saud-lib-2025-04-23-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Eine Sonderkommission aus Justizfachleuten gibt Stellungnahmen ab, die den Richtern als Leitlinien für die Auslegung der Sharia (islamisches Recht) dienen, die die Grundlage des saudischen Rechts bildet. Richter verfügen über einen erheblichen Ermessensspielraum bei der Auslegung der Sharia und sind nicht verpflichtet, ihre Urteile zu begründen (FH 2024). Berichten zufolge ist die Justiz Einflussnahme ausgesetzt (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), insbesondere bei Rechtsentscheidungen von spezialisierten Justizorganen wie dem SCC (Specialized Criminal Court), der Verdächtige nur selten freispricht. Der SCC und die Staatsanwaltschaft sind keine unabhängigen Einrichtungen, da sie Berichten zufolge ihre Entscheidungen mit Regierungsbehörden, darunter dem König und dem Kronprinzen, abstimmen müssen (USDOS 23.4.2024). Das Rechtssystem basiert weitgehend auf der Sharia, wie sie von der hanbalitischen Schule der sunnitischen Rechtswissenschaft ausgelegt wird (USDOS 26.6.2024; vgl. USCIRF 5.2024). Da Saudi-Arabien kein Strafgesetzbuch besitzt, existiert keine kodifizierte Rechtsnorm (BAMF 1.2024). Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, aber die Justiz setzt dieses Recht im Allgemeinen nicht durch (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Dem Justizsystem fehlten traditionell veröffentlichte Rechtsprechung in Strafsachen, ein einheitliches Strafgesetzbuch, die Unschuldsvermutung und eine Doktrin der Stare Decisis, die Richter an Präzedenzfälle bindet (USDOS 23.4.2024). Berufungsgerichte können Urteile der Vorinstanzen über Schuld oder Unschuld nicht eigenständig aufheben, sondern sind darauf beschränkt, Urteile zu bestätigen, Strafen abzuändern oder zur Abänderung an die Vorinstanz zurück zu verweisen. Selbst wenn Berufungsrichter Urteile nicht bestätigten, verweisen sie diese in einigen Fällen an den ursprünglichen Richter zurück, was es den Parteien aufgrund der Zurückhaltung der Richter, Fehler einzugestehen, manchmal erschwert, eine vom ursprünglichen Urteil abweichende Entscheidung zu erlangen (USDOS 23.4.2024). Obwohl das Gesetz vorsieht, dass Gerichtsverhandlungen öffentlich sein sollten, schließen Richter regelmäßig nach eigenem Ermessen die Gerichte (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz gibt der Staatsanwaltschaft „vollständige und unabhängige Befugnisse“ zur Ermittlung schwerer Straftaten, die eine Inhaftierung erfordern (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht vor, dass keine Stelle die Handlungen einer Person einschränken oder eine Person inhaftieren darf, außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen. Gemäß dem Gesetz „darf niemand außer in gesetzlich vorgesehenen Fällen festgenommen, durchsucht, inhaftiert oder inhaftiert werden, und jeder Beschuldigte hat das Recht, während der Ermittlungs- und Gerichtsverfahren einen Anwalt oder einen Vertreter zu seiner Verteidigung hinzuzuziehen“ (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 42

Laut Gesetz können die Behörden jede Person zur Untersuchung vorladen und auf der Grundlage von Beweisen einen Haftbefehl erlassen. Die Behörden verzichten häufig auf Haftbefehle, die gesetzlich nicht in allen Fällen vorgeschrieben waren. (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz verpflichte die Behörden, innerhalb von 72 Stunden nach der Festnahme Anklage zu erheben und innerhalb von sechs Monaten ein Gerichtsverfahren durchzuführen, vorbehaltlich Ausnahmen, die durch Änderungen des Strafprozessrechts und des Antiterrorgesetzes festgelegt wurden. Die Behörden dürfen eine festgenommene Person ohne schriftliche Anordnung eines Staatsanwalts nicht länger als 24 Stunden in Gewahrsam halten. Berichten zufolge halten sich die Behörden häufig nicht an diese gesetzlichen Schutzvorschriften, und es besteht keine Verpflichtung, Verdächtige über ihre Rechte aufzuklären (USDOS 23.4.2024). Laut Gesetz haben Angeklagte das Recht, „innerhalb einer von der Ermittlungsbehörde festzulegenden angemessenen Frist“ einen Anwalt zu ihrer Verteidigung zu beauftragen. Die Regierung stellt den Angeklagten, die beim Justizministerium einen formellen Antrag auf einen Pflichtverteidiger einbringen und ihre Zahlungsunfähigkeit nachweisen können, einen Anwalt zur Verfügung. In Fällen, in denen wegen „Terrorismus“ oder „Staatssicherheit“ angeklagt wird (häufig in