liby-lib-2022-05-30-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Länderspezifische Anmerkungen Aufgrund der derzeitigen Lage in Libyen (staatliche Autorität eingeschränkt und von Unterstützung von Milizen abhängig, zumindest zwei in Konflikt stehende politische und militärische Machtzen- tren, Aktivitäten des IS im Land) werden nur jene Abschnitte des LIB befüllt, welche sinnvollerwei- se aktualisiert werden können. Das Länderinformationsblatt geht nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19- Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst- Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit nicht absehbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf die regelmäßigen Kurzinformationen der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19 Lage in bestimmten Ländern hingewiesen werden. Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren: •WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports •Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd402994 23467b48e9ecf6 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 4 von 24

Inhaltsverzeichnis 1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen...............................................................6 2. COVID-19...............................................................................................................................7 3. Politische Lage........................................................................................................................7 4. Sicherheitslage........................................................................................................................9 5. Rechtsschutz / Justizwesen..................................................................................................10 6. Sicherheitsbehörden..............................................................................................................11 7. Folter und unmenschliche Behandlung.................................................................................12 8. Korruption.............................................................................................................................13 9. Wehrdienst und Rekrutierungen............................................................................................13 10. Allgemeine Menschenrechtslage...........................................................................................14 11. Haftbedingungen...................................................................................................................16 12. Todesstrafe............................................................................................................................16 13. Relevante Bevölkerungsgruppen..........................................................................................17 13.1. Frauen..............................................................................................................................17 13.2. Kinder...............................................................................................................................18 14. Bewegungsfreiheit.................................................................................................................19 15. Grundversorgung und Wirtschaft...........................................................................................20 16. Medizinische Versorgung......................................................................................................22 17. Rückkehr...............................................................................................................................23 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 5 von 24

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen Keine aktuellen Kurzinformationen vorhanden. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 24

2. COVID-19 Mit Stand 18.5.2022 sind in Libyen 501.960 Covid-19-Fälle erfasst, die zu 6.485 Toten geführt haben (Africa CDC 18.5.2022). Einreisende Personen, die zwei oder mehr Impfdosen erhalten haben, benötigen bei Einreise weder einen Testnachweis noch müssen sie sich in Quarantäne begeben. Die Impfung muss mit einem der zugelassenen Impfstoffe erfolgt sein und es müssen mindestens 14 Tage und maximal sechs Monate seit der letzten Impfung vergangen sein (AA 30.5.2022; vgl. FD 25.2.2022). Einreisende ohne oder ohne vollständige Impfung müssen einen negativen, höchstens 72 Stunden alten PCR-Test vorlegen und sich für zehn Tage in Quarantäne begeben, die durch einen negativen Test, der frühestens am fünften Tag nach der Einreise vorgenommen werden darf, verkürzt werden kann (AA 30.5.2022; vgl. FD 25.2.2022). Der nationale Flugverkehr sowie der Bahn- und Busverkehr im Land wurden wieder aufgenommen. Ausgangssperren können kurzfristig und regional verhängt werden. Für öffentlich zugängliche Einrichtungen, darunter größere Märkte, ist die Vorlage eines Impfnachweises erforderlich. Es gibt nur an den Orten, an denen die Vorlage eines Impfnachweises erforderlich ist, eine Maskenpflicht; Abstandsregeln werden kaum eingehalten (AA 30.5.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik [Deutschland] (30.5.2022): Libyen: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/libyensicherheit/219624, Zugriff 31.5.2022 -Africa CDC - Africa Centres for Disease Control and Prevention (18.5.2022): Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) - Latest updates on the COVID-19 crisis from Africa CDC, https://africacdc.org/covid-19/, Zugriff 27.5.2022 -FD - France Diplomatie (25.2.2022): Conseils aux voyageurs - Libye, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/libye/, Zugriff 27.5.2022 3. Politische Lage Der Sturz des langjährigen Staatschefs Muammar Gaddafi im Jahr 2011 führte zu einem Machtvakuum und zu Instabilität. Das Land ist zersplittert und seit 2014 in konkurrierende politische und militärische Fraktionen mit Sitz in Tripolis und im Osten des Landes geteilt (BBC 15.3.2021). Die internationalen Bemühungen, die rivalisierenden Regierungen in einer Einheitsregierung zusammenzuführen, waren Anfang 2021 erfolgreich und schufen einen fragilen Frieden (FH 28.2.2022). Parallele, nicht anerkannte Institutionen im Osten des Landes, insbesondere solche, die mit dem nichtstaatlichen Akteur, der Libyschen Nationalen Armee unter .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 24

