lib-maly-2022-07-29-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
13. Haftbedingungen Malaysische Gefängnisse sind in der Regel überfüllt und unsicher (FH 28.2.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 60, USDOS 12.4.2022). Laut der NGO World Prison Brief waren 2020 68.600 Menschen inhaftiert, obwohl die Gefängnisse damals eine Maximalkapazität von nur 52.000 Häftlingen hatten. Schätzungen zufolge resultierte dies 2020 in einer Überbelegungsrate von 131.9% (DFAT 29.6.2021, S. 60). 2021 waren laut offiziellen Statistiken 20 von den 37 Gefängnissen Malaysias überbelegt (USDOS 12.4.2022). 2019 waren 4,5% der Gesamtinsassen Frauen. Eine Durchschnittszelle misst 5 mal 5 Meter und ist im Regelfall für 20 Häftlinge vorgesehen, wobei Männer, Frauen und Jugendliche prinzipiell getrennt inhaftiert sind. Die meisten Gefängnisse nutzen Eimer als Toiletten und die Insassen schlafen am Boden. Wassermangel ist ein konstantes Problem. Die medizinische und psychologische Versorgung entspricht nicht den internationalen Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen (DFAT 29.6.2021, S. 60). Die Hygiene- und Pflegestandards in malaysischen Hafteinrichtungen sind problematisch und es kommt vor, dass Insassen durch behandelbare Krankheiten sterben (HRW 13.1.2022). Außerdem gibt es Vorwürfe von sexuellen Übergriffen in Gewahrsam (DFAT 29.6.2021, S. 61) sowie Berichte über Misshandlungen. Während das Gesetz zwar Untersuchungen von Missbrauchsanschuldigungen vorsieht, funktioniert diese Regel in der Praxis nur bedingt. Beamte, die für den Tod von Häftlingen verantwortlich sind, werden nur selten bestraft (USDOS 12.4.2022). Laut Human Rights Watch starben von Jahresbeginn bis einschließlich August 2021 42 Menschen in Gewahrsam, davon 28 in Abschiebehaftanstalten (HRW 13.1.2022). Die staatliche Menschenrechtskommission SUHAKAM spricht von 456 Toten in Gewahrsam im Jahr 2020 (FH 28.2.2022). Einer anderen Quelle zufolge spricht die Regierung selbst von 105 Menschen, die zwischen Januar 2020 und September 2021 in Polizeigewahrsam, Gefängnissen und Abschiebehaftanstalten starben (AI 29.3.2022). Haftbesuche werden NGOs und Medien grundsätzlich verweigert, wobei das Rote Kreuz sowie SUHAKAM Haftbedingungen fallweise überprüfen dürfen (USDOS 12.4.2022). Quellen: -AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22: Malaysia 2021, https://www.amnesty.org/en/location/asia-and-the-pacific/south-east-asia-and-the-pacific/ malaysia/report-malaysia/, Zugriff 4.7.2022 -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 11.7.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 11.7.2022 -HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Malaysia, https://www.hrw.org/world-report/2022/country-chapters/malaysia#df0e58, Zugriff 11.7.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 34

-USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights- practices/malaysia/, Zugriff 11.7.2022 14. Todesstrafe Malaysia erlaubt die Todesstrafe für mehrere Straftaten, wobei sie bei 11 Vergehen verpflichtend ist (HRW 13.1.2022). Beispiele für ebenjene Vergehen sind u.a. Mord, Terrorismus oder Majestätsbeleidigung. 