myan-lib-2022-08-26-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
ernannte Minister auf Landes- und Regionsebene (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Die meisten Beobachter hielten diese Anschuldigungen für unbegründet. Obwohl Korruption weit verbreitet war, wandte das Regime im Gegensatz zu der von ihm gestürzten Zivilregierung die Korruptionsgesetze fast ausschließlich gegen Gegner an. Fälle, die sich häufig auf erzwungene Zeugenaussagen stützten, vermittelten kein genaues Bild der tatsächlichen Korruption (USDOS 12.4.2022). Korruption war in allen Bereichen des politischen Lebens weit verbreitet, insbesondere auch im Justizwesen. Neben geringfügiger Erpressung durch die Polizei gab es auch schwerwiegendere Formen der Bestechung auf höheren Ebenen, z. B. die Forderung von Bestechungsgeldern von Opfern für die Durchführung von Ermittlungen (USDOS 12.4.2022). Militärische Offiziere scheinen immer noch außerhalb der Reichweite von Korruptionsermittlungen zu liegen (BS 23.2.2022). Laut einem 2019 veröffentlichten UN-Bericht besitzt das Militär außerdem ein ausgedehntes Netz von „Vetternwirtschaft“, deren Einnahmen es ihm ermöglichen, sich der Rechenschaftspflicht und der öffentlichen Kontrolle zu entziehen und Menschenrechtsverletzungen ungestraft zu begehen. Die Privatisierung staatlicher Unternehmen und andere Wirtschaftsreformen der letzten Jahre sollen Familienmitgliedern und Partnern von Militärs und Regierungsbeamten zugutegekommen sein. Nach dem Putsch vom Februar 2021 sollen die Kinder hochrangiger Militärs versucht haben, ihre Verbindungen zu nutzen, um sich lukrative Lieferverträge und andere Schmiergelder zu sichern (FH 28.2.2022). Im Korruptionsindex 2021 von Transparency International scheint Myanmar auf Platz 140 von insgesamt 180 Ländern auf [TI 2022; je niedriger der Rang, desto geringer die wahrgenommene Korruption in einem Land, Anm.]. Quellen: -BS – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Myanmar Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069711/country_report_2022_MMR.pdf, Zugriff 23.8.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068763.html, Zugriff 23.8.2022 -TI – Transparency International (2022): Corruption Perception Index 2021, https://www.transparency.org/en/cpi/2021, Zugriff 23.8.2022 -USDOS – US Department of States [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/en/document/2071145.html, Zugriff 23.8.2022 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Obwohl es keine offiziellen Statistiken über die Zahl der NGOs im Land gibt, gehen einige Schätzungen davon aus, dass ihre Zahl gegen Ende der Amtszeit der NLD mehr als 10.000 betrug. Bei diesen NGOs handelt es sich jedoch häufig um professionelle, von Gebern finanzierte .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 55

Organisationen, die von Mitgliedern der kleinen, städtischen Mittelschicht geleitet werden. Folglich bleibt es fraglich, inwieweit sie die arme Landbevölkerung und andere Randgruppen wirklich vertreten. Außerdem sind der NGO-Sektor und die Zivilgesellschaft im weiteren Sinne nach wie vor entlang ethnischer und religiöser Grenzen zersplittert (BS 23.2.2022). Die Möglichkeiten von Nichtregierungsorganisationen, sich im Bereich der Menschenrechte und der Staatsführung zu engagieren, wurden nach dem Militärputsch von 2021 erheblich eingeschränkt (FH 28.2.2022). Das Regime erlaubte den inländischen Menschenrechtsorganisationen nicht, unabhängig zu arbeiten. Menschenrechts-NGOs konnten zwar Büros eröffnen und arbeiten, berichteten aber über Schikanen, Überwachung durch die Behörden und willkürliche Festnahmen. Das Regime übte beispielsweise Druck auf Hotels und andere Veranstaltungsorte aus, damit diese keine von Aktivisten oder zivilgesellschaftlichen Gruppen organisierten