politischen Fällen oder Fällen wegen Einschränkung der Meinungsfreiheit), dürfen die Inhaftierten in der Regel nicht von einem Anwalt ihrer Wahl vertreten werden (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz gewährt den Angeklagten das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und während der Verhandlung einen Anwalt zu konsultieren (USDOS 23.4.2024). Die Angeklagten haben kein Recht auf Akteneinsicht und können weder ihre eigenen Akten noch die Protokolle ihrer Verhöre einsehen (USDOS 23.4.2024). Häftlingen wird während der Verhöre oft der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert (FH 2024). Die Angeklagten haben das Recht, Zeugen zu laden und ins Kreuzverhör zu nehmen (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht kein Recht auf Selbstbelastungsfreiheit vor (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht vor, dass „das Gericht die Unterstützung von Dolmetschern in Anspruch nehmen sollt“, verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dies ab dem Zeitpunkt der Anklageerhebung zu tun, und legt auch nicht fest, dass der Staat die Kosten für solche Dienstleistungen zu tragen hat. In der Praxis werden häufig kostenlose Dolmetscherdienste bereitgestellt (USDOS 23.4.2024). Die Sharia, wie sie von der Regierung ausgelegt wird, gilt für alle Bürger und Nichtbürger, aber in der Praxis diskriminiert das Gesetz Frauen, Nichtbürger, nicht praktizierende Sunniten, Schiiten und Angehörige anderer Religionen (USDOS 23.4.2024). Quellen berichten, dass Richter .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 42

manchmal Aussagen von Schiiten völlig ignorieren oder sich weigern, sie anzuhören (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Es gibt regelmäßig glaubwürdige Berichte über Geständnisse, die durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen werden (USDOS 23.4.2024). Es kommt regelmäßig zu Isolationshaft (USDOS 23.4.2024). Für weniger schwere und unpolitische Straftaten gibt es ein funktionierendes System der Haftentlassung gegen Kaution (USDOS 23.4.2024). Die lange Untersuchungshaft war ein Problem, und Personen wurden über lange Zeiträume ohne Anklage inhaftiert (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Berichten zufolge respektieren die Behörden nicht immer das Recht von Inhaftierten, nach ihrer Festnahme Kontakt zu ihren Familienangehörigen aufzunehmen, und das Antiterrorismusgesetz ermächtigt die Ermittlungsbehörden, einen Angeklagten bis zu 90 Tage (oder länger) ohne Zugang zu Familienangehörigen oder Rechtsbeistand in Haft zu halten (USDOS 23.4.2024). Familienangehörige von Personen, die sich in Untersuchungshaft oder in Untersuchungsgewahrsam befinden, geben an, dass Familienbesuche in der Regel nicht erlaubt sind, während andere angeben, dass Besuche oder Telefonate äußerst kurz sind (weniger als fünf Minuten) (USDOS 23.4.2024). Bürger können Missbräuche durch Sicherheitskräfte bei jeder Polizeidienststelle oder bei der Human Rights Commission (HRC) oder der National Society for Human Rights (NSHR) melden. Bürger und Einwohner können Beschwerden über rechtswidrige Inhaftierungen oder Verletzungen der Rechte von Inhaftierten auch online, über eine Hotline oder persönlich bei der Staatsanwaltschaft einreichen (USDOS 23.4.2024). Der Beschwerdeausschuss, ein hochrangiges Verwaltungsgericht, das Fälle gegen staatliche Stellen verhandelt und direkt dem König unterstellt ist, gilt als die wichtigste Instanz, um Rechtsbehelf bei Missbrauchsvorwürfen einzulegen (USDOS 23.4.2024). Der König setzt die Tradition fort, einige gerichtliche Strafen umzuwandeln. Durch königliche Begnadigungen können Verurteilungen aufgehoben oder körperliche Strafen gemildert oder aufgehoben werden (USDOS 23.4.2024). Das Recht ausländischer Häftlinge auf rechtzeitigen Zugang zu konsularischer Unterstützung wird im Allgemeinen respektiert (USDOS 23.4.2024). Sowohl die Todesstrafe als auch Körperstrafen sind in Saudi-Arabien legal und werden auch gegen Minderjährige verhängt (BAMF 1.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 42