2018 wurde allerdings ein Hinrichtungsstopp verabschiedet (DFAT 29.6.2021, S. 54). Außerdem kündigte Malaysias Regierung Zeitungsberichten zufolge an, die verpflichtende Todesstrafe komplett abschaffen zu wollen (CNN 10.6.2022). Wenn die Todesstrafe vom Obersten Gerichtshof verhängt wurde, geschieht eine Prüfung durch ein Berufungsgericht automatisch. Es besteht außerdem die Möglichkeit eines Gnadengesuchs. Vor der Durchführung der Todesstrafe, welche vornehmlich durch Erhängen vollstreckt wird, befinden sich Verurteilte üblicherweise einige Jahre im Todestrakt (DFAT 29.6.2021, S. 54). Ca. 1300 Personen befinden sich derzeit in einem malaysischen Todestrakt, die meisten von ihnen wegen Drogenhandels (FH 28.2.2022). Die beiden Bundesstaaten Kelantan und Terengganu erlauben per Landesrecht die Todesstrafe für Apostasie vom Islam, obwohl dies gegen Bundesrecht verstößt. Nichtsdestotrotz wurde eine Todesstrafe dafür noch von keinem Gericht verhängt, womit eine etwaige Rechtsmäßigkeit eines solchen Urteils bis dato in der Praxis noch nicht geprüft wurde (USDOS 2.6.2022). 2018 urteilte der Oberste Gerichtshof, dass Fälle der Apostasie, die den Islam betreffen, im Zuständigkeitsbereich der Schariagerichte liegen (DFAT 29.6.2021, S. 31). Quellen: -CNN – Cable News Network (10.6.2022): Malaysia to abolish mandatory death penalty in move welcomed by rights campaigners, https://edition.cnn.com/2022/06/10/asia/malaysia-death- penalty-abolish-human-rights-intl-hnk/index.html, Zugriff 7.7.2022 -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 7.7.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 7.7.2022 -HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Malaysia, https://www.hrw.org/world-report/2022/country-chapters/malaysia#df0e58, Zugriff 7.7.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-report-on-international-religious- freedom/malaysia/, Zugriff 7.7.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 34

15. Religionsfreiheit Laut der letzten malaysischen Volkszählung in 2010 bekennen sich 61,3% der Bevölkerung zum Islam, 19,8% zum Buddhismus, 9,2% zum Christentum, 6,3% zum Hinduismus und 1,3% zum Konfuzianismus, Daoismus bzw. zu anderen traditionellen chinesischen Religionen. Weniger als 1% machen Animisten, Sikhs, Zeugen Jehovas, Mormonen und Bahai aus. Ethnische Malaien, ca. 55% der Bevölkerung, werden bei der Geburt von der Regierung automatisch als Muslime gezählt. Beinahe alle Muslime sind Sunniten. Ländliche Gebiete sind überwiegend muslimisch, vorrangig im Ostteil der Malaiischen Halbinsel, während die Bundesstaaten Ostborneos, Sabah und Sarawak, relative hohe Bevölkerungsanteile von Nicht-Muslimen aufweisen (USDOS 2.6.2022, vgl. DFAT 29.9.2021, S. 24). Ungefähr 75% der Christen leben dort. Chinesische Malaysier sind im Allgemeinen buddhistisch, christlich oder daoistisch, praktizieren chinesische Volksreligionen und Ahnenkult oder sind ohne Bekenntnis. Die Mehrheit der indischen Malaysier übt den Hinduismus aus, wobei sich ein nennenswerter Teil zum Christentum bekennt (DFAT 29.9.2021, S. 24). Art. 3 der malaysischen Verfassung besagt, dass der Islam die Staatsreligion ist, aber andere Religionen überall in Frieden und Harmonie praktiziert werden dürfen (DFAT 29.9.2021, S. 24, vgl. USDOS 2.6.2022). Religiöse Interessenvertretungen sind erlaubt und diese operieren auch. Nichtsdestotrotz existieren Einschränkungen, welche die Ausübungen jeglicher Religionen mit Ausnahme des offiziellen Sunnismus erschweren. Bereits 2017 äußerte der UN- Sonderberichterstatter zu kulturellen Rechten Bedenken über die Zunahme religiöser Intoleranz, vor allem gegenüber muslimischen Minderheiten (DFAT 29.9.2021, S. 24). Auch lokale NGOs und religiöse Führungspersonen konstatieren, dass die religiöse Toleranz innerhalb der malaysischen Gesellschaft abnimmt (USDOS 2.6.2022). Einige Rechtsvorschriften schränken die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit ein (FH 28.2.2022). Unter anderem ist das