Treffen ausrichteten. Sicherheitskräfte des Regimes führten auch Razzien durch und beschädigten Büros von NGOs. Diese Einschränkungen gingen über die üblichen COVID-19-Maßnahmen hinaus (USDOS 12.4.2022). Aktivisten sind von Verhaftung und Strafverfolgung bedroht, und viele prominente Aktivisten waren gezwungen, unterzutauchen oder ins Exil zu gehen; in einigen Fällen wurden auch Familienmitglieder von Aktivisten als Druckmittel verhaftet (FH 28.2.2022). Der Staatliche Verwaltungsrat (SAC) hat als Reaktion auf die Kampagne des zivilen Ungehorsams der Opposition Anfang 2022 einen Entwurf eines Gesetzes über die Registrierung von Nichtregierungsorganisationen angekündigt. Es wird erwartet, dass der Entwurf des NGO- Registrierungsgesetzes ein hohes Maß an Kontrolle mit sich bringt und die Registrierung und invasive Berichterstattung vorschreibt, wobei die Aktivitäten der Zivilgesellschaft stark überwacht werden. Der SAC hat derzeit alle Registrierungs- und Erneuerungsprozesse ausgesetzt. Berichten zufolge verschafft dies dem SAC einen erheblichen Einfluss auf die vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen, deren Registrierung im Dezember 2021 abläuft, so dass das neue NGO-Gesetz möglicherweise gar nicht in Kraft treten muss (ICNL 29.6.2022). Obwohl NGOs im Laufe des Jahres 2021 zunehmend Schikanen und Eingriffen der Behörden ausgesetzt waren, und eine große Zahl von NGOs faktisch geschlossen oder aufgelöst wurde, berichten einige von ihnen weiterhin im Stillen von Menschenrechtsverletzungen und engagieren sich bei internationalen Interessengruppen (FH 28.2.2022). Das Regime verweigerte den Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen und NGOs systematisch den Versuch, Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen oder Zugang zu den Orten der mutmaßlichen Verstöße zu erhalten (USDOS 12.4.2022). Beamte des Militärregimes in Myanmar haben Mitarbeitern von NGOs aus Sicherheitsgründen seit dem 19. Juli 2022 den Zugang zu den nördlichen Teilen der Gemeinde Maungdaw im Bundesstaat Rakhine untersagt. Zu den betroffenen Gruppen gehört auch die Myanmar Red Cross Society (Crisis24 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 55

19.7.2022). Das Regime weigerte sich auch, mit dem vom UN-Menschenrechtsrat eingerichteten Independent Investigative Mechanism for Myanmar zusammenzuarbeiten oder ihm Zugang zu gewähren, um angebliche Gräueltaten im Land zu untersuchen. Das Regime verweigerte dem UN- Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage im Lande weiterhin die Einreise. Während die frühere Zivilregierung dem Sondergesandten des UN-Generalsekretärs für Myanmar gestattete, 2019 ein Büro im Land zu eröffnen, verweigerte das Regime Gesandten und ihren Mitarbeitern nach dem Militärputsch die Einreise in das Land (USDOS 12.4.2022). Die Nationale Menschenrechtskommission von Myanmar ist befugt, unabhängige Untersuchungen durchzuführen, und kann in einigen Fällen Ermittlungen zu Missständen fordern. In der Tat war die Kommission nur begrenzt in der Lage, als glaubwürdiger, unabhängiger Mechanismus zu arbeiten. Vor dem Militärputsch untersuchte die Kommission einige Vorfälle von Menschenrechtsverletzungen, aber nach dem 1. Februar 2021 fanden keine Untersuchungen mehr statt. Die NUG richtete ein Menschenrechtsministerium ein, das sich verpflichtet hat, Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte des Regimes zu dokumentieren. Die unabhängige Untersuchungskommission für den Bundesstaat Rakhine ist seit dem Militärputsch nicht mehr tätig (USDOS 12.4.2022). Quellen: -BS – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Myanmar Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069711/country_report_2022_MMR.pdf, Zugriff 22.8.2022 -Crisis 24 (19.7.2022): Myanmar: Officials restrict NGO workers from entering northern Maungdaw, Rakhine State, as of July 19, https://crisis24.garda.com/alerts/2022/07/myanmar-officials-restrict- ngo-workers-from-entering-northern-maungdaw-rakhine-state-as-of-july-19, Zugriff 26.8.