der Führung von General Khalifa Haftar, verbunden sind, stellten allerdings ihre Autorität in Frage (USDOS 12.4.2022). Libyen ist seit 2011 eine parlamentarische Republik, vorher war es unter Gaddafi ein „Volksmassenstaat“. Das Libya Political Dialogue Forum (LPDF) wählte am 5.2.2021 eine neue Übergangs-Einheitsregierung unter einem Premierminister sowie einen Präsidialrat mit drei Mitgliedern. Staatsoberhaupt ist Präsidialrat-Vorsitzender Younes Mnefi, Regierungschef Premierminister Abdul Hamid Mohammed Dbaibah (AA 17.9.2021). Die Fortschritte, die Libyen im Jahr 2021 auf dem Weg zur Stabilität gemacht hat, sind fast verschwunden. Damals führte ein Interimschef zwei konkurrierende Kabinette zusammen und die rivalisierenden Fraktionen einigten sich darauf, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen anzusetzen, die schließlich zur Bildung einer neuen gewählten Regierung führen sollten. Die Wahlen wurden jedoch in letzter Minute abgesagt und nun befindet sich das Land erneut in einer Pattsituation zwischen zwei rivalisierenden Exekutiven, von denen die eine in der westlichen Stadt Tripolis und die andere derzeit in der Küstenstadt Sirt in Zentrallibyen operiert, ohne dass ein Konsens über das weitere Vorgehen besteht (ICG 25.5.2022). Die Fehde hat sich nicht zu einem offenen Konflikt ausgeweitet, da beide Lager und ihre jeweiligen ausländischen Sponsoren (von denen einige in letzter Zeit ihre eigenen Annäherungen erreicht haben) offenbar nicht bereit sind, die Kämpfe wieder aufzunehmen. Doch der wieder aufgeflammte Streit um die Führung Libyens untergräbt die Stabilität auf vielen anderen Ebenen. In wirtschaftlicher Hinsicht hat er neue Streitigkeiten über die Öleinnahmen ausgelöst, die fast den gesamten Staatshaushalt ausmachen und vorerst in den Händen der von Abdelhamid Dabaiba geleiteten Übergangsregierung in Tripolis bleiben. Die Krise hat auch Wählergruppen, die Dabaibas Rivalen Fathi Bashagha in Tobruk unterstützen, dazu veranlasst, einen beträchtlichen Teil der libyschen Ölproduktion stillzulegen, um den Fluss der Einnahmen nach Tripolis zu stoppen. Auf politischer Ebene behindern die rivalisierenden Legitimitätsansprüche der Fraktionen und die widersprüchlichen Pläne für einen Ausweg aus der Krise die von den Vereinten Nationen unterstützten Vermittlungsbemühungen (ICG 25.5.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik [Deutschland] (17.9.2021): Libyen: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/libyen-node/steckbrief/219608, Zugriff 17.9.2021 -BBC News (15.3.2021): Libya country profile, https://www.bbc.com/news/world-africa- 13754897, Zugriff 31.5.2022 -FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068755.html, Zugriff 16.5.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 24