Quellen: - AI – Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Saudi Arabien 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108021.html, Zugriff 18.4.2025 - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.2024): Länderreport 65, Saudi Arabien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2104658/laenderreport-65-Saudi-Arabien.pdf, Zugriff 22.4.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108065.html; Zugriff 22.4.2025 - USCIRF - US Commission on International Religious Freedom [USA] (5.2024): Saudi Arabia, Annual Report 2024, https://www.ecoi.net/en/file/local/2112012/Saudi+Arabia.pdf, Zugriff 18.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Religious Freedom: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111948.html, Zugriff 18.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 5. Sicherheitsbehörden Die saudischen Streitkräfte (SAAF) sind in zwei Ministerien unterteilt: Verteidigungsministerium: Königliche Saudische Landstreitkräfte, Königliche Saudische Seestreitkräfte (einschließlich Marineinfanterie, Spezialeinheiten, Marinefliegertruppe), Königliche Saudische Luftwaffe, Königliche Saudische Luftverteidigungskräfte, Königliche Saudische Strategische Raketentruppe; Ministerium für die Nationalgarde: Saudische Nationalgarde (SANG) sowie dem Innenministerium: Spezialeinheiten für Sicherheit und Schutz; Spezialeinheiten für Umweltsicherheit; Spezialeinheiten für Straßenverkehrssicherheit; Generaldirektion Grenzschutz (CIA 17.4.2025). Zu den weiteren Sicherheitsbehörden gehört die Staatssicherheit (SSP): Generaldirektion für Ermittlungen (Mabahith), Spezialeinheiten, Spezialeinheiten für Notfälle (2024) (CIA 17.4.2025). Für die Durchsetzung der Gesetze und die Aufrechterhaltung der Ordnung sind das Präsidium für Staatssicherheit (ri’asat amn al-dawla), die Nationalgarde (al-haras al-watani), das Innenministerium (wizaratal-dakhiliyya) und das Verteidigungsministerium (wizarat al-difa’a) zuständig, die direkt dem König unterstehen. Zum Präsidium für Staatssicherheit gehören der Inlandsnachrichtendienst (al-mubahith al-‘aama), die Sondersicherheitskräfte und die Sondereinsatzkräfte. Die Polizei ist dem Innenministerium unterstellt (BAMF 1.2024). Die Straffreiheit für Sicherheitskräfte bleibt ein ernstes Problem. Die Staatsanwaltschaft, die dem König unterstellt ist, ist dafür zuständig, zu untersuchen, ob das Vorgehen der Sicherheitskräfte gerechtfertigt ist, und Strafverfahren einzuleiten (USDOS 23.4.2024). Quellen: - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.2024): Länderreport 65, Saudi Arabien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2104658/laenderreport-65-Saudi-Arabien.pdf, Zugriff 22.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 42

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.4.2025): The World Factbook, Saudi Arabia, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/saudi-arabia/#military-and- security, Zugriff 22.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 6. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl Saudi-Arabien seit 1997 Vertragsstaat des Übereinkommens gegen Folter ist (BAMF 1.2024; vgl. FH 2024) und das Gesetz offiziell Folter verbietet sowie Beamte, die für strafrechtliche Ermittlungen zuständig sind, für jeden Missbrauch ihrer Befugnisse verantwortlich macht (USDOS 23.4.2024), existieren zahlreiche Berichte von staatlichen Quellen, Menschenrechtsorganisationen sowie den Vereinten Nationen über Folter und andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Regierungs- und Vollzugsbeamte sowie die Erzwingung von Geständnissen durch Folter (BAMF 1.2024; vgl. FH 2024, USDOS 23.4.2024). Gerichte verurteilen regelmäßig Personen zu körperlicher Züchtigung, obwohl seit einem königlichen Erlass aus dem Jahr 2020, der diese Praxis mit Ausnahme von Fällen von Trunkenheit, sexuellen Handlungen zwischen unverheirateten Personen und falschen Anschuldigungen wegen Ehebruchs verbietet, keine Berichte über Auspeitschungen vorliegen (USDOS 23.4.2024). Es gibt Berichte über Misshandlungen während Verhören. Obwohl in den Kriminalpolizeibehörden des Innenministeriums Überwachungskameras installiert waren, um die Verhöre von Verdächtigen aufzuzeichnen, gibt es keine Berichte darüber, dass diese Videoüberwachung zur Rechenschaftspflicht für Misshandlungen geführt hätte. Die Regierung bot den Sicherheitskräften Menschenrechtsschulungen an, aber Nichtregierungsorganisationen äußern sich besorgt über weit verbreitete Folter und andere Misshandlungen sowie über die schlechte Haftbedingungen (USDOS 23.4.2024). Quellen: - BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.2024): Länderreport 65, Saudi Arabien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2104658/laenderreport-65-Saudi-Arabien.pdf, Zugriff 22.4.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108065.html; Zugriff 22.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 42

