nica-lib-2016-11-04-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 21 Polizisten in öffentliche Ämter berufen. Hinsichtlich der Frage, inwieweit die Justiz unabhängig von Einflüssen von Regierungsmitgliedern, Bürgern oder Unternehmen ist, hat der Global Competitiveness Report (2014 - 2015) Nicaragua auf den 131. Platz von 144 Ländern eingestuft (BS 2016). Angeklagte gelten als unschuldig, bis ihre Schuld bewiesen ist. Sie haben nach dem Gesetz das Recht auf ein faires Verfahren. Verfahren sind öffentlich und es gibt die Möglichkeit eines Geschworenenprozesses. Angeklagte haben das Recht auf einen Rechtsbeistand und ein Beschwerderechte Verurteilung anzufechten. Der Staat bietet Pflichtverteidiger für bedürftige Personen auf. Diese Rechte gelten für alle Bürger gleich. Das Gesetz sieht vor, dass Einzelpersonen und Organisationen vor Zivilgerichten wegen erlittener Menschenrechtsverletzungen klagen können. Das Fehlen eines effektiven zivilrechtlichen Systems führt oft dazu, dass Zivilsachen als Strafverfahren verfolgt werden (USDOS 13.4.2016). Das Gerichtssystem leidet jedoch unter Korruption, Verfahrensverzögerungen, einem großen Arbeitsrückstand und einem gravierenden Mangel an Pflichtverteidigern. Zugang zur Justiz ist speziell in ländlichen Gegenden und an der Karibikküste mangelhaft (FH 27.1.2016). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Nicaragua Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/ BTI_2016_Nicaragua.pdf, Zugriff 21.10.2016 - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 21.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 20.10.2016 5. Sicherheitsbehörden Die Verfassung sieht die nationale Polizei (NNP) als unpolitische, überparteiliche Institution zum Schutz aller Bürger vor. Sie untersteht dem Präsidenten und ist als einzige Kraft für die Wahrung der inneren Sicherheit zuständig. Die Armee ist verantwortlich für die äußere Sicherheit, hat aber auch einige Aufgaben im Inneren, einschließlich der Bekämpfung des illegalen Handels mit Betäubungsmitteln und der Bereitstellung für den Transport von wahlbezogenen Materialien. Es gab Fälle, in denen das Innenministerium keine effektive Kontrolle über die nationale Polizei mehr ausüben konnte und die Regierung es versäumte, Missbräuche und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen. Es gibt zahlreiche Berichte über Straflosigkeit durch Sicherheitskräfte. Das Amt der nationalen Polizei für innere Angelegenheiten und in geringerem Maße das Office of the Inspector General, sind verantwortlich für die Untersuchung von Missbrauchsvorwürfen gegen die Polizei. Jedoch

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 21 tragen Korruption, Ineffizienz und mangelnde Transparenz der Justiz zu der öffentlichen Wahrnehmung von Straflosigkeit in der Polizei bei. Die Regierung unternimmt generell nichts bezüglich Beschwerden gegen die Sicherheitskräfte. NGOs zufolge hat die Position Ortegas als Oberbefehlshaber zu einer Politisierung der nationalen Polizei geführt und viele veranlasst hat, deren Professionalität in Frage zu stellen (USDOS 13.4.2016). Während die Armee nominell dem Verteidigungsministerium untersteht, meinen viele informierte Beobachter, dass die Kontrolle durch das Ministerium seit 2007 begrenzt wurde und die Armee als eine autonome und dem Präsidenten untergeordnete Kraft agiert (USDOS 13.4.2016). Trotz langfristiger Verbesserungen, bleiben die Sicherheitskräfte unterbesetzt und schlecht finanziert. Menschenrechtsverletzungen kommen weiterhin vor. Erzwungene Geständnisse und willkürliche Verhaftungen setzen sich fort (FH 27.1.2016). Quellen: - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 21.