sril-lib-2021-07-07-ke
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Gebieten im Norden und Osten zu. Rajapaksas Einsetzung der Presidential Task Force for Archeological Heritage Management in der Ostprovinz im Jahr 2020 führte zu Befürchtungen, dass die Regierung das Militär einsetzen würde, um Ansprüche auf buddhistisches Erbe zu untermauern und die demografische Struktur der Region weiter zu verändern. Militärpersonal und buddhistische Mönche wurden in die Vertreibung tamilischer Einwohner im Norden und Osten verwickelt. Im September 2023 trat ein hochrangiger tamilischer Richter in der Nordprovinz zurück und floh aus dem Land, nachdem er Todesdrohungen erhalten hatte, weil er Gerichtsbeschlüsse gegen die Versuche der Archäologiebehörde, einen buddhistischen Tempel auf einem hinduistischen Gelände zu errichten, aufrechterhalten hatte (FH 2024). Sowohl die Tamilen aus dem Bergland (oder Malaiyaha) als auch die Tamilen aus dem Norden und Osten gaben an, dass sie seit langem systematisch diskriminiert werden, und zwar in der Universitätsausbildung, bei der Beschäftigung in der Regierung, im Wohnungswesen, bei der Gesundheitsversorgung, bei den Sprachgesetzen und bei den Verfahren zur Einbürgerung von Nicht-Staatsbürgern. Im ganzen Land, vor allem aber im Norden und Osten, berichteten Tamilen, dass die Sicherheitskräfte regelmäßig Mitglieder ihrer Gemeinschaft überwachen und schikanieren, insbesondere Aktivisten, Journalisten, NGO-Mitarbeiter und ehemalige oder mutmaßliche ehemalige LTTE-Mitglieder (USDOS 23.4.2024). Systematische Diskriminierung, unter anderem durch Sprachgesetze und Einbürgerungsverfahren, wirkt sich negativ auf die politische Beteiligung der Tamilen aus. Die gegenwärtige Regierung Wickremesinghe [Anm. Stand Mai 2024] hat ebenso wie die Regierung Sirisena zugelassen, dass die Nationalhymne bei offiziellen Anlässen auf Tamilisch gesungen wird, obwohl die Regierung Gotabaya Rajapaksa diese Praxis eingestellt hatte (FH 2024). Im Laufe des Jahres 2023 veranstaltete die Gemeinschaft der Berglandtamilen Veranstaltungen zum 200. Jahrestag der Ankunft der ersten Berglandtamilen im Land und forderte Lösungen für die Probleme der Gemeinschaft. Medien und NGOs berichteten, dass die Berglandtamilen zu den sozioökonomisch am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen gehören. Sie besitzen im Allgemeinen kein Land. Das gesamte Plantagenland gehört der Regierung und ist langfristig an Plantagenunternehmen verpachtet. Streitigkeiten darüber, ob die Regierung oder die Unternehmen für die Instandhaltung der Unterkünfte der Arbeiter verantwortlich sind, führen dazu, dass die Wohnungen in diesen Gemeinden überfüllt sind und es zudem oft an angemessenen Wasser- und Sanitäreinrichtungen fehlt. Lokale Politiker und NGOs berichten, dass die Regierung viele überwiegend tamilische Gemeinden im Bergland nicht als offizielle Dörfer anerkannte, so dass die Bewohner keinen Anspruch auf viele staatliche Dienstleistungen haben (USDOS 23.4.2024). Einige tamilische und muslimische Politiker, internationale Organisationen und örtliche Menschenrechtsaktivisten bezeichneten Gefangene in Untersuchungshaft, darunter ehemalige .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 57

tamilische LTTE-Kämpfer, Muslime und studentische Aktivisten, die terroristischer Gewaltverbrechen beschuldigt wurden, als politische Gefangene, die wegen ihrer Aussagen, ihres Eintretens oder ihrer Kritik an der Regierung festgehalten würden. Die Regierung beschuldigte die betreffenden Gefangenen, terroristische oder gewalttätige Straftaten begangen oder sich dazu verschworen zu haben (USDOS 23.4.2024). Grundversorgung Im Frühjahr 2022 konnte Sri Lanka seine Schulden nicht mehr bezahlen und es kam zum Zahlungsausfall. Noch immer kämpft die Wirtschaft des Landes mit den Folgen (GTAI 2.6.2023). Für 2024 wird ein moderates Wirtschaftswachstum von 2,2 % prognostiziert, das nach dem schweren