suda-lib-2024-02-02-ke
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eingefordert (FH 2023 vgl. AA 1.6.2022). Der Ausnahmezustand, der kurz nach dem Militärputsch verhängt wurde, schränkt jedoch einige bürgerliche Freiheiten ein (AA 1.6.2022). Im Jahr 2022 gehörten zu den großen Menschenrechtsproblemen rechtswidrige Tötungen, unmenschliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungsäußerung und der Medienfreiheit sowie Korruption in der Regierung. Weitere Probleme sind geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung sexueller Minderheiten und Kinderarbeit (USDOS 20.3.2023). Sicherheitskräfte gehen weiterhin mit exzessiver Gewalt gegen Proteste vor, töten Demonstrierende und verletzen Tausende. Protestteilnehmer, darunter auch Minderjährige, werden rechtswidrig inhaftiert und misshandelt (AI 28.3.2023). Zwar hat die Militärregierung Sonderausschüsse zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen eingerichtet, bislang aber noch keine Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Paramilitärische Kräfte und Rebellengruppen verüben nach wie vor Gewalttaten gegen Zivilisten, vor allem in Darfur, Südkordofan und Blue Nile, während lokale Milizen aufgrund von fehlender Militärpräsenz und Straffreiheit weiterhin erheblichen Einfluss ausüben. Interkommunale Gewalt, die auf Landbesitzstreitigkeiten und Ressourcenknappheit beruht, führt zu Todesfällen (USDOS 20.3.2023). Die Menschenrechts- und Schutzsituation im Sudan hat sich 2023 weiter dramatisch verschlechtert, insbesondere in Khartum und Darfur. Die Gewalteskalation in dicht besiedelten Gebieten der umkämpften Städte führt zu einer großen Zahl ziviler Opfern und zur weitgehenden Zerstörungen der Infrastruktur. Zwischen 7.5.2023 und 20.8.2023 dokumentierte die UN-Mission im Sudan 655 mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen und -Misshandlungen in Zusammenhang mit interkommunaler Gewalt und bewaffneten Zusammenstößen. Davon waren insgesamt 12.629 Menschen direkt betroffen. Auch in Darfur hat sich die Menschenrechtslage deutlich verschlechtert, dank gezielter Angriffe und massiver Gewalt. In al-Dschunaina flammte im Kontext des Konflikts zwischen den SAF und den RSF ethnisch motivierte Gewalt ebenfalls wieder auf, ebenso außerhalb der größeren Städte Darfurs. Besorgniserregend, so der UN-Sicherheitsrat, sind die gezielten Drohungen und Schikanen gegen Menschenrechtsaktivisten sowie die Morde an prominenten Persönlichkeiten der Masalit. Die anhaltende Unterbrechung der Telekommunikation erschwert in Darfur die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht (UNSC 31.8.2023). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_ %28Stand_Mai_2022%29%2C_01.06.2022.pdf, Zugriff 19.10.2023 -AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report 2022 Sudan, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/sudan-2022, Zugriff 7.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 37

-FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Sudan, https://freedomhouse.org/country/sudan/freedom-world/2023, Zugriff 7.11.2023 -UNSC - UN Security Council (31.8.2023): Situation in the Sudan and the activities of the United Nations Integrated Transition Assistance Mission in the Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2097534/N2324851.pdf, Zugriff 7.11.