palg-gaza-lib-2022-05-31-ke

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22.12.2018 hat Präsident Abbas den PLC für aufgelöst erklärt (AA 3.2.2022b; vgl. FH 28.2.2022).  
Parlamentswahlen hätten in den folgenden sechs Monaten stattfinden sollen, was nicht passierte.  
Die Hamas lehnte die Entscheidung über die Auflösung des PLC ab. Im Januar 2021 kündigte  
Abbas nicht nur an, dass im Juli Präsidentschaftswahlen stattfinden würden, sondern rief auch  
PLC-Wahlen für Mai aus. Allerdings sagte er beide Wahlen im April ab, und es wurde kein neuer  
Termin festgelegt (FH 28.2.2022). Der Präsident der Palästinensischen Behörde wird vom Volk  
direkt gewählt. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im Januar 2005 statt. Die Amtszeit von  
Präsident Abbas ist formal seit 2009 abgelaufen (AA 3.2.2022 b; vgl. FH 28.2.2022). Präsident  
Abbas ist auch Vorsitzender der PLO und Generalkommandant der Fatah-Bewegung (USDOS  
12.4.2022).  Der  Premierminister ist  laut  Verfassung  gegenüber  dem  Präsidenten  und  dem 
Legislativrat für sein Handeln und das Handeln des Kabinetts verantwortlich (GIZ 11.2020a).
Nach  dem  Erdrutschsieg  der Hamas  [Anm.:  bei  den  Wahlen  im  Jahr  2006]  begannen  die 
gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Hamas und Fatah, in deren  
Verlauf Hunderte von Menschen ums Leben kamen. Ihren Höhepunkt fanden sie im Juni 2007 im  
Gazastreifen  als  die  Hamas  mit  Gewalt  die  Kontrolle  über  alle  Sicherheitseinrichtungen  und 
Regierungsgebäude der PA übernahm (GIZ 11.2020a). Zahlreiche Mitglieder und Anhänger der  
Fatah  von  Palästinenserpräsident  Abbas  flohen  aus  Gaza  (Spiegel  Online  13.6.2007;  FAZ 
3.8.2008).  Von  diesem  Zeitpunkt  an  war  Palästina  zweigeteilt,  in  einen  von  der  Hamas 
kontrollierten  Gazastreifen  und  ein  von  der  Fatah  kontrolliertes  Westjordanland.  In  beiden 
Gebieten  wurden  Aktivisten  der  jeweils  anderen  Seite  inhaftiert  und  misshandelt,  deren 
Einrichtungen  geschlossen,  ihre  Medien  verboten  und  ihre  Demonstrationen  aufgelöst  (GIZ 
11.2020a). In den letzten Jahren sind mehrere Versöhnungsversuche zwischen Fatah und Hamas  
gescheitert (CGRS 6.3.2020).
Die  ständige  Verschiebung  der  Wahlen  im  Gaza-Streifen  verhindert jede  Möglichkeit  für  eine 
Änderung des politischen Status quo. Die Umsetzung des Versöhnungsabkommens von 2017, das 
schließlich zu Wahlen geführt hätte, scheiterte zum Teil an der Frage der Kontrolle über die innere  
Sicherheit des Gazastreifens, weil die Hamas ihren unabhängigen bewaffneten Flügel und eine  
dominante Sicherheitsposition im Territorium behalten wollte (FH 3.3.2021; vgl. CGRS 6.3.2020).  
Die  regional  geförderten  Gespräche  zur  Überbrückung  der  Kluft  zwischen  Hamas  und  Fatah 
scheiterten zuletzt, nachdem die Palästinensische Autonomiebehörde im April 2021 angekündigt  
hatte, dass die für Mai geplanten palästinensischen Parlamentswahlen und die für Juli geplanten  
Präsidentschaftswahlen  auf  unbestimmte  Zeit  verschoben  würden  (FH  28.2.2022).  