-ICG - International Crisis Group (25.5.2022): Reuniting Libya, Divided Once More, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/north-africa/libya/reuniting-libya-divided- once-more?utm_source=Sign+Up+to+Crisis+Group %27s+Email+Updates&utm_campaign=0cb4d2e9bd- EMAIL_CAMPAIGN_2019_01_28_08_41_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_1dab8 c11ea-0cb4d2e9bd-359282001, Zugriff 30.5.2022 -USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071167.html, Zugriff 16.5.2022 4. Sicherheitslage Seit dem bewaffneten Volksaufstand im Jahr 2011, bei dem der langjährige Diktator Mu'ammar al- Qaddafi gestürzt wurde, leidet Libyen unter internen Spaltungen und zeitweiligen Bürgerkriegen. Die Verbreitung von Waffen und autonomen Milizen, florierende kriminelle Netzwerke, die Einmischung regionaler Mächte und die Präsenz extremistischer Gruppen haben dazu beigetragen, dass es dem Land nach wie vor an physischer Sicherheit mangelt. Mehr als ein Jahrzehnt der Gewalt hat Hunderttausende von Menschen vertrieben und die Menschenrechtslage hat sich stetig verschlechtert (FH 28.2.2022). Die innenpolitische Lage in Libyen ist weiterhin fragil. Eine erneute militärische Eskalation ist vorstellbar. Es kann zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen, von denen auch Ausländer betroffen sein können. In den vergangenen Monaten kam es zu Kampfhandlungen im Süden Libyens in der Region Sabha. Es besteht vielerorts auch nach Ende von Kampfhandlungen eine Gefahr von Landminen (AA 30.5.2022). Militärisch hat die wieder aufgeflammte Auseinandersetzung zwischen den beiden Machtblöcken die bereits ins Stocken geratenen Bemühungen um eine Einigung der parallelen Sicherheitsstrukturen untergraben und in Tripolis zu gelegentlichen Kämpfen zwischen Loyalisten der rivalisierenden Regierung geführt (ICG 25.5.2022). Die Einsetzung einer neuen rivalisierenden Regierung wird wahrscheinlich lokale Kämpfe auslösen, aber das Risiko groß angelegter Kämpfe zwischen östlichen und westlichen Kräften bleibt gering. Loyale Milizen der GNU und des HoR werden wahrscheinlich in Tripolis mobilisiert werden, um ihre Stärke zu demonstrieren, was die Wahrscheinlichkeit lokaler Kämpfe um wichtige Ministerien, den Flughafen Mitiga und wichtige Zugangsstraßen zur Hauptstadt erhöht (Crisis24 o.D.). Der Islamische Staat hat die durch den anhaltenden Bürgerkrieg geschaffene Gelegenheit genutzt, um in der südlichen Region Fezzan fest Fuß zu fassen und im Norden Tripolitaniens wieder Fuß zu .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 24

fassen. Die Gruppe wird nun wahrscheinlich ihre Schläferzellen aktivieren, um ihre aufständische Kampagne gegen die GNA-treuen Kräfte wieder aufzunehmen und die laufenden Bemühungen um einen dauerhaften Waffenstillstand zwischen den Kriegsparteien zu stören (Crisis24 o.D.). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (30.5.2022): Libyen: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/libyensicherheit/219624, Zugriff 31.5.2022 -Crisis24 (o.D.): Libya Country Report, https://crisis24.garda.com/insights-intelligence/intelligence/country-reports/libya?origin=gwc24, Zugriff 31.5.2022 -FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068755.html, Zugriff 16.5.2022 -ICG - International Crisis Group (25.5.2022): Reuniting Libya, Divided Once More, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/north-africa/libya/reuniting-libya-divided- once-more?utm_source=Sign+Up+to+Crisis+Group %27s+Email+Updates&utm_campaign=0cb4d2e9bd- EMAIL_CAMPAIGN_2019_01_28_08_41_COPY_01&utm_medium=email&utm_term=0_1dab8 c11ea-0cb4d2e9bd-359282001, Zugriff 30.5.2022 5. Rechtsschutz / Justizwesen Die Verfassungserklärung sieht ein unabhängiges Justizwesen vor und legt fest, dass jede Person das Recht hat, sich an das Justizsystem zu wenden. Die Verfassungserklärung sieht die Unschuldsvermutung und das Recht auf einen Rechtsbeistand vor, der dem Beschuldigten auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt wird. Diese Standards werden weder von der Regierung noch von nichtstaatlichen Akteuren erfüllt (USDOS 12.4.2022). Da alle Versuche, eine neue Verfassung auszuarbeiten und darüber abzustimmen, gescheitert sind, mangelt es der Gewaltenteilung in Libyen nach wie vor an rechtlicher Klarheit. Der Oberste Justizrat organisiert die Justiz nach dem Gesetz 4 von 2011, aber der genaue Aufbau und die Zuständigkeiten der Justiz werden jedoch unklar bleiben, bis eine richtige Verfassung in Kraft getreten ist. Da die politischen Entscheidungsträger zudem auf Milizen zurückgreifen, um ihre Verhandlungsmacht zu stärken, machen Gerichtsurteile heute keinen wirklichen Unterschied (BS 23.2.2022). Das Justizsystem ist im Wesentlichen zusammengebrochen; die Gerichte sind in weiten Teilen des Landes nicht mehr funktionsfähig (FH 28.2.2022; vgl. HRW 13.1.2022). Libyens wichtigste Institutionen sind extrem schwach und der mangelnde Schutz der Justiz hat das Justizsystem sowohl im Osten als auch im Westen des Landes beschädigt (BS 23.2.2022). Richter, Anwälte und Staatsanwälte sehen sich häufigen Bedrohungen und Angriffen ausgesetzt (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022, BS 23.2.2022, HRW 13.1.2022). Seit der Revolution von 2011 wird das Recht .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 24

