palg-westbank-lib-2022-06-03-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- USDOL – US Department of Labor [USA] (29.9.2021): 2020 Findings on the Worst Forms of Child Labor: West Bank and Gaza Strip, https://www.ecoi.net/de/dokument/2061993.html, Zugriff 24.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Israel, West Bank and Gaza - West Bank and Gaza, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071205.html, Zugriff 20.5.2022 17.3. Homosexuelle Die palästinensische Gesellschaft ist in vielfacher Hinsicht konservativ und traditionell eingestellt und steht Homosexualität grundsätzlich ablehnend gegenüber. Die negativen Reaktionen gehen von sozialer Ausgrenzung bis hin zu körperlicher Gewalt. Palästinensische politische Organisationen vermeiden das Thema LGBTI-Rechte. Dennoch gibt es Organisationen, die versuchen, die Situation für LGBTI in Palästina zu verbessern, u.a. durch rechtliche Beratung und psychologische Unterstützung und vereinzelt Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen (GIZ 11.2020c). Im Westjordanland wurde gleichgeschlechtlicher Sex 1951 entkriminalisiert und ist dies bis heute. Es gibt es keine Gesetze, die LGBTQI*-Personen gegen Diskriminierung oder Belästigung schützen (GIZ 11.2020c). Es gab während des Jahres Beispiele für Gewalt, Kriminalisierung oder Schikanen aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität manchmal auch verübt durch PA-Sicherheitskräfte und Nachbarn (USDOS 12.4.2022). Gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Partnerschaften sind rechtlich nicht anerkannt und offen werden solche Beziehungen nicht gelebt (GIZ 11.2020c). Homosexualität ist im Westjordanland weiterhin ein soziales und religiöses Tabuthema (AA 24.5.2022). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.5.2022): Palästinensische Gebiete: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-node/ palaestinensischegebietesicherheit/203674, Zugriff 24.5.2022 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - West Bank*, https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022 - GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, Länderinformationsportal (11.2020c) [Archivversion vom 14.5.2021]: Palästinensische Gebiete, Gesellschaft, https://web.archive.org/web/20210514041258/https://www.liportal.de/palaestinensische-gebiete/ gesellschaft/, Zugriff 23.5.2022 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Israel, West Bank and Gaza - West Bank and Gaza, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071205.html, Zugriff 20.5.2022 18. Bewegungsfreiheit Israel schränkt die Bewegungsfreiheit von PalästinenserInnen in den besetzten palästinensischen Gebieten, zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen, nach Israel und ins Ausland ein. .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 41 von 52

Von diesen Einschränkungen sind nur PalästinenserInnen betroffen, nicht aber Israelis und AusländerInnen (B‘tselem 11.11.2017). Israelische Checkpoints, Reisegenehmigungen und andere Restriktionen stellen weiterhin schwerwiegende Einschränkungen für die Bewegungsfreiheit und den Handel sowie für den Zugang von PalästinenserInnen zu Arbeitsstellen, Spitälern und Schulen dar (FH 28.2.2022). Hinzu kommen schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt, geringere Löhne, erschwerter Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen, Folgen für das soziale Leben (Teilnahme an Veranstaltungen, Familienfeiern), und negative Folgen für die journalistische Berichterstattung und die Aktivität von humanitären Organisationen und NGOs, sowie Erschwernissen im Bereich der Gerichtsbarkeit (USDOS 11.3.2020). Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit betreffen auch die Möglichkeiten zur politischen Organisation und Aktivität (FH 2020), sowie den Zugang zu Bildung und kulturellen Aktivitäten (USDOS 12.4.2022). Auch internationale Organisationen sind von den Einschränkungen betroffen. UNRWA berichtete, dass die MitarbeiterInnen des Hauptquartiers im Westjordanland mit Ende November 2021 241 Arbeitstage durch die Bewegungseinschränkungen im Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem verloren hatten (USDOS 12.4.2022). Hinzukamen die COVID-19 Lockdowns 2020 und 2021: Der erste von ihnen machte 96.000 Menschen in den palästinensischen Gebieten und 25.000 PalästinenserInnen mit Arbeitsstellen in Israel im 2. Quartal 2020 arbeitslos. Die Öffnungen und Lockdowns im Jahr 2021 galten als wahrscheinliche Faktoren bei der Unterbrechung von Beschäftigungsverhältnissen (ACAPS 19.10.2021). - Checkpoints innerhalb der Westbank Mit Stand Juni 2020 betrieben die israelischen Behörden fast 600 Checkpoints und andere permanente Hindernisse in der Westbank. Dazu kamen beinahe 1.500 „fliegende“ Kontrollpunkte im Zeitraum 2019 bis März 2020 (HRW 13.1.2022). Einige der Checkpoints werden auch von privaten Sicherheitsfirmen betrieben (USDOS 11.3.2020). Die israelischen Behörden untersagen häufig Reisen zwischen einigen oder allen palästinensischen Städten im Westjordanland und setzen zu diesem Zweck temporäre Checkpoints ein. Zwei große Kontrollpunkte teilen zudem das Westjordanland in drei Teile: Za'atara zwischen Nablus und Ramallah, der zum Teil besetzt ist, und der Container-Checkpoint östlich von Abu Dis, der immer besetzt ist. Der gesamte palästinensische Verkehr zwischen Norden und Süden der Westbank erfolgt aufgrund von Checkpoints und Straßensperren über die Straßen, die von diesen beiden Checkpoints kontrolliert werden (B‘tselem 11.11.2017). Medienberichten zufolge führt die Schließung von wichtigen Kontrollpunkten wie dem Checkpoint Container bei Betlehem und Za'tara zu größeren Störungen im Westjordanland. Im Fall des Checkpoints Container kann bei dessen Schließung ein Drittel der Bevölkerung der Westbank .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 42 von 52

abgeschnitten werden. Bei Schließung des Checkpoints Za’atara kann der gesamte Verkehr in und nach Norden der Westbank blockiert werden (USDOS 12.4.2022). An den Checkpoints wurden PalästinenserInnen abgewiesen oder aufgehalten und gedemütigt, während israelische Siedler sich weitgehend ungehindert bewegen dürfen (HRW 13.1.2022). Von Israel verhängte Einschränkungen, mit denen Palästinenser von israelischen Siedlungen ferngehalten werden sollten, zwingen sie zu zeitraubenden Umwegen und schränken ihren Zugang zu ihren eigenen landwirtschaftlichen Flächen ein (HRW 14.1.2020; vgl. FH 2020). Die israelischen Behörden schränkten den palästinensischen Reiseverkehr auf 29 Straßen/Straßenabschnitten im gesamten Westjordanland ein oder untersagten ihn, darunter viele Hauptverkehrsadern. Die israelischen Militärbehörden schränken auch weiterhin den palästinensischen Auto- und Fußverkehr sowie den Zugang zu Wohnungen und Geschäften in der Innenstadt von Hebron - Gebiet H2 - für 22.000 BewohnerInnen ein und verwiesen auf die Notwendigkeit, mehrere hundert israelische Siedler, die im Stadtzentrum wohnen, zu schützen (USDOS 12.4.2022). Die israelischen Sicherheitskräfte verhängten auch vorübergehende Ausgangssperren, aufgrund derer die PalästinenserInnen während Razzien der israelischen Sicherheitskräfte ihre Häuser nicht verlassen durften (USDOS 12.4.2022). - Die Trennbarriere Die Trennmauer, die Israel nach eigenen Angaben aus Sicherheitsgründen gebaut hat, verläuft zu 85 Prozent auf dem Territorium des Westjordanlandes statt entlang der „Grünen Linie“ [Anm.: Waffenstillstandslinie von 1967 zwischen dem Staat Israel und dem