Wirtschaftsabschwung von 2022 Anzeichen für eine Stabilisierung aufweist. Das Land ist jedoch nach wie vor mit einem hohen Armutsniveau, Einkommensungleichheit und Arbeitsmarktproblemen konfrontiert. Sri Lanka verzeichnete in jüngster Zeit einen Rückgang der Inflation, höhere Einnahmen aufgrund der Umsetzung neuer fiskalpolitischer Maßnahmen und zum ersten Mal seit fast fünf Jahrzehnten einen Leistungsbilanzüberschuss, der durch erhöhte Einnahmen und einen Aufschwung im Tourismus begünstigt wurde (WB 2.4.2024). Gleichzeitig ist jedoch die Armutsquote das vierte Jahr in Folge gestiegen, so dass im Jahr 2023 schätzungsweise 25,9 % der Einwohner Sri Lankas unterhalb der Armutsgrenze leben. Auch die Erwerbsbeteiligung ist zurückgegangen, insbesondere bei Frauen und in städtischen Gebieten, was durch die Schließung von Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen (KKMU) noch verschärft wurde. Die Haushalte sind durch hohe Preise, Einkommensverluste und Unterbeschäftigung in mehrfacher Hinsicht unter Druck geraten. Dies hat zu einer höheren Verschuldung der Haushalte geführt, um den Nahrungsmittelbedarf zu decken und die Ausgaben für Gesundheit und Bildung aufrechtzuerhalten (WB 2.4.2024). Die Arbeitslosenquote ist von 21,1 % im Jahr 2021 auf 26,1 % im Jahr 2022 angestiegen (WKO 2.2024). Das neue „Aswesuma“-Programm zur Auszahlung von Sozialleistungen ist eng gefasst, sodass nur etwa 1,1 der zwei Millionen Familien, die unter der Armutsgrenze leben, anspruchsberechtigt sind. Es besteht die Gefahr, dass viele der von der Wirtschaftskrise am stärksten betroffenen Menschen ausgeschlossen werden; dies betrifft Menschen, die in städtischen Gebieten leben, im informellen Sektor arbeiten, von Tageslöhnen oder einem niedrigem oder unsicherem Einkommen leben oder arbeitslos sind, weiters Menschen, die der tamilischen Gemeinschaft der Malaiyaha angehören (AI 24.4.2024). Medizinische Versorgung Die medizinische Versorgung in Sri Lanka ist landesweit gut. Es gibt kostenlose staatliche Krankenhäuser (AA 18.12.2020; vgl. DFAT 23.12.2021) und staatliche ambulante .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 57

Behandlungsstellen, die auch notwendige Medikamente gratis zur Verfügung stellen (AA 18.12.2020). Dennoch werden etwa 40 % aller medizinischen Dienstleistungen durch Patienten bzw. deren Angehörige aus eigener Tasche bezahlt (ÖB 8.2021). In Sri Lanka werden Gesundheitseinrichtungen als Orte charakterisiert, an denen die Gesundheitsversorgung sowohl leicht zugänglich als auch von guter Qualität ist. Der öffentliche Sektor erbringt fast 95 % der stationären und etwa 50 % der ambulanten Gesundheitsversorgung. Mitte 2022 gab es insgesamt mehr als 1500 Gesundheitseinrichtungen, davon 588 Krankenhäuser und 517 Einrichtungen der Primärversorgung. Die 555 staatlichen Krankenhäuser sind für die medizinische Grundversorgung zuständig. Diese Einrichtungen bieten der gesamten Gesellschaft kurative, präventive und rehabilitative Dienste an. Alle Bürger und Einwohner sind für die Behandlung in ihrem örtlichen Gesundheitszentrum registriert und können bei Bedarf an Einrichtungen der Sekundärversorgung überwiesen werden. Koordinatoren aus den Bereichen Krankenpflege, Pharmazie, Labor, Radiologie und Krankenakten sind Teil eines integrierten medizinischen Teams, das die Leistungen erbringt (MOH o.D.). Die Abwanderung Hunderter Ärzte hat das Gesundheitssystem Sri Lankas, das einst als eines der besten in der Region galt, unter Druck gesetzt. Mehr als 1.700 Medical Officers - ein Sammelbegriff für Ärzte und andere Fachkräfte im Gesundheitswesen - haben Sri Lanka laut der Gewerkschaft Government Medical Officers' Association in den letzten zwei Jahren [Anm.: Aufgrund der Krise; Stand 19.2.2024] verlassen. Aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums geht hervor, dass tausende Ärzte zwischen Juni 2022 und Juli 2023 von der Ärztekammer ein sogenanntes „Good Standing“-Zertifikat