mont-lib-2024-02-09-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
8.2. Haftbedingungen Die Situation in den überbelegten montenegrinischen Gefängnissen ist angespannt. Durch frühzeitige Haftentlassungen und den verstärkten Gebrauch alternativer Sanktionen (z.B. gemeinnützige Arbeit, Hausarrest) hat sich das Problem der Überbelegung etwas entspannt – bei einer weiterhin unzureichenden Gesamtkapazität. Im Juli 2022 befanden sich 1.018 Häftlinge in den Gefängnissen des Landes (Gesamtkapazität sämtlicher Gefängnisse: 1.333 Plätze). Mangelhaft sind insbesondere die medizinische Versorgung sowie das Fehlen von Besuchsräumen, ansonsten entsprechen die Gefängnisse europäischen Standards. Mit EU- Unterstützung wurde im ersten Quartal 2023 der Grundstein für den Bau eines Krankenhauses für die Haupthaftanstalt Montenegros gelegt, was zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung der Insassen führen soll. Der Plan, im Norden des Landes ein neues Gefängnis mit einer Kapazität von 200 Plätzen zu bauen, besteht weiterhin nur auf dem Papier (AA 26.5.2023). In Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten herrschen aufgrund von Überbelegung und eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung teilweise menschenunwürdige Bedingungen. Das CPT berichtete über problematische Überbelegung von Gefängnissen und unzureichenden Bedingungen in Polizeigefangenenhäusern, welche für eine Inhaftierung von Personen bis zu 72 Stunden nicht geeignet befunden wurden. NGOs berichten, dass drogenabhängige oder geistig behinderte Gefangene weiterhin Schwierigkeiten haben, während ihrer Haft eine angemessene Behandlung zu erhalten. Gewalt zwischen Gefangenen ist in Untersuchungs- und Strafhaft ein anhaltendes Problem. Es gab weit verbreitete Vorwürfe, dass Gefängnismitarbeiter mit Mitgliedern organisierter krimineller Gruppen zusammenarbeiteten. Es gibt einen Ombudsmann innerhalb des Büros für den Schutz der Menschenrechte. Das Büro für den Schutz der Menschenrechte kann mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen der Regierung untersuchen und Einrichtungen wie Gefängnisse und Untersuchungshaftanstalten ohne vorherige Ankündigung inspizieren. Das Büro des Ombudsmannes stellte im Juni 2022 fest, dass sich Gefangene über lange Wartezeiten für spezialisierte medizinische Untersuchungen beklagten und auf Probleme bei der Kommunikation mit den Psychiatern im Gefängnissystem hinwiesen. Die Behörden untersuchten glaubwürdige Misshandlungsvorwürfe, doch in der Regel als Reaktion auf Medienkampagnen oder auf Empfehlung des Ombudsmanns. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Allgemeinen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Regierung lässt Besuche unabhängiger, nichtstaatlicher Beobachter, einschließlich Menschenrechtsgruppen und Medien, sowie internationaler Organisationen wie des CPT in den Gefängnissen zu. Im Laufe des Jahres 2022 wurden die physischen Einrichtungen, die Personalausstattung und die Ausbildung des Wachpersonals weiter verbessert. Nach Berichten von NGOs wurden einige Verbesserungen bei der Ernährung und der medizinischen Versorgung, der Personalausstattung und der Arbeitsumgebung vorgenommen. Auch die Zahl der Familienbesuche nahm zu. Die Behörden ergriffen zusätzliche Maßnahmen, um die vom CPT festgestellten Mängel zu beheben, darunter .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 35

die Renovierung von Teilen des Zentralgefängnisses und der Haftanstalten. Laut dem Fortschrittsbericht 2021 der Europäischen Kommission über Montenegro wurden in den letzten Jahren einige Fortschritte im Strafvollzugssystem und bei den Haftbedingungen erzielt. Mehrere NGOs führten Bildungs-, Freizeit- und Berufsbildungsmaßnahmen für Gefangene durch. Psychologische, soziale und resozialisierende Dienste wurden auch im Haft- und Rehabilitationszentrum für Jugendliche in Podgorica angeboten. Der Ombudsmann berichtete von einer passiven Haltung der Beamten in den Haftanstalten, wenn Berichte über schwere Misshandlungen vorlagen. Der Ombudsmann stellte fest, dass es an effektiven und effizienten Untersuchungen mangelte, was die öffentliche Wahrnehmung der Straffreiheit für Sicherheitsbeamte oft noch verstärkte (USDOS 20.3.2023). Im Mai 2022 äußerte der UN-Ausschuss