nige-lib-2018-07-16-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Mitursächlich hierfür ist sicher auch die verschlechterte regionale Sicherheitslage, die es nötig machte, erhebliche Mittel für den Sicherheitsbereich umzuwidmen, auf den 2017 21% des Budgets entfielen. Diese Ziele bleiben auch für die zweite Mandatsperiode weitgehend bestehen, ergänzt um die Vorgabe einer "Kulturellen Wiedergeburt" und "Sozialen Modernisierung". Neu ist die Einrichtung eines Ministeramts für die demographische Entwicklung; Präsident Issoufou sieht in der Begrenzung des weltweit höchsten Bevölkerungszuwachses eine Voraussetzung für die sozio- ökonomische Entwicklung des Landes (AA 4.2018a). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Niger - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/niger-node/-/226404, Zugriff 13.7.2018 - BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Niger, Country Report, https://www.bti-project.org/es/berichte/laenderberichte/detail/itc/NER/, Zugriff 13.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/niger/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018 3. Sicherheitslage Nach einer Phase politischer Instabilität wird die Republik Niger seit 2011 von einer demokratisch gewählten Regierung geführt. Dennoch bleibt die Sicherheitssituation fragil, denn Niger liegt in einer Krisenregion: Wegen Konflikten in den Nachbarländern Libyen, Mali und Nigeria flüchten viele Menschen nach Niger oder innerhalb Nigers (GIZ o.D.). Im Niger herrscht Frieden (GIZ 6.2018a). Allerdings besteht im ganzen Land ein sehr hohes Risiko von Terroranschlägen (EDA 13.7.2018; vgl. AA 13.7.2018, GIZ 6.2018a). Seitens des BMEIA gilt eine Reisewarnung mit Sicherheitsstufe 6 für das ganze Land. Das bedeutet, das BMEIA sieht ein Gefährdungspotenzial wie bei (bürger)kriegsähnlichen Zuständen, verhängtem Kriegsrecht, Krieg, Bürgerkrieg (BMEIA 19.7.2018). Das französische Außenministerium rät in großen Teilen des Landes von jeglichen Reisen ab. Nur die südlichen Landesteile um die Städte Niamey, Maradi und Zinder können bereist werden, falls zwingende Gründe vorliegen (FD 19.7.2018). Niger hat aufgrund der politischen Entwicklungen in der Region (Libyen, Mali, Nigeria- Boko Haram, Al Qaida im islamischen Maghreb) mit erheblichen Sicherungsproblemen zu kämpfen. Die 5.700 km lange Grenze kann schwerlich überall überwacht werden. Hinzu kommen der Drogen- und Waffenhandel, der von den 'menschenleeren' Gebieten profitiert; Niger ist das bevorzugte Transitland für die Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika. Diese und andere Probleme stellen erhebliche Anforderungen an die staatliche Sicherheit; Kooperationspartner unterstützen die Sicherheitsorgane darin ihre Effizienz zu verbessern (GIZ 6.2018a). Im Sahel-Sahara-Gebiet sind bewaffnete Banden aktiv, die vom Schmuggel mit Drogen und Waffen sowie Entführungen leben. Sie sind gut organisiert und haben Verbindungen zu islamistischen Terroristen (EDA 13.7.2018). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 6 von 17

In den an Mali grenzenden Departements der Regionen Tillabéri und Tahoua wie auch im gesamten Länderdreieck Mali-Burkina Faso-Niger, die sog. „Liptako Gourma“-Region, kommt es vermehrt zu dschihadistischen Übergriffen (AA 13.7.2018). Das Risiko von terroristischen Anschlägen besteht besonders in den Regionen Diffa, Tahoua und Tillabéry, wo der Ausnahmezustand in Kraft ist (EDA 13.7.2018). In der Region Diffa sind im Grenzgebiet zu Nigeria weiterhin Anschläge und Übergriffe der islamistischen Terrororganisation Boko Haram zu verzeichnen (AA 13.7.2018). Im Südosten kommt es regelmässig zu bewaffneten Zusammenstössen zwischen der nigrischen Armee und terroristischen Gruppierungen. Zum Beispiel wurden im Jänner 2018 in Toumour, in der Region Diffa, mehrere nigrische Armeeangehörige getötet (EDA 13.7.2018). Gegen die Regierung gerichtete Kundgebungen haben insbesondere in Reaktion auf das Haushaltsgesetz vom Herbst 2017 zugenommen. In Niamey wie in anderen größeren Städten kommt es vereinzelt zu Demonstrationen der Zivilgesellschaft, von Studenten und anderen Gruppen. Auch wenn diese meist friedlich verlaufen, sind sie in ihrer Dynamik schwer einzuschätzen (AA 13.7.2018). Generell ist ein Anstieg der Kriminalität nach dem zweiten Tuareg-Aufstand und dem Einfluss von AQMI zu verzeichnen, die man regional nicht eingrenzen kann. Besonders in der Region Agadez, hier vor allem im Air-Gebirge, ist nach der Abgabe der Waffen durch die drei Tuareg-Bewegungen aufgrund sozialökonomischer Probleme eine besonders erhöhte Kriminalität festzustellen. Opfer sind in erster Linie Ausländer, die von bewaffneten Banden entführt und Terrororganisationen wie AQMI zum Zwecke der Erpressung übergeben werden (GIZ 6.2018a). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (13.7.2018): Niger - Reise- und Sicherheitshinweise, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/ NigerSicherheit_node.html, Zugriff 13.7.2018 - BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (19.7.2018): Reiseinformation - Niger, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/niger/, Zugriff 19.7.2018) - EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (13.7.2018): Reisehinweise für Niger, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/niger/ reisehinweise-fuerniger.html, Zugriff 13.7.2018 - FD - France Diplomatie (19.7.2018): Conseils aux Voyageurs - Niger, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/niger/, Zugriff 19.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (o.D.): Niger, https://www.giz.de/de/weltweit/315.html, Zugriff 13.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018a): Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/niger/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 17

4. Rechtsschutz / Justizwesen Mindeststandards einer Demokratie werden zwar im Niger erreicht, aber die Rechtsstaatlichkeit ist nicht vollständig gesichert (GIZ 6.2018a). Eine unabhängige Rechtsprechung ist in der Verfassung festgeschrieben, jedoch ist das Justizsystem zeitweise dem Einfluss der Exekutive ausgesetzt (USDOS 20.4.2018). Vor 2011 war die Justiz häufig Einflussnahme seitens der Exekutive ausgesetzt. Danach wurde nicht mehr von solchen Vorfällen berichtet, aber es gab für die neue Regierung auch keinen Grund hierfür. Die Justiz hielt sich seit 2011 mit Ansuchen zur Neuüberprüfung von Gesetzen zurück (BS 2018). Einige Richter wurden wegen ihrer Entscheidungen auf minderwertige Posten versetzt. Korruption im Justizwesen bleibt ein Problem, verstärkt durch einen Mangel an entsprechender Ausbildung und durch niedrige Gehälter (USDOS 20.4.2018). Je nach Rechtsfall kommen unterschiedliche Rechtssysteme zur Anwendung: das traditionelle Recht, das nationale Recht und islamische Rechtsprechung (im Niger sind Staat und Religion getrennt) (GIZ 6.2018a). Traditionelle Gerichte, die vorwiegend nach islamischem Recht entscheiden, können in zivilrechtlichen Fällen herangezogen werden. Daneben existiert die Möglichkeit der Mediation durch lokale Stammesführer (USDOS 20.4.2018). Es gilt die Unschuldsvermutung und Verfahren sind öffentlich. Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt, der bei Minderjährigen oder Bedürftigkeit auch auf Staatskosten zur Verfügung gestellt wird. Gesetzlich muss der Angeklagte sofort über die Gründe der Anklage informiert werden, er hat Zugang zu allen Beweismitteln und angemessene Zeit, seine Verteidigung vorzubereiten. Weit verbreitete Unkenntnis bezüglich dieser gesetzlichen Regelungen führt jedoch dazu, dass viele Angeklagte nicht in den vollen Genuss dieser Rechte kommen (USDOS 20.4.2018). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Niger, Country Report, https://www.bti-project.org/es/berichte/laenderberichte/detail/itc/NER/, Zugriff 13.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018a): Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/niger/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 5. Sicherheitsbehörden Die dem Innenministerium untergeordnete nationale Polizei ist für die Strafverfolgung im städtischen Gebiet zuständig und die dem Verteidigungsministerium untergeordnete Gendarmerie trägt die Hauptverantwortung für die Sicherheit im ländlichen Bereich. Die Nationalgarde, dem .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 17