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2012, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 21.10.2016 6. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl das Gesetz solche Praktiken verbietet, gab es Berichte, dass die Polizei häufig Verdächtige bei der Festnahme misshandelt sowie exzessiv Gewalt und erniedrigende Behandlung anwendet. Zwischen Januar und September 2015 erhielt das Nicaraguan Human Rights Center (CENIDH) insgesamt 419 Beschwerden wegen exzessiver Gewalt gegen die nationale Polizei, willkürliche Inhaftierung und grausame oder erniedrigende Behandlung, einschließlich in Gefängnissen. Ebenso gab es im Laufe des Jahres 2015 zahlreiche Berichte bezüglich Folter durch Vertreter des Directorate of Judicial Assistance (DAJ), insbesondere während hochkarätiger Verhaftungen im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität. Menschenrechtsorganisationen behaupten, dass DAJ außerhalb der Struktur der nationalen Polizei stehe und sich vor dieser intern nicht verantworten muss (USDOS 13.4.2016). Quellen: - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 21.10.2016

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 21 7. Korruption Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Bereich vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv durch und Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verwickelt. Die Gerichte sind weiterhin besonders anfällig für Bestechung, Manipulation und andere Formen der Korruption, vor allem durch die FSLN, die dem Anschein nach Entscheidungen des Obersten Gerichts (CSJ) stark beeinflusst. Beamte unterliegen finanziellen Offenlegungspflichten und das Gesetz sieht Sanktionen bei Nichteinhaltung vor. Ein Rechnungshof ist für die Bekämpfung der Korruption innerhalb der Regierungsstellen zuständig. Die Unparteilichkeit der Rechnungsprüfer wurde von Beobachtern jedoch ernsthaft in Frage gestellt, besonders im Hinblick auf den Aufsichtsmangel von Geldern die direkt an die Regierung gegeben werden. Seit 2007 hat der Rechnungshof keine Regierungsbehörde mehr geprüft oder Sanktionen verhängt (USDOS 13.4.2016). Transparancy International platzierte Nicaragua 2015 in seinem Corruption Perceptions Index auf Platz 130 von 168 – bei einer Bewertung von 27, wobei 100 „very clean“ (sehr sauber) und 0 „highly corrupt“ (äußerst korrupt) bedeutet (TI 2015). Quellen: - TI - Transparency International (2015): Corruption Perceptions Index 2015, http://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 20.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 20.10.2016 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeitet im Land. Während sie im Allgemeinen ohne Einschränkungen humanitären Aktivitäten nachgehen können, werden jene, die kritisch gegenüber der Regierung oder der sandinistischen Partei sind, von Regierungsbeamten schikaniert und eingeschüchtert. Einige NGOs berichten weiterhin, dass Einschüchterung durch Regierungsbeamte ein Klima der Angst schafft, das dazu bestimmt ist, Kritik zu unterdrücken. Die Regierung hindert nicht mit der Regierungspartei verbundene NGOs und zivilgesellschaftliche Gruppen weiterhin an der Teilnahme an Sozialprogrammen der Regierung. Erhöhte staatliche Beschränkungen für nationale NGOs beim direkten Zugang zu internationalen Fördermitteln, behindern deren Handlungsfähigkeit ernsthaft. Heimische NGOs berichteten über Probleme beim Zugang zur Justiz, Verzögerungen beim Einreichen von Anträgen und Druck von staatlichen Behörden. Viele geben an, von Rechnungshof und Steuerbehörden als Mittel der Einschüchterung geprüft worden zu sein. NGOs berichten von Feindseligkeit oder Aggression, wenn Beamte zu Themen wie Korruption und Rechtsstaatlichkeit befragt werden (USDOS 13.4.2016).

