handbuchinformationsfreiheitsgesetz_geschwaerzt
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Leitlinien, Regeln und Handlungsanweisungen zur Informationsfreiheit“
Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 6 von 51 1. Grundsätzliches Das Informationsfreiheitsgesetz normiert zwei Regelungsbereiche: die proaktive Informationszurverfügungstellung sowie die Erledigung von Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern. Beide Zielrichtungen fanden sich bereits vor Inkrafttreten (im Wesentlichen 1.9.2025) in der Rechtsordnung: Bereits vor dem 1.9.2025 waren etwa Studien von allgemeinem Interesse proaktiv zu veröffentlichen, bereits vor dem 1.9.2025 waren Begehren von Bürgerinnen und Bürgern zu beantworten und war dazu gegebenenfalls ein Verwaltungsverfahren mit rechtsmittelfähigem Bescheid über eine allfällige Nichterteilung der gewünschten Auskünfte zu erlassen. Das Informationsfreiheitsgesetz normiert diese Informationsprozesse daher nicht erstmals, sondern gestaltet diese lediglich mit einigen ˜nderungen neu. Die Bedeutung von Transparenz als Inklusionsparameter für die Demokratie hat bereits in der Vergangenheit in der Rechtsordnung den skizzierten Raum eingenommen und wurde von der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) entsprechend weiter ausdifferenziert im Aufeinandertreffen der einander entgegenstehenden Interessen einer gebotenen Geheimhaltung aus schutzwürdigen Interessen sowie einer Transparenz als Grundlage für demokratische Meinungsbildungsprozesse. Dabei hat auch die EMRK eine bedeutende Rolle gespielt. Das Informationsfreiheitsgesetz bildet somit vor dem dargestellten Hintergrund eine Kodifizierung der zur Auskunftspflicht entwickelten Judikatur ab. Dies wird beispielsweise deutlich an der dargestellten „Aufhebung der Amtsverschwiegenheit“, welche weitläufig so verstanden werden könnte, dass nunmehr keine Hindernisgründe mehr zu beachten wären bei der Zugänglichmachung von Informationen – proaktiv wie auch auf Antrag. Tatsächlich stellt das Informationsfreiheitsgesetz allerdings den von der Judikatur entwickelten Status quo der vorzunehmenden Interessenabwägung dar: „Soweit und solange“ die taxativ angeführten gewichtigen Schutzgüter zu wahren sind und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist keine Information zu erteilen. Das informationspflichtige Organ hat im konkreten Fall zu beurteilen, abzuwägen und zu begründen, ob, inwieweit und warum eine Geheimhaltung erforderlich bzw. notwendig ist. Dabei spielt die Verhältnismäßigkeitsprüfung (der Geheimhaltung) eine wesentliche

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 7 von 51 Rolle, wie regelmäßig bei Grundrechtsvorbehalten. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit ergibt sich schon aus dem Begriff „erforderlich“ im grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt1. Die Vorgehensweise bei der erforderlichen Interessenabwägung ergibt sich grundsätzlich schon aus dem Erfordernis der verfassungskonformen Handhabung des Informationszugangsrechts gemäß den Vorgaben des Art. 10 MRK und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EGMR, des VwGH2 und des VfGH3. Welche Interessen abzuwägen sind, ist von den im Einzelfall betroffenen Schutzgütern abhängig; diese sollen potenziell alle in die Abwägungsentscheidung einfließen. Eine grundrechtskonforme Abwägung hat sich am sogenannten „harm test“ zu orientieren, das ist die Prüfung, welcher tatsächliche Schaden einem legitimen Schutzgut durch die Informationserteilung oder -veröffentlichung droht. Zusätzlich wäre mittels „public interest test“ zu prüfen, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse anzunehmen ist, das im Ergebnis für das Zugänglichmachen der Information spricht, obwohl ein gerechtfertigter Geheimhaltungszweck dadurch beeinträchtigt werden könnte (so etwa im Fall von Informationen betreffend Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verletzungen von fundamentalen Grund- und Menschenrechten oder Korruption). Eine besondere Rolle in der Abwägung kommt „social watchdogs“ im Sinn der Rsp. des EGMR4 zu. Die Abwägungsentscheidung ist hinreichend zu begründen. Entscheidungen, mit denen der Informationszugang nicht gewährt wird, unterliegen der Kontrolle durch