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068763.html, Zugriff 22.08.2022 -ICNL – International Center for Not-For-Profit-Law (29.6.2022): Myanmar (Burma), https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/myanmar, Zugriff 22.8.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071145.html, Zugriff 22.8.2022 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Die Verteidigung in Myanmar umfasst Armee, Marine und Luftwaffe (CIA 16.8.2022). Es besteht keine Wehrpflicht. Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren und Frauen im Alter von 18 bis 27 Jahren können einen freiwilligen Militärdienst ableisten. Die Schätzungen zur Anzahl von Streitkräften gehen weit auseinander und reichen von 300.000 bis zu 400.000 Personen im aktiven Dienst (CIA 16.8.2022). Der Vorsitzende des Staatsverwaltungsrates und Premierminister, Seniorgeneral Min Aung Hlaing, sprach im Februar 2022 davon, dass jeder Bürger die Pflicht habe, am Militärdienst teilzunehmen, aber aufgrund interner Konflikte könne das Gesetz über die Wehrpflicht noch nicht umgesetzt werden konnte (Eleven Myanmar 4.2.2022). Berichten zufolge hat die Militärjunta, nach .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 55

einer Rekordzahl von schweren Opfern, die sie in intensiven Kämpfen im ganzen Land zu beklagen hatte allerdings bereits im Januar 2022 mit der Zwangsrekrutierung an Orten begonnen, die durch die Anwesenheit der von der Junta-Armee gesponserten Miliztruppe Pyo Saw Htee geprägt zu sein scheinen. Die Junta-Armee soll in Begleitung von Dorfverwaltern und ihrer Milizgruppe im Bezirk Thayet in Magway männliche Dorfbewohner im Alter zwischen 20 und 30 Jahren gewaltsam zum Militärdienst einberufen haben (The Chindwin 20.1.2022). 2022 gab es in Myanmar auch eine große Anzahl bewaffneter Milizen, die viele verschiedene Formen annahmen und sich in Bezug auf ihre Zugehörigkeit und Größe unterschieden, die meisten waren pro-militärisch und mit der Tatmadaw verbunden. Einige waren als Grenzschutztruppen (BGF) in die Kommandostruktur der Tatmadaw integriert. Andere regierungsnahe Milizen waren nicht in die Kommandostruktur der Tatmadaw integriert, erhielten aber Anweisungen vom Militär und wurden als Regierungsmilizen anerkannt. Der Umfang der Unterstützung, die sie von der Tatmadaw erhielten, variierte je nach den örtlichen Sicherheitsbedingungen. Die dritte Art regierungsnaher Milizen waren kleine Einheiten auf Gemeindeebene, die von den örtlichen Tatmadaw-Kräften bewaffnet, koordiniert und ausgebildet und bei Bedarf aktiviert wurden. Im Jahr 2022 stellte die Militärjunta-Regierung Berichten zufolge neue Milizeinheiten auf, um den Volksaufstand zu bekämpfen (CIA 16.8.2022). Das Militär und einige EAOs (Kachin Independence Army, AA, Ta'ang National Liberation Army, Karen National Liberation Army, Shan State Army und Arakan Rohingya Salvation Army) wurden im Jahresbericht 2021 des UN-Generalsekretärs über Kinder und bewaffnete Konflikte als Täter aufgeführt, die unrechtmäßig Kinder rekrutieren und einsetzen. Der Nationale Beschwerdemechanismus, der unter anderem den Einsatz und die Rekrutierung von Kindersoldaten verbietet, wurde nach dem Militärputsch nur in begrenztem Umfang in Anspruch genommen (USDOS 12.4.2022). Internationale Beobachter berichteten im Jahr 2021, dass das Militär weiterhin Kinder in unterstützenden Funktionen einsetzt; die formelle Rekrutierung und der Einsatz von Kindern für Kampfeinsätze ist nach wie vor gering. Die meisten Kinder, die zum Militärdienst eingezogen werden, werden zunächst unter der