gegen Folter erneut Besorgnis über die Haftbedingungen und Rechte von Gefangenen in Polizeigewahrsam und in Gefängnissen. Auch bemängelte er, dass die Misshandlung von Personen in Gewahrsam nicht hinreichend unabhängig untersucht werde (AI 28.3.2023). Die Haftbedingungen entsprechen nicht den internationalen Standards für Bildung und Gesundheitsversorgung, und die Gefängniswärter misshandeln die Insassen Berichten zufolge ungestraft (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.3. NGOs/Menschenrechtsaktivisten Mehrere inländische und internationale Menschenrechtsgruppen untersuchen und veröffentlichen ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen. Die Regierungsbeamten sind in der Regel kooperativ und gehen auf die Ansichten internationaler Gruppen ein, aber einige inländische NGOs bewerteten diese Zusammenarbeit als uneinheitlich und stellen fest, dass die Regierung ihre Ersuchen um Informationen gemäß dem Gesetz über den freien Zugang zu Informationen selektiv ignoriert (USDOS 20.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 35

Obwohl die meisten Nichtregierungsorganisationen ohne Einmischung arbeiten, wurden diejenigen, die Korruption untersuchten oder die frühere DPS-Regierung kritisierten, unter Druck gesetzt. Nachfolgende Regierungen erkannten zivilgesellschaftliche Akteure als strategische Partner bei der Ausarbeitung von Regierungsreformen an, obwohl einige Mitglieder der Zivilgesellschaft ihre erklärten Reformverpflichtungen als oberflächlich kritisiert haben. NGOs, die der Regierung kritisch gegenüberstanden, wurde unterstellt gegen Montenegro zu arbeiten (FH 2023). Die Rolle der Zivilgesellschaft wird anerkannt und gefördert. Der rechtliche und institutionelle Rahmen, der die Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft regelt, muss jedoch laut der Europäischen Kommission verbessert werden. Politiker, auch auf höchster Ebene, haben die Arbeit der Organisationen der Zivilgesellschaft häufig verunglimpft und es wurden einzelne Fälle von verbalen Angriffen gemeldet (EK 8.11.2023). Quellen: - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.4. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sind nicht eingeschränkt. Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind verfassungsrechtlich garantiert und in der Praxis geschützt (AA 26.5.2023). Die Verfassung und das Gesetz sehen die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vor, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023). Politische Parteien können sich größtenteils ohne direkte Einmischung bilden und arbeiten. Alle Bürger haben volle politische Rechte und Wahlmöglichkeiten. Die Bürger genießen im Allgemeinen Versammlungsfreiheit. Gelegentlich kommt es jedoch zu Gewalt, übermäßiger Polizeigewalt oder Störungen von Demonstrationen (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 35

- USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 8.5. Meinungs- und Pressefreiheit In der Verfassung ist das Recht auf freie Meinungsäußerung verankert, auch für Mitglieder der Presse und anderer Medien, und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen. Ein zunehmender Trend zu Verunglimpfung, verbalen Drohungen und Beleidigungen gegen Journalisten und zivile Aktivisten, sowie ungeklärte Angriffe auf Journalisten untergraben das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Medien bringen im Allgemeinen eine breite Palette politischer und sozialer Ansichten zum Ausdruck, darunter auch Kritik an der Regierung. Die Medienaufsichtsbehörden griffen im Laufe des Jahres 2022 mehrmals ein, um die Weiterverbreitung von Material aus serbischen und russischen Staatsmedien zu unterbinden. Es gibt keine Berichte darüber, dass die Regierung Gewalt gegen die Medien ausübt; allerdings denunzierten Regierungsvertreter regierungskritische Medien. Unabhängige und oppositionelle Medien berichteten über unfaire Behandlung und wirtschaftlichen Druck seitens der Ministerien und Behörden. Niedrige Gehälter und politischer Druck trugen zur Selbstzensur bei. Journalisten sind weiterhin Einschüchterungen, Gewaltandrohungen und Angriffen von unbekannten Personen ausgesetzt, weil sie über Korruption und Schmuggel berichten. Am 2. November 2022 meldete das Montenegrinische Medieninstitut, dass