Entscheidungen über die Durchführung von Wahlen sind stark politisiert. Die Hamas weigerte sich, 
an den Kommunalwahlen der PA 2017 teilzunehmen, die aufgrund von Streitigkeiten zwischen  
Hamas und Fatah über die Kandidatenlisten vom Vorjahr verschoben worden waren. Im Dezember 
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2021 wurden im Westjordanland erneut Kommunalwahlen abgehalten, eine zweite Runde ist für  
Anfang 2022 angesetzt. Die Hamas lehnte jedoch die Durchführung der Wahlen im Gazastreifen  
ab.  Die Fähigkeit palästinensischer Regierungsvertreter, im Gazastreifen Politik zu machen und  
umzusetzen, ist durch israelische und ägyptische Grenzkontrollen, israelische Militäraktionen und  
die anhaltende Spaltung mit der PA im Westjordanland stark eingeschränkt (FH 28.2.2022).
Seit dem Bruch zwischen der Hamas und der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas  
regiert  die  Hamas  allein  im  Gazastreifen  und  wird  höchstens  von  noch  radikaleren  Kräften 
herausgefordert (DS 17.5.2018; vgl. USDOS 11.3.2020). Obwohl die Gesetze der PA in Gaza  
formal gültig sind (USDOS 11.3.2020; vgl. EU 30.3.2022), gelten die von der PA im Westjordanland 
seit 2007 erlassenen Gesetze de facto nicht mehr für die Bürger des von der Hamas kontrollierten  
Gazastreifens,  und  die  in  Gaza  erlassenen  Gesetze  gelten  nicht  im  Westjordanland  (ICHR 
4.2022).
Kleinere Parteien – darunter [Anm.: die beiden Terrorgruppen] Islamischer Jihad und die Volksfront 
für die Befreiung Palästinas (PFLP) sowie die Demokratische Front für die Befreiung Palästinas  
(DFLP)  und  eine  von  Präsident  Abbas  nicht  unterstützte  Fraktion  der  Fatah  –  werden  in 
unterschiedlichem Maße von der Hamas toleriert. Einige dieser Gruppen verfügen über eigene  
Medien und veranstalten Kundgebungen und Versammlungen. Diejenigen, die mit Präsident Abbas 
und seinen Unterstützern in der Fatah verbunden sind, sind jedoch der Verfolgung ausgesetzt (FH  
28.2.2022).
Zivilgesellschaftliche Organisationen in Gaza geben an, dass die Hamas und andere islamistische  
Gruppen keinen öffentlichen Dissens, keine Opposition, keinen bürgerlichen Aktivismus oder die  
Förderung von Werten, die der politischen und religiösen Ideologie der Hamas widersprechen,  
tolerieren (USDOS 12.4.2022). 
Am  6.  Mai  2017  wurde  Ismail  Haniyye  zum  neuen  Vorsitzenden  des  Politbüros  der  Hamas 
gewählt. Er löste damit Khaled Mashaal ab, der das Amt seit 1996 innehatte (GIZ 11.2020a). Im  
August 2021 wurde Haniyye durch eine Wahl innerhalb der Hamas-Führung in dieser Funktion für  
weitere vier Jahre bestätigt, ebenso wie Yahya (al-)Sinwar als Vorsitzender der Hamas in Gaza  
und damit als de facto-Regierungschef des Gebiets im März 2021 bestätigt wurde (FH 28.2.2022). 
2005 zog Israel sein Militär und die nach 1967 angesiedelten Israelis aus dem Gazastreifen ab,  
behielt jedoch die Kontrolle über Außengrenzen und Luftraum unilateral bei: Daraus resultiert der  
Rechtsstreit, ob der Gazastreifen noch besetzt ist oder nicht (DS 17.5.2018). Israel hat weiterhin  
die Kontrolle über Wasser, Elektrizität, Infrastruktur, Grenzübergänge, medizinische Behandlung,  
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Exporte/Importe und viele andere Bereiche des täglichen Lebens. Die Palästinenser  haben keine  
Souveränität über ihre Ressourcen (M EE 13.10.2019). Die Blockade des Gazastreifens seit 2007  
durch Israel,  die durch die ägyptischen Beschränkungen an der Grenze zum Gazastreifen noch  
verschärft wird, schränkt den Zugang der rund  zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu  
Bildung,  wirtschaftlichen  Möglichkeiten,  medizinischer  Versorgung,  sauberem  Wasser  und 
Elektrizität  ein.  Achtzig  Prozent  der  Bevölkerung  im Gazastreifen  sind  von  humanitärer  Hilfe 
abhängig (HRW 13.1.2022; vgl. BBC 1.7.2021). Die Bevölkerung in Gaza beläuft sich auf rund 2,1  
Millionen,  von denen  etwa  1,4 Millionen  registrierte palästinensische Flüchtlinge sind (UNRWA  
o.D.).