Schirmherrschaft von zivilen Vermittlern oder auf Betreiben ihrer eigenen Familien einberufen (USDOS 29.7.2022). Quellen: -CIA – Central Intelligence Agency [USA] (16.8.2022): The World Factbook - Myanmar, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bm.html, Zugriff 22.8.2022 -Eleven Myanmar (4.2.2022): Every citizen has a responsibility to participate in the military service says chair of State administration Council, https://elevenmyanmar.com/news/every-citizen-has-a- responsibility-to-participate-in-the-military-service-says-chair-of-state, Zugriff 22.8.2022 -The Chindwin (20.1.2022): Myanmar’s military junta starts forced conscription in Magway region: Source, https://www.thechindwin.com/myanmars-military-junta-starts-forced-conscription-in- magway-region-source/, Zugriff 22.8.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 55

-USDOS – US Department of State [USA] (29.7.2022): 2022 Trafficking in Persons Report: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2077649.html, Zugriff 22.8.2022 -USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071145.html , Zugriff 22.8.2022 11. Allgemeine Menschenrechtslage Myanmar ist Vertragspartei mehrerer Menschenrechtsverträge und ist an die Grundsätze des internationalen Menschenrechtsgewohnheitsrecht gebunden, das willkürlichen Lebensentzug, Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung sowie willkürlichen Freiheitsentzug verbietet, sowie an Aspekte des Rechts auf ein faires Verfahren (OHCHR 15.3.2022). Die bürgerlichen Rechte sind kodifiziert, aber selbst die grundlegendsten Rechte werden in der Praxis verletzt (BS 23.2.2022). Im Zusammenhang mit friedlichen Anti-Putsch-Protesten und militärischen „Säuberungsaktionen“ lassen die von der Tatmadaw angewandten Taktiken, einschließlich gezielter Kopfschüsse und Brandschatzungen, darauf schließen, dass es sich bei diesem Verhalten nicht um ein Fehlverhalten einiger weniger handelt, sondern vielmehr um das Ergebnis von Anweisungen, die über die Kommandostruktur weitergegeben wurden (OHCHR 15.3.2022). Laut OHCHR gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass die Handlungen der Tatmadaw im Rahmen eines weit verbreiteten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung und in offensichtlicher Verfolgung einer Organisationspolitik durchgeführt wurden. Seit dem 1. Februar 2021 können Handlungen begangen worden sein, die den Tatbestand von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen (OHCHR 15.3.2022), insbesondere: Mord, gewaltsame Verbringung, Inhaftierung oder andere schwere Formen des Entzugs der körperlichen Freiheit unter Verletzung grundlegender Regeln des Völkerrechts, Folter, Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder eines identifizierbaren Kollektivs aus politischen Gründen, erzwungenes Verschwindenlassen und andere unmenschliche Handlungen ähnlicher Art, die vorsätzlich großes Leid verursachen, sowie schwere Verletzungen der geistigen oder körperlichen Gesundheit (OHCHR 15.3.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Seit dem Putsch gibt es keine Informationen über Ermittlungen oder strafrechtliche Verfolgung von Soldaten in Myanmar wegen begangener Menschenrechtsverstöße. Dadurch wird die völlige Straffreiheit, die die Tatmadaw-Kräfte in den vergangenen Jahrzehnten genossen haben, weiter verfestigt (OHCHR 15.3.2022; AI 29.3.2022). Der bewaffnete Konflikt zwischen dem Militär und der muslimischen Minderheit der Rohingya hat mehrere Hunderttausend zur Flucht nach Bangladesch und anderen Orten gezwungen. Rohingya- Frauen und - Mädchen sind in den letzten Jahrzehnten Opfer schwerster Gewalt durch die Sicherheitskräfte in Myanmar geworden. Verhaftungen, Folter, Vergewaltigungen, weit verbreitete Tötungen, Zwangsarbeit und andere schwerwiegende Misshandlungen führen zu Wellen von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 55