Innenministerium untergeordnet, ist für die innere Sicherheit und für den Schutz hochrangiger Beamter und von Regierungsgebäuden zuständig. Die Streitkräfte sind für die äußere Sicherheit und - in einigen Teilen des Landes – auch für die innere Sicherheit verantwortlich (USDOS 20.4.2018). Die Zivilbehörden üben generell eine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus, obwohl einzelne Soldaten und Polizisten zeitweise unabhängig von der Befehlsstruktur agieren. Die Polizei ist aufgrund mangelnder Ausbildung und Ausstattung jedoch nicht sehr effektiv; so haben nur spezielle Polizeieinheiten Grundfertigkeiten im Umgang mit Waffen. Truppen der Nationalgarde werden ohne spezifische Ausbildung als Gefängniswärter eingesetzt. Die Gendarmerie ist für die Untersuchung von Fällen von Amtsmissbrauch bei der Polizei zuständig, dennoch stellt Straflosigkeit ein verbreitetes Problem dar (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 20.4.2018 6. Folter und unmenschliche Behandlung Das Gesetz verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung und Bestrafung. Es gibt jedoch Berichte, denen zufolge Sicherheitskräfte Zivilisten misshandeln. Es gibt keine Berichte über außergerichtliche Tötungen oder Verschwindenlassen durch die Sicherheitskräfte. Bewaffnete Gruppen wie Boko Haram sind allerdings für Morde an Zivilisten verantwortlich (USDOS 20.4.2018). Es gibt Berichte über Masseninhaftierungen von Terrorverdächtigen (FH 2018). Quellen: - FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2017 - Niger, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/niger, Zugriff 13.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 7. Korruption Obwohl behördliche Korruption unter Strafe steht, setzt die Regierung die entsprechenden gesetzlichen Regelungen nicht effektiv um, und Beamte fordern häufig für Amtshandlungen Bestechungsgelder und gehen dabei straffrei aus (USDOS 20.4.2018). Amtsmissbrauch und Korruption sind auf allen Verwaltungsebenen existent (GIZ 6.2018a). Korruption ist ein gravierendes Problem (USDOS 20.4.2018) und ist weit verbreitet (BS 2018). Sie ist eine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 17

bedeutende Entwicklungsbremse im Niger. Laut Transparency International befindet sich das Land im Ranking des Transparancy Index 2017 auf Platz 112 von 170. Der nigrische Staat ist redlich bemüht, die Korruption im Lande zu mindern und arbeitet mit den dementsprechenden Gremien und Organisationen zusammen. Die Organisation HALCIA (Haute Autorité de Lutte contre la Corruption et les Infractions Assimilées) und der nigrische Verband ANLC (Association Nigerienne de la lutte contre la corruption), die nigrische Struktur von Transparency International, setzen sich für die Bekämpfung der Korruption ein (GIZ 6.2018a). Seitens des Staates gehen die HALCIA und das State Inspectorate gegen Korruption vor (USDOS 20.4.2018). Quellen: - BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Niger, Country Report, https://www.bti-project.org/es/berichte/laenderberichte/detail/itc/NER/, Zugriff 13.7.2018 - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018a): Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/niger/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 8. Wehrdienst und Rekrutierungen Das Mindestalter für Verpflichtungen oder freiwilligen Militärdienst beträgt 18 Jahre; Bewerber müssen Staatsbürger von Niger und unverheiratet sein; zwei Jahre Dienstzeit; Frauen können in der Gesundheitsversorgung dienen (CIA 12.7.2018). Quellen: - CIA (12.7.2018): The World Factbook - Niger, https://www.cia.gov/library/publications/the-world- factbook/geos/ng.html, Zugriff 13.7.2018 9. Allgemeine Menschenrechtslage Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsproblemen gehören Angriffe durch bewaffnete Gruppen, die zu Todesfällen, Verschwinden und Missbrauch führen; willkürliche Inhaftierungen von Terrorverdächtigen oder anderer Kämpfer durch Regierungskräfte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; Inhaftierung von Oppositionspolitikern; Einschränkungen der Versammlungsfreiheit; weit verbreitete behördliche Korruption; Mangel an Strafverfolgung in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Kinder inkl. Vergewaltigung und FGM; Menschenhandel; kasten- basierte Sklaverei und Zwangsarbeit (USDOS 20.4.2018). Die Verfassung gewährleistet Meinungsfreiheit, aber fallweise bedroht und inhaftiert die Regierung Journalisten. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit werden durch die Verfassung und andere Gesetze gewährleistet, jedoch löst die Regierung manchmal Demonstrationen unter Anwendung .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 17

