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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Abgeordneten trotz eines sehr kompetitiven Verfahrens mit 35 Bewerbern keinen Konsens erzielen konnten. Die Ernennung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs stand am Jahresende noch aus, während der Präsident des Verwaltungsgerichts Ende Oktober 2022 ernannt wurde, nachdem dieser Posten mehr als ein Jahr lang unbesetzt gewesen war. Der Verfahrensstau der Justiz vergrößerte sich auf insgesamt 5.448 Fälle, die älter als drei Jahre waren. Im Laufe des Jahres 2022 wurden mehrere hochkarätige Verfahren wegen Korruption und organisierter Kriminalität eingeleitet (FH 24.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 5. Sicherheitsbehörden Eine Vermischung zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben findet nicht statt. Das montenegrinische Militär nimmt keine Aufgaben der inneren Sicherheit wahr und bleibt getrennt von der Politik. Der montenegrinische Nachrichtendienst ANB ist organisatorisch von den übrigen Sicherheitsbehörden klar getrennt (AA 26.5.2023). In Fällen von polizeilichem Fehlverhalten können sich Bürger an den Rat für die zivile Kontrolle von Polizeieinsätzen wenden, der dann Empfehlungen für Maßnahmen an den Polizeichef oder den Innenminister aussprechen kann. Straflosigkeit ist ein Problem bei den Sicherheitskräften, insbesondere bei Polizei- und Gefängnisbeamten. Einheimische NGOs führen Korruption, mangelnde Transparenz, fehlende Kapazitäten der Aufsichtsorgane, sowie politischen Einfluss auf Staatsanwälte und Beamte der Polizeiverwaltung und des Innenministeriums als Faktoren an, die zur Straflosigkeit beitragen, trotz der Existenz mehrerer unabhängiger Aufsichtsgremien. Im Laufe des Jahres 2022 boten die Behörden zwar zahlreiche Schulungen an, häufig in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern, und hielten Arbeitsgruppen ab, die sich mit der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte im Lande befassten. Einheimische NGOs berichten, dass die Regierungsbehörden kaum Fortschritte bei der Lösung des Problems der Misshandlungen durch die Polizei und anderer Unzulänglichkeiten in der Abteilung für interne Kontrolle des Innenministeriums gemacht hätten. Sie verwiesen auf das Fehlen strenger Einstellungskriterien und die mangelnde Ausbildung von Polizeibeamten, das Fehlen einer wirksamen Aufsicht und die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 35

Notwendigkeit, dass die Staatsanwälte gründlichere und zügigere Ermittlungen in Fällen angeblicher Misshandlungen durch Polizeibeamte durchführen (USDOS 20.3.2023). In zahlreichen Fällen wurde der Polizei exzessive Gewaltausübung nachgewiesen, insbesondere gegen Inhaftierte. Diese Fälle wurden von den Gerichten sehr schleppend behandelt, die Strafmaße bei Verurteilungen fielen milde aus und auch verurteilte Polizisten durften weiter im Dienst bleiben. Korruption, mangelnde Transparenz und politischer Einfluss tragen dazu bei, dass es nach Auffassung von NGOs eine Kultur der Straflosigkeit gibt, wenn es um Gewalt seitens der Polizei oder des Vollzugsdienstes geht (KSW 12.2022). Montenegro muss nach Ansicht der Europäischen Kommission seine Bemühungen zur Durchführung effizienter, wirksamer und unabhängiger Untersuchungen zur Aufdeckung von Folter durch die Polizei verstärken (EK 8.11.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - KSW - Katholische Seelsorgeeinheit Waldkirch (12.2022): Die „Sicheren Herkunftsstaaten“ des Westbalkans, https://www.kath-waldkirch.de/media/download/integration/1684343/2022-12-12- die-sicheren-herkunftsstaaten-des-westbalkans_1.pdf, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 6. Korruption Montenegro hat bei der Korruptionsbekämpfung begrenzte Fortschritte erzielt. Montenegro hat seinen rechtlichen und strategischen Rahmen für die Korruptionsprävention und -bekämpfung nicht ausreichend im Einklang mit dem EU-Besitzstand und den europäischen und internationalen Standards verbessert. Einiges deutet darauf hin, dass Korruption