Die EU, Israel und die USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein (BBC 1.7.2021, EU  
4.2.2022, USDOS 16.12.2021).
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https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-
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- BPB – Bundeszentrale für politische Bildung (17.7.2011): Hamas und Palästinensischer  
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Februar  2022  zur  Aktualisierung  der  Liste  der  Personen,  Vereinigungen  und  
Körperschaften,  für  die  die  Artikel  2,  3  und  4  des  Gemeinsamen  Standpunkts 
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2001/931/GASP  über  die  Anwendung  besonderer  Maßnahmen  zur  Bekämpfung  des 
Terrorismus gelten, und zur Aufhebung des Beschlusses (GASP) 2021/1192 , https://eur-
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Befreiungsorganisation  (PLO),  https://www.palestinemission.at/palaestinensische-
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https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-07/palaestina-unrwa-gazastreifen-fatah-hamas-
israel/komplettansicht, Zugriff 30.5.2022
 3. Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Israel und den Palästinensischen Gebieten ist wesentlich vom israelisch-
palästinensischen  Konflikt  geprägt  (AA 24.5.2022).  Auch  den  komplexen  Verhältnissen  in  der 
Region  muss  stets  Rechnung  getragen  werden.  Bestimmte  Ereignisse  und  Konflikte  in 
Nachbarländern  können  sich  auf  die  Sicherheitslage  im  besetzten Palästinensischen  Gebiet 
auswirken (EDA 8.4.2022). 
1994 begann Israel einen Grenzzaun zu bauen, der im Jahr 2000, während der Intifada, attackiert  
und  danach  durch  eine  Sicherheitsbarriere  ersetzt  wurde.  Dabei  richtete  Israel  auch  eine 
Pufferzone  auf  dem  Gebiet  des  Streifens  ein  (was  ihn  noch  schmäler  macht),  in  die  laut 
israelischen Einsatzregeln scharf hineingeschossen werden kann. Die Breite der Zone, bis zu 300  
Meter, wird variabel festgelegt – dort fanden  in der Vergangenheit  Aufmärsche statt. 2005 zog  
Israel sein Militär und die nach 1967 angesiedelten Israelis aus dem Gazastreifen ab, behielt  
jedoch  die  Kontrolle  über  Außengrenzen  und  Luftraum  unilateral  bei:  Daraus  resultiert  der 
Rechtsstreit, ob der Gazastreifen noch besetzt ist oder nicht. Die letzten Jahre sind geprägt von  
einem  Wechselspiel  von  Raketenangriffen  auf  Israel  aus  dem  Gazastreifen,  dem  Bau  von 
Schmuggel- und Angriffstunnels – und der immer wieder gelockerten und angezogenen Blockade  
durch Israel (DS 17.5.2018) sowie israelischen Militäroffensiven (AA 24.5.2022).
Die EU, Israel und die USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein (BBC 1.7.2021, EU  
4.2.2022, USDOS 16.12.2021). Seit der Übernahme der Kontrolle über den Gazastreifen im Jahr  
2007 hat die Hamas die Verantwortung für zahlreiche Raketenangriffe auf Israel übernommen und  
organisierte Proteste an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel, die zu gewaltsamen  
Zusammenstößen, Opfern und militärischen Vergeltungsmaßnahmen der israelischen Streitkräfte  
führten.  Der  Palästinensische  Islamische  Jihad (PIJ)  hat  seit  den  1980er  Jahren  ebenfalls 
zahlreiche Angriffe auf Israel verübt, darunter eine Reihe von Mörser- und Raketenangriffen im  
Jahr  2020,  die  ebenfalls  zu  Gegenschlägen  der  IDF  führten  (CIA 24.5.2022).  Gemäß  einer 
Einschätzung des israelischen Militärs vom April 2022 würde der Islamische  Jihad derzeit keine  
Angriffe  von  Gaza  aus  nach  Israel   ohne  Zustimmung  der  Hamas  durchführen  (Haaretz 
18.4.2022a).