von Gewalt auf. Vereinigungsfreiheit wird üblicherweise auch in der Praxis respektiert (USDOS 20.4.2018). Sklaverei ist im Niger ein brisantes Thema. Die NGO Timidria setzt sich intensiv für die Befreiung von Sklaven im Niger ein und hat mit Erfolg die Sklaverei im Niger zum Thema gemacht. Dadurch wurde erreicht, dass Sklaverei im Strafgesetz definiert und im Jahr 2003 unter Strafe verboten wurde (GIZ 6.2018a). Quellen: - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018a): Geschichte & Staat, http://liportal.giz.de/niger/geschichte-staat/, Zugriff 13.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 10. Haftbedingungen Die Haftbedingungen sind schlecht und teilweise lebensbedrohlich. Die Gefängnisse sind geprägt von Überbelegung, mangelnder Verpflegung, unangemessener medizinischer Versorgung sowie inadäquaten sanitären Einrichtungen. Todesfälle in Gefängnissen kommen regelmäßig vor, einige aufgrund von Malaria, Meningitis und Tuberkulose, aber konkrete Statistiken sind nicht verfügbar. Dem ICRC (International Committee of the Red Cross), der CNDH (National Human Rights Commission) sowie Vertretern anderer Menschenrechtsgruppen wird Zugang zu den meisten Gefängnissen und Haftanstalten gewährt. Die Behörden erlauben den Häftlingen, unzensiert Beschwerden an die Justizbehörden zu übermitteln (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 11. Todesstrafe Niger gehört zu jenen Staaten, die die Todesstrafe noch nicht abgeschafft haben, jedoch keine Todesurteile mehr vollstrecken. Die letzte bekannte Hinrichtung war im Jahr 1976 (AI 18.5.2018). Quellen: - AI - Amnesty International (18.5.2018): Wenn der Staat tötet - Liste der Staaten mit und ohne Todesstrafe, http://www.amnesty-todesstrafe.de/files/reader_wenn-der-staat- toetet_laenderliste.pdf, Zugriff 16.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 17

12. Religionsfreiheit Der Islam wird von mehr als 98% der Bevölkerung praktiziert, davon sind 95% Sunniten und 5% Schiiten. Christen – Katholiken und Protestanten – machen weniger als 2% der Bevölkerung aus. Es gibt einige Tausend Baha‘is, vor allem in Niamey. Die Verfassung und andere Gesetze gewährleisten den Schutz der Religionsfreiheit und -ausübung (USDOS 29.5.2018). Der Islam im Niger ist als gemäßigt zu bezeichnen und die Toleranz gegenüber anderen Religionen ist sehr groß (GIZ 6.2018b). Die Republik Niger ist säkular und der Islam ist juristisch vom Staat getrennt (GIZ 6.2018b, vgl. USDOS 29.5.2018), politische Parteien auf Basis der Religion sind verboten (USDOS 29.5.2018). Einige islamisch orientierte Projekte werden vom Staat gefördert; so wurde die Einrichtung der Islamischen Universität in Say finanziell unterstützt. Der Islam im Niger ist, wie in vielen (west-)afrikanischen Ländern, synkretistisch geprägt und weist einige Elemente traditioneller Religionen und des Volksglaubens auf. Im Niger sieht man wenige mit einer Burka völlig verschleierte Frauen und wenn, dann in den Städten. Traditionell tragen die meisten verheirateten Frauen (und Mädchen) ein Kopftuch (GIZ 6.2018b). Islamische Repräsentanten haben Befürchtungen geäußert, dass der Einfluss des Wahhabismus in Niger steigt (USDOS 29.5.2018). Quellen: - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018b): Gesellschaft, https://www.liportal.de/niger/gesellschaft/, Zugriff 16.