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Sudan, Zugriff 7.11.2023 12. Meinungs- und Pressefreiheit Freie Meinungsäußerung und friedlicher Protest waren im Sudan seit der Revolution möglich (AA 1.6.2022). Die Verfassungserklärung von 2019 sieht das uneingeschränkte Recht auf freie Meinungsäußerung und die gesetzlich geregelte Pressefreiheit vor (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 1.6.2022, FH 2023), aber die Militärregierung respektiert diese Rechte nicht (USDOS 20.3.2023). Die Übergangsregierung hat sich des Weiteren verpflichtet, Gesetze zum Schutz von Journalisten zu erarbeiten (FH 2023). Während der Machtübernahme durch das Militär wurde die Pressefreiheit durch Abschaltungen von Internet- und Telefonverbindungen eingeschränkt. Es kam zu Durchsuchungen und Schließungen von Medienhäusern sowie zu kurzzeitigen Festnahmen von Journalisten (AA 1.6.2022). Nach Verhängung des Ausnahmezustands Ende 2021 wurden sowohl Verhaftungen als auch Repressionen mehr wie gewalttätiger (FH 2023). In den ersten neun Monaten 2022 meldeten die UN mindestens 52 Übergriffe auf Journalisten und Medieneinrichtungen (USDOS 20.3.2023). Die Medien üben Selbstzensur, insbesondere bei der Berichterstattung über Korruption und die Sicherheitsdienste (USDOS 20.3.2023).Das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität aus dem Jahr 2018, mit dem die Haftstrafen für Straftaten wie die Verbreitung von Falschinformationen erhöht wurden, ist weiterhin in Kraft (FH 2023). Die Regierung schränkt den Zugang zum Internet ein und unterbricht ihn zuweilen, insbesondere während Großdemonstrationen (USDOS 20.3.2023; vgl. AI 28.3.2023). Im August 2021 veröffentlichte das Ministerium für Kultur und Information den Entwurf eines Medienreformgesetzes zur öffentlichen Konsultation. Er beinhaltet u. a. die Einrichtung einer Kommission zum Schutz des Rechts auf Information und der Unabhängigkeit von Journalisten wie Medienorganisationen, die Einrichtung eines Presserats zum Schutz der Pressefreiheit und zur Qualitätsüberwachung, und die Einrichtung eines Verwaltungsrats der Rundfunk- und Fernsehgesellschaft. Das Gesetz wurde vor dem Staatsstreich im Oktober 2021 nicht verabschiedet und seine Zukunft ist nach wie vor unklar (FH 2023). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_ %28Stand_Mai_2022%29%2C_01.06.2022.pdf, Zugriff 19.10.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 37

-AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report Sudan 2022, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/sudan-2022, Zugriff 19.10.2023 -FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 Sudan, https://freedomhouse.org/country/sudan/freedom-world/2023, Zugriff 23.10.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089142.html, Zugriff 19.10.2023 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit Der SC hat das in der Interimsverfassung verankerte Versammlungsrecht, und 2021 kam es auch regelmäßig zu Demonstrationen (FH 2023). Dennoch wird das Recht auf Versammlungsfreiheit von der Regierung eingeschränkt. Friedliche Proteste werden immer wieder von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt (USDOS 20.3.2023). Nach dem Staatsstreich vom Oktober 2021 nahm die Gewalt der Behörden jedoch zu, als sog. NRCs (Neighbourhood Resistance Committees) begannen, regelmäßig landesweite Demonstrationen gegen den Militärputsch abzuhalten und eine zivile Regierung zu fordern. Wiederholt setzten die Sicherheitskräfte Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition ein, um diese Demonstrationen aufzulösen. Seit Beginn der Proteste starben über 120 Demonstranten. Demonstrierende Frauen berichteten überdies, dass sie von Mitgliedern der Sicherheitskräfte vergewaltigt wurden (FH 2023). Obwohl die Verfassungserklärung von 2019 die Vereinigungsfreiheit vorsieht, enthält das Gesetz zahlreiche Beschränkungen für zivilgesellschaftliche Organisationen und NGOs (USDOS 20.3.2023). Der Militärputsch vom 25.10.2021 markiert eine Zäsur, die direkten Einfluss auf die bürgerlichen Freiheiten hat. Unter dem Deckmantel des Ausnahmezustandes wurden erneut repressive und teils willkürlich erscheinende Maßnahmen gegen politische Aktivisten und die Zivilgesellschaft angewandt (AA 1.6.2022; vgl. HRW 12.1.2023). Der Sudan verfügt auch über kein Gewerkschaftsgesetz (USDOS 20.3.2023). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_ %28Stand_Mai_2022%29%2C_01.06.2022.pdf, Zugriff 19.10.2023 -FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 Sudan, https://freedomhouse.org/country/sudan/freedom-world/2023, Zugriff 23.10.2023 -HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): Jahresbericht zur Menschenrechtssituation im Jahr 2022, https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/sudan, Zugriff 7.11.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089142.html, Zugriff 19.10.2023 14. Haftbedingungen Die Bedingungen in sudanesischen Gefängnissen sind nach wie vor hart und teilweise lebensbedrohlich (USDOS 20.3.2023). Es gibt verschiedene Arten von Haftanstalten, von .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 37

Gefängnissen über Untersuchungshaftanstalten, Haftzellen in Polizeistationen und Hafteinrichtungen des Nachrichtendienstes bzw. der Streitkräfte. Der Zustand der Haftanstalten kann nicht unabhängig geprüft werden. Viele sollen überfüllt sein und menschenunwürdige Zustände aufweisen: Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung und keine Trennung von weiblichen und männlichen respektive minderjährigen und erwachsenen Häftlingen (AA 1.6.2022). Auch Beheizung, Belüftung und Beleuchtung sind in den Gefängnissen oft unzureichend. Einige Gefangene haben keinen Zugang zu Medikamenten oder ärztlichen Untersuchungen, und die meisten haben keine Betten. Familienmitglieder oder Freunde versorgen die Gefangenen mit Lebensmitteln und anderen Dingen (USDOS 20.3.2023). Begüterte Gefangene können sich die Haftbedingungen andererseits erträglicher gestalten (AA 1.6.2022). Grundsätzlich ist es unklar, welche Unterschiede es zwischen Hafteinrichtungen gibt. Aussagen von Menschenrechtsorganisationen und ehemaligen Häftlingen sind hierzu widersprüchlich (AA 1.6.2022). Die Aufsicht über die Gefängnisse liegt bei der Direktion für Gefängnisse und Reformen, eine Polizeiabteilung, die dem Innenministerium untersteht. Das Innenministerium gibt per se keine Informationen über die physischen Bedingungen in den Gefängnissen heraus (USDOS 20.3.2023). Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen („The Regulation of Prisons and Treatment of Inmates Act“) entspricht nach UN-Angaben nicht ihren Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (AA 1.6.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_ %28Stand_Mai_2022%29%2C_01.06.2022.pdf, Zugriff 19.10.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089142.html, Zugriff 19.10.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 37

15. Todesstrafe Der Sudan gehört zur Gruppe derjenigen Länder, die an der Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten festhalten (AI 5.2023a; vgl. WCADP 23.5.2023), wobei sie derzeit nicht vollstreckt wird (AA 1.6.2022). Im Jahr 2022 wurde laut Amnesty International (AI) keine Person exekutiert wie nur eine zum Tode verurteilt, sechs weniger als im Vorjahr (AI 5.2023a), in dem zum bisher letzten Mal eine Hinrichtung stattfand (WCADP 23.5.2023). Allerdings widerspricht die sudanesische NGO African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS) dieser Auffassung: gemäß ihrer Angaben wurden im Jahr 2022 zwei Todesurteile und im Jänner 2023 eines