der Bürger auf einen fairen Prozess und ein ordnungsgemäßes Verfahren durch die anhaltende Einmischung bewaffneter Gruppen und die Unfähigkeit, Zugang zu Anwälten und Gerichtsdokumenten zu erhalten, infrage gestellt (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). In den Fällen, in denen Strafverfolgungen und Gerichtsverfahren stattfinden, gibt es ernsthafte Bedenken hinsichtlich eines ordnungsgemäßen Verfahrens, und die Militärgerichte verurteilen weiterhin Zivilisten (HRW 13.1.2022). Milizen und halboffizielle Sicherheitskräfte führen regelmäßig ungestraft willkürliche Verhaftungen, Inhaftierungen und Einschüchterungen durch (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Tausende Gefangene haben keinen Zugang zu Anwälten und Informationen über die gegen sie erhobenen Anklagen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Die insgesamt mangelnde Sicherheitslage behindert die Rechtsstaatlichkeit weiter. Zivil- und Militärgerichte arbeiteten, je nach örtlicher Sicherheitslage, sporadisch; insbesondere in den von anhaltenden Feindseligkeiten betroffenen Gebieten und im Süden des Landes (USDOS 12.4.2022). Quellen: -BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report: Libya, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069673/country_report_2022_LBY.pdf, Zugriff 16.5.2022 -FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068755.html, Zugriff 16.5.2022 -HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066557.html, Zugriff 16.5.2022 -USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071167.html, Zugriff 16.5.2022 6. Sicherheitsbehörden Der von den Vereinten Nationen vermittelte Prozess führte im März 2021 zur Vereidigung der Regierung der Nationalen Einheit (GNU), die mit der Vorbereitung von Präsidentschafts- und Parlamentswahlen beauftragt wurde. Die politischen Spaltungen blieben bestehen und die Libyschen Arabischen Streitkräfte (LAAF), eine bewaffnete Gruppe [Anm.: die Khalifa Haftar untersteht], behielten die Kontrolle über große Teile des Ostens und des Südens Libyens (AI 28.3.2022). Die Regierung hat nur begrenzte Kontrolle über die Sicherheitskräfte, die sich aus einer Mischung aus halbstaatlichen Einheiten, bewaffneten Stammesgruppen und zivilen Freiwilligen zusammensetzen. Die dem Innenministerium unterstellte nationale Polizei ist für die innere Sicherheit zuständig und wird von den Streitkräften des Verteidigungsministeriums unterstützt. Sicherheitsrelevante polizeiliche Aufgaben werden im Allgemeinen von informellen bewaffneten Gruppen übernommen, die zwar von der Regierung bezahlt werden, aber keine formelle .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 24