Westjordanland] (HRW 13.1.2022). An der weitesten Stelle reicht die Mauer ca. 18 km in das Gebiet der Westbank hinein (USDOS 11.3.2020). Die Barriere besteht aus Mauern, Zäunen und anderen Abtrennungen und ist zu 65 Prozent fertiggestellt. Das illegale Betreten Israels wurde allerdings auch durch die Mauern und Zäune der Trennbarriere nie ganz verunmöglicht und in den letzten Jahren stieg die Zahl der PalästinenserInnen, die illegal auf diese Weise Arbeit in Israel suchten. Die Durchsetzung der Barrierenfunktion auch mittels Schüsse hat sich aktuell mancherorts in eine Duldung der Grenzübertritte gewandelt, um den wirtschaftlichen Druck im Westjordanland durch die Einkünfte der in Israel arbeitenden PalästinenserInnnen zu mildern, und Israel die seit der Pandemie fehlenden billigen Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen, auch wenn damit ein großes Sicherheitsrisiko für Israel verbunden ist (Guardian 21.3.2022). Der Trennwall wurde 2004 vom Internationalen Gerichtshof für illegal erklärt und verursacht Not (FH 28.2.2022): Die Trennmauer schneidet viele Palästinenser von ihrem Ackerland ab, und isoliert 11.000 PalästinenserInnen, die auf der westlichen Seite der Mauer leben, aber nicht nach Israel .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 43 von 52

reisen dürfen, und ihr Zugang zu ihrem eigenen Eigentum und zu Dienstleistungen ist wegen der Mauer stark eingeschränkt (HRW 13.1.2022) - Zugangsgenehmigungen für Teile der Westbank und für Israel sowie Schließungen von Übergängen Israel schränkt die Bewegungsfreiheit der Palästinenser durch ein System von Ein- und Ausreisegenehmigungen ein. Je nach Reisegrund gibt es verschiedene Arten von Genehmigungen; das Antragsverfahren kann langwierig sein, und viele Anträge werden abgelehnt (UK Home Office 3.2020; vgl. Gisha o.D.): Die israelischen Behörden verlangten weiterhin, mit wenigen Ausnahmen, von InhaberInnen palästinensischer Personalausweise schwierig zu bekommende, temporäre Genehmigungen für den Zutritt zu Israel und weite Teile der Westbank, einschließlich Ost-Jerusalem. Das Antragsverfahren wird als intransparent und ohne wirkliche Berufungsmöglichkeiten bei den zahlreichen Ablehnungen, die keine Begründung enthalten, kritisiert (HRW 13.1.2022). COGAT, die für palästinensische zivile Angelegenheiten zuständige Einheit des israelischen Verteidigungsministeriums, gibt an, im Dezember 2019 mehr als 50.000 Einreisegenehmigungen für BewohnerInnen des Westjordanlands nach Israel erteilt zu haben (PRI 18.2.2020). Die Übergänge zu den Palästinensischen Gebieten zwischen Israel und dem Westjordanland werden von israelischen Behörden kontrolliert und können ohne vorherige Ankündigung geschlossen werden. Die Schließungen der Übergänge an den jüdischen Feiertagen gelten grundsätzlich nur für Personen, die über eine palästinensische Personenkennziffer verfügen (AA 2.6.2022). Es gibt auch Einschränkungen für Reisen zwischen der Westbank und Jerusalem (USDOS 11.3.2020), sowohl für MuslimInnen als auch für ChristInnen (USDOS 21.6.2019). Die israelischen Behörden hindern palästinensische MuslimInnen im Westjordanland regelmäßig daran, zum Beten nach Jerusalem zu reisen, und beschränken im Allgemeinen freitags den Zugang für junge Männer zum Tempelberg/Haram al-Sharif (FH 28.2.2022). - Auslandsreisen Im Westjordanland kontrolliert Israel alle Ein- und Ausreisepunkte. Israel überwacht auch alle Auslandsreisen aus der Westbank (B‘Tselem 11.11.2017): BewohnerInnen des Westjordanlands dürfen den internationalen Flughafen Ben Gurion nur in Ausnahmefällen benutzen (DIS 5.2019). PalästinenserInnen müssen für Auslandsreisen den Grenzübergang Allenby Bridge nach Jordanien verwenden (Haaretz 9.3.2022). Sie benötigen für die Einreise nach Jordanien für den Transit keine besondere Koordination oder Visa (DIS 5.2019). Israel verbat jedoch im Jahr 2021 10,594 PalestinenserInnen aus der Westbank eine Auslandsreise mit der Begründung von Sicherheitserwägungen. Oft wird das Reiseverbot .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 44 von 52