und organisierte Kriminalität tief in die staatlichen Strukturen eingedrungen sind, auch auf der höchsten Ebene der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden. Mehrere Fälle von Korruption, die ins Licht der Öffentlichkeit gerückt sind, werden derzeit untersucht. Bei der Korruptionsprävention wurden begrenzte Fortschritte erzielt. Die Ergebnisse der Korruptionsbekämpfungsbehörde haben sich quantitativ gesehen verbessert. Allerdings sollten ihre Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Unparteilichkeit und Proaktivität weiter gewährleistet werden. Das Gesetz zur Korruptionsprävention sollte verbessert werden (EK 8.11,2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 35

Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, aber die Regierung setzte diese nicht wirksam um, und Korruption bleibt ein großes Problem. Nach Ansicht der Öffentlichkeit ist Korruption bei Einstellungen auf der Grundlage persönlicher Beziehungen oder politischer Zugehörigkeit in der Regierung und in anderen Bereichen des öffentlichen Sektors sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene weit verbreitet, insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, Hochschulbildung, Justiz, Zoll, politische Parteien, Polizei, Streitkräfte, Stadtplanung und Baugewerbe. Die Agentur für Korruptionsprävention (APC) setzte im Laufe des Jahres 2022 ihre Aktivitäten zum Aufbau von Kapazitäten und zur technischen Unterstützung fort, doch die inländischen NGOs kritisierten die mangelnde Transparenz und allgemeine Effizienz der Agentur. Die NGOs kritisierten weiterhin die Praxis der Korruptionsbekämpfungsbehörde, sich nicht mit Fällen mutmaßlicher Korruption zu befassen, die aus der Zeit vor der Gründung der Behörde im Jahr 2016 stammen. Die APC argumentierte, solche Fälle lägen außerhalb ihres Mandats; ein Argument, das der Verwaltungsgerichtshof 2018 verworfen hat. Die Europäische Kommission stellte fest, dass die Probleme im Zusammenhang mit der Integrität, Unparteilichkeit und Rechenschaftspflicht der APC fortbestehen. Die mit der Korruptionsbekämpfung beauftragten Agenturen räumten ein, dass die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen ihnen unzureichend sind. NGOs stellten fest, dass trotz gelegentlicher Verhaftungen von Prominenten die Wirksamkeit der Korruptionsbekämpfung durch das Ausbleiben von Anklagen in Fällen von Korruption und damit verbundener organisierter Kriminalität weiter beeinträchtigt wird (USDOS 20.3.2023). Montenegro liegt im 2022 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit einer Bewertung von 45 (von 100) (0=highly corrupt, 100=very clean) über dem Wert der Region Osteuropa & Zentralasien von 35. Damit liegt das Land gleichauf mit z.B. China und Kuba. Zum Vergleich: Österreich hat im CPI 2022 die Bewertung 71 (von 100) (TI 2023). Im Laufe des Jahres 2022 wurden mehrere hochkarätige Verfahren gegen Amtsträger wegen Korruption und organisierter Kriminalität eingeleitet, z.B. gegen den ehemaligen Leiter der Steuer- und Zollverwaltung, gegen den ehemaligen Präsidenten des Handelsgerichts, gegen ehemalige Vorstandsmitglieder eines staatlichen landwirtschaftlichen Unternehmens, gegen den ehemaligen Vorsitzenden des staatlichen Investitions- und Entwicklungsfonds, usw. Der Sonderstaatsanwalt beklagte in einem Interview, dass es seiner Behörde an personellen und technischen Ressourcen für fortschrittlichere Ermittlungsmethoden fehle. Außerdem wies er auf die mangelnde Vernetzung der staatlichen Datenbanken und die unzureichende Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Behörden hin (FH 24.5.2023). Im April und im Mai 2022 wurde u.a. der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs wegen des Verdachts auf Korruption inhaftiert. Der Sonderstaatsanwalt wurde im Dezember wegen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 35