Massenvertreibungen (Diplomatist 26.6.2021; vgl. VoIA 11.8.2022). Die UN-Untersuchungsmission stellte fest, dass das Vorgehen des Militärs in den Staaten Shan und Kachin seit 2011 Völkermord und Kriegsverbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt (Diplomatist 26.6.2021). Quellen: -AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Myanmar 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070257.html, Zugriff 16.8.2022 -BS – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Myanmar Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069711/country_report_2022_MMR.pdf, Zugriff 16.8.2022 -Diplomatist (26.6.2021): Rohingyas: A Security Threat or A Matter of Human Rights violation?, https://diplomatist.com/2021/06/26/rohingyas-a-security-threat-or-a-matter-of-human-rights- violation/, Zugriff 16.8.2022 -HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068606.html, Zugriff 16.8.2022 -OHCHR – Office of the High Commissioner for Human Rights (15.3.2022): Situation of human rights in Myanmar since 1 February 2021 - Report of the UN High Commissioner for Human Rights (A/HRC/49/72) (Advance Unedited Version), https://reliefweb.int/report/myanmar/situation- human-rights-myanmar-1-february-2021-report-un-high-commissioner-human, Zugriff 16.8.2022 -USDOS – U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071145.html, Zugriff 16.8.2022 -VoIA – Voice of International Affairs (11.8.2022): The Human Rights Situation of the Rohingya and the International Community, https://internationalaffairsbd.com/the-human-rights-situation-of-the- rohingya-and-the-international-community/, Zugriff 16.8.2022 12. Meinungs- und Pressefreiheit Die Verfassung von 2008 sieht vor, dass jeder Bürger seine Überzeugungen und Meinungen frei äußern und veröffentlichen kann. Sie enthält jedoch den weit gefassten und zweideutigen Vorbehalt, dass die Ausübung dieser Rechte nicht gegen die Gesetze verstoßen darf, die zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit, der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung, des Friedens und der Ruhe in der Gemeinschaft oder der öffentlichen Ordnung und Moral erlassen wurden (USDOS 12.4.2022; vgl. BS 23.2.2022). Darüber hinaus sieht die Verfassung weder Schutzmaßnahmen für die Medienfreiheit vor, noch garantiert sie das Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen (BS 23.2.2022). Nach dem Militärputsch hat das Regime das Recht auf freie Meinungsäußerung rigoros unterdrückt. Wer sich offen gegen das Regime oder für die NLD, die NUG oder die Demokratie im Allgemeinen ausspricht, riskiert Missbrauch und Bestrafung durch die Behörden (USDOS 12.4.2022). In diesem Kontext wurden neue Bestimmungen in die Strafprozessordnung aufgenommen, die Durchsuchungen, Beschlagnahmungen, Verhaftungen, Überwachungen und das Abhören der Kommunikation ohne Haftbefehl ermöglichen (AI 29.3.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 28 von 55

Private Diskussionen und persönliche Meinungsäußerungen - die bereits durch staatliche Überwachung und Gesetze zur Unterbindung von Online-Diskussionen eingeschränkt waren - wurden nach dem Putsch von 2021 noch schwieriger. Nach der Machtübernahme erließ das Regime weitreichende Änderungen am bestehenden Gesetzbuch und hob mehrere wichtige Menschenrechtsschutzbestimmungen auf, darunter jene gegen willkürliche Überwachung (FH 28.2.2022). Die Militärbehörden verhängten in regelmäßigen Abständen landesweite Internet- und Telekommunikationsabschaltungen und verletzten damit das Recht auf freie Meinungsäußerung. Während der Proteste im Februar waren die sozialen Medien für Demonstranten und führende Aktivisten ein wichtiges Instrument, um die Unterstützung der Demokratiebewegung