„automatisch“ erlassen – z.B. im Fall von in Terrorismus involvierten Verwandten. Viele Betroffene in den letzten Jahren erfuhren erst am Grenzübergang davon und konnten das Westjordanland nicht verlassen. Im Fall von Beschwerden gegen das Ausreiseverbot wurde diesem in fast der Hälfte der Fälle stattgegeben. Im Jahr 2021 waren dies 339 Beschwerden, welche in 49 Prozent der Fälle (143) stattgegeben wurde. Im Jahr 2019 hatte es bei 838 Beschwerden gegen Reiseverbote 352 Aufhebungen gegeben (Haaretz 9.3.2022). UNRWA-„Dokumente“ spielen keinerlei Rolle bei den Entscheidungen der Staaten über die Ein- und Ausreise sowie die vielfältigen Aufenthaltsregelungen. Bei allen Individualentscheidungen zu Ein- und Ausreise sowie Aufenthalt von PalästinenserInnen spielen zeitliche und politische Änderungen und Einflüsse sowie das Profil der AntragstellerInnen und ihrer Familie eine große Rolle, wie diese tatsächlich gehandhabt werden. Selbst das Vorliegen einer Genehmigung gewährleistet nicht unbedingt die tatsächliche Ein- oder Ausreise, bzw. den Aufenthalt. Eine Rückführung kann nur in das Gebiet erfolgen, in welchem der Palästinenser oder die Palästinenserin einen offiziellen Wohnsitz/ein registriertes Aufenhaltsrecht hat (VB 21.5.2019). Die Einreise von PalästinenserInnen, die aus dem Ausland in die Westbank einreisen, hängt von mehreren Bedingungen ab, einschließlich ihres Registrierungsstatus und der Art ihrer Ausweisdokumente. Alle Einreisepunkte werden von Israel kontrolliert. (DIS 5.2019). Die illegale Ausreise aus der Westbank ist strafbar. PalästinenserInnen, die diese Gebiete illegal verlassen haben, werden bei ihrer Rückkehr von den israelischen oder jordanischen Behörden festgenommen und inhaftiert (DIS 5.2019). - Die Palästinensische Autonomiebehörde Das Gesetz der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) sieht Bewegungsfreiheit innerhalb der Westbank, Auslandsreisen, Auswanderung und Repatriierung vor, und die PA-Regierung respektiert diese Rechte mit einigen Ausnahmen (USDOS 12.4.2022). Anm.: Zu Genehmigungen für medizinische Behandlungen in Ost-Jerusalem und Israel siehe Kaptiel Gesundheitsversorgung Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.6.2022): Palästinensische Gebiete: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/palaestinensischegebiete-node/ palaestinensischegebietesicherheit/203674, Zugriff 2.6.2022 - ACAPS - Assessment Capacities Project (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (19.10.2021): Palestine - Social impacts of the humanitarian situation, 19. Oktober 2021 https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20211019_acaps_thematic_report_palestine _social_impact_analysis.pdf, Zugriff 3.6.2022 - B‘tselem - The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories (11.11.2017): Restrictions of Movement, https://www.btselem.org/freedom_of_movement, Zugriff 12.5.2020 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 45 von 52