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1436811.html, Zugriff 16.7.2018 13. Ethnische Minderheiten Niger ist ein multi-ethnischer Staat. Von anderen (west-)afrikanischen Staaten unterscheidet den Niger, dass hier weniger verschiedene Ethnien leben. Die vier bevölkerungsreichsten ethnischen Gruppen sind Hausa (53%), Djerma/Songhai (21%), Fulbe (10%), Tuareg (10%) (GIZ 6.2018a). Ein Nigrer fühlt sich in erster Linie dem eigenen Volk bzw. der Untergruppe, dem Stamm oder Clan zugehörig: z. B. Tuareg Kel Ewey, Fulbe Woodaabe Djidjiru. Die meisten nigrischen Ethnien sind nicht auf die (künstlichen) nationalstaatlichen Grenzen festgelegt, es existieren grenzüberschreitende alte Verbindungen, sowohl bei Haussa (gen Nigeria), Songhai (gen Mali), Tuareg als auch Fulbe, um nur die vier bevölkerungsreichsten Ethnien zu nennen. Da eine gemeinsame Sprache mit regionalen Unterschieden gesprochen wird, kann man miteinander kommunizieren; denn Sprache ist nicht nur ein verbindendes, sondern auch identitätsstiftendes Kriterium. Das Nationalgefühl ist im Niger nicht sehr stark ausgeprägt, sondern zeigt sich eher, wenn Nigrer im Ausland in der Diaspora leben (GIZ 6.2018a). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 17

Angehörige de Buduma und Bororo Fulani Minderheitengruppen sind staatlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt, weil ihnen seitens großer Bevölkerungsgruppen unterstellt wird, die Aktivitäten von Boko Haram zu unterstützen oder zu fördern (USDOS 20.4.2018). Quellen: - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018b): Gesellschaft, https://www.liportal.de/niger/gesellschaft/, Zugriff 16.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 14. Relevante Bevölkerungsgruppen 14.1. Frauen Obwohl Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verboten ist, sind die Frauen im Zivilrecht, unter der Rechtsprechung der traditionellen Gerichte, nicht gleichgestellt (USDOS 20.4.2018). Die soziale Position von Frauen wird maßgeblich vom Ehestatus, vom Alter und von der Anzahl der Kinder (Söhne) bestimmt. Frauen sind durch ihre Aktivitäten im Bereich der Subsistenzsicherung, im informellen Sektor oder in Handwerk und Markt-Geschehen die Stütze der Gesellschaft (GIZ 6.2018b). Die oberste Autorität in den islamisch orientierten Ethnien ist immer der älteste Mann der Generation (GIZ 6.2018b; vgl. USDOS 20.4.2018). Polygame Haushalte in der Stadt sind vor allem bei den Haussa und Djerma verbreitet, aber auch bei anderen Ethnien wie Fulbe zunehmend geläufig, was jedoch nicht immer der eigenen kulturellen Tradition entspricht. Nach nigrischem Heiratsrecht hat die Frau im Falle einer Scheidung keinen Anspruch auf die Kinder nach deren siebtem Lebensjahr. In den meisten Ethnien im Niger werden junge Mädchen häufig gegen ihren Willen von ihren Eltern verheiratet. 75% der Eheschließungen im Niger geschehen mit minderjährigen Frauen. Frauen haben kaum öffentliche Ämter und Entscheidungspositionen inne, erst allmählich bekleiden Frauen mehr offizielle Positionen. Sie sind mit 13% der Sitze im Parlament vertreten, wohingegen der Anteil Frauen, die im nicht-landwirtschaftlichen Bereich angestellt sind, bei 36% liegt (GIZ 6.2018b). Vergewaltigung wird mit 10 bis 30 Jahren Gefängnis bestraft, abhängig von den Umständen und dem Alter des Opfers. Vergewaltigung ist dennoch weit verbreitet, weil die meisten Fälle von den Opfern aufgrund von Angst oder aus Scham nicht gemeldet werden. Eheliche Vergewaltigung ist nicht explizit verboten. Häusliche Gewalt gegen Frauen ist ebenfalls weit verbreitet. Während das Gesetz häusliche Gewalt nicht ausdrücklich verbietet, kann eine Frau ihren Mann jedoch wegen Körperverletzung verklagen. Die Regierung kümmert sich mit begrenztem Erfolg um die .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 17

Durchsetzung dieser Gesetze, und die Gerichte verfolgen, wenn sie Beschwerden erhalten, auch Fälle von häuslicher Gewalt (USDOS 20.4.2018). Obwohl eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren verhängt werden kann, wird FGM/C immer noch an jungen Mädchen durchgeführt. Falls ein Opfer von FGM stirbt drohen zehn bis 20 Jahre Haft (USDOS 20.4.2018). Die Prävalenz von FGM war in den letzten Jahren niedrig. Bei Frauen im Alter 15 – 49 Jahren war die Prävalenz im Jahr 1998 5%, im Jahr 2006 2% und im Jahr 2012 ebenfalls 2% (UNICEF 2013). Quellen: - GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (6.2018b): Gesellschaft, https://www.liportal.de/niger/gesellschaft/, Zugriff 