es in den ersten zehn Monaten des Jahres 19 Angriffe auf Journalisten gegeben habe (2021: 28 Angriffe). Nach Angaben der Mediengewerkschaft belief sich die Zahl der Angriffe und Drohungen gegen Journalisten in den Jahren 2020-2022 auf insgesamt 70, wobei die meisten Drohungen über soziale Medien erfolgten oder während Journalisten über politische Versammlungen und Proteste berichteten. Die Regierung hat den Zugang zum Internet nicht eingeschränkt oder unterbrochen oder Online-Inhalte zensiert, und es gab keine glaubwürdigen Berichte darüber, dass die Regierung private Online-Kommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht hat (USDOS 20.3.2023). Die Medienlandschaft in Montenegro ist pluralistisch und stark polarisiert. Bei einigen früheren Fällen körperlicher Angriffe auf Journalisten war die polizeiliche und juristische Aufarbeitung nur teilweise erfolgreich (AA 26.5.2023). Montenegro verfügt über eine pluralistische und vielfältige Medienlandschaft und hat im Bereich der freien Meinungsäußerung begrenzte Fortschritte erzielt. Im Allgemeinen haben die Behörden rasch und wirksam auf neue Fälle von Gewalt gegen Journalisten reagiert. Die Regierung bezog die Zivilgesellschaft und die Medienakteure in die Ausarbeitung einer neuen Mediengesetzgebung ein, versäumte es jedoch diese Gesetzesvorschläge fertigzustellen und dem Parlament vorzulegen. Es sind weitere nachhaltige Anstrengungen erforderlich, um die höchsten Standards der Medienintegrität und und Rechenschaftspflicht zu erfüllen, Desinformation und die Auswirkungen von Online-Verunglimpfung zu bekämpfen. Das Medienumfeld ist nach wie vor stark .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 35

politisch polarisiert, und die Anwendung des journalistischen des journalistischen Ethikkodex und professionellen Standards ist uneinheitlich (EK 8.11.2023). Die Regierung begann 2022 mit einer Reform der Mediengesetzgebung, hatte sie aber bis zum Jahresende nicht abgeschlossen. Durch neue Regeln für die Registrierung von Online-Medien verringerte sich die Zahl der Anbieter erheblich. Online-Inhalte wurden weiterhin nur locker reguliert, und zivilgesellschaftliche Organisationen warnten, dass Portale sich nicht an ihre gesetzliche Verpflichtung zur Entfernung von verhetzenden Inhalten hielten (FH 24.5.2023). Im Laufe des Jahres 2022 wurden 25 tätliche Angriffe auf Journalisten gemeldet. Im September 2022 bat die Regierung ausländische Experten um Unterstützung bei der erneuten Untersuchung historischer Fälle (AI 28.3.2023). In Montenegro gibt es eine Reihe unabhängiger Medien, und die Medienberichterstattung ist bei bestimmten Themen parteiisch und kämpferisch. Die staatliche Rundfunk- und Fernsehanstalt von Montenegro (RTCG) hat Fortschritte bei der Umwandlung in eine echte öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt gemacht und zeichnet sich durch eine ausgewogenere redaktionelle Politik sowie integrativere und vielfältigere politische Inhalte aus. Meinungsumfragen im Jahr 2022 zeigten, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in RTCG gestiegen ist und die Zuschauerzahlen zugenommen haben. Der fehlende Druck von außen in den Jahren 2021 und 2022 führte dazu, dass die interne Zensur in den Medienhäusern und die Selbstzensur unter den Journalisten an Bedeutung verloren. Reporter, die über Korruption und organisierte Kriminalität berichten, sind nach wie vor der Gefahr von Gewalt ausgesetzt (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - EK - Europäische Kommission (8.11.2023): Montenegro 2023 Report [SWD(2023) 694 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/2101213/SWD_2023_694+Montenegro+report.pdf, Zugriff 30.1.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 35