Amtsmissbrauch festgenommen. Im Oktober forderte die Europäische Kommission Montenegro auf, Rechtsvorschriften zur Stärkung der justiziellen Unabhängigkeit, Integrität, Rechenschaftspflicht und Professionalität zu erlassen (AI 28.3.2023). Korruption und Vetternwirtschaft sind nach wie vor weit verbreitet. In den Fortschrittsberichten der Europäischen Kommission werden die Integrität, Glaubwürdigkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht und Prioritätensetzung der Korruptionsbekämpfungsbehörde, sowie der Staatsanwaltschaft immer wieder in Frage gestellt. Organisationen der Zivilgesellschaft und unabhängige Medien sorgen für ein gewisses Maß an Rechenschaftspflicht, indem sie über die offizielle Korruption und ihre Auswirkungen berichten. Im März 2022 wählte der Rat der Staatsanwaltschaft einen neuen Sonderstaatsanwalt, der sich vorrangig mit Korruptions- und Finanzermittlungen auf höchster Ebene befasst und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Institution stärkt (FH 2023). Quellen: - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - TI - Transparency International (2023): Corruption Perceptions Index 2022, https://images.transparencycdn.org/images/Report_CPI2022_English.pdf, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 7. Wehrdienst und Rekrutierungen Montenegro hat die Wehrpflicht abgeschafft (AA 26.5.2023). Die Verfassung befreit Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen, einschließlich derjenigen, die aus religiösen Gründen verweigern, vom Militärdienst. Ein Ersatzdienst ist nicht erforderlich (USDOS 15.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092384.html, Zugriff 2.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 35

8. Allgemeine Menschenrechtslage Die Verfassung Montenegros vom 19. Oktober 2007 enthält einen umfassenden Menschenrechtskatalog, der neben allgemeinen Bestimmungen und Verfahrensrechten die politischen Rechte und Freiheiten und umfangreiche wirtschaftliche, soziale und kulturelle Grundrechte festschreibt. Internationale Abkommen, denen Montenegro beigetreten ist, sowie die Grundsätze des Völkerrechts sind vorrangig anwendbares Recht, sofern die nationalen Gesetze hiervon abweichen. Die Verfassung sieht die Möglichkeit vor, sich im Falle einer Grundrechtsverletzung nach Ausschöpfung des Rechtsweges an das Verfassungsgericht zu wenden. In der Praxis gibt es im Umgang mit individuellen Verfassungsbeschwerden jedoch keine einheitliche Entscheidungslinie. Für die Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte wurde das Büro eines Menschenrechts-Ombudsmanns eingerichtet. Die Effektivität des Rechtssystems wird zudem von mehreren Menschenrechtsorganisationen aufmerksam und kritisch beobachtet, die insbesondere über Einzelfälle von Menschenrechtsverletzungen berichten. Die persönliche Freiheit und das Leben des Einzelnen sind durch staatliche Stellen nicht gefährdet. Staatliche Repression findet nicht statt. Es gibt keine Anzeichen für eine diskriminierende Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis. Eine Verwicklung staatlicher Stellen in Fälle von vermissten Personen ist ebenfalls nicht bekannt. In Montenegro gibt es keine Blutrache. Es liegen keine Erkenntnisse über eine systematische nichtstaatliche Verfolgung vor, es gibt keine Repressionen wie Misshandlungen, Entführungen, Verhaftungen, psychische Gewalt oder sonstige willkürliche Handlungen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Hautfarbe, Herkunft/Abstammung, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen/sozialen Gruppe. Menschenrechtsorganisationen können sich in Montenegro frei betätigen und finden breites öffentliches Gehör sowie auch finanzielle, internationale Unterstützung. Auf die Beobachtung von Wahlen spezialisierte Organisationen haben Zugang zum Wahlprozess (AA 26.5.2023). Auf dem Gebiet der Grundrechte ist der gesetzliche und institutionelle Rahmen weitgehend vorhanden und Montenegro erfüllt weiterhin weitgehend seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte. Allerdings sind laut der Europäischen Kommission zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um diesen Rahmen vollständig umzusetzen (EK 8.11.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 35