erhalten haben; da dieses als obligatorisch für die Verifizierung des beruflichen Status einer Person gegenüber ausländischen Aufsichtsbehörden angesehen wird, könnte dies als Indiz gesehen werden, dass auch sie über eine Auswanderung nachdenken. Derselbe Bericht enthüllte auch, dass über 5.000 Ärzte medizinische Lizenzen aus Großbritannien, Australien und Ländern des Nahen Ostens erworben haben; eine ähnliche Anzahl hat sich für ausländische Zulassungsprüfungen in den Jahren 2024 und 2025 angemeldet. Während sich die Wirtschaft langsam wieder erholt, ist das Gesundheitssystem immer noch schlecht, mit immer längeren Wartelisten und mangelndem Zugang zu hochwertiger Behandlung und Medikamenten. Daten der Weltbank aus dem Jahr 2021 zeigen, dass 1,2 Ärzte auf 1.000 Einwohner kommen. Für viele Sri Lanker sind die Kosten für eine private Behandlung unerschwinglich, so dass sie auf den öffentlichen Sektor angewiesen sind, der fast 95 % der stationären und etwa 50 % der ambulanten Versorgung übernimmt (Reuters 19.2.2024). Rückkehr .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 57

Die Regierung arbeitete mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, Rückehrern oder Asylwerbern sowie anderen betroffenen Personen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 23.4.2024). Rückkehrer müssen grundsätzlich keine staatlichen Repressalien fürchten. Systematische Verhaftungen kommen nicht vor, jedoch müssen sich Rückkehrer nach der Ankunft Vernehmungen durch das National Bureau of Investigation und das Criminal Investigation Department (CID) stellen (AA 18.12.2020; vgl. DFAT 23.12.2021). Ob es dabei zur Anwendung von Gewalt kommt, ist nicht bekannt (AA 18.12.2020). Bei der Einreise am Flughafen von Colombo mit gültigem sri-lankischem Reisepass werden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt (AA 18.12.2020). Rückkehrer, die keinen sri-lankischen Reisepass, sondern nur ein von einer sri-lankischen Auslandsvertretung ausgestelltes Reisedokument zur einmaligen Rückkehr nach Sri Lanka (Identity Certificate Overseas Missions, ICOM, auch Emergency-Passport genannt) vorweisen (AA 18.12.2020; vgl. DFAT 23.12.2021) , werden regelmäßig von der Einreisebehörde sowie von der CID einer Personenüberprüfung unterzogen und zu Identität, persönlichem Hintergrund und Reiseziel befragt. Es ist nicht auszuschließen, dass von den sri-lankischen Auslandsvertretungen im Datensatz der betreffenden Personen ein entsprechender Vermerk veranlasst oder im Reisedokument angebracht wird. Den sri-lankischen Staatsangehörigen wird seitens der sri- lankischen Behörden kommuniziert, dass sie nur mit einem sri-lankischen Pass wieder ausreisen dürften. Ohne Vorlage eines Ausweisdokuments können Rückkehrer nicht einreisen. Fälle diskriminierender Behandlung auf diese Weise Einreisender (auch bei Tamilen) sind nicht bekannt (AA 18.12.2020). Es gibt keine Hinweise, dass bei oppositioneller Betätigung im Ausland Probleme bei der Rückkehr auftreten. Dies könnte anders gelagert sein, wenn der Rückkehrer ein den Behörden bekanntes Mitglied der LTTE war (ÖB 8.2021). Darüber hinaus kann auch der Verdacht einer Verbindung zur LTTE ein wie auch immer geartetes Interesse der Behörden, samt den daraus resultierenden Konsequenzen gegen die entsprechende Person nach der Rückkehr ins Land bewirken (SFH 8.5.2020). Rückkehrende sind auf sich allein gestellt bzw. von der Unterstützung durch Verwandte oder Bekannte abhängig. Ohne solche Unterstützung ist es für Rückkehrende nach wie vor schwierig, um in angemessener Zeit wirtschaftlich und sozial wieder in Sri Lanka Fuß zu fassen (AA 18.12.2020). Einige Familien der Betroffenen sehen das mit der Abschiebung einhergehende Ausbleiben von Geldüberweisungen jedoch als Schmach an. Stigmatisierungen innerhalb der Familie sind die Folge (ÖB 8.2021). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 57