die unabhängigen Verwaltungsgerichte (§ 11). Gegen ein (abweisendes) Erkenntnis des Verwaltungsgerichts kann mit der Behauptung, durch das Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Zugang zu Informationen (Art. 22a Abs. 2 B-VG) verletzt zu sein, Beschwerde beim VfGH erhoben werden. Als Ausnahmetatbestände sind zunächst besonders wichtige öffentliche Interessen genannt (Z 1 bis 4), die aus anderen Grundrechtsvorbehalten oder Verfassungsbestimmungen bekannt sind (Art. 22a Abs. 2 B-VG). So stehen unionsrechtliche Geheimhaltungsverpflichtungen (Z 1) der Preisgabe derart geschützter 1 vgl. Art. 22a Abs. 2 B-VG. 2 vgl. grundlegend VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0026, und VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083, und die darin zitierten Urteile des EGMR. 3 vgl. zum Informationsanspruch auf Grund von Art. 10 MRK und dessen Abwägungskriterien grundlegend VfSlg. 20.446/2021. 4 Journalistinnen und Journalisten, die Informationen benötigen, um eine öffentliche Debatte zu ermöglichen, oder Nichtregierungsorganisationen, die im öffentlichen Interesse agieren; vgl. VfSlg. 20.446/2021; sogar ein rechtliches Interesse dieser bejahend OGH 5.12.2022, 5 Ob 178/22w.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 8 von 51 Informationen entgegen5; ebenso können in Einzelfällen unionsrechtlich vorgesehene Konsultationsverfahren beim Zugang zu Informationen europäischer Institutionen einzuhalten sein. Aber auch genuin nationale Dokumente können unter den Schutz dieses Ausnahmetatbestandes fallen. Beim Geheimhaltungstatbestand der „nationalen Sicherheit“ (Z 2)6 und jenem der „umfassenden Landesverteidigung“ (Z 3) geht es primär um den Schutz von Informationen zur Gefahrenabwehr von außen, zur Militärischen Landesverteidigung (zum Beispiel militärischer Schutz der Neutralität und Verteidigung der Souveränität), zur Zivilen Landesverteidigung (zum Beispiel Vorsorge zum Schutz der Zivilbevölkerung und lebenswichtiger Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Behörden), zur Wirtschaftlichen Landesverteidigung (zum Beispiel Maßnahmen gegen kriegsbedingte Störungen der Wirtschaft) und zur Geistigen Landesverteidigung (zum Beispiel Maßnahmen zur Förderung und Erhaltung des Wehrwillens der Bevölkerung). Unter das Interesse der „öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ (Z 4) kann, abhängig von den konkreten Umständen, etwa der notwendige Schutz von Einrichtungen der Daseinsvorsorge und kritischen Infrastruktur zu subsumieren sein. Insbesondere Angelegenheiten des Staatsschutzes, des Krisenmanagements im eigenen Wirkungsbereich als auch im Zusammenhang mit dem Staatlichen Krisen- und Katatrophenmanagement (SKKM) und im Rahmen des Bundes-Krisensicherheitsgesetzes (B-KSG) und des Nachrichtendienstes sowie vom Bundeskriminalamt zu besorgende besonders sensible Angelegenheiten (zum Beispiel Zeugen- oder Opferschutz) werden regelmäßig unter diese Geheimhaltungstatbestände zu subsumieren sein. Auch im Rahmen der außenwirtschaftsrechtlichen Exportkontrolle kann das Interesse der Sicherheit (zum Beispiel betreffend den Verkehr mit Verteidigungsgütern) maßgeblich sein. Der Ausnahmetatbestand der „Vorbereitung einer Entscheidung“ (Z 5) soll laufende behördliche und gerichtliche Verfahren (zum Beispiel strafrechtliche oder auch andere Ermittlungs-, Verwaltungs-, Gerichts- und Disziplinarverfahren) schützen. Er betrifft aber auch generelles, nichthoheitliches und nicht unbedingt formgebundenes zu schützendes Handeln, wie zum Beispiel laufende Prüfungen, Kontroll- oder Aufsichtstätigkeiten etwa des Rechnungshofes oder der Volksanwaltschaft oder vorbereitende Tätigkeiten von gesetzlichen beruflichen Vertretungen. Ein Schutz ist einerseits erforderlich, wenn ansonsten der Zweck bzw. der Erfolg des behördlichen Tätigwerdens vereitelt würde (zum Beispiel im Fall von Ermittlungsverfahren, unangekündigten behördlichen Kontrollen oder Prüfungsfragen im Bildungsbereich). Andererseits kann der Prozess der internen 5 Z 1; vgl. zum Beispiel Art. 37 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. 6 Z 2; vgl. Art. 10 Abs. 2 MRK; der EGMR gesteht der nationalen Gesetzgebung einen weiten Gestaltungsspielraum zu (vgl. EGMR 3.2.2022, Šeks, BeschwNr. 39325/20).