8.1. Folter Die Verfassung schützt die physische und mentale Integrität der Menschen und verbietet Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Montenegro hat das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) sowie das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) ratifiziert. Folter und Misshandlung sind Straftatbestände. Systematische Folter kommt nicht vor. Es wird jedoch immer wieder von einzelnen Fällen von Misshandlung im Gewahrsam von Polizei und Strafvollzugsbehörden berichtet. Entsprechende Fälle werden auch von Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen sowie vom Menschenrechts-Ombudsmann dokumentiert. Die mangelhafte disziplinarische Ahndung solcher Fälle, sowie die schwerfällige justizielle Aufarbeitung werden kritisiert (AA 26.5.2023). Es gibt Berichte über Folter von Verdächtigen durch die Polizei und über Gewaltanwendung in Gefängnissen und Haftanstalten. Die Regierung hat einige Polizeibeamte und Gefängniswärter strafrechtlich verfolgt, aber es kam zu Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren. NGOs stellten fest, dass mehrere beschuldigte Polizeibeamte weiterhin im Dienst blieben. Das Büro des Ombudsmanns erhielt Beschwerden wegen angeblicher polizeilicher Folter, doch bei den meisten Beschwerden welche zu Strafverfahren führten, gab es keine schweren Strafen. Die NGO Human Rights Action (HRA) berichtete, dass in den Jahren 2020 und 2021 mindestens 19 Personen ernsthafte Beschwerden über die Erpressung von Geständnissen durch Folter eingereicht haben. Die meisten Vorfälle sollen sich im Sicherheitszentrum Podgorica ereignet haben, das den Inspektoren und Beamten der Einheit zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption unterstellt ist. Das Komitee des Europarats zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) stellte in seinem Bericht aus dem Jahr 2022 fest, dass die meisten Opfer in der Zeit vor der offiziellen Anklageerhebung Foltervorwürfe erheben. Der Staatssekretär des Innenministeriums berichtete, dass es keine Beweise für systematische Folter im Land gebe, räumte aber ein, dass es zu einzelnen Vorfällen gekommen sein könnte (USDOS 20.3.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 35

8.2. Haftbedingungen Die Situation in den überbelegten montenegrinischen Gefängnissen ist angespannt. Durch frühzeitige Haftentlassungen und den verstärkten Gebrauch alternativer Sanktionen (z.B. gemeinnützige Arbeit, Hausarrest) hat sich das Problem der Überbelegung etwas entspannt – bei einer weiterhin unzureichenden Gesamtkapazität. Im Juli 2022 befanden sich 1.018 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes (Gesamtkapazität sämtlicher Gefängnisse: 1.333 Plätze). Mangelhaft sind insbesondere die medizinische Versorgung sowie das Fehlen von Besuchsräumen, ansonsten entsprechen die Gefängnisse europäischen Standards. Mit EU- Unterstützung wurde im ersten Quartal 2023 der Grundstein für den Bau eines Krankenhauses für die Haupthaftanstalt Montenegros gelegt, was zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung der Insassen führen soll. Der Plan, im Norden des Landes ein neues Gefängnis mit einer Kapazität von 200 Plätzen zu bauen, besteht weiterhin nur auf dem Papier (AA 26.5.2023). In Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten herrschen aufgrund von Überbelegung und eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung teilweise menschenunwürdige Bedingungen. Das CPT berichtete über problematische Überbelegung von Gefängnissen und unzureichenden Bedingungen in Polizeigefangenenhäusern, welche für eine Inhaftierung von Personen bis zu 72 Stunden nicht geeignet befunden wurden. NGOs berichten, dass drogenabhängige oder geistig behinderte Gefangene weiterhin Schwierigkeiten haben, während ihrer Haft eine angemessene Behandlung zu erhalten. Gewalt zwischen Gefangenen ist in Untersuchungs- und Strafhaft ein anhaltendes Problem. Es gab weit verbreitete Vorwürfe, dass Gefängnismitarbeiter mit Mitgliedern organisierter krimineller Gruppen zusammenarbeiteten. Es gibt einen Ombudsmann innerhalb des Büros für