Verhältnis zwischen Zivilrecht und Scharia innerhalb des dualen Rechtssystems ungeklärt. Bundesrecht hat zwar verfassungsmäßigen Vorrang gegenüber Landesrecht, aber nicht in Angelegenheiten des islamischen Rechts (USDOS 2.6.2022). Familien- und Personenrecht, das Muslime betrifft, sowie Recht, welches Religionsdelikte regelt, ist daher Ländersache (DFAT 29.6.2021, S. 25). Dennoch besitzen beide Ebenen das verfassungsmäßige Recht, die Ausbreitung anderer Glaubensrichtungen abseits des Sunnismus einzudämmen bzw. zu verhindern. Das Gesetz verbietet die Bekehrung von Muslimen und stellt sie unter Strafe, u.a. Haft und Stockschläge, während Muslime selbst Mitglieder anderer Religionen jederzeit bekehren dürfen. Seit 1996 verlangt eine Fatwa, die von staatlichen Gesetzen unterstützt wird, dass der Staat ausschließlich dem Sunnismus nach Leseart der schafiitischen Rechtsschule folgt; Sie verbietet den Besitz, die Veröffentlichung und die Verbreitung von Material, das diesen Lehren entgegensteht. Staatliche und bundesstaatliche Institutionen verbieten Gruppen, die sie als .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 34

„abweichende“ muslimische Gruppen sehen, darunter auch Schiiten, Ahmadis und al-Arquam. religiöse Versammlungen und Gottesdienste. Ahmadis konnten ein Glaubenszentrum erhalten, doch Freitagsgebete sind dort nicht erlaubt, diese sind offiziell registrierten Moscheen vorbehalten. Die Regierung verbietet Bücher, die sie als klar von den „wahren Lehren“ des Islams abweichend ansieht, wie Bücher, die den Schia Glauben oder Mystizismus propagieren. Die schiitischen und Ahmadi Glaubensgemeinden berichten von starken Einschränkungen ihrer religiösen Aktivitäten. Auch einige sunnitische Gruppen erfahren Einschränkungen (USDOS 2.6.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 27-29 und 31f.). Personen, die für „abweichende“ [deviant] religiöse Aktivitäten verurteilt werden, können mit bis zu 3 Jahren Haft, Stockschlägen oder Geldstrafen bis zu ca. 1.100 EUR bzw. 5.000 MYR konfrontiert sein. Die Strafen unterscheiden sich auch von Bundesstaat zu Bundesstaat. Es kann auch ein verpflichtender Aufenthalt in einem „Rehabilitationszentrum“ angeordnet werden, in dem sie in den vom Staat definierten „wahren Lehren“ des Islams unterrichtet werden. Laut offiziellen Angaben, gab es 2021 14 Strafverfahren in Bezug auf „abweichende“ Lehrinhalte oder Glaubensausübung, im Jahr 2020 waren es 33. Personen, die verurteilt wurden, sich unanständig gekleidet zu haben, müssen zu einer Beratung oder eine Geldstrafe zahlen (USDOS 2.6.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 27-29 und 31f.). Für eine Konversion vom Islam muss zuerst ein Schariagericht zustimmen, indem es die Person zu einem Apostaten erklärt. Das kommt in der Praxis nur selten vor. In manchen Bundesstaaten steht Apostasie außerdem unter Strafe, diese können eine Haft- oder Geldstrafe oder auch Stockschläge sein. In Kelantan und Terengganu ist sie mit der Todesstrafe bedroht, wobei diese bis dato noch nie verhängt wurde und ihre Rechtmäßigkeit strittig ist. Die meisten Konvertiten ändern ihre Religion deshalb nur privat und ohne rechtliche Genehmigung (USDOS 2.6.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 27-29 und 31f.). Konvertierte werden häufig gesellschaftlich diskriminiert und bedroht (FH 28.2.2022). Des Weiteren kriminalisieren Volksverhetzungsgesetze als blasphemisch geltende Aussagen, wobei sie laut NGOs am häufigsten in Fällen anti-muslimischer Äußerungen angewendet werden (USDOS 2.6.2022). Quellen: -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 11.7.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 11.7.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 34