Ausbildung, keine Aufsicht und keine konsequente Rechenschaftspflicht besitzen. Es gibt glaubwürdige Berichte, dass Angehörige der Sicherheitskräfte zahlreiche Übergriffe begehen (USDOS 12.4.2022). Die Regierung der Nationalen Einheit und nichtstaatliche Akteure halten sich weitgehend an das Waffenstillstandsabkommen von 2020, obwohl beide Seiten weiterhin Unterstützung von ausländischen Streitkräften, ausländischen Kämpfern und Söldnern erhalten. Informelle nichtstaatliche bewaffnete Gruppen füllen Sicherheitslücken im ganzen Land. ISIS-Libyen versucht, eine begrenzte Präsenz in der südwestlichen Wüste aufrechtzuerhalten (USDOS 12.4.2022). Das Waffenstillstandsabkommen vom Oktober 2020 zwischen der ehemaligen Regierung der Nationalen Eintracht und Haftars LAAF sah den Abzug aller ausländischen Kämpfer aus dem Land vor. Nach Angaben der UN-Mission in Libyen hielten sich im September 2021 Tausende ausländischer Kämpfer aus Syrien, Russland, dem Tschad und dem Sudan, darunter auch Mitglieder privater Militärfirmen, in Libyen auf (HRW 13.1.2022; vgl. AI 29.3.2022). Die staatlichen Sicherheitsorgane können grundsätzlich keinen ausreichenden Schutz garantieren. Bewaffnete Gruppen mit zum Teil unklarer Zugehörigkeit treten häufig als Vertreter der öffentlichen Ordnung auf, sind jedoch nicht ausgebildet und wenig berechenbar (AA 30.5.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik [Deutschland] (30.5.2022): Libyen: Reisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/libyensicherheit/219624, Zugriff 31.5.2022 -AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Libya 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070278.html, Zugriff 16.5.2022 -HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066557.html, Zugriff 16.5.2022 -USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071167.html, Zugriff 16.5.2022 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassungserklärung und nach-revolutionäre Gesetzgebung verbietet Folter. Folter und andere Misshandlungen sind in Gefängnissen, Haftanstalten und inoffiziellen Haftanstalten jedoch verbreitet (USDOS 12.4.2022) bzw. wird diese systematisch angewendet (AI 29.3.2022). Bewaffnete Gruppen, Milizen und Sicherheitskräfte führen außergerichtliche Hinrichtungen, erzwungenes Verschwindenlassen und Folter sowie sexuelle Gewalt und willkürliche Verhaftungen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 24

durch (FH 28.2.2022). Es gibt Berichte über grausame und erniedrigende Behandlung in staatlichen und extralegalen Haftanstalten, darunter Schläge, Verabreichung von Elektroschocks, Verbrennungen und Vergewaltigungen (USDOS 12.4.2022). Quellen: -AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Libya 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070278.html, Zugriff 16.5.2022 -FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068755.html, Zugriff 16.5.2022 -USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071167.html, Zugriff 16.5.2022 8. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Beamte wegen Korruption vor (USDOS 12.4.2022). Der Inlandskonflikt und die Schwäche der öffentlichen Institutionen untergraben die Umsetzung des Gesetzes (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Korruption ist weit verbreitet (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Berichten des libyschen Rechnungsprüfungsamtes zufolge verübten Beamte häufig ungestraft korrupte Praktiken wie Bestechung, Schmiergeldzahlungen und Vetternwirtschaft. Es gab zahlreiche Berichte über Korruption in der Regierung, einschließlich Fällen von angeblicher Geldwäsche, Menschenschmuggel und anderen kriminellen Aktivitäten (USDOS 12.4.2022). Im Index der Korruptionswahrnehmung (CPI, Corruptions Perception Index) von Transparency International für das Jahr 2021 liegt Libyen auf Rang 171 von 180 untersuchten Staaten (TI 2022). Quellen: -FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068755.html, Zugriff 16.5.2022 -TI - Transparency International (2022): Corruption Perceptions Index 2021, https://www.transparency.org/en/cpi/2021, Zugriff 17.5.2022 -USDOS - U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Libya, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071167.html, Zugriff 16.5.2022 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Libyen verfügt über kein landesweites Militär und die Übergangsregierung, die Regierung der Nationalen Einheit (GNU), ist für ihre Sicherheit auf die Zusammenarbeit mit verschiedenen Milizen angewiesen, die sie nicht vollständig kontrollieren kann; die GNU hat Zugang zu verschiedenen Boden-, Luft- und Seestreitkräften/Küstenwache, die sich aus einer Mischung aus halb- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 24