7. Korruption Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption im Amt vor, und die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen wirksam um (USDOS 23.4.2024). Korruption und Vetternwirtschaft bleibt ein großes Problem (FH 2024). Nazaha (die Nationale Kontroll- und Antikorruptionskommission) hat die alleinige Befugnis, Korruptionsvorwürfe gegen Regierungsangestellte zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. Nazaha führt das ganze Jahr über Kampagnen zur Korruptionsbekämpfung durch und veröffentlicht monatliche Berichte über ihre Aktivitäten, in denen sie die Gesamtzahl der Ermittlungen und Festnahmen des Vormonats sowie eine Liste der beteiligten Ministerien oder Behörden bekannt geben (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024). Der Kronprinz steht an der Spitze der Nationalen Antikorruptionskommission (Nazaha) (FH 2024). Der Direktor der Nazaha auf Ministerebene untersteht direkt dem König (USDOS 23.4.2024). Der Corruption Perceptions Index 2024 von Transparency International listet Saudi Arabien auf Rang 38 von 180 Staaten auf (TI ohne Datum). Quellen: - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108065.html; Zugriff 22.4.2025 - TI – Transparency International (ohne Datum): Corruption Perceptions Index 2024, Saudi Arabien, https://www.transparency.org/en/cpi/2024, Zugriff - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) benötigen für ihre Tätigkeit eine staatliche Genehmigung. Reformorientierte Organisationen wurden in der Praxis die Genehmigungen verweigert, in einigen Fällen durch willkürliche Verzögerungen (FH 2024). Die Regierung schränkt die Tätigkeit inländischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen ein, obwohl das Gesetz vorsieht, dass „der Staat die Menschenrechte in Übereinstimmung mit der islamischen Sharia schützt“, und die Regierungsbeamten sind weder kooperativ noch ansprechbar für unabhängige Menschenrechtsorganisationen (USDOS 23.4.2024). Die Regierung arbeitet häufig mit der quasi-staatlichen NSHR, der einzigen staatlich zugelassenen Menschenrechtsorganisation der Zivilgesellschaft, zusammen und akzeptiert manchmal deren Empfehlungen (USDOS 23.4.2024). Die Regierung erlaubt es internationalen Menschenrechts-NGOs nicht, sich im Land niederzulassen, und schränkt deren Einreise zu Besuchen ein (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 42

Es gibt zahlreiche Berichte über Drohungen oder Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger (HRDs) (USDOS 23.4.2024). Menschenrechtsverteidiger sind weiterhin willkürlich in Haft oder unterliegen Reiseverboten, nachdem man sie unter Auflagen aus dem Gefängnis entlassen hatte (AI 24.4.2024). Die Regierung verfügt offiziell über Mechanismen zur Untersuchung und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen, deren Wirksamkeit jedoch begrenzt ist. Die Menschenrechtskommission war Teil der Regierung und benötigt die Genehmigung des Außenministeriums, bevor er sich mit Diplomaten, Wissenschaftlern oder Forschern internationaler Menschenrechtsorganisationen treffen darf, obwohl der Präsident der Menschenrechtskommission offiziell den Status eines Ministers hat und dem König unterstellt ist. Die Menschenrechtskommission arbeitet direkt mit dem Königlichen Hof und dem Ministerrat, mit einem Ausschuss aus Vertretern des Shura-Rates und der Ministerien für Arbeit und soziale Entwicklung sowie für Inneres und mit den Ausschüssen des Shura-Rates für Justiz, islamische Angelegenheiten und Menschenrechte zusammen (USDOS 23.4.2024). LGBTQI+-Organisationen und die Interessenvertretung für LGBTQI+-Themen sind illegal. Die Regierung erlaubt keine derartigen Organisationen (USDOS 23.4.2024). Die öffentliche Verteidigung der Menschenrechte von LGBTQI+-Personen ist illegal, und Aktivisten müssen mit Verhaftung und Inhaftierung rechnen (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verwehrt Menschenrechts- und humanitären Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz den Zugang zu politischen Gefangenen (USDOS 23.4.2024). Menschenrechtsorganisationen wie die Saudi Civil and Political Rights Association werden von der Regierung als illegale politische Bewegungen betrachtet und entsprechend behandelt (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI – Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Saudi Arabien 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108021.html, Zugriff 18.4.2025 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108065.html; Zugriff 22.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Männer (17-40) und Frauen (21-40) können sich freiwillig zum Militärdienst melden. Es besteht keine Wehrpflicht (CIA 17.4.2025). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 42