16.7.2018 - UNICEF - United Nations Children's Fund (2013): Statistical Profile on female genital mutilation/cutting, https://data.unicef.org/wp-content/uploads/country_profiles/Niger/ FGMC_NER.pdf, Zugriff 16.7.2018 - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 14.2. Homosexuelle Homosexualität steht nicht unter Strafe, außer die homosexuelle Handlung erfolgt mit einer Person unter 21 Jahren. In diesem Fall droht eine Haftstrafe von sechs Monaten bis drei Jahren. Gleichgeschlechtliche Handlungen sind jedoch gesellschaftlich stark stigmatisiert. Es gibt allerdings keine Berichte über konkrete Fälle von Diskriminierung in Bezug auf Arbeitsplätze, Unterkunft, Zugang zu Gesundheitsversorgung aufgrund von Homosexualität. Es wird angenommen, dass die starke Stigmatisierung Betroffene davon abhält, solche Diskriminierungen zu melden (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 15. Bewegungsfreiheit Das Gesetz erlaubt uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte zumeist auch in der Praxis. Sicherheitskräfte überwachen an Checkpoints den Personenverkehr und den Transport von Gütern, besonders in der Nähe von größeren Städten, und fordern an diesen Checkpoints manchmal auch Bestechungsgelder. Transportgesellschaften und zivile Vereinigungen kritisieren diese Praxis (USDOS 20.4.2018). Quellen: - USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Niger, https://www.ecoi.net/en/document/1430131.html, Zugriff 13.7.2018 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 17

16. Grundversorgung Der Niger steht gemäß der Rangfolge nach dem Bruttoinlandsprodukt 2017 auf Platz 143 von 192 Ländern (GIZ 7.2018); das jährliche Pro-Kopf-Einkommen beträgt 374 US-Dollar (GIZ 7.2018; vgl. AA 4.2018b) und ist eines der weltweit niedrigsten (AA 4.2018b). Gut 60% der Population lebt unterhalb der Armutsgrenze und 44 % von weniger als 1,25 US-Dollar am Tag. Der MPI (Multi- Dimensional-Poverty Index) weist dem Niger den letzten Rang 186 zu. Mit einem Gini-Koeffizient von 43,9 hat der Niger eine besonders ungleiche Einkommensverteilung (GIZ 7.2018). Die Wirtschaftsstruktur des Niger ist zwar landwirtschaftlich geprägt, aber der Export wird dominiert durch Uran (GIZ 7.2018; vgl. AA 4.2018b). Die Landwirtschaft, (mobile) Tierhaltung und Acker- bzw. Feldbau (als Regenfeldbau) ist in höchstem Maße von den Umweltbedingungen und dem Klima abhängig (GIZ 7.2018; vgl. AA 4.2018b). Dies sind in erster Linie die Niederschläge; aber auch andere Faktoren wie Heuschreckeneinfälle, Buschfeuer oder Hochwasser beeinflussen die landwirtschaftliche Produktion und Produktivität. Das Einkommen der Landbevölkerung – etwa 83% der Bevölkerung – ist somit äußerst variabel (GIZ 7.2018). Der Großteil der nigrischen Bevölkerung lebt von der Subsistenzwirtschaft – sowohl Tierhaltung als auch Feldbau – oder versucht mit Tätigkeiten im informellen Sektor und im Handwerk zu überleben. Menschen vom Land ziehen mit der Hoffnung auf bessere Lebensbedingungen und der Aussicht auf Arbeit in die Städte des Landes. Die Urbanisierung nimmt rapide zu – besonders in Krisenzeiten – und liegt mittlerweile bei über 19%. Die Analphabetenquote auf dem Land beträgt etwa 90%. Lohnarbeit zu finden, ist im Niger extrem schwierig; die Industrie ist wenig ausgebaut und die meisten Arbeitssuchenden auch nicht ausgebildet. Arbeit in der Industrie oder im Dienstleistungsgewerbe zu finden, gelingt nur wenigen, da diese Sektoren zudem nur schwach entwickelt sind. In einem Land mit einem drastischen Bevölkerungsanstieg und immer wiederkehrenden Dürren ist insbesondere der Gesundheitszustand von Kleinkindern kritisch. Mangel-, Fehl- und Unterernährung sind keine Seltenheit (GIZ 6.2018b). Viele Nigrer zieht es als Arbeitsmigranten in die Nachbarländer, bevorzugt sind Nigeria und Libyen. Die Rücküberweisungen an ihre Familien sind nicht unbedeutend. Durch die Unruhen in Libyen und die angespannte Situation in den nördlichen Landesteilen Nigerias wurden viele gezwungen, wieder in den Niger zurückzukehren (GIZ 6.2018b). Quellen: .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 17