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Im  Frühjahr  2021  kam  es  in  Ost-Jerusalem  zu  gewaltsamen  Zusammenstößen  zwischen 
Palästinensern und Israelis. Anlass war die geplante Zwangsräumung palästinensischer Häuser  
zugunsten von Siedlern sowie die Stationierung von Polizeieinheiten auf dem Tempelberg. Die  
Auseinandersetzungen breiteten sich auf die jüdisch-arabisch gemischten Städte in Israel, die  
besetzte Westbank und den Gaza-Streifen aus und eskalierten zu einem elftägigen Krieg zwischen 
der Hamas und Israel. Es war der vierte Krieg in vierzehn Jahren [Anm.: nach 2008-2009, 2012  
und  2014  (ICG  10.8.2021)]  (BPB  2.11.2021).  Die  im  Gaza-Streifen  regierende  islamistische 
Hamas,  die  sich  als  Verteidigerin  Jerusalems  und  der  Al-Aqsa-Moschee  stilisierte,  beschoss 
israelisches  Territorium  mit  Raketen  und  Mörsern.  Die  israelische  Armee  antwortete  mit 
Bombenangriffen auf das Waffenarsenal, das Tunnelsystem sowie die militärische und politische  
Führung  der  Hamas.  Mindesten  248  Palästinenser  und  12  Israelis  verloren  in  der   jüngsten 
Eskalation ihr Leben (BPB 2.11.2021). Laut UN starben mindestens 129 palästinensische Zivilisten 
bei  den  israelischen  Angriffen  (OCHA  25.6.2021),  wie  auch  12  israelische  Zivilisten  und 
mindestens  sieben  Palästinenser  im  Gazastreifen  durch  Raketenangriffe  der  Hamas  (HRW 
13.1.2022). Mindestens 2.200 Palästinenser wurden verletzt, von denen manche möglicherweise  
Langzeitschäden erlitten haben (USDOS 12.4.2022). 
Bei der  „Guardian of the Walls“ genannten Operation der israelischen Streitkräfte im Mai 2021  
wurden insgesamt fast 500 Gebäude im Gazastreifen zerstört oder schwer beschädigt, darunter  
mehrere Hochhäuser, in denen 33 Medienunternehmen ihre Büros hatten, unter ihnen lokale und  
internationale Pressebüros wie Al Jazeera und Associated Press. Ebenso wurden Bildungs- und  
medizinische  Einrichtungen  getroffen,  und  das  Stromnetzwerk  beschädigt.  Der  daraus  
resultierende  Stromausfall  wirkte  sich  auch  auf  die  Wasserversorgung  und  die  
Abwasserentsorgung  im  Gazastreifen  aus  (ICG  10.8.2021).  Auch  wurde  eine  
Wasserentsalzungsanlage bei einem israelischen Angriff getroffen, wodurch die Wasserversorgung 
für mehr als 250.000 Bewohner des Gazastreifens für rund 12 Tage eingestellt werden musste (AI  
2022a). Die WHO warnte unter anderem vor einer verstärkten Ausbreitung von COVID-19, weil  
sich die vertriebenen Bewohner zum Schutz in Schulen drängten (ICG 10.8.2021).
Human Rights Watch dokumentierte nach eigenen Angaben schwerwiegende Verstöße gegen das  
Kriegsrecht und offensichtliche Kriegsverbrechen während der Feindseligkeiten (HRW 13.1.2022;  
vgl.  AI  2022a).  Bei  den  israelischen  Angriffen  wurden  zahlreiche  Zivilisten  getötet  und  unter 
anderem vier Hochhäuser zerstört, ohne dass sich diese in der Nähe offensichtlicher militärischer  
Ziele befunden hätten, wie auch die Hamas und andere bewaffnete palästinensische Gruppen  
willkürliche  Raketenangriffe  auf  israelische  Städte  durchführten  (HRW  13.1.2022).  Militante 
Gruppierungen feuerten aus zivilen Gebieten im Gazastreifen Raketen auf zivile Gebiete in Israel  
ab. Die israelische Regierung gab an, dass die Hamas und andere Gruppierungen in Gaza zivile  
Infrastruktur als Schutzschild verwenden würden (USDOS 12.4.2022). Am 21. Mai 2021 trat eine  
von Ägypten vermittelte Waffenruhe in Kraft (BPB 2.11.2021).