Die österreichische Bundesagentur für Betreuungs- und U nterstützungsleistungen (BBU) bietet Hilfe für Rückkehrende nach Sri Lanka. Diese Hilfe inkludiert sowohl eine Soforthilfe bei der Ankunft in Sri Lanka als auch längerfristige Reintegrationsunterstützung im Wert von über 2.000,- EUR. Diese beinhaltet großteils Sachleistungen wie etwa Bildungsmaßnahmen und Trainings, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, medizinische und rechtliche U nterstützung u.a. (BBU o.D.). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.12.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka (Stand: November 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2042798/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Sri_Lanka_%28Stand_November_2020%29%2C_18.1 2.2020.pdf, Zugriff 22.5.2024 - AI – Amnesty Inernational (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Sri Lanka 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107954.html, Zugriff 22.5.2024 - BBU – Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (o.D.): Sri Lanka. So funktioniert die Rückreise in Ihre Heimat, https://www.returnfromaustria.at/sri_lanka/sri_lanka_deutsch.html, Zugriff 31.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI Country Report Sri Lanka 2024, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105870/country_report_2024_LKA.pdf, Zugriff 22.5.2024 - DFAT – Department of Foreign Affairs and Trade (23.12.2021): DFAT Country Information Report Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067347/country-information-report-sri- lanka.pdf, Zugriff 22.5.2024 - DP – Die Presse (22.4.2019): Sri Lanka: 26 Jahre Bürgerkrieg und Gewalt zwischen den Konfessionen, https://www.diepresse.com/5616514/sri-lanka-26-jahre-burgerkrieg-und-gewalt- zwischen-den-konfessionen, Zugriff 22.5.2024 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 - Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108072.html, Zugriff 22.5.2024 - GTAI – Germany Trade and Invest (2.6.2923): Maue Aussichten für Sri Lankas Wirtschaft, https://www.gtai.de/de/trade/sri-lanka-wirtschaft/wirtschaftsausblick, Zugriff 23.5.2024 - MOH – Ministery of Health [Sri Lanka] (o.D.): Health Institutions In Sri Lanka, https://www.health.gov.lk/health-institutions-in-sri-lanka/, Zugriff 23.5.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht zu Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070586/SRIL_%C3%96B-Bericht_2021_08.pdf, Zugriff 22.5.2024 - Reuters (19.2.2024): Sri Lankan health crisis could worsen as doctors seek work abroad, https://www.context.news/socioeconomic-inclusion/sri-lankan-health-crisis-could-worsen-as- doctors-seek-work-abroad, Zugriff 23.5.2024 - SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.5.2020): Sri Lanka: Witwe eines hochrangigen LTTE- Mitglieds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030985/200508_LKA_LTTE_Witwe_anonym_01.pdf, Zugriff 22.5.2024 - USDOS – U.S. Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107680.html, Zugriff 22.5.2024 - WB – World Bank (2.4.2024): Sri Lanka's Economy Shows Signs of Stabilization, but Poverty to Remain Elevated, https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2024/04/01/sri-lanka-s- economy-shows-signs-of-stabilization-but-poverty-to-remain-elevated, Zugriff 23.5.2024 - WKO – Wirtschaftskammer Österreich (2.2024): Länderprofil Sri Lanka, https://www.wko.at/statistik/laenderprofile/lp-sri-lanka.pdf? .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 57

_gl=1*1p1ene1*_ga*MjAwNzk4OTU4LjE2NDc1MDA0NzQ.*_ga_TJBEG291F0*MTcwODY3NDI xNS4xNDguMS4xNzA4Njc0Mjc2LjAuMC4w, Zugriff 23.5.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 57