vollstreckt (ACJPS 16.3.2023). Konkrete Zahlen zu den Vollstreckungen liegen im Allgemeinen nicht vor, und zivilgesellschaftliche Vertreter vermuten eine hohe Dunkelziffer (AA 1.6.2022). Mit Stand 23.5.2023 sollen sich rund 109 Häftlinge im Todestrakt befinden (WCADP 23.5.2023). Die Todesstrafe wird für Vergehen wie Landesverrat oder Mord verhängt (AA 1.6.2022), ausgeführt wird sie durch Erhängen oder Steinigung (WCADP 23.5.2023). Am 9.7.2020 billigte der Staatsrat grundlegende Reformen des Justizsystems, darunter die Abschaffung der Todesstrafe für gewisse Straftaten, für Apostasie (WCADP 31.7.2020; vgl. AA 1.6.2022) sowie gleichgeschlechtlichen Sex (WCADP 31.7.2020; vgl. REU 16.7.2020). Begnadigungen oder Umwandlungen von Todesurteilen in mildere Strafen, z. B. in eine Freiheitsstrafe, werden ebenfalls mitunter gewährt (AI 5.2023a). In der Vergangenheit, zuletzt im Jahr 2015, wurden auch Personen, die zum Zeitpunkt der Straftat minderjährig, d. h. unter 18 Jahre alt waren, hingerichtet (AI 5.2023b). Am 30.5.2019 wurde zum bis dato letzten Mal ein solches Todesurteil für ein Verbrechen verhängt, das der verurteilte Bub mit 15 Jahren begangen hat (UNICEF 30.5.2019; vgl. ACJPS 16.3.2023). Die Übergangsregierung verbot 2020 die Todesstrafe für Angeklagte unter 18 Jahren (FH 2023). Der Sudan verhängt noch die Todesstrafe auf bestimmte, im Koran festgelegte Hadd-Vergehen wie Diebstahl oder Ehebruch (BBC 27.10.2022). Im Juni 2022 verurteilte ein Gericht in Kusti eine 20- jährige Frau wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung (BBC 27.10.2022; vgl. FH 2023), aber ein Berufungsgericht hob ihre Verurteilung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Anstelle wurde sie zu sechs Monaten Haft verurteilt (FIDH 16.12.2022; vgl. FH 2023). Ein Regierungsversprechen aus 2015, die Steinigung als Hinrichtungsmethode abzuschaffen, wurde Menschenrechtsgruppen zufolge nicht eingehalten (BBC 27.10.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan (Stand: Mai 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%BCber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_(Stand_Mai_2022)%2C_01.06.2 022.pdf, Zugriff 15.11.2023 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 37

-ACJPS - African Centre for Justice and Peace Studies (16.3.2023): Position Statement on the Death Penalty to Sudanese Authorities, https://www.acjps.org/position-statement-on-the-death- penalty-to-sudanese-authorities/, Zugriff 15.11.2023 -AI - Amnesty International (5.2023a): Death Sentences and Executions 2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091962/ACT5065482023ENGLISH.pdf, Zugriff 15.11.2023 -AI - Amnesty International (5.2023b): Executions of persons who were children at the time of the offence: 1990-2022, https://www.ecoi.net/en/file/local/2091963/ACT5066302023ENGLISH.pdf, Zugriff 15.11.2023 -BBC - British Broadcasting Corporation (27.10.2022): Sudan: “No-one to intervene” for woman sentenced to stoning, https://www.bbc.com/news/world-africa-63383361, Zugriff 15.11.2023 -FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Sudan, https://www.ecoi.net/en/document/2088562.html, Zugriff 15.11.2023 -FIDH - Fédération internationale des ligues des droits de l’Homme (16.12.2022): Death by stoning turned into harsh prison sentence in Sudan: Free Amal!, https://www.fidh.org/en/region/Africa/sudan/sudan-death-by-stoning-turned-into-harsh-prison- sentence-amal-must-be#, Zugriff 15.11.2023 -REU - Reuters (16.7.2020): “Great first step” as Sudan lifts death penalty and flogging for gay sex, https://www.reuters.com/article/us-sudan-lgbt-rights-trfn-idUSKCN24H30J, Zugriff 15.11.2023 -UNICEF - United Nations Children’s Fund (30.5.2019): Boy sentenced to death in Sudan for crime reportedly committed as a child, https://www.unicef.org/sudan/press-releases/boy- sentenced-death-sudan-crime-reportedly-committed-child, Zugriff 15.11.2023 -WCADP - World Coalition Against the Death Penalty (23.5.2023): Sudan, https://worldcoalition.org/pays/sudan/, Zugriff 15.11.2023 -WCADP - World Coalition Against the Death Penalty (31.7.2020): Sudan Repeals Capital Punishment for Homosexuality, https://worldcoalition.org/2020/07/31/sudan-repeals-capital- punishment-for-homosexuality/, Zugriff 15.11.2023 16. Religionsfreiheit Mit Stand 2023 leben ca. 49,2 Millionen Menschen im Sudan (CIA 14.11.2023), wobei anzumerken ist, dass demografische Daten über die Bevölkerung mangels einer glaubwürdigen wie aktuellen Volkszählung ungenau sind (USCIRF 11.2021). Die Mehrheit der Sudanesen ist muslimisch sowie überwiegend der sunnitischen Glaubensrichtung zugehörig (EB 11.11.2023; vgl. CIA 14.11.2023). Sie machen in etwa 91 % der Gesamtbevölkerung aus (USDOS 15.5.2023; vgl. USCIRF 11.2021), die Bräuche und Glaubensvorstellungen unter Sunniten sind jedoch unterschiedlich und umfassen sowohl Sufi- als auch salafistische Gemeinden (USCIRF 11.2021). Kleinere schiitische Gemeinden sind vor allem in Khartum ansässig. Es gibt zudem eine kleine Gemeinschaft der Bahá’í (USDOS 15.5.2023), rd. 0,5 % der Bevölkerung. Die christlichen Sudanesen, die ca. 5,5 bis 6 % ausmachen (USCIRF 11.2021), teilen sich in 36 Konfessionen auf, von denen 24 anerkannt sind, darunter die koptisch- und griechisch-orthodoxen Kirchen, die römisch-katholische Kirche, die Episkopalkirche (anglikanisch), bzw. presbyterianische Kirchen. Christen leben im gesamten Land, insbesondere in größeren Städten (Khartum, Bur Sudan oder Kassala) sowie in den Nuba-Bergen, in Süd-Kordofan und in Teilen von Blue Nile . Äthiopisch- und eritreisch-orthodoxe Gemeinden, die größtenteils aus Flüchtlingen und Migranten bestehen, befinden sich in Khartum wie im Osten. Zumindest eine .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 37

jüdische Familie lebt noch in der Umgebung der Hauptstadt (USDOS 15.5.2023). Ferner ist Berichten zufolge ungefähr 1 % der Bevölkerung ohne Bekenntnis (USCIRF 11.2021). Ein kleiner Prozentsatz der Sudanesen, weniger als 1 % (USDOS 15.5.2023) bis zu 2,8 % (USCIRF 11.2021), hängt traditionellen animistischen Religionen an, vor allem in den Nuba-Bergen. Obwohl alle Animisten einige Glaubensvorstellungen teilen, hat jede Ethnie ihre eigene Religion (EB 11.11.2023). Christen und Muslime integrieren auch in ihre Religionsausübung zum Teil animistische Elemente (USDOS 15.5.2023). Nach der Unabhängigkeit in 1956 oktroyierten die neuen Eliten allen Sudanesen eine sunnitische Auslegung des Islam, unabhängig von deren Religionszugehörigkeit (USCIRF 11.2021). Vor allem die Militärregierung unter al-Baschir (1989-2019) hat traditionelle Religionsgemeinschaften stark unterdrückt. Die Einführung der Scharia als Rechtsquelle führte zur Spaltung des Sudan in einen muslimisch-arabischen Norden respektive einen christlich-animistischen Süden (USCIRF 11.2023). Zudem hat die Militärregierung mit ihrer strengen sunnitischen Doktrin eklatant gegen die Religionsfreiheit verstoßen, z. B. durch das Gesetz zur öffentlichen Ordnung, welches systematisch genutzt wurde, um jegliche Abweichung zu unterdrücken (USCIRF 11.2021). Bestraft wurde durch Auspeitschung, in seltenen Fällen auch durch Steinigung (BBC 29.11.2019). Nach dem Sturz des Regimes hat die eingesetzte Übergangsregierung mehrere Reformen verabschiedet, um die vorher fehlende Religionsfreiheit