8.6. Religionsfreiheit Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, Einschränkungen von staatlicher Seite bei der Religionsausübung bestehen nicht. Vorherrschend sind die orthodoxe Kirche, unterteilt in die miteinander rivalisierende serbisch-orthodoxe und montenegrinisch-orthodoxe Kirche, sowie der Islam. In den Grenzgebieten zu Serbien, Kosovo und Albanien leben katholische Bevölkerungsgruppen. In Podgorica besteht neben einer katholischen auch eine Adventistenkirche (AA 26.5.2023). Die Verfassung sieht Religionsfreiheit sowie das Recht vor, die Religion zu wechseln. Sie legt fest, dass es keine Staatsreligion gibt und schreibt Gleichheit und Freiheit für alle Religionsgemeinschaften vor. Schätzungen gehen davon aus, dass von den rund 605.000 Kosovaren etwa 72 Prozent orthodox sind und im Allgemeinen entweder der Serbisch Orthodoxen Kirche (SOK) oder der Montenegrinisch Orthodoxen Kirche (MOK) angehören. Es besteht jedoch kein Konsens darüber, wie groß die SOK und die MOK jeweils sind. Nach NGO-Angaben aus dem Jahr 2020 macht die SOK etwa 90 Prozent der orthodoxen Bevölkerung aus. Regierungsbeamte schätzen jedoch, dass der Anteil der MOK an der orthodoxen Bevölkerung höher ist. Laut Volkszählung 2011 sind 19,1 Prozent der Bevölkerung Muslime, 3,4 Prozent Katholiken und 1,2 Prozent Atheisten. 2,6 Prozent gaben keine religiöse Präferenz an. Mehrere andere Gruppen, darunter die Siebenten-Tags-Adventisten (vor Ort als Christliche Adventistische Kirche registriert), die Zeugen Jehovas, andere Christen, Buddhisten und Agnostiker, machen zusammen weniger als 1 Prozent der Bevölkerung aus. Nach Angaben des Jüdischen Weltkongresses leben etwa 400 bis 500 Juden im Land. Die Daten spiegeln eine starke Korrelation zwischen ethnischer Zugehörigkeit und Religion wider: ethnische Montenegriner und ethnische Serben werden überwiegend mit der Orthodoxie in Verbindung gebracht, ethnische Albaner mit dem Islam oder dem Katholizismus und ethnische Kroaten mit der katholischen Kirche. Die Gesetze verbieten Diskriminierung aus religiösen Gründen. Verstöße werden mit einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet (USDOS 15.5.2023). Die Stellung der religiösen Organisationen im Land - insbesondere der Serbisch-Orthodoxen Kirche (SOK) - sorgte weiterhin für Spannungen zwischen den politischen Parteien und der Öffentlichkeit. Im Juni 2022 veröffentlichte die Regierung trotz Widerstands den Entwurf eines Abkommens mit der SOK. Das Abkommen umfasste Fragen der Rechtssubjektivität und der Kontinuität der SOK sowie der gegenseitigen Rechte und Pflichten von Staat und Kirche. Trotz der Proteste wurde das Abkommen unterzeichnet. Infolgedessen verlor die Regierung von Dritan Abazović Mitte August 2022 ein Misstrauensvotum, nahm aber trotz der anhaltenden Spannungen bis zum Jahresende ihre Aufgaben als geschäftsführende Regierung weiter wahr (FH 24.5.2023). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 35

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - FH - Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092904.html, Zugriff 31.1.2024 - USDOS – US Department of State (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092384.html, Zugriff 2.2.2024 9. Todesstrafe Die Todesstrafe ist in Montenegro durch Artikel 26 der Verfassung verboten (AA 26.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 10. Minderheiten Schutz ethnischer Minderheiten ist in der Verfassung verankert. Deren Angehörigen wird unter anderem das Recht auf Bildung in der Muttersprache, auf Gebrauch dieser Sprache gegenüber Behörden, auf Verwendung ihrer nationalen Symbole und auf angemessene Vertretung im Staatsapparat garantiert (AA 9.10.2023). In der Volkszählung von 2011 bekannten sich 45 Prozent der Bevölkerung in Montenegro als ethnische Montenegriner, rund 29 Prozent als Serben, 9 Prozent als Bosniaken, 5 Prozent als Albaner, 3 Prozent als sonstige Muslime und 1 Prozent als Kroaten. Albaner und Bosniaken sind durch eigene Parteien im Parlament vertreten. Die Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Frage der Verwendung und Bezeichnung der Sprache, der verfassungsrechtliche Anspruch einer proportionalen Repräsentanz im öffentlichen Dienst sowie der Status von Gemeinden mit hohem Bevölkerungsanteil ethnischer Minderheiten sorgen für politischen Zündstoff, ohne das insgesamt friedliche Miteinander der ethnischen Minderheiten in Frage zu stellen. Nationalistisch-ethnische Ausfälle einzelner Personen oder kleinerer Gruppen werden weiterhin registriert. Montenegro zeichnet sich durch ein weitgehend spannungsfreies Zusammenleben der ethnischen Minderheiten aus (AA 26.5.2023). Die Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz spezieller Rechte und Freiheiten nationaler Minderheiten. Diese umfassen: - das Recht, nationale, ethnische, kulturelle und religiöse Eigenarten zu schützen, zu entwickeln und ihnen öffentlich Ausdruck zu verleihen, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 35