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 21 Obwohl NGOs aktiv sind, haben sie in den letzten Jahren Schikanen und gelegentliche Gewalt erfahren. Sie werden auch vom System der Citizens’ Power Councils (CPC) geschwächt, welche stark politisiert sind und die Grenze zwischen staatlichen und Parteiinstitutionen verwischen (FH 27.1.2016). Quellen: - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 20.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 20.10.2016 9. Ombudsmann Im April 2014 wurde Omar Cabezas zum Ombudsmann für Menschenrechte ernannt (PDDH). Die Öffentlichkeit sieht den Ombudsmann als politisiert und unwirksam an. Die Nationalversammlung betreibt einen Ausschuss für Menschenrechte der in erster Linie für Amnestien und Begnadigungen zuständig ist. Zivilgesellschaftliche Organisationen betrachten ihn als parteipolitisch festgefahren und unglaubwürdig (USDOS 13.4.2016). Quellen: - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 19.10.2016 10.Wehrdienst und Rekrutierungen Es gibt keinen verpflichtenden Wehrdienst in Nicaragua. Für einen freiwilligen Militärdienst ist ein Alter zwischen 18 und 30 Jahren vorgesehen und eine Verpflichtung zwischen 18 und 36 Monaten. Des Weiteren wird die nicaraguanische Staatsangehörigkeit und einen Abschluss der sechsten Klasse benötigt (CIA 27.10.2016). Quellen: - CIA - Central Intelligence Agency (27.10.2016): The World Factbook - Nicaragua, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/nu.html, Zugriff 31.10.2016 11.Allgemeine Menschenrechtslage Klassische staatliche Menschenrechtsverletzungen gibt es nicht, wohl aber demokratische Defizite. Die Gewaltenteilung wird zunehmend ausgehöhlt. Systematische Verhaftungen,

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 21 Verschwindenlassen von Personen, Folter oder unmenschliche Behandlung sind nicht bekannt geworden. Sämtliche Regierungen seit 1990 bekennen sich uneingeschränkt zu den Menschenrechten. Nicaragua ist Mitglied der wichtigsten internationalen Menschenrechtspakte und im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. (AA 10.2016e) Zu den wichtigsten Menschenrechtsverletzungen zählen hauptsächlich Einschränkungen des Wahlrecht, der Meinungs- und Pressefreiheit und verbreitete Korruption (auch in Polizei, Justiz und anderen Regierungsorganen), sowie gesellschaftliche Gewalt (hauptsächlich gegen Frauen und LGBT-Personen). Weitere erhebliche Menschenrechtsverletzungen umfassen eine stark parteiische Politik, Polizeigewalt, harte Haftbedingungen, willkürliche und lange Untersuchungshaft, Einschüchterung von Journalisten, Medien und NGOs, Diskriminierung von ethnischen Minderheiten, Menschen mit Behinderung und HIV/AIDS- Kranke sowie Verletzung der Gewerkschaftsrechte (USDOS 13.4.2016) Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (10.2016e): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nicaragua/ Innenpolitik_node.html, Zugriff 18.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 18.10.2016 12.Meinungs- und Pressefreiheit Meinungs- und Pressefreiheit sind gegeben. Regierungskritische Medien werden aber zu offiziellen Terminen nicht eingeladen. Es wird subtiler Druck ausgeübt, Tendenzen der Selbstzensur steigen. Die Medienlandschaft konzentriert sich in zwei Blöcken: Einem regierungsnahen, der finanziell teilweise mit der Familie Ortega verflochten ist, und einem oppositionellen Block, der sich um die Familie der früheren Präsidentin Chamorro gruppiert (AA 10.2016e). Obwohl die Verfassung Meinungs- und Pressefreiheit garantiert, verwendet die Regierung administrative, justizielle und finanzielle Möglichkeiten um die Ausübung dieser Rechte einzuschränken. Unabhängige Medien sind aktiv und verbreiten eine Bandbreite an Sichtweisen. Die Regierung versucht durch Schikane, Zensur, willkürliche Anwendung von Verleumdungsklagen und den Vorwand der nationalen Sicherheit die Pressefreiheit zu beschränken. Präsident Ortega nutzt gelegentlich das Recht der Regierung auf Ausstrahlung von Notfallbotschaften, um seine Reden zu übertragen bzw. um Sender dazu zu zwingen, während dieser Zeit ein anderes Programm einzustellen. Die Regierung setzt weiterhin direkte und indirekte Mittel ein, um unabhängige Radiosender unter Druck zu setzen und versucht diese aus angeblich politischen Gründen zu schließen. Regierungsbeamte und

