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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
innerhalb des Landes zu erörtern, was jedoch keine Maßnahmen der Regierung zur Folge hatte (USDOS 23.4.2024). Das Büro der Ombudsperson führte das ganze Jahr über Gefängnisbesuche durch, löste jedoch weniger als 2 % der Beschwerden über Misshandlungen. Nichtregierungsorganisationen (NRO) berichteten von Misstrauen gegenüber der Ombudsperson, da diese dem Präsidenten gegenüber loyal sei und Menschenrechtsbelange häufig abtue (USDOS 23.4.2024). Das zur Präsidialverwaltung gehörende Regierungsbüro für verfassungsmäßige Garantien der Bürgerrechte untersuchte und beantwortete weiterhin die Beschwerden der Bürger, doch die unzureichende Personalausstattung und die uneinheitliche Zusammenarbeit mit anderen Regierungseinrichtungen beeinträchtigten die Wirksamkeit des Büros (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 6.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103198.html, Zugriff 2.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 29.4.2024 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Der Militärdienst dauert in der Regel zwei Jahre und ist für Männer zwischen 18 und 27 Jahren obligatorisch (AA 9.4.2024; vgl. CIA 1.5.2024). Es besteht eine 24-monatige Wehrpflicht (CIA 1.5.2024). Die Rekrutierung wird nicht an bestimmten Merkmalen wie Herkunft/Abstammung, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung ausgerichtet. Praktisch soll man sich jedoch entziehen können, wenn die dafür notwendigen Geldmittel oder einflussreiche Verbindungen vorhanden sind aber unter anderem auch durch Arbeitsmigration nach Russland. Manche von ihnen werden aber - auch über ihre Familien - unter Druck gesetzt, zurückzukehren und den Dienst abzuleisten (AA 9.4.2024). Jährlich finden offiziell im Frühjahr und Herbst Rekrutierungskampagnen statt. Berichten zufolge kommt es vor, dass bei Nichterfüllung der regionalen Quoten junge Männer willkürlich zwangsrekrutiert werden können (AA 9.4.2024). Im August 2021 hob die tadschikische Regierung die Ausnahmeregelung für Hochschulabsolventen auf, erlaubte aber Männern, eine Gebühr zu entrichten, um sich der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 36

Wehrpflicht zu entziehen, wobei die Zahl der Personen, die diese Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen können, begrenzt ist (CIA 1.5.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): The World Factbook, Tajikistan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/tajikistan/#military-and-security, Zugriff 8.5.2024 10.1. Wehrersatzdienst, Wehrdienstverweigerung / Desertion Gemäß dem Gesetz „Über die allgemeine Wehrpflicht und Wehrdienst“ hat jeder Wehrpflichtige ein Recht auf „alternativen Wehrdienst“, jedoch wurde bisher noch kein Gesetz zum Verfahren des Ersatzdienstes eingeführt. Ein entsprechender Entwurf, der unter anderem auch die Verweigerung aus Glaubens- und Gewissensgründen vorsieht, liegt dem Parlament bereits seit längerem vor. Er wurde bislang noch nicht verabschiedet. Wehrdienst-Verweigerungen werden mit Geld- bzw. Haftstrafen belegt, Fahnenflucht mit Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren (AA 9.4.2024). Eine Möglichkeit zur Ableistung von Zivildienst gibt es in Tadschikistan nicht (ÖB 1.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 11. Allgemeine Menschenrechtslage Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. In Artikel 5 heißt es: „Das Leben, die Ehre, die Würde und die sonstigen Rechte des Einzelnen sind heilig. Die Anerkennung, die Beachtung und der Schutz der Menschen- und Bürgerrechte und -freiheiten ist die Pflicht des Staates“ (AA 9.4.2024). In der Praxis kommen allerdings glaubwürdige Berichte über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen unterschiedlichster Art vor (USDOS 23.4.2024). Im August 2023 hat die Regierung von Tadschikistan eine Nationale Strategie der Menschenrechte für den Zeitraum bis 2038 verabschiedet, welche laut Kritikern aber nicht der gelebten Praxis entspricht (AA 9.4.2024; vgl. BS 2024, USDOS 23.4.2024). Die Verfassung garantiert allen Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern und Beschäftigung. In der Praxis ist die Chancengleichheit jedoch nicht erreicht worden (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 36