2. COVID-19 Zur Verhinderung einer Ausbreitung von COVID-19 verhängt(e) die Regierung inselweite Ausgangssperren, die den freien Personenverkehr einschränk(t)en (USDOS 30.3.2021). Während der ersten Covid-19-Welle wurden harte Maßnahmen verhängt (wochenlange durch das Militär durchgesetzte, zum Teil landesweite Ausgangssperren), um die Lage in den Griff zu bekommen. Mit der zweiten Welle kommt es seit Oktober 2020 wieder zu Ausgangssperren und Reisebeschränkungen insbesondere in der Westprovinz einschließlich Colombo, die aber bisher nicht das Ausmaß der Maßnahmen der ersten Welle erreichen (AA 18.12.2020). Nach Angaben von Vertretern der Zivilgesellschaft und Politikern nutzen die Behörden in manchen Fällen die COVID-19-Maßnahmen, um politische Kundgebungen der Opposition zu verhindern, während Kundgebungen der Regierung ungehindert stattfinden. In ähnlicher Weise versucht die Polizei, oft auf einstweilige Anordnungen von Richtern hin, Proteste, die von den Familien der im Bürgerkrieg Verschwundenen, politischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Akteuren organisiert werden, unter Berufung auf COVID-19-Vorschriften zu behindern (USDOS 30.3.2021). Zwar ist eine direkte Instrumentalisierung dieser Maßnahmen zum Zweck gezielter Einschränkungen der Menschenrechte nicht zu beobachten (AA 18.12.2020), doch nutzt die Regierung die COVID-19- Pandemie, um „kommunale Spannungen zu schüren“ und die Religionsfreiheit einzuschränken. So greifen die Behörden nicht ein, wenn Nutzer sozialer Medien fälschlicherweise behaupten, Muslime würden COVID-19 absichtlich verbreiten, oder wenn zum Boykott von Geschäften in muslimischem Besitz aufgerufen wird (USDOS 30.3.2021). Die Regierung nutzt die Pandemie für eine Militarisierung von staatlichen Strukturen und zivilen Behörden. Die Hauptverantwortung für die Bekämpfung von COVID-19 wurde dem Militär übertragen. Der Armeechef ist Leiter des Nationalen Einsatzcenters (AA 18.12.2020). Im Zuge der COVID-Krise kehrten tausende Gastarbeiter, v.a. aus dem Nahen Osten, wieder in ihre Heimat zurück, da sie ihre Arbeit verloren hatten bzw. in Zwangsurlaub geschickt oder aber ausgewiesen wurden (ÖB 10.2020; vgl. B&HRRC 21.7.2020). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.12.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka (Stand: November 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2042798/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Sri_Lanka_%28Stand_November_2020%29%2C_18.1 2.2020.pdf, Zugriff 7.6.2021 - B&HRRC – Business Human Rights Resurce Center (21.7.2020): 1700 Sri Lankan migrant workers still stranded in Middle East as coronavirus death toll climbs, https://www.business- humanrights.org/en/latest-news/1700-sri-lankan-migrant-workers-still-stranded-in-middle-east- as-coronavirus-death-toll-climbs/, Zugriff 9.6.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 57

- ÖB – Österreichische Botschaft [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Sri Lanka, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052066/SRIL_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 7.7.2021 - USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Sri Lanka, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048154.html, Zugriff 18.6.2021 3. Politische Lage Sri Lanka ist eine konstitutionelle Mehrparteienrepublik mit einer frei und direkt gewählten Regierung (USDOS 30.3.2021; vgl. AA 6.11.2020a). Wahlen werden regelmäßig auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts und eines Mehrparteienwettbewerbs durchgeführt (BS 2020). Die bestehende Präsidialrepublik räumt dem Staatsoberhaupt eine starke Position vor allem bei der Zusammensetzung der Regierung und in der Außenpolitik ein. Die Legislative ist in einem Ein- Kammer-System mit 225 Mitgliedern organisiert, wobei die Abgeordneten direkt gewählt und bei Freiwerden eines Mandats von der jeweiligen Partei nachbesetzt werden (ÖB 9.2020). 