nun zu gewährleisten (USCIRF 11.2021). Deshalb enthält die Verfassungserklärung von 2019 mehrere Bestimmungen, welche die Rechte auf Religions- und Bekenntnisfreiheit „in Einklang mit dem Gesetz und der öffentlichen Ordnung“ schützen (USDOS 15.5.2023; vgl. AA 1.6.2022; FH 2023; USCIRF 11.2023). Sie enthält überdies keinen Verweis auf die Scharia, mit Ausnahme der Verhängung der Todesstrafe bei Hadd- Verbrechen [vgl. Kapitel 14. Todesstrafe, Anm.] (USDOS 15.5.2023; vgl. USCIRF 11.2023). Viele der repressiven, die Religionsfreiheit einschränkenden Gesetze und Verordnungen wurden in 2019 annulliert, darunter das Gesetz zur öffentlichen Ordnung und die Apostasiegesetze (USCIRF 11.2023; vgl. USCIRF 11.2021). Unter der Übergangsregierung konnten religiöse Minderheiten ihren Glauben öffentlich bekunden und Feiern abhalten (USCIRF 11.2023). Der damalige Minister für religiöse Angelegenheiten lud bereits wenige Tage nach seiner Amtseinführung 2019 die Angehörigen der ehemals in Sudan bestehenden jüdischen Gemeinde zur Rückkehr sowie zur Wiederannahme der sudanesischen Staatsbürgerschaft ein. Ebenso wurde Weihnachten 2019 zum ersten Mal seit acht Jahren wieder zum Feiertag erklärt (AA 1.6.2022). Quellen: -AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (1.6.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan (Stand: Mai 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2073856/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%BCber_die_asyl- .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 24 von 37

_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Sudan_(Stand_Mai_2022)%2C_01.06.2 022.pdf, Zugriff 17.11.2023 -BBC - British Broadcasting Corporation (29.11.2019): Sudan crisis: Women praise end of strict public order law, https://www.bbc.com/news/world-africa-50596805, Zugriff 17.11.2023 -CIA - Central Intelligence Agency [USA] (14.11.2023): The World Factbook: Sudan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/sudan/, Zugriff 17.11.2023 -EB - Encyclopaedia Britannica (11.11.2023): Sudan, https://www.britannica.com/place/Sudan, Zugriff 17.11.2023 -FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 - Sudan, https://www.ecoi.net/en/document/2088562.html, Zugriff 17.11.2023 -USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (11.2023): Freedom of Religion or Belief in the Sahel Region of Africa, https://www.uscirf.gov/sites/default/files/2023-11/2023%20Factsheet%20Sahel%20Region %20of%20Africa.pdf, Zugriff 17.11.2023 -USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (11.2021): Preserving Religious Freedom Progress in Sudan, https://www.uscirf.gov/sites/default/files/2021-11/2021%20Sudan%20Policy%20Update.pdf, Zugriff 17.11.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Sudan, https://www.ecoi.net/en/document/2091931.html, Zugriff 17.11.2023 17. Minderheiten Die Bevölkerung umfasst mehr als 500 ethnische Gruppen, die zahlreiche Sprachen und Dialekte sprechen. Einige dieser ethnischen Gruppen bezeichnen sich selbst als Araber und berufen sich dabei auf ihre Sprache oder andere kulturelle Merkmale. In Konfliktregionen gibt es immer wieder Fälle interethnischer Gewalt. 