-USDOS – US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-report-on-international-religious- freedom/malaysia/, Zugriff 11.7.2022 16. Ethnische Minderheiten In Malaysia leben Schätzungen zufolge 33,9 Millionen Menschen, wobei ethnische Malaien und Mitglieder indigener Volksgruppen, u.a. Orang Asli, Dayak und Anak Negeri, ca. 62,5 % der Gesamtbevölkerung ausmachen. Malaysier chinesischer bzw. indischer Abstammung stellen 20,6% respektive 6,2% dar, während weitere Minderheiten ungefähr 0,9% repräsentieren. Der Anteil von Menschen, die in Malaysia leben, aber keine Staatsbürgerschaft besitzen, machte 2019 9,8% aus (CIA 21.6.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 9). Zwar verbietet die Verfassung ethnische Diskriminierung, aber sie gewährt den Bumiputera eine „Sonderstellung“ und erlaubt infolgedessen Maßnahmen positiver Diskriminierung (DFAT 29.6.2021, S. 20, vgl. FH 28.2.2022). Ethnische Minderheiten, vornehmlich chinesische und indische Malaysier, werden daher durch Quotenregelungen und exklusive Praktiken im Staatsleben, im Hochschulwesen, im Staatsdienst, in öffentlichen Unternehmen und im Militär systematisch benachteiligt. Obwohl die Partizipation in der Privatwirtschaft einfacher möglich ist, existieren auch hier Behinderungen wie z.B. die staatlichen Vergabepraktiken von öffentlichen Aufträgen, Lizenzen oder Krediten (BS 2022, S. 26). Per Verfassung ist ein ethnischer Malaie eine Person, die sich zum Islam bekennt, Bahasa Malaysia, die offizielle Amtssprache, spricht, nach malaysisches Gewohnheiten lebt und ein Kind malaischer Eltern ist. Im Begriff Bumiputera, der vielen Regierungsreformen zugrunde liegt, sind neben ethnischen Malaien auch Orang Asli, die Ureinwohner der Malaiischen Halbinsel, und Anak Negeri, die Ureinwohner von Sabah und Sarawak, beinhaltet. Die letzten öffentlich verfügbaren Daten aus 2015 sprechen von über 14 Millionen ethnischen Malaien im Vergleich zu ca. 3 Millionen anderen Bumiputera (DFAT 29.6.2021, S. 20). Obwohl alle Bumiputera der Verfassung zufolge dieselben Rechte besitzen, werden die Bürgerrechte der Ureinwohner von der Regierung nicht wirksam beschützt und sie haben nur wenig Mitspracherecht bzw. Partizipationsmöglichkeiten in politischen Entscheidungen, die sie selbst betreffen (USDOS 12.4.2022, vgl. FH 28.2.2022), Dies betrifft besonders Landrechte. Es kommt hin und wieder zu Auseinandersetzungen über ihren Landbesitz, dessen rechtliche Ungewissheit indigene Gemeinschaften zudem anfällig für Ausbeutung macht (USDOS 12.4.2022, vgl. DFAT 29.6.2021). Während die Orang Asli 150.000 (DFAT 29.6.2021, S. 21) bis zu 200.000 (USDOS 12.4.2022) Menschen umfassen und in allen Bundesstaaten, in welchen sie leben, in der Minderheit sind, bilden die Anak Negeri in Sabah und Sarawak die Mehrheit (DFAT 29.6.2021, S. 21). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 34

Malaysier chinesischer Abstammung und Malaysier indischer Abstammung bzw. deren Vorfahren wanderten größtenteils während der Kolonialzeit ein (BS 2022, S. 4). Chinesische Malaysier stellen mit ungefähr 6,7 Millionen Menschen die zweitgrößte Ethnie innerhalb Malaysias dar. Sie sind überproportional unter Akademikern sowie im Bildungsbürgertum vertreten und leben vornehmlich in den großen urban Agglomerationen an der Westküste der Malaiischen Halbinsel; dort machen sie ca. 30% der Gesamtbevölkerung aus. Obwohl es keine expliziten Gesetze, die