- das Recht auf nationale Symbole und Feiertage, - das Recht zur Verwendung der eigenen Sprache und Schrift (in Gebieten mit erheblichem Bevölkerungsanteil auch im amts-sprachlichen Verkehr), - das Recht auf Schulunterricht in der Muttersprache unter Berücksichtigung der eigenen Geschichte in den Curricula, - das Recht, Bildungs-, Kultur- und religiöse Vereine zu gründen (mit materieller Unterstützung des Staates) sowie Kontakte zu entsprechenden Vereinen im Ausland zu unterhalten, - das Recht auf „authentische Vertretung“ in Parlament und lokaler Selbstverwaltung sowie auf „proportionale Vertretung“ im öffentlichen Dienst. (AA 26.5.2023) Es gibt keine Gesetze, welche die Beteiligung von Angehörigen von Minderheitengruppen am politischen Prozess formell einschränken, und sie beteiligen sich auch daran. Die Gesetze gewährleisten den Schutz der Menschenrechte und Freiheiten, einschließlich des Rechts, die nationale, ethnische, kulturelle, religiöse und sprachliche Identität öffentlich zu bekunden. Die Regierung setzt die Gesetze zum Schutz von Angehörigen ethnischer Minderheiten vor Gewalt nicht wirksam durch. Albaner und Bosniaken in den südlichen und nordöstlichen Teilen des Landes behaupten häufig, sie seien Opfer von Diskriminierung durch die Regierung und litten unter wirtschaftlicher Vernachlässigung. Die von der Regierung unterstützten nationalen Räte für Serben, Bosniaken, Albaner, Muslime, Kroaten und Roma vertreten die Interessen dieser Gruppen. NGOs, Beobachter und Medien beschuldigten die Regierung, Gelder aus einem zur Finanzierung der nationalen Räte eingerichteten Fonds, zu veruntreuen (USDOS 20.3.2023). Kleine politische Parteien, welche die Interessen ethnischer, religiöser und anderer Minderheitengruppen vertreten, nehmen am politischen Leben teil, und Angehörige dieser Minderheiten sind auch in größeren Parteien vertreten - obwohl die Roma weiterhin unterrepräsentiert sind. Angehörige der Roma, Ashkali, Ägypter und anderer ethnischer Minderheiten sowie LGBT+-Personen sind Diskriminierungen ausgesetzt (FH 2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.10.2023): Montenegro: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/montenegro-node/politisches-portraet/ 216348, Zugriff 24.1.2024 - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im _Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 35

- USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 10.1. Roma, Ashkali und Balkan-Ägypter (RAE) Im Gegensatz zur guten Integration der eingesessenen kroatischen, bosniakischen und albanischen Minderheiten, leben die ca. 3.000 als Flüchtlinge aus dem Kosovo nach Montenegro gekommenen und die ca. 9.000 bereits seit Jahrzehnten in Montenegro ansässigen Roma (Roma/Balkan-Ägypter/Ashkali) am Rande der Gesellschaft. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass die für eine Verbesserung der Integration der Roma zugesagten finanziellen Mittel über Jahre nur teilweise für diesen Zweck verwendet worden sind. Gleichwohl genießt die Problematik sowohl in der Öffentlichkeit als auch in Regierung und Gemeinden mittlerweile eine große Aufmerksamkeit. Die Situation der Roma-Familien zeichnet sich durch weitverbreitete Apathie, Abhängigkeit von humanitärer Hilfe und häufige häusliche Gewalt, Kinderehen und Kinderarbeit anstelle von Schulbesuch aus. Eines der Haupthindernisse für eine bessere Integration von Roma besteht darin, dass ein Teil weiterhin ohne gültige Personaldokumente lebt, was den Zugang zu sozialer Fürsorge, medizinischer Versorgung, Ausbildung und Beschäftigung erschwert. Die Roma-Flüchtlingslager in Konik wurden inzwischen geschlossen. Es wurden für die bisher dort lebenden Menschen feste Häuser gebaut. Unter den Roma-Flüchtlingen aus dem Kosovo hat die überwiegende Mehrheit mittlerweile ihren Status legalisiert. Problemfälle sind lediglich in Konik geborene Kinder, deren Eltern noch keine Dokumente aus dem Kosovo besorgt haben und einige wenige, die über keinerlei bzw. nur unvollständige Dokumente verfügen. Das Bildungs- und Beschäftigungsniveau der Roma liegt deutlich unter dem aller