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Seit den Kampfhandlungen zwischen Israel und militanten Gruppierungen im Gazastreifen im Mai  
2021 konnte noch kein dauerhafter Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien erreicht werden. 
Es  kam  zuletzt  mehrfach  zu  Raketenbeschuss  aus  dem  Gazastreifen,  der  zum  Teil  mit 
Luftschlägen  der  israelischen  Streitkräfte  beantwortet  wurde  (AA  24.5.2022;  vgl.  USDOS 
12.4.2022,  Haaretz  18.4.2022b,  Al-Jazeera  22.4.2022).  Auch  Demonstrationen  und  
Zusammenstöße  an  der  Sperranlage  sind  weiterhin  möglich  (AA  24.5.2022;  vgl.  USDOS 
12.4.2022, Al-Jazeera 22.4.2022). Beispielsweise im April 2022 folgten tausende Bewohner im  
Norden  des  Gazastreifens  Protestaufrufen  der  Hamas,  nachdem  die  Al-Aqsa-Moschee  in 
Jerusalem zu Beginn des heiligen Monats Ramadan im Zentrum tagelanger Gewalt und erhöhter  
Spannungen gestanden war (Al-Jazeera 22.4.2022). Ende August/Anfang September 2021 warfen  
Palästinenser  im  Grenzbereich  zwischen  dem  Gazastreifen  und  Israel  Sprengkörper  und  die 
israelischen  Streitkräfte  setzten  scharfe  Munition  ein,  es  kam  zu  Todesopfern  und  Verletzten 
(BAMF 6.9.2021, BAMF 23.8.2021). Das unmittelbar an den Gazastreifen angrenzende Gebiet  
kann  von  Feuerballons  betroffen  sein,  die  Brände  auslösen  (AA  24.5.2022;  vgl.  USDOS 
12.4.2022). Seit dem 22.5.2021 und bis zum 8.5.2022 [Anm.: letzte verfügbare Daten] zählte das  
Office for the Coordniation of Humanitarian Affairs ( OCHA) der Vereinten Nationen insgesamt elf  
Todesopfer im Gazastreifen, darunter vier ZivilistInnen und drei T ote, deren Status umstritten ist,  
sowie 156 Verletzte [Anm.: insgesamt – hierbei keine Unterscheidung zwischen Kombattanten und  
Zivilisten] (OCHA o.D.a).
Die Hamas  verhaftete in der ersten Jahreshälfte 2019  Hunderte Salafisten. Gruppen wie der  
sogenannte Islamische Staat (IS) sind im Gazastreifen momentan nicht stark organisiert, aber die  
Gefahr, dass sie hier Fuß fassen könnten, ist sehr groß (Zeit Online 8.7.2019). Die Hamas hat in  
den  letzten  Jahren  IS-Elemente  bekämpft,  die  versuchten,  im  Gazastreifen  eine  Präsenz 
aufzubauen, begrüßte jedoch im März 2022 öffentlich IS-inspirierte Angriffe in Israel (France 24  
31.3.2022).