chinesische Malaysier offiziell diskriminieren, gibt, lassen sich dennoch leichte Diskriminierungen des Staates feststellen, vor allem beim Eintritt in das Hochschulwesen respektive den Staatsdienst ober bei der Gründung eines Unternehmens. Ähnlich verhält es sich mit indischen Malaysier, ungefähr 2 Millionen Menschen, wobei sie im Vergleich zu chinesischen Malaysier sozioökonomisch schlechter dastehen: über 50% der indischen Malaysier arbeiten im Niedriglohnsektor (DFAT 29.6.2021, S. 21-24, vgl. USDOS 12.4.2022). Quellen: -BS – Bertelsmann Stiftung (2022): Bertelsmann Transformation Index BTI 2022 Country Report - Malaysia, https://bti-project.org/en/reports/country-report/MYS, Zugriff 13.7.2022 -CIA – Central Intelligence Agency [USA] (21.6.2022): The World Factbook – Malaysia, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/malaysia, Zugriff 13.7.2022 -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 13.7.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 13.7.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights- practices/malaysia/, Zugriff 13.7.2022 17.Relevante Bevölkerungsgruppen: Frauen Malaysische Frauen nehmen an allen Bereichen des öffentlichen Lebens teil, darunter Regierung, Geschäftsleben und Zivilgesellschaft. Nichtsdestotrotz begrenzen kulturelle und soziale Barrieren, aber auch fehlende Unterstützungsleistungen für einen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt nach einer Geburt, den Partizipationsgrad (DFAT 29.6.2021, S. 42). Die Bürgerrechte von Frauen sind gesetzlich verankert und werden prinzipiell geschützt, dennoch herrscht durch die traditionellen Praktiken eine unterschiedliche Behandlung der Geschlechter vor (BS 2022, S. 26, vgl. USDOS 12.4.2022). Malaysia nahm im Gender Inequality Index 2019 Platz 59 von 162 Ländern ein (BS 2022, S. 26). Frauen sind in der Politik beträchtlich unterrepräsentiert: im derzeitigen Kabinett sind nur 5 von 31 Ministerposten und 4 von 38 stellvertretenden Ministerposten von Frauen besetzt (FH 28.2.2022, vgl. BS 2022, S. 26, DFAT 29.6.2021, S. 42, USDOS 12.4.2022). 33 von 222 Abgeordneten des Unterhauses sind Frauen. Ähnlich verhält es sich im Oberhaus: von 67 Senatoren sind 13 Frauen (DFAT 29.6.2021, S. 42, vgl. USDOS 12.4.2022). Diese Zahlen stellen dennoch eine Verbesserung im Vergleich zu vorherigen Wahlzyklen dar. Im Höchstgericht sind 8 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 34

der 14 Richter Frauen, einschließlich der obersten Richterin. Das politische Klima ist frauenfeindlich. Angriffe auf Politikerinnen sowie auf regierungskritische Bürgerinnen, darunter sexistische Bemerkungen im Parlament, Vergewaltigungs- und Morddrohungen in den sozialen Medien oder Stereotypisierungen von Kandidatinnen, kommen häufig vor (USDOS 12.4.2022). Die weibliche Beteiligungsquote an der Erwerbsbevölkerung lag 2021 bei ca. 55%, während die von Männern bei ungefähr 81% lag (BS 2022, S. 26, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 42). Eine Umfrage aus 2020 ergab allerdings, dass in Malaysia 33% der Posten in Geschäftsleitungen privater Firmen von Frauen belegt sind, welches über dem globalen Durchschnitt von 29% liegt. Der Ausbildungsstand von Frauen hat zugenommen, auch im höheren Bereich. Im tertiären Bildungssektor betrug der Frauenanteil im Jahr 2018 bereits knapp 50 Prozent und entspricht somit dem OECD Mittelwert. Besonders in den technischen Wissenschaften hat der Frauenanteil stark zugelegt und liegt annähernd gleichauf mit jenen der Männer. Im IT Bereich arbeiten gleich viele Frauen wie Männer. Berichten zufolge verdienen Frauen allerdings im Schnitt 77% vom Verdienst der Männer für dieselbe Arbeit. 