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 9 von 51 Willensbildung des Organs zu schützen sein, wenn ansonsten die unabhängige und ungestörte Beratung und Entscheidungsfindung (zum Beispiel Abstimmung) beeinträchtigt würden. Der Schutz der Vertraulichkeit von Beratungen bzw. Entscheidungsfindungsprozessen (Abstimmungs- bzw. Beratungsgeheimnis) kann unter diesen Ausnahmetatbestand subsumiert werden7. Über Aufzeichnungen, die über die unmittelbare Willensbildung solcher Organe Aufschluss geben (wie Beratungs- oder Sitzungsprotokolle, Erledigungsentwürfe, persönliche Notizen in dem Zusammenhang), soll daher nicht zu informieren sein. Eine Geheimhaltung dieser Informationen kann auch, nachdem die Entscheidung getroffen wurde, noch notwendig sein, wenn nämlich ansonsten der Schutz umgangen oder die künftige Entscheidungsfindung beeinträchtigt würde8; unabhängig davon kommen nach der Entscheidung womöglich auch noch andere Geheimhaltungstatbestände in Frage. Ein Organ wird unter anderem dann „sonst tätig“, wenn es kein konkretes Einzelverfahren führt. Zur Auslegung des Begriffs der „Abwehr eines erheblichen wirtschaftlichen oder finanziellen Schadens“ (Z 6) kann die Bestimmung des § 118 Abs. 3 des Aktiengesetzes – AktG, BGBl. Nr. 98/1965, herangezogen werden. Danach darf eine Auskunft unter anderem dann verweigert werden, wenn diese „nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung geeignet ist, dem Unternehmen oder einem verbundenen Unternehmen [hier: auch den Organen, Gebietskörperschaften bzw. gesetzlichen beruflichen Vertretungen] einen erheblichen Nachteil zuzufügen“. Auch die Tätigkeit von „Unternehmungen“, die nicht ausgegliedert sind, sondern Wirtschaftskörper bilden, die Teil einer Gebietskörperschaft sind, können unter diese Ausnahme fallen; sofern eine Tätigkeit am Markt vorliegt, zählt auch die Wettbewerbsfähigkeit zum abzuwägenden, der Gebietskörperschaft nicht nur abstrakt drohenden wirtschaftlichen Schaden. Als „überwiegende berechtigte Interessen eines anderen“ (Z 7) sollen (verfassungs)gesetzlich geschützte private Interessen, die das Informationsinteresse überwiegen, gelten9. Dazu zählt primär das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten (lit. a). Eine Information über personenbezogene Daten soll demnach nur erteilt werden dürfen, wenn und soweit das schutzwürdige Interesse des bzw. der datenschutzrechtlich Betroffenen an der Geheimhaltung der Information das Informationsinteresse des Informationswerbers nicht überwiegt oder in die Datenverarbeitung (Information) eingewilligt wurde. Die gemäß Art. 23 Abs. 1 DSGVO geschützten Interessen können in die Interessenabwägung einfließen. Im Fall besonderer 7 zum öffentlichen Interesse des Schutzes der unabhängigen Willensbildung von Kollegialorganen vgl. VfSlg. 17.863/2006. 8 vgl. Wieser in: Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [4. Lfg. 2001], Art. 20 Abs. 3 B-VG Rz. 34. 9 vgl. den Schutz der „Rechte anderer“ gemäß dem Informationsgrundrecht gemäß Art. 10 Abs. 2 MRK und Art. 22a Abs. 2 B-VG.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 10 von 51 Kategorien personenbezogener Daten sind die Vorgaben des Art. 9 DSGVO einzuhalten. Das Informationsinteresse des Informationswerbers wird in aller Regel gegenüber dem Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten eines Sachverständigen, Gutachters oder einer anderen, auf Grund ihrer Stellung im Verfahren vergleichbaren Person insoweit überwiegen, als der Name, ein akademischer Grad, die Berufs- oder Funktionsbezeichnung und die dienstlichen Kontaktdaten angegeben werden dürfen. Über den Namen, den (Amts-)Titel, einen akademischen Grad, die Funktion und die dienstlichen Kontaktdaten eines Bearbeiters der Information soll demnach zu informieren sein, soweit diese Daten Bestand der Information und Ausdruck bzw. Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein sonstiger Geheimhaltungsgrund überwiegt10. „Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse“ (lit. b), die zum Teil überdies in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen, sollen zu wahren sein, beispielsweise solche von ˜rzten, Rechtsanwälten und Angehörigen anderer freier Berufe sowie Unternehmungen. Betreffend die Information über die Vergabe öffentlicher Aufträge wäre jeweils insbesondere zu prüfen, inwieweit ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis zu wahren oder ein erheblicher wirtschaftlicher oder finanzieller Schaden hintanzuhalten (vgl. Z 6) ist. Das Grundrecht auf Privatleben (Art. 8 EMRK) kann als „überwiegendes berechtigtes Interesse eines anderen“ zum Beispiel im Rahmen von besonders sensiblen und grundrechtsrelevanten Regelungsmaterien wie etwa dem Recht der Kinder- und Jugendhilfe ein gesetzliche Verschwiegenheitspflichten rechtfertigendes Geheimhaltungsinteresse darstellen. Auch eigene geschützte Interessen der Informationspflichtigen selbst (etwa von Unternehmungen oder von juristischen Personen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) können als „Rechte anderer“ gelten und zu wahren sein. Das „Bankgeheimnis“ dient einerseits dem Schutz von Berufs-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (von Geschäftskunden und der Bank) und andererseits dem Schutz personenbezogener Daten und des Privatlebens privater Kunden. Mangels einer eindeutigen systematischen Zuordenbarkeit wurde es daher in einer eigenen Litera angeführt (lit. c). Das gemäß § 31 Abs. 1 MedienG geschützte „Redaktionsgeheimnis“ umfasst auch den Quellenschutz (lit. d). „Rechte am geistigen Eigentum“11 sollen bei der Informationserteilung ebenfalls zu achten sein (lit. e). Gemäß Abs. 2 sollen die Geheimhaltungsgründe auch nur für Teile einer (teilbaren) Information 10 vgl. betreffend das vorgesehene Informationsregister Art. 86 DSGVO, wonach eine Veröffentlichung auch personenbezogener Daten in amtlichen Dokumenten erfolgen kann, wenn dies gemäß dem nationalen Recht zulässig ist. 11 Urheberrechte, Patentrechte; vgl. deren grundrechtlichen Schutz gemäß Art. 1 1. ZPMRK; vgl. auch die entsprechende Ausnahme in § 6 Abs. 2 Z 5 des Umweltinformationsgesetzes – UIG, BGBl. Nr. 495/1993.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 11 von 51 gelten. Die Information ist in dem Fall auch nur insoweit (teilweise) zugänglich zu machen („partial access“ nach Möglichkeit und mit verhältnismäßigem Aufwand12). Verkürzt dargestellt kann somit festgehalten werden, dass eine Veröffentlichung beziehungsweise ein Informationszugang auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz nicht vorzunehmen beziehungsweise zu gewähren ist, wenn die Geheimhaltung geboten ist. Die Geheimhaltung ist dann geboten, soweit und solange ein Geheimhaltungsgrund vorliegt und gesetzlich nichts anderes bestimmt ist (Achtung: Interessenabwägung erforderlich). Geheimhaltungsgründe sind (großteils wie auch nach Art. 20 Abs. 3 B-VG): Zu den einzelnen Geheimhaltungsgründen samt Beispielen: • Zwingende integrations- bzw. außenpolitische Gründe sind insbesondere Geheimhaltungsgründe, die sich aus unmittelbar anwendbaren Bestimmungen des EU-Rechts oder der Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen ergeben. Ein Beispiel wären Informationen über Verhandlungsstrategien neuer Handelsabkommen. 12 vgl. § 9 Abs. 2. Geheimhaltungsgründe Zwingende integrations- oder außenpolitische Gründe Nationale Sicherheit - umfassende Landesverteidigung Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit Unbeeinträchtigte Vorbereitung einer Entscheidung Abwehr erheblicher wirtschaftlicher oder finanzieller Schäden Überwiegende berechtigte Interessen anderer Datenschutz Berufs-, Geschäfts-, Betriebsgeheimnis Bankgeheimnis Redaktionsgeheimnis Urheberrecht