Quellen: - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (17.4.2025): The World Factbook, Saudi Arabia, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/saudi-arabia/#military-and- security, Zugriff 22.4.2025 10. Allgemeine Menschenrechtslage Zu den schwerwiegenden Menschenrechtsproblemen gehören glaubwürdige Berichte über: willkürliche oder rechtswidrige Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen; Verschleppungen; Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Regierungsbeamte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen; schwerwiegende Probleme hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz; politische Gefangene oder Häftlinge; grenzüberschreitende Repressionen gegen Personen in einem anderen Land; willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre; Bestrafung von Familienangehörigen für mutmaßliche Straftaten eines Verwandten; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, darunter Gewalt oder Gewaltandrohung gegen Journalisten, ungerechtfertigte Festnahmen oder Strafverfolgung von Journalisten und Zensur; schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit; erhebliche Beeinträchtigungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, darunter übermäßig restriktive Gesetze zur Organisation, Finanzierung oder Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Organisationen; Einschränkungen der Religionsfreiheit; Einschränkungen der Bewegungs- und Aufenthaltsfreiheit innerhalb des Staatsgebiets und des Rechts, das Land zu verlassen; Rückführung von Flüchtlingen in ein Land, in dem ihnen Folter oder Verfolgung drohen; Unmöglichkeit für die Bürger, ihre Regierung durch freie und faire Wahlen friedlich zu ändern; schwerwiegende und unangemessene Einschränkungen der politischen Teilhabe; schwerwiegende staatliche Einschränkungen für nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen; Straftaten mit Gewalt oder Gewaltandrohung gegen Migranten und Flüchtlinge, insbesondere aus Äthiopien; Gesetze, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen unter Strafe stellen, die jedoch nicht durchgesetzt wurden; Straftaten mit Gewalt oder Gewaltandrohung gegen lesbische, schwule, bisexuellen, transgender, queeren oder intersexuellen Personen; und Verbot unabhängiger Gewerkschaften oder erhebliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern (USDOS 23.4.2024). In mehreren Fällen hat die Regierung keine Ermittlungen gegen Beamte eingeleitet, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt waren, und sie auch nicht strafrechtlich verfolgt oder bestraft, was zu einem Klima der Straflosigkeit beigetragen hat (USDOS 23.4.2024). Es gibt zahlreiche Berichte, wonach die Regierung oder ihre Vertreter willkürliche oder rechtswidrige Tötungen, darunter auch außergerichtliche Tötungen, begehen (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 42

Es gibt zahlreiche glaubwürdige Berichte über Fälle von Verschleppungen, die von Regierungsbehörden oder in deren Auftrag durchgeführt werden. Die Regierung unternimmt keine Anstrengungen, um solche Handlungen zu verhindern, zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Es gibt zahlreiche Berichte über politische Gefangene oder Häftlinge (USDOS 23.4.2024). Die Regierung Saudi-Arabiens erfüllt die Mindeststandards für die Bekämpfung des Menschenhandels nicht vollständig, unternimmt jedoch erhebliche Anstrengungen, um dies zu erreichen. Zu diesen Anstrengungen gehören die Verurteilung einer deutlich höheren Zahl von Menschenhändlern, die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit einer von der Regierung unterstützten zivilgesellschaftlichen Organisation über die Verwaltung einer speziellen Unterkunft für Opfer von Menschenhandel, die Aufstockung der Mittel für den Opferschutz sowie die Ausarbeitung, Fertigstellung und Umsetzung des Nationalen Aktionsplans 2024-2027 (USDOS 24.6.2024). Nichtstaatsangehörige, die etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, haben keine politischen Rechte (FH 2024). Die akademische Freiheit ist eingeschränkt, und Informanten überwachen die Klassenzimmer auf die Einhaltung der Lehrplanvorschriften, darunter ein Verbot der Vermittlung weltlicher Philosophie und anderer Religionen als des Islam. Wissenschaftler und Forscher wurden bestraft, weil sie als Kritiker der Regierungspolitik wahrgenommen wurden (FH 2024). Quellen: - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108065.html; Zugriff 22.