44% der akademischen und technischen Angestellten sind Frauen. Berichten zufolge ist der Hauptgrund für die geringe Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt die Geburt und Betreuung von Kindern. Es wurden einige Steueranreize für rückkehrende Frauen und Unternehmen eingeführt sowie der Mutterschutz im privaten Sektor wie bereits zuvor im öffentlichen auf 90 Tage verlängert. Im Gegensatz zum öffentlichen Sektor gibt es im privaten Sektor keine Schutzbestimmungen für Schwangere (DFAT 29.6.2021, S. 42). Frauen dürfen grundsätzlich allerdings per Gesetz nicht unter Tage, z.B. in Minen, arbeiten. Auch sind Nachtschichten für Arbeiterinnen im Industrie- und Landwirtschaftssektor verboten. Diskriminierungen gegen Frauen finden sich im Bewerbungsprozess, beim Gehalt und bei den Aufstiegschancen (USDOS 12.4.2022, vgl. FH 28.2.2022). Insgesamt sind Frauen somit mit Diskriminierung am Arbeitsplatz konfrontiert (FH 28.2.2022). Malaysia nahm 2020 Platz 104 von 153 im Global Gender Gap Index ein (BS 2022, S. 26). Trotz verbesserter rechtlicher Schutzbestimmungen sind Formen der Gewalt gegen Frauen, wie Vergewaltigung, häusliche Gewalt oder sexueller Missbrauch weiterhin ein bedeutendes Problem (DFAT 29.6.2021, S. 44). Vergewaltigung und die meisten Formen von häuslicher Gewalt sind Straftaten, während die Vergewaltigung in der Ehe keine darstellt (USDOS 12.4.2022). Allerdings ermöglicht Sektion 576 eine Strafe bis zu 5 Jahren Haft auch bei einer Vergewaltigung in der Ehe, wenn Schmerzen oder Todesangst zugefügt wurden (DFAT 29.6.2021, S. 43). Laut Frauenvereinen sind die Gerichte in der Verurteilung von Vergewaltigern inkonsistent (USDOS 12.4.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 34

Die NGO Women’s Aid Organization berichtet, sie erhielt 1.662 Beschwerden aufgrund häuslicher Gewalt zwischen Januar und September 2021. Auch ist die Zahl von Frauen, die bei ihr Schutz suchten, im selben Zeitraum um das Eineinhalbfache gestiegen. Die meisten öffentlichen Spitäler verfügen über Krisenzentren, welche eine Anzeige bei Vergewaltigung oder häuslicher Gewalt ermöglichen ohne eine Polizeistation aufzusuchen. Außerdem gab es eine Untersuchungseinheit für Sexualvergehen in jedem Polizeihauptquartier. Manchmal teilte die Polizei den Opfern Psychologen oder Therapeuten zu. Dennoch gibt es einen Mangel an Untersuchungen und Verantwortlichkeit bei Vorwürfen der Vergewaltigung sowie geschlechtsspezifischer Gewalt. NGOs berichten, dass in Fällen von Vergewaltigung die Behörden keine Schritte unternommen haben (USDOS 12.4.2022). Vergewaltigung in der Ehe sowie häusliche Gewalt bzw. sexuelle Nötigung innerhalb der Familie werden zudem durch traditionelle Auffassungen von der Heiligkeit der Ehe, Scham und die Abneigung, Familienmitglieder bloßzustellen, selten zur Anzeige gebracht. Des Weiteren ist es schwer gewisse Formen von Gewalt gegen Frauen, z.B. Ehrenmorde, festzustellen, vornehmlich, weil die Regierung diese nicht unterscheidet und somit keine Statistiken erstellt (DFAT 29.6.2021, S. 44). Die Regierung und NGOs unterhalten Frauenhäuser und bieten Hilfe für Opfer, doch sind die Unterstützungsleistungen nicht ausreichend (USDOS 12.4.2022). Per Gesetz ist weibliche Genitalverstümmelung bzw. weibliche Genitalbeschneidung, FGM/C, nicht verboten und es ist eine weitverbreitete Praktik unter malaysischen Muslimen und manchen indigenen Gemeinschaften. Während die aktuelle Datenlage relativ dürftig ist, ergab eine medizinische Studie von 2012, dass 93% der Befragten weiblichen Muslime beschnitten waren (USDOS 12.4.