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 12 von 51 • Hinsichtlich nationale Sicherheit und umfassende Landesverteidigung – wobei diese beiden Tatbestände terminologisch zu unterscheiden sind – sind primär Informationen zur Gefahrenabwehr von außen, zur Militärischen Landesverteidigung (zum Beispiel militärischer Schutz der Neutralität und Verteidigung der Souveränität), zur Zivilen Landesverteidigung (zum Beispiel Vorsorge zum Schutz der Zivilbevölkerung und lebenswichtiger Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Behörden), zur Wirtschaftlichen Landesverteidigung (zum Beispiel Maßnahmen gegen kriegsbedingte Störungen der Wirtschaft) und zur Geistigen Landesverteidigung (zum Beispiel Maßnahmen zur Förderung und Erhaltung des Wehrwillens der Bevölkerung) zu schützen; Beispiele sind Informationen über Bundesheer-Einsatzpläne, Fähigkeiten von Waffensystemen, Standorteignung zur Errichtung militärischer Anlagen oder die Einsatzbereitschaft des Bundesheers. • Die Geheimhaltungspflicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dient dem Schutz von Informationen über Einsatztaktiken der Sicherheitspolizei, von Informationen zu von Kriminellen zur Tatbegehung verwendeten Mitteln, von Einrichtungen der Daseinsvorsorge und kritischen Infrastruktur (Staatsschutz, Nachrichtendienst, etc.), das Krisenmanagement im eigenen Wirkungsbereich als auch im Zusammenhang mit dem staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagement (SKKM) und im Rahmen des Bundes- Krisensicherheitsgesetzes (B-KSG), von besonders sensiblen Angelegenheiten des Bundeskriminalamts (zum Beispiel Zeugen- und Opferschutz) sowie von Informationen zur außenwirtschaftsrechtlichen Exportkontrolle (zum Beispiel Verkehr mit Verteidigungsgütern). Auch der Schutz der Stabilität des Finanzmarktes kann unter den Geheimhaltungstatbestand der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit subsumiert werden. • Auch eine unbeeinträchtigte Entscheidungsvorbereitung ist zu schützen: Vom Begriff der Entscheidung sind dabei alle Arten der Willensbildung umfasst.13 Die Veröffentlichung bzw. Erteilung von Informationen hat dann nicht zu erfolgen, wenn Zweck bzw. Erfolg des Tätigwerdens vereitelt oder eine unabhängige bzw. ungestörte Beratung und Entscheidungsfindung beeinträchtigt werden würden (Abstimmungs- und Beratungsgeheimnis). Ein Beispiel ist die Entscheidung von Kollegialorganen, wenn zu befürchten ist, dass ohne Geheimhaltung eine objektive kollegiale Entscheidungsfindung nicht erfolgen kann.14 Weitere Beispiele wären Informationen über: − Beratungs- und Sitzungsprotokolle 13 Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2 161. 14 Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2, S 162 f.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 13 von 51 − Erledigungsentwürfe / persönliche Notizen − Laufende behördliche und gerichtliche Verfahren − Laufende Prüfungen, Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten − Unangekündigte behördliche Kontrollen − Vorbereitende Tätigkeiten − Achtung: „Ob dieser Geheimhaltungsgrund auch nach Entscheidungsfällung weiter fortbesteht, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall. Auch nach Entscheidung kann die Geheimhaltung erforderlich sein, wenn ansonsten der Schutz umgangen oder eine künftige Entscheidungsfindung beeinträchtigt werden würde. • Zur Abwehr erheblicher wirtschaftlicher oder finanzieller Schäden hat die Veröffentlichung bzw. Erteilung von Informationen dann nicht zu erfolgen, wenn diese nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung geeignet ist, bspw. dem Unternehmen, einem verbundenen Unternehmen, einem Organ, einer Gebietskörperschaft oder einer gesetzlichen beruflichen Vertretung einen erheblichen Nachteil zuzufügen. Sofern eine Tätigkeit am Markt vorliegt, zählt auch die Wettbewerbsfähigkeit zum abzuwägenden, bspw. der Gebietskörperschaft nicht nur abstrakt drohenden wirtschaftlichen Schaden. Beispiele wären Informationen über: − Planungsvorhaben − Verträge, bei deren Veröffentlichung Vertrauen der Kunden in Verschwiegenheit des Unternehmens erschüttern könnte15 • Überwiegende berechtigte Interessen eines anderen (iSv Art 10 Abs. 2 EMRK) Die Veröffentlichung bzw. Erteilung von Informationen hat dann nicht zu erfolgen, wenn geschützte private Interessen, die das Informationsinteresse überwiegen, gegeben sind. Zu schützen sind alle Interessen