Im Jahr 2020 fanden in dem Land getrennt voneinander Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Die vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa entsandte Wahlbeurteilungsmission beschrieb "systematische Verstöße gegen grundlegende politische Rechte und Freiheiten", die "keinen Raum für eine pluralistische politische Debatte ließen", und stellte fest, dass eine echte Opposition "aus der politischen Landschaft entfernt wurde". Der Bericht kam auch zu dem Schluss, dass "seit langem bestehende Probleme mit der Transparenz und der Rechenschaftspflicht die Integrität und Glaubwürdigkeit" der Wahlen untergraben haben. Aufgrund des restriktiven politischen Umfelds des Landes waren beide Wahlen weder fair noch frei von Missbrauch und Unregelmäßigkeiten (USDOS 23.4.2024). Die Bildungsmöglichkeiten stehen allen Bürgern gleichermaßen offen, doch beschränken korrupte Zulassungspraktiken den Zugang zur Hochschulbildung auf diejenigen, die hohe Bestechungsgelder zahlen können (BS 2024). Es gibt zwar gesetzliche Bestimmungen gegen Diskriminierung, doch werden diese nicht konsequent durchgesetzt (BS 2024). Willkürliche Festnahmen kommen vor, das Verschwindenlassen von Personen in Einzelfällen (AA 9.4.2024). Die Regierung unternahm nur selten glaubwürdige Schritte, um Beamte, die möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu identifizieren, zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Obwohl die Verfassung und die Gesetze willkürliche oder ungesetzliche Eingriffe in die Privatsphäre, die Familie, die Wohnung oder den Schriftverkehr generell untersagten, gab es zahlreiche Berichte, dass die Regierung diese Verbote nicht einhielt (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 26.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 26.4.2024 12. Meinungs- und Pressefreiheit Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AI 24.4.2024) durch Verhaftungen, strafrechtliche Verfolgung, die Androhung hoher Geldstrafen, die Verabschiedung strenger und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 36

weitreichender Verleumdungsgesetze und die erzwungene Schließung von Medienunternehmen (USDOS 23.4.2024). Repressionen aufgrund politischer Überzeugungen sind häufig (AA 9.4.2024). Jahrelanger Druck der Regierung und Einschränkungen in Tadschikistan haben die Medien ihrer Fähigkeit beraubt, effektiv zu arbeiten (FH 24.5.2023). Die Regierung schränkt die Medien erheblich ein, indem sie unabhängigen Journalisten die Akkreditierung verweigert, Blogger inhaftiert und den Inhalt von Sendungen kontrolliert. Der zivilgesellschaftliche Sektor spielt eine aktive Rolle im öffentlichen Leben, leidet jedoch unter unzureichender Finanzierung und ständiger Einmischung der Regierung. Politische und abweichende Meinungen werden von einer Justiz, die die grundlegenden Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht einhält, hart bestraft (FH 24.5.2023). Medienberichten und Journalisten zufolge übten sich Journalisten regelmäßig in Selbstzensur, um Vergeltungsmaßnahmen der Behörden zu vermeiden (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Der Nationale Verband unabhängiger Massenmedien Tadschikistans (NANSMIT) stellt fest, dass es für Journalisten immer schwieriger geworden ist, Informationen von den lokalen Behörden zu erhalten. In ihrem jüngsten Bericht stellte sie fest, dass selbst die Generalstaatsanwaltschaft die gesetzlichen Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen nicht erfüllt (FH 24.5.2023). Menschenrechtsaktivisten und Journalisten berichteten über verstärkte Aktivitäten von Troll- Fabriken und staatlich organisierten Bloggern, die Kampagnen durchführten, um kritische Stimmen online zu diskreditieren und zum Schweigen zu bringen - eine Maßnahme, die die Regierung in der Vergangenheit implizit zugegeben hat. Die NRO International Partnership for Human Rights (IPHR) dokumentierte den Einsatz gezielter Rache-Porno-Attacken gegen Journalistinnen, denen mit der Veröffentlichung von kompromittierendem intimen Material im Internet gedroht wurde, um sie von kritischer Berichterstattung abzuhalten (FH 24.5.2023). Kritik an praktischen Versäumnissen, spezifischen Gesetzen und Systemen auf unterer Ebene wird in bestimmten Bereichen wie den Rechten von Kindern mit Behinderungen toleriert (FH 24.5.2023). Jegliche direkte Kritik am Präsidenten, seiner Familie oder der Art des Regimes und den Beamten der Regierung ist verboten (FH 24.5.2023; vgl. USDOS 23.4.2024). Zwar gibt es im Internet noch eine gewisse „Bewegungsfreiheit“, auch wird Unmut über Missstände in sozialen Medien geäußert, doch bemüht sich die Regierung hier ebenfalls um Beschränkungen: Alle E-Mails werden über ein einheitliches Kontrollzentrum geleitet. Der Zugang zu kritischen Seiten und Social-Media-Plattformen ist oft auch ohne gerichtlichen Beschluss blockiert. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017 erlaubt es den Behörden, das Online-Verhalten der Bürger zu überwachen und ermöglicht u.a. Geld- und Haftstrafen für den Besuch „unerwünschter“ Seiten. Der Zugang zum Internet wird zeitweise breitflächig ausgesetzt (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 36