- DIS – Danish Immigration Service (5.2019): Palestinians Access and Residency for Palestinians in the West Bank, the Gaza Strip and East Jerusalem, Report based on interviews conducted from 31 March to 4 April 2019 in Jerusalem, Ramallah and Tel Aviv, https://www.ecoi.net/en/file/local/2011580/palestinians_access_and_residency_+g_wb_ej_may_2 019.pdf, Zugriff 12.5.2020 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - West Bank*, https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022 - FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020, West Bank, https://freedomhouse.org/country/west-bank/freedom-world/2020, Zugriff 5.5.2020 - Gisha – Legal Center for Freedom of Movement (o.D.): Changes in criteria for movement of people in 2019, https://gisha.org/publication/10385, Zugriff 12.5.2020 - Guardian (21.3.2022): ‘It’s not a problem any more’: Israel’s increasingly porous West Bank fence, https://www.theguardian.com/world/2022/mar/21/its-not-a-problem-any-more-israels-increasingly- porous-west-bank-fence, Zugriff 2.6.2022 - Haaretz (9.3.2022): 'Extremely Arbitrary' Travel Bans Stop Thousands of Palestinians From Going Abroad, https://www.haaretz.com/israel-news/2022-03-09/ty-article/.premium/over-10-000- palestinians-were-under-travel-ban-by-israel-in-2021-many-without-knowi/0000017f-e19c-d7b2-a77f- e39f1b5c0000, Zugriff 2.6.2022 - HRW – Human Rights Watch (15.4.2020): COVID-19 Restrictions Offer Window into Palestinian Experience, https://www.hrw.org/news/2020/04/15/covid-19-restrictions-offer-window-palestinian- experience, Zugriff 12.5.2020 - PRI – Public Radio International (18.2.2020): This Palestinian running group in Jerusalem fights for the ‘right to movement’, https://www.pri.org/stories/2020-02-18/palestinian-running-group- jerusalem-fights-right-movement, Zugriff 12.5.2020 - UK Home Office (3.2020): Report of a Home Office Fact-Finding Mission Occupied Palestinian Territories: freedom of movement, security and human rights situation, Conducted 23 September 2019 to 27 September 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2026262/OPTs_- _FFM_report_PDF.pdf, Zugriff 12.5.2020 - USDOS – US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Israel, West Bank and Gaza - West Bank and Gaza, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071205.html, Zugriff 20.5.2022 - USDOS – United States Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: West Bank and Gaza, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026368.html, Zugriff 5.5.2020 - USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Israel: West Bank and Gaza, https://www.ecoi.net/en/document/2011172.html, Zugriff 7.5.2020 - VB des BM.I für den Nahen Osten (21.5.2019): Auskunft des VB, per E-Mail 19. Grundversorgung und Wirtschaft Israel schränkt die Bewegungsfreiheit der PalästinenserInnen innerhalb der besetzten palästinensischen Gebiete durch eine Kombination aus physischen Hindernissen, einschließlich des Trennwalls und der Checkpoints, bürokratischen Zwängen, wie z.B. Genehmigungsanforderungen, und die Ausweisung von Gebieten als „eingeschränkt zugänglich“ oder „geschlossen“ ein. In ihrer Kombination behindern diese Beschränkungen den Zugang zu Dienstleistungen und Ressourcen, stören das Familien- und Sozialleben, untergraben die Lebensgrundlagen und verstärken die Fragmentierung des besetzten palästinensischen Gebiets (UN OCHA o.D.). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 46 von 52

In den Jahren der vollständigen israelischen Besatzung ist die palästinensische Wirtschaft ein reiner Zulieferbetrieb für Israel, eine eigenständige Wirtschaftsentwicklung gibt es nicht. Auch nach der Schaffung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) blieb die wirtschaftliche Entwicklung von Israel abhängig. Bis heute sind alle Exporte und Importe von der Zustimmung und Genehmigung der israelischen Behörden abhängig (GIZ 4.2020e). Im Jahr 2021 verschärfte die anhaltende Covid-19-Pandemie und damit verbundene Bewegungsrestriktionen den humanitären Bedarf, überlastete das ohnedies strapazierte Gesundheitssystem und verschlechterte die Wirtschaftslage. Israel schränkte weiterhin humanitäre Programme physisch und administrativ ein und limitierte die Umsetzung von Projekten. Das betraf