aller natürlichen und juristischen Personen. Insbesondere: − Datenschutz Die Erteilung der Information kann nur erfolgen, wenn das Informationsinteresse gegenüber dem Recht auf Datenschutz überwiegt oder in die Datenweitergabe eingewilligt wurde (ein überwiegendes Informationsinteresse kann zum Beispiel bei der Weitergabe von Namen, akad. Grad und dienstliche Kontaktdaten eines Sachverständigen / Gutachters vorliegen). Bei „sensiblen Daten“ (besondere Kategorien personenbezogener Daten gem. Art. 9 der Datenschutz- Grundverordnung wie zum Beispiel Gesundheitsdaten, Religion) ist besonderer Schutz geboten. Es wird dazu auf den Leitfaden der Datenschutzbehörde zum Informationsfreiheitsgesetz mit zahlreichen Beispielen verwiesen. 15 Perthold-Stoitzner, Die Auskunftspflicht der Verwaltungsorgane2, S 158 ff.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 14 von 51 − Berufs-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse Bspw. von ˜rzten, Rechtsanwälten und Angehörigen anderer freier Berufe, Unternehmen. Einzelfallprüfung bei Vergabe öffentlicher Aufträge (evtl. wirtschaftl. Schaden). Konkrete unternehmerische Veranlagungsstrategien und deren Umsetzung bzw. Syndikatsverträge werden unter diesen Geheimhaltungstatbestand fallen. − Bankgeheimnis Dient dem Schutz von Berufs-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen von Geschäftskundinnen und -kunden und der Bank sowie Schutz personenbezogener Daten und des Privatlebens privater Kundinnen und Kunden. − Redaktionsgeheimnis (samt Quellenschutz) − Recht am geistigen Eigentum einer betroffenen Person, zum Beispiel Urheberrechte, Patentrechte, Grundrecht auf Privatleben Bei staatsnahen privaten Informationspflichtigen sind Informationen zusätzlich dann nicht zugänglich zu machen, soweit und solange dies zur Abwehr einer Beeinträchtigung von deren Wettbewerbsfähigkeit erforderlich ist.

Handbuch Informationsfreiheitsgesetz 15 von 51 2. Regelungskreis 1: proaktive Information 2.1. Wer Für die Entscheidung über die proaktive Veröffentlichung einer Information von öffentlichem Interesse ist jene Organisationseinheit der Dienststelle (durch den oder unter Beteiligung des jeweiligen datenschutzrechtlich Verantwortlichen) zuständig, die nach der Geschäfts- und Personaleinteilung für die betroffene Materie inhaltlich zuständig ist. Im Falle von Informationen, die im Wege eines Beschaffungsvorganges oder eines sonstigen Vertragsabschlusses entstanden sind, ist dies die jeweilige bedarfstragende Organisationseinheit. Das ist jene Organisationseinheit, die den Nutzen aus einer Beschaffung bzw. aus einem Vertragsabschluss zieht. Zur Unterstützung wird ein Informationsfreiheitskoordinator bzw. eine Informationsfreiheitskoordinatorin (IFK) bestimmt. Anlässlich der Erstellung einer Information im Sinne des IFG ist daher ab 1.9.2025 im Sachverhalt des bezughabenden ELAKs gemäß der Checkliste darzulegen, dass eine Prüfung einer Veröffentlichungspflicht vorgenommen wurde; das begründete Ergebnis der Prüfung ist im Sachverhalt klar zu dokumentieren. Darüber hinaus ist, zur späteren leichteren Auffindbarkeit und zwecks Schaffung von Auswertungsmöglichkeiten, eine entsprechende Beschlagwortung mit Aufnahme der Begriffe „Information zur Veröffentlichung“ oder „Information zur Teilveröffentlichung“ oder „keine proaktive Veröffentlichung“ vorzunehmen (siehe ELAK-Merkblatt). Ergibt die Prüfung, dass begründetermaßen keine Information von allgemeinem Interesse vorliegt, so kann die nachstehend beschriebene Erweiterung des ELAK-Prozesses um die Prozesselemente zum IFG entfallen. In allen anderen Fällen ist wie folgt vorzugehen: Für die Dokumentation der Entscheidung über eine (teilweise) Veröffentlichung oder auch das begründete Unterbleiben einer solchen ist der ELAK jener Personen, welche die Bearbeitung des Dokuments vorgenommen hat, durch eine entsprechende Vorschreibung im ELAK mit dem dafür vorgesehenen Prozesselement („IFG Veröffentlichung vorbereiten“) zur weiteren Veranlassung zu übermitteln mit klarer Bezeichnung des