anderen Bevölkerungsgruppen in Montenegro. Lediglich 10 Prozent der Schulkarrieren von Roma-Kindern führen laut NGOs zu einem Abschluss, wobei 2 Prozent eine weiterführende Schule beenden. Im Studienjahr 2022 waren insgesamt 14 Roma und sogenannte Balkan-Ägypter mit Regierungsstipendium an montenegrinischen Universitäten eingeschrieben. Lag die Arbeitslosenquote sowie die Quote der Personen ohne Schul- und Berufsabschluss 2022 in der Gesamtbevölkerung bei rund 19 Prozent (inoffizielle Angabe), lag sie unter Roma bei ca. 82 Prozent. Die Schwierigkeiten der Roma auf dem Arbeitsmarkt sind neben dem niedrigen Ausbildungsniveau auch auf eine geringere Bereitschaft zurückzuführen, Roma einzustellen. 2011 wurde eine Antidiskriminierungskampagne verabschiedet und ein „Nationaler Rat zum Schutz vor Diskriminierungen“ gegründet. Während eine gewisse Sensibilisierung der Gesellschaft für den Umgang mit Minderheiten feststellbar ist, hat sich die Lebenssituation der Roma bisher wenig geändert (AA 26.5.2023). Das Gesetz sieht zwar vor, dass Parteien, die einer Minderheit angehören und weniger als 3 Prozent der Stimmen erhalten oder weniger als 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen, eine Vertretung erhalten, doch gilt das Gesetz nicht für die Gemeinschaft der Roma. Es gibt keine politischen Vertreter der Roma, Aschkali oder Balkan-Ägypter auf nationaler oder kommunaler .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 35

Ebene. Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter sind nach wie vor am meisten gefährdet Opfer von Diskriminierung zu werden. Die Regierung behauptet, die Strategie für die soziale Eingliederung der Roma und Ägypter 2021-2025 umgesetzt und einen Aktionsplan für 2022-2023 verabschiedet zu haben, doch nach Angaben einer NGO tritt die Arbeitsgruppe zur Überwachung der Umsetzung nur selten zusammen (USDOS 20.3.2023). Angehörige der Roma, Ashkali, Ägypter und anderer ethnischer Minderheiten sind Diskriminierungen ausgesetzt (FH 2023). Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCR) gab im November 2022 an, dass in Montenegro weniger als 500 Menschen staatenlos waren. Hierzu zählten zahlreiche Roma und Balkan-Ägypter, die aus dem Kosovo vertrieben worden waren, sowie etwa 250 Roma-Kinder, die in Montenegro geboren wurden, allerdings nicht über die für den Zugang zu grundlegenden sozialen und wirtschaftlichen Rechten erforderlichen Dokumente verfügten (AI 28.3.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.5.2023): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Montenegro als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2092799/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_a uf_die_Einstufung_von_Montenegro_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_ a_AsylG_%28Stand_April_2023%29%2C_26.05.2023.pdf, Zugriff 24.1.2024 - AI – Amnesty International (28.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Montenegro 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2094438.html, Zugriff 7.2.2024 - FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088541.html, Zugriff 8.2.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Montenegro, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089698.html, Zugriff 25.1.2024 11. Relevante Bevölkerungsgruppen 11.1. Frauen Die Verfassung schützt die Gleichberechtigung der Geschlechter und enthält einen Auftrag zur tatsächlichen Herstellung von Chancengleichheit. Dies wird in zahlreichen Gesetzen konkretisiert, etwa im Familienrecht, im Arbeitsrecht oder im Gesetz zum Schutz vor häuslicher Gewalt. Letztere ist in Montenegro weiterhin verbreitet. Eine von der OSZE durchgeführte Studie über Gewalt gegen Frauen in Montenegro zeigte, dass mehr als zwei von fünf Frauen Opfer psychischer oder physischer Gewalt durch ihren aktuellen oder früheren Partner wurden. Nach Schätzungen des United Nations Development Programme (UNDP) soll jede dritte Frau in Montenegro irgendeine Form von Gewalt erlebt haben. Die montenegrinische Gesellschaft ist von tief verwurzelten patriarchalischen Einstellungen und Normen geprägt, die möglicherweise Grundlage für geschlechtsspezifische Gewalt darstellen. Nach Aussage des montenegrinischen Ombudsmanns .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 35