Materialien wie auch Einschränkungen bei Projekten, welche den Bau, Ausweitung oder Renovierung von Infrastruktur im Gebiet C, im Gebiet H2 in Hebron und Ost-Jerusalem betraf. Anhaltende Defizite bei der Finanzierung der Projekte schränkten den Handlungsspielraum der humanitären Hilfe ein, wie UN OCHA aus Anlass des Jahresberichts des „occupied Palestinian territory Humanitarian Fund“ darlegte (UN OCHA 3.6.2022). Im Westjordanland ist ein breites Spektrum von NGOs tätig (FH 28.2.2022). Probleme bei der gerechten Verteilung und Nutzung der Wasserressourcen führen im Alltag immer wieder zu Konflikten (GIZ o.D.). Die Versorgung mit Wasser und Energie wird von Israel kontrolliert und ist teuer und unzuverlässig (GIZ 4.2020e). Neben der Flüchtlingsproblematik, der Frage um Ostjerusalem und der Grenzziehung ist das Wassermanagement eines der Hauptprobleme im israelisch-palästinensischen Konflikt. Besonders strittig ist die restriktive Zuteilung von Wassergewinnungsmengen durch die israelische Besatzung (ADA 1.2019; vgl. GIZ 5.2020f). Die palästinensische Landwirtschaft leidet u.a. unter Wassermangel, Verschlechterung der Wasserqualität, eingeschränktem Zugang zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen, Einschränkungen bei der Vermarktung von landwirtschaftlichen Produkten, der Konfiszierung von Land und Wasser durch israelische Behörden sowie der Aneignung von Wasserquellen, etc. (GIZ 4.2020e). Nach Schätzungen des Applied Research Institute-Jerusalem (ARIJ) haben nur 50,9 Prozent der Haushalte in der Westbank täglich Zugang zu Wasser. Die palästinensischen Gebiete haben mit 72 Litern Wasser pro Kopf und Tag im Westjordanland mit extrem schlechter Wasserqualität eine der niedrigsten Pro-Kopf-Wasserverfügbarkeiten der Welt; der Wert liegt unter dem von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Minimum von 100 Litern (AC 28.6.2019). Das Westjordanland ist großteils von Elektrizität aus Israel abhängig (Reuters 18.12.2019). Die PA ist von externen Geldgebern abhängig (bpb 17.11.2017; vgl. CIA 16.3.2020). Innenpolitische Unsicherheiten und das eingeschränkte Selbstverwaltungsrecht der PA erschweren den Aufbau staatlicher Institutionen (GIZ o.D.). Die Möglichkeiten der PA sind in der Praxis durch die direkte militärische israelische Kontrolle von einem Großteil des Westjordanlandes beschränkt. Sie kann so gut wie keine Leistungen zur Verfügung stellen, sei es die Entwicklung von Wasser- und Müllmanagement oder Gebietsressourcen im Gebiet C, einem großteils ländlichen Gebiet, das .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 47 von 52

mehr als 60 % der Westbank ausmacht und sich unter exklusiver israelischer Kontrolle befindet (FH 28.2.2022). Hinzu kommen die Zerstörung der palästinensischen Infrastruktur sowie Inbesitznahme von palästinensischem Land für den (Aus-)Bau israelischer Siedlungen (GIZ 4.2020e) [Anm.: mehr dazu im Abschnitt „Die Sicherheit von Eigentum inklusive Wohnraum“]. Die israelische Regierung hält zudem regelmäßig Steuereinnahmen für die PA zurück, was die Bezahlung von Gehältern und die administrative Umsetzung der PA beeinflusst (FH 28.2.2022). - Die Sicherheit von Eigentum inklusive Wohnraum Während PalästinenserInnen zwar über (Immobilien-)Besitz verfügen können und geschäftlichen Aktivitäten nachgehen können, werden ihre Rechte durch die israelischen Bewegungs- und Zugangseinschränkungen sowie durch den Ausbau der israelischen Siedlungen untergraben. Die israelischen Behörden setzen eine Bandbreite an Methoden ein, um PalästinenserInnen die Entwicklung von Privatland zu verhindern – besonders im Gebiet C. Dies geschieht z.B. durch Erklärung von Naturreservaten, die Verweigerung von Genehmigungen und die Zerstörung von Bauten. Palästinensischer Besitz