zu organisieren und zu fördern. In jenem Monat zensierte das Regime soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, die von pro demokratischen Gruppen und Demonstranten genutzt wurden, um sich dem Regime zu widersetzen. Hunderte von Menschen wurden auf der Grundlage des überarbeiteten Strafgesetzbuchs verhaftet und strafrechtlich verfolgt, in der Regel aufgrund von Online-Kommentaren; Hunderte von anderen wurden gezwungen, unterzutauchen oder ins Exil zu gehen, um einer Verhaftung zu entgehen (FH 28.2.2022). Berichten zufolge setzte das Regime Gewalt und gezielte Tötungen ein, um Kritiker in der Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen. Gewalt gegen Personen, die sich regimekritisch äußerten, wurde angeblich sowohl von ultranationalistischen buddhistischen Gruppen, die dem Regime nahestehen, als auch von den Sicherheitskräften angewandt und umfasste Verstümmelungen, Entführungen und Folter. Das Regime schüchterte viele prodemokratische Stimmen in der Öffentlichkeit ein, die zuvor offen über politisch sensible Themen gesprochen hatten (USDOS 12.4.2022). Vor dem Putsch waren unabhängige Medien aktiv und konnten trotz zahlreicher offizieller und inoffizieller Beschränkungen, wirtschaftlicher Schwierigkeiten und eines unsicheren Geschäftsumfelds arbeiten. Nach dem Putsch berichteten Analysten über die Schließung von 71 Medien, von bekannten nationalen, regionalen und ethnischen Medien bis hin zu kleinen Facebook-Seiten. Im Februar 2021 änderte das Militär Teile des Strafgesetzbuchs und des Gesetzes über elektronische Transaktionen, um Bestimmungen zur Kriminalisierung regimefeindlicher Äußerungen aufzunehmen (USDOS 12.4.2022; vgl. RSF 3.5.2022). Das harte Vorgehen des Regimes gegen die Medien führte zur Verhaftung, Inhaftierung, zum Verlust des Arbeitsplatzes und zum erzwungenen Exil von mehr als 1.000 Journalisten, Redakteuren und Medienmitarbeitern - etwa 50 % der Gesamtzahl vor Machtübernahme durch das Militär (USDOS 12.4.2022). Im März 2021 wurden die Lizenzen für mehrere unabhängige Medienorganisationen entzogen. Eine Reihe unabhängiger Medien, die im Verborgenen oder im Exil arbeiten, berichteten jedoch weiterhin über das Geschehen (FH 28.2.2022). Das Regime setzte Journalisten und andere Medienschaffende wegen ihrer Berichterstattung Gewalt, Schikanen, Inhaftierung und Einschüchterung aus. Nach Angaben von AAPP wurden seit Februar 2021 mindestens 95 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 29 von 55

Journalisten zu Unrecht verhaftet, und mehr als die Hälfte von ihnen befand sich im November 2021 noch immer in Haft (USDOS 12.4.2022). Zu einer Änderung des Strafgesetzbuches durch die Militärregierung gehörte die Hinzufügung von Abschnitt 505(a), der Kommentare unter Strafe stellt, die „Angst verursachen“ und „falsche Nachrichten“ verbreiten (HRW 13.1.2022; vgl AI 29.3.2022), sowie die Kriminalisierung von Personen, die „direkt oder indirekt eine Straftat gegen einen Regierungsangestellten begehen oder dazu aufhetzen“. Bis zum 31. Dezember waren 189 Personen nach Abschnitt 505(a) verurteilt worden. Nach Angaben von AAPP warteten mindestens 1.143 weitere inhaftierte Personen auf ihre Verurteilung, und gegen 1.545 weitere Personen waren Haftbefehle erlassen worden, unter anderem nach Paragraf 505(a), der eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (AI 29.3.2022). Angesichts des Risikos, inhaftiert, gefoltert oder ermordet zu werden, ist der Beruf des Journalisten in Myanmar, das nach China das Land mit den meisten Inhaftierungen von Journalisten ist, extrem gefährlich. Im Dezember 2021 und Januar 2022 wurden drei Journalisten von der Junta getötet. Zwei von ihnen starben an den Folgen missbräuchlicher Behandlung während der Gefangenschaft (RSF 3.5.2022). Quellen: -AI – Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; The State of the World's Human Rights; Myanmar 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070257.html, Zugriff 16.8.2022 -BS – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Myanmar Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069711/country_report_2022_MMR.pdf, Zugriff 16.8.