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2024): 2024 Trafficking in Persons Report: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111752.html, Zugriff 18.4.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Saudi Arabia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107728.html, Zugriff 17.4.2025 11. Meinungs- und Pressefreiheit Die saudischen Behörden setzen ihre Kampagne zur Unterdrückung friedlicher Aktivitäten in den sozialen Medien fort (HRW 16.1.2025; vgl. AI 24.4.2024). Die absolute Monarchie in Saudi-Arabien schränkt fast alle politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten ein. Das Regime stützt sich auf die allgegenwärtige Überwachung und die Kriminalisierung abweichender Meinungen (FH 2024). Das Gesetz sieht weder die freie Meinungsäußerung vor noch schützt es diese, auch nicht für Mitglieder der Presse und anderer Medien (USDOS 23.4.2024). Es gibt häufig Berichte über Einschränkungen der Meinungsfreiheit (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 42

Saudis können sich bis zu einem gewissen Grad privat über politische und andere Themen unterhalten, darunter auch Kritik an bestimmten Aspekten der Regierungsarbeit. Kritik am Regime und freie Diskussionen über Themen wie Religion oder die Königsfamilie werden mit schweren strafrechtlichen Sanktionen geahndet (FH 2024). Den Medien ist es untersagt, Handlungen zu begehen, die zu Unordnung und Spaltung führen, die Sicherheit des Staates oder seine öffentlichen Beziehungen beeinträchtigen oder die Menschenwürde und -rechte untergraben“. Die Behörden entscheiden, welche Reden oder Äußerungen als „Beeinträchtigung der inneren Sicherheit“ angesehen werden. Die Regierung kann Medien verbieten oder suspendieren, wenn sie zu dem Schluss kommt, dass sie gegen das Presse- und Veröffentlichungsgesetz verstoßen, und sie überwacht und sperrt Hunderttausende von Internetseiten (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verfolgt Personen, die das Internet nutzten, um Regierungsbeamte oder religiöse Autoritäten zu kritisieren oder Unterstützung für Terrorismus, Blasphemie und Apostasie zu äußern (USDOS 23.4.2024). Apostasie und Blasphemie sind gesetzlich verboten und können mit der Todesstrafe geahndet werden, auch wenn es in jüngster Zeit keine Fälle gab, in denen Todesurteile wegen dieser Straftaten vollstreckt wurden (USDOS 23.4.2024; vgl. USCIRF 5.2024). Das Gesetz stellt die Veröffentlichung oder das Herunterladen „anstößiger“ Websites unter Strafe, und die Behörden sperren regelmäßig Websites, deren Inhalte als schädlich, illegal, anstößig oder antiislamisch angesehen werden (USDOS 23.4.2024). Äußerungen, die nach Auffassung der Behörden eine Verunglimpfung des Königs, der Monarchie, des Regierungssystems oder der Familie Al Saud darstellen - wozu nach Ansicht der Regierung auch jegliches Eintreten für Regierungsreformen gehört -, können strafrechtlich verfolgt werden (USDOS 23.4.2024). Die Regierung zensiert Online- und Druckerzeugnisse, die sie als blasphemisch, extremistisch, rassistisch, beleidigend oder als Anstiftung zu Chaos, Gewalt, Sektierertum oder Schädigung der öffentlichen Ordnung ansieht, ebenso wie Kritik am Königshaus oder seinen Verbündeten in den arabischen Golfstaaten (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verbietet Staatsbediensteten, direkt oder indirekt mit lokalen oder ausländischen Medien in Dialog zu treten oder an Versammlungen teilzunehmen, die sich gegen die staatliche Politik richteten (USDOS 23.4.2024). Die Behörden nehmen Personen ohne Anklage fest, die ihre Meinungsfreiheit ausüben (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), darunter Regierungskritiker, schiitische Religionsführer, Personen mit Verbindungen zu Menschenrechtsaktivisten, Personen, denen Verstöße gegen sogenannte religiöse Normen vorgeworfen wurden, und sogenannte Sicherheitsverdächtige (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 42