Dem Gesetz zufolge konnten die Sicherheitsbehörden den Internetverkehr überwachen und hatten Zugang zu Informationen darüber, welche Internetseiten Einzelpersonen besuchten und nach welcher Art von Informationen die Personen suchten (USDOS 23.4.2024). Angesichts der umfassenden staatlichen Überwachung von Internetaktivitäten, einschließlich E- Mails, zensierten Einzelpersonen und Gruppen ihre Ansichten bei der Nutzung des Internets häufig selbst (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 2024). In der Rangliste der Pressefreiheit 2024 liegt Tadschikistan auf Platz 155 von 180 gelisteten Staaten, was eine Verschlechterung um 2 Plätze gegenüber 2023 darstellt (RSF 2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 3.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 3.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 2.5.2024 - RSF – Reporter ohne Grenzen (2024): Tadschikistan, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Ranglisten/ Rangliste_2024/RSF_Rangliste_der_Pressefreiheit_2024.pdf, Zugriff 3.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 30.4.2024 13. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt (AA 9.4.2024; vgl. AI 24.4.2024), indem sie für die Abhaltung friedlicher Proteste oder die Registrierung zivilgesellschaftlicher Organisationen eine Genehmigung der örtlichen Behörden verlangte, die routinemäßig und willkürlich ohne Begründung verweigert wurde. Die Steuerbehörden und andere Aufsichtsbehörden schüchterten die Zivilgesellschaft ein oder erzwangen die Schließung von NRO durch häufige und willkürliche Inspektionen, politisierte Gerichtsverfahren sowie Drohungen und Schikanen seitens der Sicherheitsdienste, die die NRO zur Selbstauflösung zwangen (USDOS 23.4.2024). Demonstrationen benötigen eine Genehmigung, diese wird häufig nicht erteilt bzw. wird die Demonstration unterbunden. Wenn Kundgebungen stattfinden, sind sie in der Regel von staatlicher Seite inszeniert und organisiert (AA 9.4.2024). Versammlungen der Opposition sind verboten (FH 24.5.2023). Die Mitgliedschaft in einigen politischen Parteien oder Oppositionsgruppen wurde kriminalisiert und diente als Grundlage für mehrere strafrechtliche Verurteilungen. Das Gesetz verpflichtete alle .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 36