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068763.html, Zugriff 16.8.2022 -HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068606.html, Zugriff 16.8.2022 -RSF – Reporters Sans Frontières (3.5.2022): Myanmar, https://rsf.org/en/country/myanmar, Zugriff 16.8.2022 -USDOS – U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071145.html, Zugriff 16.8.2022 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Verfassung von 2008 erlaubt die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, allerdings nur, solange die Ausübung dieser Freiheiten nicht gegen bestehende Sicherheitsgesetze verstößt. Von 2011 bis 2020 machten die Behörden immer noch von dem aus der Kolonialzeit stammenden Gesetz über rechtswidrige Vereinigungen von 1908 Gebrauch, um politische Aktivisten einzuschüchtern und zu verhaften (BS 23.2.2022). Die Versammlungsfreiheit wurde in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt. Seit 2017 gilt ein generelles Verbot von Protesten in 11 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 30 von 55

Stadtbezirken im Zentrum von Yangon, und im Jahr 2020 hat eine ausgedehnte Internetsperre in Teilen der Bundesstaaten Rakhine und Chin die Möglichkeiten von Aktivisten, Proteste zu organisieren, stark eingeschränkt. Ungenehmigte Demonstrationen werden nach dem Gesetz über friedliche Versammlungen und friedliche Umzüge mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft; eine Reihe anderer, vage definierter Verstöße können mit geringeren Strafen geahndet werden (FH 28.2.2022). Das Regime schränkte die Ausübung der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit seit Februar 2021 weiter ein. In den ersten Tagen nach dem Militärputsch gingen Hunderttausende von Menschen friedlich auf die Straße, um gegen die Machtübernahme durch das Militär zu protestieren und die Freilassung von Aung San Suu Kyi zu fordern. Am 8. Februar 2021 ordnete das Regime Ausgangssperren und Beschränkungen für die Größe von Versammlungen an, wodurch friedliche öffentliche Demonstrationen im ganzen Land verboten wurden (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022) und mit tödlicher und willkürlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten vorgegangen wurde (FH 28.2.2022; vgl. HRW 14.3.2022). Berichten in den lokalen Medien zufolge fanden im November 2021 trotz gewaltsamer Einschüchterung und Unterdrückung durch die Sicherheitskräfte weiterhin kleinere Proteste für die Demokratie im ganzen Land statt. Das Gesetz über die Registrierung von Organisationen sieht eine freiwillige Registrierung für lokale NGOs vor und hebt die Strafen für die Nichteinhaltung sowohl für lokale als auch für internationale NGOs auf. Vor dem Militärputsch legte die Regierung das Gesetz so aus, dass sich NGOs, die aus dem Ausland finanziert wurden, bei der Regierung registrieren lassen mussten (USDOS 12.4.2022). Es wurden weitreichende Internetbeschränkungen verhängt, um die Organisation von Protesten zu verhindern (FH 28.2.2022). Die Opposition in Myanmar ist vielfältig: Sie besteht aus einem Ausschuss, der die bei den Parlamentswahlen 2020 gewählten Abgeordneten vertritt, einer auf der Grundlage der Wahlergebnisse gebildeten Regierung, Bündnissen zahlreicher zivilgesellschaftlicher Gruppen und Basisorganisationen, Partnerschaften mit ethnischen politischen Parteien und mehreren bewaffneten ethnischen Gruppen, die Gebiete in Myanmar kontrollieren, in denen Oppositionsmitglieder Schutz