wird auch von israelischen SiedlerInnen beschädigt (FH 28.2.2022). Inklusive Ost-Jerusalem halten sich mehr als 667.000 SiedlerInnen im Westjordanland auf, welche von den israelischen Behörden mit Sicherheit, Infrastruktur und Leistungen versorgt werden (HRW 13.1.2022). Die Schwierigkeit in Ost-Jerusalem und der unter direkter israelischer Kontrolle befindlichen 60 % der Westbank (Gebiet C) treibt PalästinenserInnen dazu, Bauten zu errichten, welche mangels Genehmigung dem Risiko des Abrisses oder der Konfiszierung ausgesetzt sind. 46 Gemeinden in der Westbank sind nach OCHA-Einschätzung einem „hohen Risiko eines erzwungenen Transfers aufgrund eines ‚Umsiedlungs‘-Plans der israelischen Behörden“ ausgesetzt. Mehr als 50 Kindergärten und Grundschulen für mehr als 5.000 Kinder sind ebenfalls in Gefahr, abgerissen zu werden (HRW 13.1.2022). Im Gebiet C befinden sich z.B. ungefähr 35.000 palästinensische Beduinen, viele davon UNRWA- Flüchtlinge. Oft wohnen sie in Gebieten, welche von Israel als gesperrte Militärzonen oder als geplantes Ausbaugebiet für israelische Siedlungen kategorisiert sind. Abrisse ihrer Bauten und Vertreibungen betreffen weiterhin diese Beduinen wie andere Gemeinschaften mit Herdenviehhaltung. Viele dieser Gemeinschaften hatten keinen Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorgung, Bildung und anderen grundlegenden Leistungen (USDOS 12.4.2022). Internationales Recht erlaubt einer Besatzungsmacht nur bei „absoluter Notwendigkeit“ für „Militäroperationen“ Bauten zu zerstören (HRW 13.1.2022). Israel leitet und fördert das Wachstum israelischer Siedlungen, beschlagnahmt palästinensisches Land und reißt palästinensische Bauten ab. Im Jahr 2018 schränkte das israelische Parlament die Beschwerdemöglichkeiten von PalästinenserInnen beim Oberste Gerichtshof Israels bezüglich des Baus israelischer Siedlungen ein (FH 28.2.2022). Das Tempo der Abrisse nahm in den letzten Jahren zu [Anm.: siehe auch UN OCHA-Graphiken weiter unten] (FH 28.2.2022, HRW 13.1.2022). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 48 von 52

Meist erfolgte der Abriss aufgrund fehlender Genehmigungen, deren Erhalt die Behörden fast ganz verunmöglichen (HRW 13.1.2022). Hierzu die Statistiken von UNOCHA in Graphiken: Zerstörte Strukturen in palästinensischem Besitz und obdachlos gewordene Personen (UN OCHA 13.5.2022) - Der Arbeitsmarkt Einerseits dient die Sicherheitskooperation der PA mit Israel dem Machterhalt der palästinensischen Elite, der palästinensische Sicherheitsapparat ist aber auch einer der größten öffentlichen Arbeitgeber und verfügt damit über Rückhalt in vielen Teilen der palästinensischen Bevölkerung. 44 Prozent der Angestellten im Öffentlichen Dienst arbeiten im Sicherheitssektor. Der Sicherheitsapparat ist also ein wichtiger Beschäftigungssektor und eine wichtige Einkommensquelle für viele Palästinenserinnen und Palästinenser. Indirekt profitieren von den dadurch vorhandenen Konsumausgaben auch andere Wirtschaftszweige wie der Einzelhandel oder die Gastronomie. (KAS 9.2021). Die israelische Regierung hält allerdings regelmäßig Steuereinnahmen für die PA zurück, was die Bezahlung von Gehältern und die administrative Umsetzung der PA beeinflusst (FH 28.2.2022). Die Arbeitslosigkeit liegt seit mehreren Jahren bei ungefähr 25 %, und die Löhne sind viel niedriger als in Israel (Guardian 21.3.2022). Viele PalästinenserInnen – meist Männer – arbeiten in Israel und den Siedlungen, wo die PA keine Jurisdiktion hat. Diese fallen unter israelisches Arbeitsrecht, was aber nicht konsistent auf die PalästinenserInnen angewandt wird. Die Arbeitsgenehmigung ist meist an einen Arbeitgeber gebunden, was Abhängigkeit erzeugt. Trotzdem gelang es einigen ArbeiterInnen Kollektivverträge mit ihren israelischen ArbeitgeberInnen auszuhandeln. Zehntausende PalästinenserInnen arbeiten ohne Genehmigungen, was sie verwundbarer für Ausbeutung macht. Viele PalästinenserInnen verlieren auch beträchtliche Teile ihres Einkommens durch Vermittler, welche die Arbeiter mit israelischen Arbeitgebern in Verbindung bringen (FH 28.2.2022). Die Löhne dieser .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 49 von 52