Quellen:
- AA  –  Auswärtiges  Amt  (24.5.2022):  Palästinensische  Gebiete:  Reise-  und  
Sicherheitshinweise  (Teilreisewarnung),  
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-
node/palaestinensischegebietesicherheit/203674, Zugriff 24.5.2022
- AI  –  Amnesty  International  (2022a):  Israel  and  Occupied  Palestinan  Territories,  
https://www.amnesty.org/en/location/middle-east-and-north-africa/israel-and-occupied-
palestinian-territories/report-israel-and-occupied-palestinian-territories/, Zugriff 30.5.2022
- Al-Jazeera (22.4.2022):  Hamas holds rally in Gaza over Israeli raids at Al-Aqsa Mosque,  
https://www.aljazeera.com/news/2022/4/22/hamas-rallies-in-gaza-against-israeli-raids-at-al-
aqsa-mosque, Zugriff 30.5.2022
- BAMF  –  Bundesamt  für  Fremdenwesen  und  Asyl  (6.9.2021):  Briefing  Notes,  
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/
.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 50
14

BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw36-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=2,  Zugriff  
30.5.2022
- BAMF  –  Bundesamt  für  Fremdenwesen  und  Asyl  (23.8.2021):  Briefing  Notes,  
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/
BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw34-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=2,  Zugriff  
30.5.2022
- BPB  –  Bundeszentrale  für  politische  Bildung  (2.11.2021):  Nahost,  
https://www.bpb.de/themen/kriege-konflikte/dossier-kriege-konflikte/54655/nahost/,  Zugriff  
30.5.2022 
- CIA – Central Intelligence Agency (24.5.2022): The World Factbook, Middle East, Gaza  
Strip,  https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/gaza-strip/#military-and-security, 
Zugriff 30.5.2022
- DS  -  Der  Standard  (17.5.2018):  Gaza  und  das  Fenster  zur  Welt,  
https://derstandard.at/2000079890527/Gaza-und-das-Fenster-zur-Wel  t  , Zugriff 30.5.2022
- EDA  –  Eidgenössisches  Departement  für  auswärtige  Angelegenheiten  (8.4.2022): 
Reisehinweise  für  das  Besetzte  Palästinensische  Gebiet  (dazu  gehören  das  
Westjordanland,  einschliesslich  Ostjerusalem,  und  der  Gazastreifen),  
https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/besetztes-
palaestinensisches-gebiet/reisehinweise-besetztes-palaestinensisches-gebiet.html,  Zugriff 
30.5.2022
- Haaretz (18.4.2022a): Gaza Groups Don't Want War, Israel Assesses, but Al-Aqsa Tensions 
Could  Boil  Over  'At  Any  Moment',  https://www.haaretz.com/israel-news/2022-04-18/ty-
article/.premium/gaza-groups-dont-want-war-israel-assesses-but-al-aqsa-tensions-could-
boil-over/00000180-5bec-db1e-a1d4-dfed21dd0000, Zugriff 30.5.2022
- Haaretz  (18.4.2022b):  Israel  Strikes  Gaza  in  Response  to  Rocket  Fire,  
https://www.haaretz.com/israel-news/2022-04-18/ty-article/rocket-sirens-sound-over-gaza-
border/00000180-655c-db2f-a1c0-ef5fb2e30000, Zugriff 30.5.2022
- HRW  –  Human  Rights  Watch  (13.1.2022):  World  Report  2021  -  Israel  and  Palestine, 
https://www.hrw.org/world-report/2022/country-chapters/israel/palestine#b9d2a1,  Zugriff  
19.5.2022
- ICG  –  International  Crisis  Group  (10.8.2021):  Beyond  Business  as  Usual  in  Israel-
Palestine,  https://www.ecoi.net/en/file/local/2058139/225-israel-palestine.pdf,  Zugriff  
30.5.2022
- OCHA – United Nations Office for the Coordniation of Humanitarian Affairs (25.6.2021):  
Response  to  the  escalation  in  the  oPt  |  Situation  Report  No.  5  (18-24  June  2021), 
https://www.ochaopt.org/content/response-escalation-opt-situation-report-no-5-18-24-
june-2021, Zugriff 30.5.2022
- OCHA  – United  Nations  Office  for  the  Coordniation  of  Humanitarian  Affairs  (o.D.a): 
Occupied  Palestinian  Territories,  Data  on  Casualties,  
https://www.ochaopt.org/data/casualties, Zugriff 23.5.2022
- USDOS – United States Department of State (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human 
Rights Practices: West Bank and Gaza, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-
on-human-rights-practices/israel-west-bank-and-gaza/west-bank-and-gaza/,  Zugriff  
19.5.2022
 4. Rechtsschutz / Justizwesen
Rechtssicherheit  wird  in  Palästina  dadurch  erschwert,  dass  immer  noch  Elemente  des 
osmanischen, britischen, jordanischen, ägyptischen, israelischen (israelische Militärverordnungen)  
und  palästinensischen  Rechts  (seit  1994)  nebeneinander  existieren.  Darüber  hinaus  wird  in 
Palästina Gewohnheitsrecht und religiöses Recht (insbesondere im Familienrecht) angewandt.  