2019 fanden im Land Präsidentschaftswahlen statt. Gotabaya Rajapaksa konnte den Wahlgang für sich entscheiden USDOS 30.3.2021; vgl. AA 18.12.2020). Die Wahl verlief jedoch nicht frei von Gewalt. Zudem versuchten radikale Gruppierungen vor allem im Norden des Landes, Menschen gewaltsam von einem Wahlboykott zu überzeugen. Im Vergleich zu den Ausschreitungen und zahlreichen Toten, die es bei früheren Wahlen gegeben hatte, kann aber tatsächlich von einer insgesamt friedlichen Wahl gesprochen werden (KAS 29.11.2019). Kurz nach der Wahl ernannte Präsident Gotabaya Rajapaksa seinen Bruder, den ehemaligen Präsidenten Mahinda Rajapaksa, zum Premierminister (USDOS 30.3.2021; vgl. DW 20.11.2019). Diese Ernennung führte verschiedenen Berichten zufolge zu Ausschreitungen (TG 22.11.2019; vgl. ACLED 26.11.2019). Bei den dann am 5. August 2020 stattgefundenen Parlamentswahlen konnte die Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) von Präsident Gotabaya Rajapaksa mit 145 der insgesamt 225 Sitze einen überwältigenden Sieg einfahren, der auf das Wahlverhalten der buddhistische Mehrheit in den singhalesischen Gebieten zurückzuführen ist (ÖB 9.2020; vgl. AA 18.12.2020). Die Stimmverteilung bei den Präsidentschaftswahlen zeigt eine tiefe ethnisch-religiöse Spaltung des Landes auf (AA 18.12.2020). Gotabaya Rajapaksa bemüht ein singhalesisch-nationales Narrativ und präsentiert sich als Sieger des Bürgerkriegs gegen die LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam, auch Tamil Tigers) und starker Mann, der die nationale Einheit und Sicherheit nach den islamistischen Terroranschlägen vom Ostersonntag 2019 gewährleisten kann. In der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie gibt er sich als Mann der Tat, der durch harte Maßnahmen (wochenlange durch das Militär durchgesetzte landesweite Ausgangssperren, Lockdown in Colombo) die Lage in den Griff bekommt (AA 18.12.2020). Den zweiten Platz erreichte die Samagi Jana Balawegaya .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 57

(SJB) unter dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Sajith Premadasa mit 54 Sitzen, für den die im Osten und Norden des Landes dominierenden Minderheiten von Tamilen und Muslime mit überwältigender Mehrheit gestimmt haben (AA 18.12.2020). Dritte wurde die Illankai Tamil Arasu Kachchi, wie der Name schon sagt, eine Partei der tamilischen Minderheit, mit zehn Sitzen. Die übrigen Sitze teilen sich auf 12 Parteien auf. Besonders schlecht schnitten die bisher größte Partei im Parlament, die United National Party (UNP) des ehem. Premierministers Ranil Wickremesinghe mit nur einem Sitz, ebenso wie die Sri Lanka Freedom Party (SLFP) des ehem. Staatspräsidenten Maithripala Sirisena mit ebenfalls nur einem Mandat ab (ÖB 10.2020). Reisebeschränkungen, als Folgen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie verhinderten eine internationale Wahlbeobachtung und schränkten die inländische Wahlaufsicht ein. Einheimische Beobachter beschrieben die Wahl als friedlich, technisch gut geleitet und in Anbetracht der COVID-19-Pandemie als sicher, merkten aber an, dass unregulierte Wahlkampfausgaben, Missbrauch staatlicher Ressourcen und Medienverzerrungen die Chancengleichheit beeinträchtigten (USDOS 30.3.2021). Die soziokulturelle Struktur des politischen Lebens ist in erster Linie durch die Werte der singhalesischen (überwiegend theravada-buddhistischen) Mehrheit bestimmt. Auch ist die Innenpolitik nach wie vor vom Bürgerkrieg (1983 – 2009) zwischen der tamilischen Separatistenorganisation LTTE und der Regierung geprägt (AA 6.11.2020a). Schon unter der alten Regierung gab es vereinzelt Berichte von Einschüchterungen gegen Menschenrechtsaktivisten (Hasspropaganda in sozialen Medien, Demonstrationen vor Privatwohnungen) verbunden mit Klagen über mangelndes Engagement der Polizei nach erstatteten Anzeigen. In Gebieten mit mehrheitlich tamilischer Bevölkerung gibt es weiterhin Beschwerden von NGOs über Behinderungen bei ihren Tätigkeiten und Vorladungen durch die Polizei bei friedlichen Demonstrationen. NGOs und unabhängige Institutionen fühlten sich nach den Präsidentschaftswahlen offen und systematisch eingeschüchtert, können aber bislang weiter arbeiten. Insgesamt hat sich das politische Klima mit der neuen Regierung deutlich verändert. Nicht nur in Ministerien, sondern auch bei staatlichen Medien und Behörden hat ein massiver Personalwechsel stattgefunden. Zahlreiche hohe zivile Posten wurden mit Militärs besetzt (AA 18.12.2020). Über 30 staatliche Behörden, vielen davon ohne Verteidigungsbezug, wurden dem Verteidigungsministerium zugeordnet (AA 18.12.