vor Verfolgung gefunden haben (The Diplomat 7.6.2022). Myanmars Militärmachthaber Min Aung Hlaing lehnt jede Gespräche mit der Opposition kategorisch ab bis hin zur Drohung oppositionelle Gruppen und ihre Anhänger bis zum Ende vernichten zu wollen (Zeit Online 27.3.2022). Quellen: -BS – Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 - Myanmar Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069711/country_report_2022_MMR.pdf, Zugriff 12.8.2022 -FH – Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 – Myanmar, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068763.html, Zugriff 12.8.2022 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 31 von 55

-HRW – Human Rights Wach (14.3.2022): A Year On, No Justice for Myanmar Massacre. Military Crackdown in Hlaing Tharyar Continues, https://www.hrw.org/news/2022/03/14/year-no-justice- myanmar-massacre, Zugriff 12.8.2022 -The Diplomat (7.6.2022): Fighting the Fear: The Execution of Members of Myanmar’s Opposition Must be Stopped, https://thediplomat.com/2022/06/fighting-the-fear-the-execution-of-members-of- myanmars-opposition-must-be-stopped/, Zugriff 12.8.2022 -USDOS – U.S. Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Burma, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071145.html, Zugriff 12.8.2022 -Zeit Online (27.3.2022): Myanmars Junta droht Opposition mit „Vernichtung“, https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-03/myanmar-opposition-demonstrationen-vernichtung, Zugriff 12.8.2022 14. Haftbedingungen Im Jahr 2020 gab es 48 bekannte Gefängnisse und 50 bekannte Arbeitslager. Mehr als 20.000 Häftlinge verbüßten im Jahr 2020 gerichtlich angeordnete Strafen in Arbeitslagern im ganzen Land; für das Berichtsjahr waren keine Daten verfügbar. Die Associated Press berichtete am 28. Oktober 2021, dass das Militär nach dem Putsch landesweit Dutzende von öffentlichen Einrichtungen (z. B. Gemeindehäuser) in Verhörzentren umgewandelt hat (USDOS 12.3.2022). Eine große Zahl politischer Gefangener ist seit dem Putsch im Februar 2021 in mehreren berüchtigten Haftanstalten des Landes inhaftiert. Die Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) schätzt, dass fast 11.700 Menschen wegen ihres Widerstands gegen den Militärputsch inhaftiert wurden. Von der Gesamtzahl der Inhaftierten wurden mindestens 1.212 zu Haftstrafen verurteilt (PD 20.7.2022). Viele politische Gefangene wurden in Isolationshaft gehalten. Willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen wurden laut AAPP drastisch ausgeweitet, um politisch Andersdenkende zu unterdrücken, und die Inhaftierten hatten nur begrenzte Möglichkeiten, die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung vor einem Gericht anzufechten, da die Justiz nicht unabhängig vom Regime ist (USDOS 12.4.2022). In mehreren Berichten wird von schlechten Bedingungen in den Gefängnissen berichtet, darunter unzureichende Abwassersysteme, unzureichende - und oft ungenießbare - Verpflegung und ein Mangel an lebensnotwendigen Gütern. Die Überbelegung war Berichten zufolge in vielen Gefängnissen und Arbeitslagern ein ernstes Problem. Die medizinische Versorgung war unzureichend, was Berichten zufolge zu Todesfällen in der Haft beitrug. In den Gefängnissen wurden keine Maßnahmen zum Schutz der Gefangenen vor COVID-19 ergriffen, und es gab zahlreiche Berichte über die Übertragung von COVID-19, Krankheiten und Todesfälle unter den Gefangenen. Es gab auch zahlreiche Berichte über politische Gefangene, denen die medizinische Versorgung verweigert wurde (USDOS 12.3.2022). Angehörige, die inhaftierte Familienmitglieder besuchen konnten, berichteten von körperlichen Verletzungen und anderen Anzeichen von Folter oder Misshandlung. Die Vereinten Nationen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 32 von 55