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 21 Unterstützer sollen regelmäßig Journalisten einschüchtern und aggressiv oder verweigernd auf bestimmte Fragen, speziell nach Korruption, Rechtsstaatlichkeit, Verfassung usw., reagieren. Millionenschwere Werbeverträge gehen nur an Medien im Besitz der Familie Ortega oder ihrer Unterstützer. Aus Angst vor wirtschaftlichen und physischen Schäden praktizieren viele Journalisten Selbstzensur. Ein umstrittenes Gesetz belegt Tinte, Papier, Maschinen und andere Dinge die für den Druck gebraucht werden, mit hohen Einfuhrzöllen und führt zu bürokratischen Verzögerungen. Es gibt keine Einschränkungen der Regierung beim Zugang zum Internet, dennoch beklagen einige NGOs, dass ihre E-Mails ohne entsprechende rechtliche Befugnis überwacht werden (USDOS 13.4.2016). 2015 wurden Reporter Opfer von Polizeischikane, einige wurden festgenommen und einige erhielten Todesdrohungen (FH 27.1.2016). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (10.2016e): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nicaragua/ Innenpolitik_node.html, Zugriff 18.10.2016 - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 6.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 18.10.2016 13.Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Die Gesetze garantieren das Demonstrationsrecht, es gibt aber eine Genehmigungspflicht. Demonstrationen der Regierungspartei werden von der Polizei bevorzugt, Oppositionsdemonstrationen hingegen aufgelöst oder gar nicht erst genehmigt. NGOs und Medien berichteten über mehrere Vorfälle von missbräuchlichen polizeilichen Maßnahmen gegen Oppositionskundgebungen und zivilgesellschaftliche Veranstaltungen. Das Gesetz garantiert die Vereinigungsfreiheit und das Recht politischen Parteien beizutreten oder solche zu gründen. Die oberste Wahlbehörde und die Nationalversammlung nutzen ihre Akkreditierungsbefugnisse jedoch für politische Zwecke (USDOS 13.4.2016). Die Verfassung garantiert Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, in der Praxis gestaltet sich die Anerkennung dieser Rechte jedoch problematisch. Während öffentliche Demonstrationen grundsätzlich erlaubt sind, hat die Polizei oftmals oppositionelle Demonstranten nicht vor regierungstreuen Gegendemonstranten geschützt und daher des parteiischen Verhaltens bezichtigt. Die FSLN kontrolliert viele Gewerkschaften und die gesetzlichen Rechte von nicht FSLN-Gewerkschaften werden nicht vollständig gewährleistet. Berichten zufolge wurden Arbeitgeber aufgrund von Gewerkschaftstätigkeiten entlassen.

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 21 Bürger haben keinen wirksamen Rechtsbehelf gegen empfundene Verstöße gegen das Arbeitsrecht (FH 27.1.2016). Quellen: - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 17.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/448395_en.html, Zugriff 18.10.2016 14.Haftbedingungen Die Haftbedingungen sind harsch und lebensbedrohlich (BS 2016). Überbelegung, schlechte sanitäre Bedingungen, Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung und Gewalt unter den Häftlingen sind weiterhin ernste Probleme in den Gefängnissen. Untersuchungshäftlinge teilen sich oft eine Zelle mit verurteilten Verbrechern. Wegen der Überbelegung teilen sich jugendliche Gefangene Zellen mit Erwachsenen. Laut Menschenrechtsorganisationen hält die Polizei Verdächtige oft während ihres Prozesses in Arrestzellen, aus Fahrlässigkeit oder aus Mangel an Geld um sie zum Gericht zu transportieren. Familienangehörige, Kirchen und Wohltätigkeitsorganisationen unterstützen das nationale Budget mit ca. USD 0,36 pro Gefangenem und Tag für Nahrung. Für Gesundheits- und Körperpflege gibt es kein Budget. Die Bedingungen in temporären Hafteinrichtungen sind ebenfalls harsch. Die meisten Einrichtungen verschlechtern sich, sind von Ungeziefer befallen, haben unzureichend Belüftung, Strom und Abwassersysteme, und es mangelt an Trinkwasser. Viele Gefangene werden Opfer von Misshandlung durch Beamte und andere Gefangene. Die Nachweisführung über Häftlinge ist unzureichend, und die Regierung unternimmt keine Schritte dagegen, um dies zu verbessern. Die Haftbedingungen für Frauen sind generell besser als die der Männer, aber auch überbelegt und unhygienisch. In bestimmten Fällen beschränkt die Regierung den Zugang von Besuchern, Rechtsanwälten, Ärzten und Menschenrechtsbeauftragten. Obwohl Gefangene Beschwerden an die Justizbehörde richten dürfen, ignorieren die Behörden dies oft oder bearbeiten die Beschwerden nicht (USDOS 13.4.2016). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Nicaragua Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/ BTI_2016_Nicaragua.pdf, Zugriff 18.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/462097_de.html, Zugriff 18.10.2016 15.Todesstrafe