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Ein wichtiges Vorhaben der Vorgängerregierung im Rahmen der nationalen Wiederversöhnung war die Verlagerung von mehr Kompetenzen auf die Provinzen („devolution of power“). Daran hat die neue Regierung keinerlei Interesse. Der Präsident erklärt, dass für die nationale Versöhnung die wirtschaftliche Entwicklung der Nord- und Ostprovinz entscheidend ist, nicht deren Kompetenzerweiterungen (AA 18.12.2020). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 57

Eine Änderung der Verfassung, die im Oktober 2020 verabschiedet wurde, räumt dem Präsidenten weitreichende neue Befugnisse, einschließlich der Ernennung von hochrangigen Richtern, Mitgliedern der Menschenrechtskommission und anderen unabhängigen Institutionen, wie etwa Antikorruptionsgremien, der Ernennung und Entlassung von Ministern, des Premierministers, und der Auflösung des Parlaments mindestens zweieinhalb Jahre nach den Wahlen ein. Überarbeitungen der Novelle verwässern zwar einige Bestimmungen, ohne jedoch die allgemeine Bedrohung des Menschenrechtsschutzes durch die Novelle wesentlich zu verringern (HRW 13.1.2021). Auf internationaler Ebene hat Sri Lanka 2015 die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) im Konsens beschlossene Resolution 30/1 mit eingebracht und sich damit bereit erklärt, mutmaßliche Kriegsverbrechen im sri-lankischen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung rechtlich aufzuklären. In Umsetzung der Resolution wurden 2018 das Office of Missing Persons (OMP), welches insbesondere das Schicksal von Verschwundenen im Bürgerkrieg aufklären soll und das Office for Reparations (OFR) eingerichtet, das für Reparationszahlungen für erlittene Schäden zuständig ist. Beide können bislang weiter arbeiten, ihre Kompetenzen sollen aber überprüft und ggf. ein Personalwechsel angestrebt werden. Der Präsident hatte schon im Wahlkampf angekündigt, „Kriegshelden“ zu rehabilitieren. Gegen sie ermittelnde Beamte wurden umgehend versetzt oder suspendiert und durch Rajapaksa-getreue Polizeioffiziere ersetzt. Zum 11. Jahrestag der Beendigung des Bürgerkriegs (19. Mai) bestätigte der Präsident erneut, keine Aktivitäten gegen Kriegshelden zuzulassen und nicht zu zögern, internationale Organisationen zu verlassen, die ständig grundlose Vorwürfe erheben. Im März 2020 begnadigte er einen wegen Mordes an acht Zivilisten rechtskräftig verurteilten Unteroffizier. Der problematische Prevention of Terrorism Act (PTA), nachdem Tatverdächtige u.a. bis zu 18 Monate ohne Anklageerhebung festgehalten werden können, ist noch immer in Kraft. Ein von der Vorgängerregierung eingebrachte Entwurf für einen neuen Counter Terrorism Act (CTA) wurde von der neuen Regierung zurückgezogen. Anlässlich des 1. Jahrestags der Osteranschläge von 2019 kam es erneut zu zahlreichen Verhaftungen unter dem PTA. Der Generalsekretär der SLPP kündigte vor den Parlamentswahlen sogar eine weitere Verschärfung des PTA an, ohne dass diese bisher umgesetzt wurde (AA 18.12.2020; vgl. AA 6.11.2020a, HRW 3.3.2020). Singhalesisch und Tamilisch sind Amtssprachen in Sri Lanka (CIA 8.6.2021). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.12.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Sri Lanka (Stand: November 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2042798/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCbe r_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Sri_Lanka_%28Stand_November_2020%29%2C_18.1 2.2020.pdf, Zugriff 7.6.2021 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 57
