Governmental Organizations and Independent Experts for Submission to the UN Committee on the Rights of Persons with Disabilities, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/DownloadDraft.aspx? key=1cJsGKycgclvjImzvk3XZCBMd6rsnOOGfjqt/ Cq7r89uaI7+46CYiKd2485jzghQJQKD2uAYR5oDmRVGsZroXA==, Zugriff 12.8.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105042.html, Zugriff 12.8.2024 - StGB KASA – Strafgesetzbuch Kasachstans [Kasachstan] (3.7.2014): Penal Code of the Republic of Kazakhstan (unofficial translation), https://adilet.zan.kz/eng/docs/K1400000226, Zugriff 12.8.2024 - USDOS – United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107744.html, Zugriff 12.8.2024 11. Todesstrafe Die Verfassung Kasachstans verbietet die Todesstrafe (Verf KASA 30.8.1995, Art. 15). Im September 2020 ratifizierte Kasachstan das zweite Fakultativprotokoll zum Zivilpakt (ICCPR), das auf die Abschaffung der Todesstrafe abzielt (CRPD 19.4.2024; vgl. OHCHR o.D.). Im Strafgesetzbuch wurde der Artikel 47 über die Todesstrafe am 29.12.2021 ausgeschlossen (StGB KASA Art. 47). Im Januar 2024 kündigte das Präsidentenamt die Abschaffung der Todesstrafe über die offizielle Website im Rahmen durchgesetzter Reformen im Menschenrechtsbereich an (PRK 12.1.2024). Seit 2003 wurden in Kasachstan sechs Todesurteile verhängt und alle in lebenslange Haftstrafen umgewandelt (SRT 20.9.2022). Quellen: - CRPD – United Nations Committee on the Rights of Persons with Disabilities (19.4.2024): Concluding observations on the initial report of Kazakhstan [CRPD/C/KAZ/CO/1], https://www.ecoi.net/en/file/local/2109102/G2406085.pdf, Zugriff 12.8.2024 - OHCHR – Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (o.D.): View the acceptance of procedures and the ratification status by country or by treaty, Status for Kazakhstan - Kazakhstan, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=89, Zugriff 12.8.2024 - PRK – President of the Republic of Kazakhstan [Kasachstan] (12.1.2024): Factsheet on Human Rights in Kazakhstan, https://www.akorda.kz/en/factsheet-on-human-rights-in- kazakhstan-1201910, Zugriff 12.8.2024 - SRT – Sigrid Rausing Trust (20.9.2022): An end to the death penalty in Kazakhstan, https://www.sigrid-rausing-trust.org/story/an-end-to-the-death-penalty-in-kazakhstan/, Zugriff 12.8.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 28