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 21 Die Todesstrafe ist gemäß Artikel 23 der nicaraguanischen Verfassung untersagt (AA 10.2016e). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (10.2016e): Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nicaragua/ Innenpolitik_node.html, Zugriff 17.10.2016 16.Religionsfreiheit Die Verfassung verbietet die Diskriminierung aufgrund der Religion und legt Glaubens- und Religionsfreiheit fest (USDOS 10.8.2016). 58,5% der Bevölkerung sind nach offiziellen Angaben Katholiken, 23,2% Protestanten, 15,7% ohne Bekenntnis, 0,9% Zeugen Jehovas und 1,6% anderen Religionen zugehörig (CIA 27.10.2016). Die Verfassung Nicaraguas legt die Trennung von Staat und Kirche fest. Dennoch ist die katholische Kirche eine Institution mit großer politischer Macht und starker Präsenz in der nicaraguanischen Bevölkerung. Nach dem Bündnis zwischen Ortega und Managuas Erzbischof Ovando y Bravo, gewann die konservative katholische Kirche an Einfluss über soziale und moralische Angelegenheiten. Obwohl Nicaragua hauptsächlich katholisch ist, wächst die Präsenz der evangelischen Kirchen. Es gibt aber keine Spannungen oder Konflikte zwischen den Religionen (BS 2016). Die Bestimmungen zur rechtlichen Anerkennung von religiösen Gruppen sind ähnlich zu Bestimmungen für andere NGOs. Die Nationalversammlung muss dem Antrag zustimmen, danach muss sich die Gruppe im zuständigen Ministerium als Gesellschaft oder Stiftung registrieren. Nur so erhalten sie das Recht Verträge etc. abzuschließen. Katholische und evangelische Kirchenobere kritisierten die fortgesetzten Bemühungen der Regierung, den religiösen Klerus, Symbole etc. zu vereinnahmen um die Bevölkerung in ihrem Sinne zu beeinflussen (USDOS 10.8.2016). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Nicaragua Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/ BTI_2016_Nicaragua.pdf, Zugriff 21.10.2016 - CIA - Central Intelligence Agency (27.10.2016): The World Factbook - Nicaragua, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/nu.html, Zugriff 31.10.2016 - USDOS - US Department of State (10.8.2016): Report on International Religious Freedom - Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/328472/469249_de.html, Zugriff 19.10.2016

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 21 17.Ethnische Minderheiten Verschiedene indigene und andere ethnische Bevölkerungsgruppen aus den autonomen Regionen an der Atlantikküste (RACS und RAAN) erachten den Mangel an staatlichen Mittel für diese Regionen als ethnische Diskriminierung. Dunkelhäutige Personen afrikanischer Abstammung aus diesen Regionen erleben Diskriminierung wie beispielsweise zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und illegale Hausdurchsuchungen. Indigene machen ca. 5% der Bevölkerung Nicaraguas aus. Sie leben hauptsächlich in den erwähnten Gebieten am Atlantik. An Entscheidungen über ihr Land, ihre Kultur und ihren Traditionen konnten sie oft nicht teilhaben, genauso wenig wie über die Nutzung von Energie, Mineralien, Holz und anderen natürlichen Ressourcen in ihrem Land. Vertreter von fünf großen indigenen Gruppen (Miskito, Sumo/Mayangna, Garifuna, Creolen, und Rama) beklagen Diskriminierung durch Unterrepräsentierung in der Gesetzgebung. Indigene aus ländlichen Gebieten haben oft keine Geburtsurkunden, Ausweisdokumente und Landtitel. Von ihnen gegründete politische Gruppen haben wenig Einfluss und werden oft entweder ignoriert oder instrumentalisiert. Vielen indigenen Völkern in ländlichen Gebieten fehlt der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Schlechte Infrastruktur macht medizinische Versorgung für viele fast unerreichbar. Die Raten bei Arbeitslosigkeit, Analphabetismus und Kindern, die keine Schule besuchen, gehören zu den höchsten im Land. Ethnisch diskriminierendes Verhalten ist besonders in „besseren“ urbanen Gegenden häufig (USDOS 13.4.2016) Landkonflikte in der RAAN-Region führten 2015 zu Zwangsvertreibungen und Zusammenstößen zwischen indigenen Völkern, Siedlern und der Polizei. Bewohner und Menschenrechtsgruppen behaupten, dass die nicaraguanische und die regionale Regierung sowie die Polizei wenig getan hätten, um Gewalt zu stoppen oder die Eigentumsrechte der indigenen Gemeinschaften zu schützen (FH 27.1.2016). Quellen: - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 19.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/462097_de.html, Zugriff 19.10.2016 18.Relevante Bevölkerungsgruppen 18.1. Frauen und Kinder Gewalt gegen Frauen und Kinder, einschließlich sexuellen und häuslichen Missbrauchs, sind weiterhin verbreitet und werden selten gemeldet. Nur wenige Fälle werden strafrechtlich verfolgt (FH 27.1.2016).