2022 gab es mehrere Berichte über Hassreden und diskriminierende Äußerungen, die nach der Ernennung ziviler Gouverneure zunahmen, ebenso interkommunale Spannungen (USDOS 20.3.2023). Es gibt keine Gesetze, die Frauen oder Angehörige von Minderheiten daran hindern, zu wählen oder anderweitig am politischen Leben teilzunehmen; und sie beteiligen sich auch (USDOS 20.3.2023). In Blue Nile, der Grenzregion zu Äthiopien, welche von der SPLA/M-North) regiert wird, forderten Zusammenstöße zwischen den ethnischen Gruppen der Hausa und der Birta schon über 100 Menschenleben und führten zu einer massiven Vertreibung in der Region (HRW 12.1.2023). Im Oktober 2022 wurden dort bei Kämpfen zwischen ethnischen Gruppen innerhalb von zwei Tagen mindestens 220 Menschen getötet. Laut UN gab es in diesem Bundesstaat ab Juli immer wieder schwere interethnische Auseinandersetzungen, bei denen mindestens 359 Menschen getötet und 469 verletzt wurden – sowohl Personen, die an den Kämpfen beteiligt waren, als auch unbeteiligte Zivilpersonen. Aufgrund der Kämpfe wurden mehr als 97.000 Zivilpersonen vertrieben. Die Regierung des Bundesstaats Blue Nile verhängte einen 30-tägigen Ausnahmezustand und verbot Versammlungen (AI 28.3.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 37

Quellen: -AI - Amnesty International (28.3.2023): Amnesty Report 2022 Sudan, https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-report/sudan-2022, Zugriff 7.11.2023 -HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): Jahresbericht zur Menschenrechtssituation im Jahr 2022, https://www.hrw.org/world-report/2023/country-chapters/sudan, Zugriff 7.11.2023 -USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Sudan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089142.html, Zugriff 19.10.2023 18. Relevante Bevölkerungsgruppen 18.1. Frauen Trotz der in der Übergangsverfassung verankerten Gleichbehandlungsgarantien und einiger Verbesserungen in jüngster Zeit sind Frauen in vielen Rechtsbereichen weiterhin benachteiligt. Die Übergangsregierung ratifizierte im April 2021 das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, versäumte es jedoch, die Bestimmungen zur Anerkennung der Gleichstellung in den Bereichen Ehe, Scheidung und Elternschaft zu billigen. Zudem werden Frauen durch die geltenden Ehegesetze diskriminiert (FH 2023). Gegenwärtig sind mehr als vier Millionen sudanesische Frauen und Mädchen von sexueller bzw. geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht (WHO 24.7.2023), wobei schon vor Ausbruch der Kämpfe nach UN-Schätzungen mehr als drei Millionen gefährdet waren, auch durch häusliche Gewalt (WHO 5.7.2023). Vergewaltigung, sexuelle Belästigung sowie häusliche Gewalt sind im Sudan Straftaten, und eine Überlebende einer Vergewaltigung kann nicht wegen Ehebruchs belangt werden. Die Vergewaltigung in der Ehe ist hingegen nicht als Straftat anerkannt. Es gibt keine verlässlichen Statistiken zur Häufigkeit von Vergewaltigung und häuslicher Gewalt im Land. Menschenrechtsorganisationen berichten von erheblichen Hindernissen bei Anzeigen von geschlechtsspezifischer Gewalt, darunter kulturelle Normen, eine zurückhaltende Ermittlungsbereitschaft der Polizei und Straffreiheit für Täter (USDOS 20.3.2023). Letztere bleiben vor allem in Zeiten bewaffneter Konflikte straffrei (FH 2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Demonstrantinnen sind im Sudan oft sexuellen Übergriffen ausgesetzt (AI 27.3.2023; vgl. USDOS 20.3.2023). Nach Angaben des UN-Experten für die Menschenrechtssituation im Sudan wandten Angehörige der Sicherheitskräfte sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt, darunter auch Vergewaltigungen, gegen Frauen, die sich an vorderster Front an den Protesten gegen den Militärputsch beteiligt hatten, an (AI 27.3.2023; vgl. HRW 12.1.2023). Ferner gibt es mehrere Berichte über sexuelle Gewalt von Sicherheitskräften gegen Frauen im ganzen Land, angeblich um sie von der Teilnahme an Protesten abzuhalten (USDOS 20.3.2023). Seit dem Ausbruch des Konflikts im April 2023 ist sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Sudan endemisch geworden. Mit Stand Ende August 2023 hat das Referat zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen (Combating Violence Against Women - CVAW), eine staatliche Stelle, 124 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 26 von 37