ArbeitnehmerInnen sind eine der wichtigsten Einkommensquellen für die Wirtschaft des Westjordanlands (Arab News 9.5.2020). Anm.: Bezüglich Genehmigungen zum Betreten Israels sowie zum Erreichen der Übergänge und deren Öffnungen und Schließungen siehe Kapitel „Bewegungsfreiheit“. Quellen: - AC – Atlantic Council (28.6.2019): Israel’s problematic role in perpetuating water insecurity for Palestine, https://www.atlanticcouncil.org/blogs/menasource/israel-s-problematic-role-in- perpetuating-water-insecurity-for-palestine/, Zugriff 12.5.2020 - ADA - Austrian Development Agency (1.2019): Länderinformation Palästina , https://www.entwicklung.at/fileadmin/user_upload/Dokumente/Laenderinformationen/ LI_Palaestina_Jan2019_inklODA2018.pdf, [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und abrufbar] - Arab News (9.5.2020): Tough conditions and no jobs in West Bank create dilemma for Palestinians, https://www.arabnews.com/node/1671856/middle-east, Zugriff 12.5.2020 - bpb – Bundeszentrale für Politische Bildung (17.11.2017): Nahost, https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54655/nahost, Zugriff 12.5.2020 - B‘tselem - The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories (11.11.2017): Restrictions of Movement, https://www.btselem.org/freedom_of_movement, Zugriff 12.5.2020 - CIA – Central Intelligence Agency (16.3.2020): Factbook, Palestine, Westbank, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/we.html, Zugriff 7.5.2020 - FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - West Bank*, https://www.ecoi.net/de/dokument/2072102.html, Zugriff 19.5.2022 - GIZ (o.D.): Palästinensische Gebiete, https://www.giz.de/de/weltweit/379.html, Zugriff 3.6.2022 - GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2020e): Länderinformationsportal, Palästinensische Gebiete, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/palaestinensische-gebiete/wirtschaft-entwicklung/, [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und abrufbar] - GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (5.2020f): Länderinformationsportal, Palästinensische Gebiete, Überblick, https://www.liportal.de/palaestinensische-gebiete/ueberblick/, [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und abrufbar] - Guardian (21.3.2022): ‘It’s not a problem any more’: Israel’s increasingly porous West Bank fence, https://www.theguardian.com/world/2022/mar/21/its-not-a-problem-any-more-israels- inc reasingly-porous-west-bank-fence , Zugriff 2.6.2022 - HRW – Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Israel and Palestine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066491.html, Zugriff 24.5.2022 - KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (9.2021): Ein Sicherheitsapparat ohne Gewaltmonopol, https://www.ecoi.net/en/file/local/2061704/Pal%C3%A4stinensische+Gebiete+Sicherheitsapparat. pdf, Zugriff 28.5.2022 - Reuters (18.12.2019): Israeli electric company cuts power to West Bank over Palestinian debt, https://www.reuters.com/article/us-israel-palestinians-power/israeli-electric-company-cuts-power- to-west-bank-over-palestinian-debt-idUSKBN1YM1GK, Zugriff 12.5.2020 - UN OCHA – UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (3.6.2022): occupied Palestinian territory Humanitarian Fund Annual Report 2021, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 50 von 52