den Schutz der Menschenrechte. Das Büro für den Schutz der Menschenrechte kann mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen der Regierung untersuchen und Einrichtungen wie Gefängnisse und Untersuchungshaftanstalten ohne vorherige Ankündigung inspizieren. Das Büro des Ombudsmannes stellte im Juni 2022 fest, dass sich Gefangene über lange Wartezeiten für spezialisierte medizinische Untersuchungen beklagten und auf Probleme bei der Kommunikation mit den Psychiatern im Gefängnissystem hinwiesen. Die Behörden untersuchten glaubwürdige Misshandlungsvorwürfe, doch in der Regel als Reaktion auf Medienkampagnen oder auf Empfehlung des Ombudsmanns. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Allgemeinen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Regierung lässt Besuche unabhängiger, nichtstaatlicher Beobachter, einschließlich Menschenrechtsgruppen und Medien, sowie internationaler Organisationen wie des CPT in den Gefängnissen zu. Im Laufe des Jahres 2022 wurden die physischen Einrichtungen, die Personalausstattung und die Ausbildung des Wachpersonals weiter verbessert. Nach Berichten von NGOs wurden einige Verbesserungen bei der Ernährung und der medizinischen Versorgung, der Personalausstattung und der Arbeitsumgebung vorgenommen. Auch die Zahl der Familienbesuche nahm zu. Die Behörden ergriffen zusätzliche Maßnahmen, um die vom CPT festgestellten Mängel zu beheben, darunter .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 35

die Renovierung von Teilen des Zentralgefängnisses und der Haftanstalten. Laut dem Fortschrittsbericht 2021 der Europäischen Kommission über Montenegro wurden in den letzten Jahren einige Fortschritte im Strafvollzugssystem und bei den Haftbedingungen erzielt. Mehrere NGOs führten Bildungs-, Freizeit- und Berufsbildungsmaßnahmen für Gefangene durch. Psychologische, soziale und resozialisierende Dienste wurden auch im Haft- und Rehabilitationszentrum für Jugendliche in Podgorica angeboten. Der Ombudsmann berichtete von einer passiven Haltung der Beamten in den Haftanstalten, wenn Berichte über schwere Misshandlungen vorlagen. Der Ombudsmann stellte fest, dass es an effektiven und effizienten Untersuchungen mangelte, was die öffentliche Wahrnehmung der Straffreiheit für Sicherheitsbeamte oft noch verstärkte (USDOS 20.3.2023). Im Mai 2022 äußerte der UN-Ausschuss gegen Folter erneut Besorgnis über die Haftbedingungen und Rechte von Gefangenen in Polizeigewahrsam und in Gefängnissen. Auch bemängelte er, dass die Misshandlung von Personen in Gewahrsam nicht hinreichend unabhängig untersucht werde (AI 28.3.2023). Die Haftbedingungen entsprechen nicht den internationalen Standards für Bildung und Gesundheitsversorgung, und die Gefängniswärter misshandeln die Insassen Berichten zufolge ungestraft (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.3. NGOs/Menschenrechtsaktivisten Mehrere inländische und internationale Menschenrechtsgruppen untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen. Die Regierungsbeamten sind in der Regel kooperativ und gehen auf die Ansichten internationaler Gruppen ein, aber einige inländische NGOs bewerteten diese Zusammenarbeit als uneinheitlich und stellen fest, dass die Regierung ihre Ersuchen um Informationen gemäß dem Gesetz über den freien Zugang zu Informationen selektiv ignoriert (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 35

Obwohl die meisten Nichtregierungsorganisationen ohne Einmischung arbeiten, wurden diejenigen, die Korruption untersuchten oder die frühere DPS-Regierung kritisierten, unter Druck gesetzt. Nachfolgende Regierungen erkannten zivilgesellschaftliche Akteure als strategische Partner bei der Ausarbeitung von Regierungsreformen an, obwohl einige Mitglieder der Zivilgesellschaft ihre erklärten Reformverpflichtungen als oberflächlich kritisiert haben. NGOs, die der Regierung kritisch gegenüberstanden, wurde unterstellt gegen Montenegro zu arbeiten (FH 2023). Die Rolle der Zivilgesellschaft wird anerkannt und gefördert. Der rechtliche und institutionelle Rahmen, der die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft regelt, muss jedoch laut der Europäischen Kommission verbessert werden. Politiker, auch auf höchster Ebene, haben die Arbeit der Organisationen der Zivilgesellschaft häufig verunglimpft und es wurden einzelne Fälle von verbalen Angriffen gemeldet (EK 8.11.2023). Quellen: - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.4. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sind nicht eingeschränkt. Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind verfassungsrechtlich garantiert und in der Praxis geschützt (AA 26.5.2023). Die Verfassung und das Gesetz sehen die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023). Politische Parteien können sich größtenteils ohne direkte Einmischung bilden und arbeiten. Alle Bürger haben volle politische Rechte und Wahlmöglichkeiten. Die Bürger genießen im Allgemeinen Versammlungsfreiheit. Gelegentlich kommt es jedoch zu Gewalt, übermäßiger Polizeigewalt oder Störungen von Demonstrationen (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 35

- USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.5. Meinungs- und Pressefreiheit In der Verfassung ist das Recht auf freie Meinungsäußerung verankert, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen. Ein zunehmender Trend zu Verunglimpfung, verbalen Drohungen und Beleidigungen gegen Journalisten und zivile Aktivisten, sowie ungeklärte Angriffe auf Journalisten untergraben das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Medien bringen im Allgemeinen eine breite Palette politischer und sozialer Ansichten zum Ausdruck, darunter auch Kritik an der Regierung. Die Medienaufsichtsbehörden griffen im Laufe des Jahres 2022 mehrmals ein, um die Weiterverbreitung von Material aus serbischen und russischen Staatsmedien zu unterbinden. Es gibt keine Berichte darüber, dass die Regierung Gewalt gegen die Medien ausübt; allerdings denunzierten Regierungsvertreter regierungskritische Medien. Unabhängige und oppositionelle Medien berichteten über unfaire Behandlung und wirtschaftlichen Druck seitens der Ministerien und Behörden. Niedrige Gehälter und politischer Druck trugen zur Selbstzensur bei. Journalisten sind weiterhin Einschüchterungen, Gewaltandrohungen und Angriffen von unbekannten Personen ausgesetzt, weil sie über Korruption und Schmuggel berichten. Am 2. November 2022 meldete das Montenegrinische Medieninstitut, dass es in den ersten zehn Monaten des Jahres 19 Angriffe auf Journalisten gegeben habe (2021: 28 Angriffe). Nach Angaben der Mediengewerkschaft belief sich die Zahl der Angriffe und Drohungen gegen Journalisten in den Jahren 2020-2022 auf insgesamt 70, wobei die meisten Drohungen über soziale Medien erfolgten oder während Journalisten über politische Versammlungen und Proteste berichteten. Die Regierung hat den Zugang zum Internet nicht eingeschränkt oder unterbrochen oder Online-Inhalte zensiert, und es gab keine glaubwürdigen Berichte darüber, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht hat (USDOS 20.3.2023). Die Medienlandschaft in Montenegro ist pluralistisch und stark polarisiert. Bei einigen früheren Fällen körperlicher Angriffe auf Journalisten war die polizeiliche und juristische Aufarbeitung nur teilweise erfolgreich (AA 26.5.2023). Montenegro verfügt über eine pluralistische und vielfältige Medienlandschaft und hat im Bereich der freien Meinungsäußerung begrenzte Fortschritte erzielt. Im Allgemeinen haben die Behörden rasch und wirksam auf neue Fälle von Gewalt gegen Journalisten reagiert. Die Regierung bezog die Zivilgesellschaft und die Medienakteure in die Ausarbeitung einer neuen Mediengesetzgebung ein, versäumte es jedoch diese Gesetzesvorschläge fertigzustellen und dem Parlament vorzulegen. Es sind weitere nachhaltige Anstrengungen erforderlich, um die höchsten Standards der Medienintegrität und und Rechenschaftspflicht zu erfüllen, Desinformation und die Auswirkungen von Online-Verunglimpfung zu bekämpfen. Das Medienumfeld ist nach wie vor stark .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 35