Vergewaltigungsfälle seit Konfliktbeginn dokumentiert, wobei fast alle Fälle von den RSF begangen wurden (TG 29.8.2023). Angesichts der hohen Dunkelziffer bei geschlechtsspezifischer Gewalt ist die tatsächliche Zahl der Fälle höchstwahrscheinlich weitaus höher (WHO 5.7.2023): Die CVAW geht z. B. davon aus, dass sie nur ungefähr 2 % der Gesamtfälle dokumentiert (SC 7.7.2023). Für viele Überlebende ist es aufgrund von Scham, Stigmatisierung oder Angst vor Repressalien schwer, sexuelle Gewalt anzuzeigen. Die Meldung von Übergriffen und die Inanspruchnahme von Hilfe wird auch durch den Mangel an Elektrizität und Internetanschlüssen sowie durch den fehlenden Zugang für humanitäre Hilfe aufgrund der instabilen Sicherheitslage erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Angriffe auf und die Besetzung von Gesundheitseinrichtungen hindern Opfer auch daran, medizinische Notversorgung zu suchen und in Anspruch zu nehmen (WHO 5.7.2023). Aktivisten und Mediziner nutzen die sozialen Medien, um ein Unterstützungsnetz für Überlebende und von sexueller Gewalt bedrohte Frauen zu schaffen (AJ 16.5.2023). Vertriebene und sich auf der Flucht befindende Frauen sind überdies besonders gefährdet, Opfer sexueller Gewalt zu werden (WHO 24.7.2023; vgl. UNHCR 15.6.2023, WHO 5.7.2023). Mehrere NGOs berichten, dass Frauen von den RSF entführt werden, um Lösegeld zu erpressen. Während sie als Geiseln gehalten werden, werden sie oft vergewaltigt. Viele werden in den Tschad verschleppt oder als Sexsklaven missbraucht (TG 29.8.2023), und Hunderte Frauen werden von den Milizionären unter unmenschlichen, erniedrigenden Bedingungen gefangen gehalten (UN News 17.8.2023). Gemäß einer Gruppe unabhängiger UN-Menschenrechtsexperten setzen die RSF „Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt“ gegen Frauen wie Mädchen „als Mittel zur Bestrafung und Terrorisierung von Gemeinschaften“ ein (UN News 17.8.2023; vgl. TG 29.8.2023). Die überwiegende Mehrheit jener Taten wird in den beiden Bundesstaaten al-Khartum und Darfur begangen (SC 7.7.2023; vgl. ST 1.7.2023, WHO 5.7.2023). In Khartum und in al-Dschunaina, West-Darfur, soll es die meisten Fälle von sexueller Gewalt geben (AJ 16.5.2023). In West-Darfur kommt es weiterhin zu geschlechtsspezifischer Gewalt, darunter konfliktbedingte sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen. In Darfur wurden nach Angaben des UN-Experten bei interethnischen Auseinandersetzungen und Angriffen auf vertriebene Frauen und Mädchen acht Vergewaltigungen verübt, die 15 Frauen und fünf Mädchen betrafen. Bei den Tätern handelte es sich um bewaffnete Männer, von denen die meisten Militäruniformen trugen. Obwohl alle acht Fälle bei der Polizei angezeigt wurden, erfolgte nur in einem einzigen Fall - der Vergewaltigung eines zwölfjährigen Mädchens in Nord-Darfur - eine Festnahme (AI 27.3.2023). Die Einheit zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen des sudanesischen Ministeriums für soziale Entwicklung berichtet von einer deutlichen Zunahme geschlechtsspezifischer Gewalt in Khartum, Süd-Darfur und West-Darfur, die angeblich von den RSF und verbündeten Einheiten verübt wurde (UNSC 31.8.2023). 2019 hob die Übergangsregierung das Gesetz über die öffentliche Ordnung auf, das u. a. Frauen für als unanständig empfundene Kleidung oder Verhalten bestrafen konnte. Nichtsdestotrotz .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 27 von 37