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 21 Das Gesetz kriminalisiert alle Formen von Vergewaltigung, auch in der Ehe. Strafen für Vergewaltiger schwanken zwischen acht und zwölf Jahren Haft. 15 Jahre sind für schweren Missbrauch vorgesehen. Die Regierung setzt das Gesetz jedoch nicht effektiv um, was zu einer verbreiteten Straffreiheit und einer Zunahme von Gewalt führte. Viele Frauen zeigen Missbräuche nicht an, aus Furcht vor sozialer Stigmatisierung, Vergeltung, Straflosigkeit der Täter und Verlust der finanziellen Sicherheit. Das Gesetz stellt auch häusliche Gewalt unter Strafe. Zu Strafverfolgung und Verurteilungen sind keine umfassenden Statistiken verfügbar. Nach aktuellsten verfügbaren Angaben berichtete die nationale Polizei im Jahr 2013 über 1.126 Vergewaltigungsfälle (darunter schwere Vergewaltigung) und 1.090 Fälle von sexuellem Missbrauch. Das Institut für Gerichtsmedizin berichtete im selben Jahr über die Untersuchung von 6.069 Fällen von sexueller Gewalt (USDOS 13.4.2016). Abtreibung ist illegal, selbst aus gesundheitlichen Gründen (um das Leben der Mutter zu retten) oder im Falle von Vergewaltigung oder Inzest, und wird mit Freiheitsstrafen geahndet (FH 27.1.2016). Dies führt dazu, dass Dutzenden Nicaraguanerinnen ein Gerichtsverfahren droht (BS 2016). Nicaragua ist Zielland von Kindersextourismus, obwohl Strafen von fünf bis sieben Jahren dafür vorgesehen sind. 2015 gab es keine offiziell gemeldeten Fälle. Die nationale Polizei berichtet, dass Behörden im Jahr 2013 1.242 Klagen wegen Sexualverbrechen gegen Mädchen erhielten. Laut einer zivilgesellschaftlichen Organisation, waren 83% der Opfer sexueller Gewalt 16 Jahre alt oder jünger. Mehrere NGOs berichten, sexuelle Ausbeutung von jungen Mädchen sei verbreitet, wie die Ausbeutung durch ältere Männer unter dem Vorwand sie zu unterstützen (USDOS 13.4.2016). Menschenhandel ist ein wesentliches Problem in Nicaragua, welches als Ursprungsland für Zwangsprostitution von Frauen und Kindern gilt. Erwachsene und Kinder sind in einigen Sektoren auch Zwangsarbeit ausgesetzt (FH 27.1.2016). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Nicaragua Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/ BTI_2016_Nicaragua.pdf, Zugriff 02.11.2016 - FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World, http://www.ecoi.net/local_link/327724/468407_de.html, Zugriff 21.10.2016 - USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Reports on Human Rights Practices 2015, Nicaragua, http://www.ecoi.net/local_link/322620/462097_de.html, Zugriff 20.10.2016 18.2. Homosexuelle Obwohl sexuelle Orientierung nicht extra erwähnt wird, sind laut Gesetz alle Personen vor dem Gesetz gleich und haben das gleiche Recht auf Schutz. LGBT-Personen erfahren