Daneben  werden  die  Beschlüsse  des  Obersten  Palästinensischen  Gerichtshofes  nicht  immer 
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umgesetzt (GIZ 11.2020a). Obwohl die Gesetze der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) in  
Gaza formal gültig sind, hat die PA nur wenig Autorität, und die Hamas verfügt über die de facto-
Kontrolle (USDOS 11.3.2020; vgl. Spiegel Online 9.11.2021). Die Auseinandersetzungen zwischen 
Fatah und Hamas wirken sich auch auf das Justizwesen aus. Nach der Spaltung untersagte die  
palästinensische  Behörde  ehemaligen  Mitarbeitern  der  Justizbehörden  (und  auch  der  
Sicherheitskräfte)  im  Gazastreifen  für  die  Verwaltung  der  Hamas  zu  arbeiten.  Sie  wurden 
stattdessen  von der  palästinensischen  Behörde  bezahlt, ohne  zu arbeiten. Die  Hamas stellte 
Ersatz-Staatsanwälte und Richter ein, die häufig keine entsprechende Ausbildung und Qualifikation 
für die Aufgaben hatten (GIZ 11.2020a).
Die  Gesetze  der  PA sehen  das  Recht  auf  eine  unabhängige  Justiz  sowie  einen  fairen  und 
öffentlichen Prozess vor. Verfahren sind öffentlich, außer in Sonderfällen, etwa wenn es zum  
Schutz  bestimmter  Interessen  nötig  ist,  das  Verfahren  nicht-öffentlich  abzuhalten.  Es  gilt  die 
Unschuldsvermutung und der Angeklagte hat das Recht, zeitnah über die gegen ihn vorliegende  
Anklage informiert zu werden. Gemäß Amnesty International werden diese Rechte manchmal nicht 
gewahrt. Rechtsbeistand ist vorgesehen, auf Kosten des Staates, wenn nötig. Die Angeklagten  
haben das Recht auf Berufung. Während die PA in der Westbank diese prozeduralen Rechte  
weitgehend gewährleistet, implementiert sie die Hamas-Behörde im Gazastreifen nur inkonsistent  
(USDOS 12.4.2022). Dem Gerichtssystem der Hamas gelingt es üblicherweise nicht, einen fairen  
Prozess zu gewährleisten und in manchen Fällen werden Zivilisten von speziellen Militärgerichten  
verurteilt (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). 
Die Hamas unterhält ein ad hoc-Justizsystem, das getrennt von den Strukturen der PA funktioniert.  
Das System  ist  politischer  Einflussnahme  ausgesetzt,  Richtern  mangelt  es an  angemessener 
Ausbildung und Erfahrung (FH 28.2.2022). Von der Hamas ernannte Staatsanwälte und Richter  
arbeiteten de facto vor Gerichten, was die PA als illegal ansah. Die Bewohner des Gazastreifens  
können  zivilrechtliche  Klagen  einreichen,  auch  wenn  es  um  Vorwürfe  von  
Menschenrechtsverletzungen  geht;  dies  ist  jedoch  nicht  üblich  (USDOS  12.4.2022).  Es  gibt 
Berichte über willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen durch die Hamas sowie über politisch  
motivierte Festnahmen. Es gibt keine rechtlichen oder unabhängigen Institutionen, die in der Lage  
gewesen wären, die Hamas als de facto-Autorität im Gazastreifen zur Rechenschaft zu ziehen  
(USDOS 12.4.2022).  Die Hamas setzte auch weiterhin Beschränkungen für die Bevölkerung des  
Gazastreifens auf der Grundlage ihrer Auslegung des Islam und der Scharia durch, einschließlich  
eines von den Gerichten der PA getrennten Justizsystems (USDOS 12.5.2021).