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 45). Als Hauptmotiv hierfür wurden religiöse Verpflichtungen angegeben. 2009 urteilte eine Fatwa, dass die weibliche Beschneidung für muslimische Frauen und Mädchen verpflichtend sei. Obwohl kein Bundesstaat diese Fatwa amtlich bekanntmachte, erlaubt das malaysische Gesundheitsministerium FGM/C seit 2012 in öffentlichen Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen (DFAT 29.6.2021, S. 45, vgl. USDOS 12.4.2022). Rechtlich gesehen werden Frauen auch durch manche Gesetze benachteiligt, vor allem durch Bestimmungen mit Bezug zur Scharia. Beispielsweise bevorzugt das muslimische Recht häufig Männer in Fragen des Erbrechts, des Scheidungsrechts und des Fürsorgerechts (FH 28.2.2022, vgl. USDOS 12.4.2022). Während das staatliche Zivilrecht, das in Fragen des Familienrechts für Nicht-Muslime zuständig ist, Vätern und Müttern dieselben Elternrechte garantiert, bevorzugt die Scharia muslimische Väter. Nichtsdestotrotz gewähren die 4 Bundesstaaten Johor, Selangor, Negri Sembilan und Pahang auch muslimischen Müttern dieselben Elternrechte wie Männern (USDOS 12.4.2022). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 34

-BS – Bertelsmann Stiftung (2022): Bertelsmann Transformation Index, BTI 2022 Country Report - Malaysia, https://bti-project.org/en/reports/country-report/MYS, Zugriff 14.7.2022 -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 14.7.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 14.7.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights- practices/malaysia/, Zugriff 14.7.2022 18. Bewegungsfreiheit Prinzipiell garantiert die malaysische Verfassung sowohl interne Bewegungsfreiheit als auch freie Emigration aus und Rückkehr nach Malaysia (USDOS 12.4.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 62). Auch steht es Staatsbürgern frei ihren Wohnort und Arbeitsplatz in Malaysia frei zu wechseln (FH 28.2.2022). Viele Malaysier übersiedeln aus ökonomischen Gründen in die größeren Städte der Malaiischen Halbinsel.Das australische Außenministerium schätzt, dass Personen, die aufgrund der Scharia Probleme bekommen könnten, wie Mitglieder sexueller Minderheiten oder Frauen, die häuslicher Gewalt entfliehen, in den großen urbanen Zentren Aufmerksamkeit vermeiden könnten (DFAT 29.6.2021, S. 62). Es gelten Beschränkungen der inländischen Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen, Asylwerbern und undokumentierten Migranten (USDOS 12.4.2022). Außerdem gibt es Berichte, dass Arbeitgeber ihren ausländischen Gastarbeitern die Reisepässe abnehmen, obwohl dies illegal ist (FH 28.2.2022). Aufgrund der COVID-19-Pandemie waren auch 2021 Reisebeschränkungen zwischen Bundesstaaten und Bezirken fast das ganze Jahr über in Kraft (FH 28.2.2022). Eine Ausnahme zur gemeinhin geltenden Bewegungsfreiheit stellen die Bundesstaaten Sabah und Sarawak dar. Per Gesetz entscheiden beide autonom über ihre eigene Immigration. Personen, die nicht in Sabah und Sarawak wohnhaft sind, egal ob malaysische Staatsbürger oder Ausländer, müssen bei der Einreise ihren Personalausweis bzw. Reisepass vorzeigen und dürfen sich für einen Zeitraum von maximal 3 Monaten dort aufhalten. Auch für Arbeitstätigkeiten wird auf Ostborneo ein Arbeitsvisum benötigt, welches mitunter nur schwierig zu bekommen ist. Nur in Sonderfällen kann die Bundesregierung Einreiseentscheidungen der regionalen Behörden aufheben, z.B. aufgrund der nationalen Sicherheit (DFAT 29.6.2021, S. 62, vgl. USDOS 12.4.2022). Es existieren Berichte, dass diese Behörden manchen Politkern, Aktivisten oder Interessenvertretern den Zutritt nach Sabah oder Sarawak verweigern (USDOS 12.4.2022). Quellen: -DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.6.2021): DFAT Country Information Report Malaysia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057577/malaysia-dfat-country- information-report-29-june-2021.pdf, Zugriff 12.7.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 34

-FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Malaysia, https://freedomhouse.org/country/malaysia/freedom-world/2022, Zugriff 12.7.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Malaysia, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-on-human-rights- practices/malaysia/, Zugriff 12.7.2022 19. IDPs und Flüchtlinge Dem US Außenministerium zufolge gibt es keine IDPs in Malaysia. Laut UNHCR befanden sich am 31.12.2021 180.440 Flüchtlinge und Asylwerber im Land. Mit 155.400 Personen stammte die absolute Mehrheit aus Myanmar, wobei die Mehrheit Menschen der ethnischen Gruppen der Rohingya (103.380) und der Chin (22.570) darstellen. Die restlichen 24.040 Individuen kamen unter anderem aus Pakistan, dem Jemen, Syrien, Somalia, und Afghanistan. 46.170 waren unter 18 Jahre alt (USDOS 12.4.2022). Malaysia hat die UN-Flüchlingskonvention aus 1951 nicht ratifiziert (HRW 13.1.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 10). Das Gesetz sieht keine Gewährung von Asyl oder Flüchtlingsstatus vor und die Regierung hat kein System des Flüchtlingsschutzes errichtet. Migranten, Flüchtlinge und Staatenlose erhalten keine staatlichen Hilfeleistungen. Die malaysische Regierung erlaubt UNHCR und NGOs die Arbeit mit diesen Bevölkerungsgruppen, aber die Regierungskooperation mit UNHCR ist begrenzt und wechselhaft. (USDOS 12.4.2022). Flüchtlinge und Asylwerber sind zwar bei UNHCR registriert, aber sie besitzen keinen Rechtsstatus. Auch haben sie weder einen Zugang zum Arbeitsmarkt noch zu öffentlichen Schulen (HRW 13.1.2022). Menschen, die als „illegale Migranten“ angesehen werden, droht in Malaysia jederzeit die Abschiebung (USDOS 12.4.2022). So wurden beispielsweise im Februar 2021 trotz des dortigen Militärcoups und ungeachtet eines Gerichtsbeschlusses 1.086 Migranten und Asylwerber nach Myanmar abgeschoben (AI 29.3.2022, vgl. FH 28.2.2022, HRW 13.1.2022). Außerdem können diese „illegalen Migranten“ mit einer Haftstrafe von bis zu 5 Jahren, einer Geldstrafe, beidem und mit 6 verpflichtenden Stockschlägen bestraft werden, falls sie wegen Verletzungen der Einwanderungsgesetze verurteilt wurden. Mehrere tausende Personen werden von der Regierung in Abschiebehaftanstalten und weiteren Einrichtungen festgehalten (USDOS 12.4.2022). Zu diesen hat UNHCR seit 2019 keinen Zugang (HRW 13.1.2022, vgl. DFAT 29.6.2021, S. 61). Außerdem leben auch staatenlose Menschen in Malaysia, wobei diese nicht von den Behörden offiziell erfasst werden. Staatsbürgerschaftsgesetze und restriktive Geburtenregistrierungen erschufen eine nennenswerte Gruppe an staatenlosen Kindern unter Migranten und Flüchtlingen. Wenn Mütter keinen gültigen Staatsbürgerschaftsnachweis besitzen, geben die Behörden die Staatsbürgerschaft eines Kindes im Geburtszertifikat als unbekannt an. UNHCR schätzt, dass sich im Oktober 2021 9.040 Staatenlose auf der Malaiischen Halbinsel, vorwiegend Tamilen, befanden, während ca. 450.000 staatenlose Menschen 2019 in Sabah lebten. Genaue Zahlen sind nicht .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 34