Nach  Angaben  der  israelischen  NGO  B'Tselem,  die  darauf  hinweist,  dass  der  Transport  von 
Gefangenen außerhalb des besetzten Gebiets gegen internationales Recht verstößt, befanden  
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sich Ende September 2020 etwa 254 palästinensische Sicherheitshäftlinge und Gefangene aus  
dem Gazastreifen in israelischen Gefängnissen. Die israelischen Militärgerichte, welche die Fälle  
dieser Gefangenen behandeln, verfügen nicht über die vollständigen Verfahrensgarantien ziviler  
Gerichte (FH 28.2.2022).
Bewohner des Gazastreifens können von der israelischen Regierung keine Wiedergutmachung  
oder  Entschädigung  für  Sach-  oder  Personenschäden  verlangen,  weil  der  Gazastreifen  nach 
israelischem Recht als „feindliches Gebiet“ eingestuft ist (USDOS 12.4.2022).
Stammesgerichte spielen in Gaza eine wichtige Rolle für die Stabilität in der Gesellschaft. Die  
Menschen in Gaza bringen ihre Fälle oftmals lieber vor Stammesgerichte, weil diese meist sehr  
schnell  ein  Urteil  fällen.  Die  Stammesgerichte  stehen  nicht  im  Widerspruch  zur  offiziellen 
Gerichtsbarkeit,  sie  operieren  mit  Unterstützung  der  Letzteren.  Problematisch  ist,  das  die 
Stammesrichter (tribal arbitrators) nicht im selben Maße unparteiisch sind wie offizielle Richter (Al-
Monitor 28.3.2018; vgl. USDOS 12.4.2022). 
Das Personenstandsrecht ist grundsätzlich abhängig von Religions- und Konfessionszugehörigkeit  
(WCLAC/DCAF 5.2012; vgl. USDOS 12.4.2022). Islamische oder christliche religiöse Gerichte  
behandeln  Angelegenheiten  des  Personenstandsrechts,  einschließlich  Erbschaft,  Heirat,  
Scheidung und Kindesunterhalt. Für Muslime sind Sharia-Gerichte und für Christen geistliche  
Gerichte der anerkannten Konfessionen zuständig (USDOS 12.5.2021).
Quellen:
- Al-Monitor  (28.3.2018):  Tribal  law  keeps  imperfect  order  in  Gaza,  https://www.al-
monitor.com/pulse/originals/2018/03/customary-law-among-tribes-has-upper-hand-in-gaza-
strip.html, Zugriff 19.5.2022
- FH  -  Freedom  House  (28.2.2022):  Freedom  in  the  World  2022  -  Gaza  Strip, 
https://freedomhouse.org/country/gaza-strip/freedom-world/2022, Zugriff 19.5.2022
- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Länderinformationsportal  
(11.2020a) [Archivversion vom 14.5.2021]: Palästinensische Gebiete, Geschichte & Staat,  
https://web.archive.org/web/20210514035926/https://www.liportal.de/palaestinensische-
gebiete/geschichte-staat/, Zugriff 19.5.2022
- Spiegel Online (9.11.2021): Todesstrafe für Palästinenser wegen »Kollaboration« mit Israel, 
https://www.spiegel.de/ausland/hamas-todesstrafe-fuer-palaestinenser-wegen-
kollaboration-mit-israel-a-216a8906-5cf5-46e8-adba-4dcf48a3c57c, Zugriff 19.5.2022
- USDOS – United States Department of State (12.4.2022): 2021 Country Reports on Human 
Rights Practices: West Bank and Gaza, https://www.state.gov/reports/2021-country-reports-
on-human-rights-practices/israel-west-bank-and-gaza/west-bank-and-gaza/,  Zugriff  
19.5.2022
- USDOS –  United States  Department of State (12.5.2021): 2020 Report on International  
Religious  Freedom:  Israel:  West  Bank  and  Gaza,  https://www.state.gov/reports/2020-
report-on-international-religious-freedom/israel-west-bank-and-gaza/west-bank-and-gaza/, 
Zugriff 19.5.2022
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