„öffentlichen Vereinigungen“, detaillierte Finanzberichte auf ihren Websites zu veröffentlichen, und erlegte ihnen weitere aufwändige Berichtspflichten auf (USDOS 23.4.2024). Die PDP kontrolliert die Majlis Namoyandagon (Repräsentantenversammlung) und verfügt über 47 Sitze in der 63 Sitze umfassenden Unterkammer des Parlaments. Seit den Parlamentswahlen 2020 haben fünf nominelle Oppositionsparteien die restlichen 16 Sitze in der Versammlung inne. Keine dieser Parteien bietet jedoch eine substantielle Opposition zur Regierungspolitik. Die lautstärkste Kritikerin der Regierung, die Sozialdemokratische Partei, hat keine Sitze in der Versammlung (FH 24.5.2023). Präsident Rahmon hat in den letzten Jahren seine Macht weiter abgesichert und die Opposition im Inland völlig ausgeschaltet, Oppositionsgruppen können nur aus dem Ausland operieren. Die Sozialdemokratische Partei Tadschikistan (SDPT), zweite Oppositionspartei, ist weitgehend bedeutungslos (AA 9.4.2024). Oppositionsparteien sowie lokale und internationale Beobachter berichteten, dass die Regierung selektiv politische Gegner verhaftete und strafrechtlich verfolgte. Über die Zahl der politischen Gefangenen gibt es keine endgültigen Angaben, aber NRO und Oppositionsgruppen schätzen die Zahl der politischen Gefangenen auf etwa 400 (USDOS 23.4.2024). Mitglieder der Opposition befinden sich entweder im Exil im Ausland oder machen in Tadschikistan so wenig wie möglich auf sich aufmerksam. Um im Ausland befindliche Mitglieder der Opposition zu belangen benützt Tadschikistan immer wieder das Red-Notice System von Interpol (ÖB 1.2023). Schutzfähigkeit und vor allem Schutzwillen vonseiten des Staates bei oppositioneller Tätigkeit ist nicht gegeben (ÖB 1.2023). Die Regierung nutzte Einschüchterung und missbrauchte gerichtliche Verfahren, um grenzüberschreitend gegen Einzelpersonen sowohl außerhalb als auch innerhalb der Landesgrenzen vorzugehen, wobei politische Gegner, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und deren Familienangehörige zur Zielscheibe wurden (USDOS 23.4.2024). Die Regierung verhängte Verbote gegen die IRPT, die Gruppe 24 und die Nationale Allianz Tadschikistans, bei denen es sich um friedliche politische Parteien oder Bewegungen handelte, die aus zweifelhaften politischen Gründen gemäß den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Extremismus verboten wurden. Religiös nahestehende politische Parteien wurden verboten (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB 1.2023). Mitglieder der Opposition werden bei der Vergabe von Ämtern und bei der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit weiterhin diskriminiert bzw. sind diese Möglichkeiten nahezu verwehrt (BS 2024). Oppositionspolitiker hatten keinen Zugang zum staatlichen Fernsehen. Die Regierung räumte den Oppositionsparteien nur minimale Sendezeit ein, um ihre politischen Ansichten zu äußern. Privaten Sendern war es untersagt, Kooperationsvereinbarungen mit ausländischen Medien einzugehen, .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 19 von 36

und sie durften ohne Genehmigung des Staatskomitees keine Sendungen veröffentlichen oder ausstrahlen. Darüber hinaus waren die Privatsender verpflichtet, die staatlichen Medien an allen kommerziellen Projekten zu beteiligen, die Einnahmen generierten. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften konnte zum Verlust der Sendelizenz führen (USDOS 23.4.2024). Tadschikistan wird wegen seines brutalen Vorgehens gegen die politische Opposition in den letzten Jahren, zu dem auch glaubwürdige Foltervorwürfe gehören, zunehmend als Menschenrechtsparia angesehen (BS 2024). Es ist davon auszugehen, dass tadschikische Sicherheitsdienste die Aktivitäten von Exiloppositionellen und regierungskritischen Personen genau beobachten: Auf nahe Angehörige in Tadschikistan wird Druck ausgeübt, damit diese ihre Verwandten beeinflussen, deren politische Aktivitäten im Ausland einzustellen (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AI 24.4.2024). Auch können sie selbst Strafverfolgungsmaßnahmen ausgesetzt werden. Exil-politisch aktive Mitglieder der als terroristische Organisationen verbotenen „G24“ und „PIWT“ und prominente Kritikerinnen und Kritiker müssten bei Rückkehr nach Tadschikistan mit massiven staatlichen Repressionen rechnen (AA 9.4.2024). Oppositionsnachrichtenagenturen und Websites, die sich außerhalb des Landes befinden, wurden von der Regierung weiterhin blockiert (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sah das Recht vor, unabhängige Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten, verlangte jedoch die Registrierung aller Nichtregierungsorganisationen, einschließlich der Gewerkschaften (USDOS 23.4.2024). Die Föderation der unabhängigen Gewerkschaften Tadschikistans (FNPT) steht unter strenger Aufsicht und unterstützt die Initiativen der Regierung in vollem Umfang. Nur zwei NRO, die FNPT und der Jugendverband Tadschikistans, haben das Recht, Kandidaten für das Präsidentenamt zu nominieren (FH 24.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 6.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 7.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.5.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 20 von 36

14. Haftbedingungen Die Haftbedingungen waren hart und lebensbedrohlich. Grobe Überbelegung war ein Problem, da in fast allen Gefängnissen die vorgeschriebene Höchstbelegung überschritten wurde. Der Zugang zu und die Qualität von Nahrungsmitteln, Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Heizung, Belüftung, Beleuchtung und medizinischer Versorgung waren unzureichend, und fast alle Gefangenen waren zum Überleben auf zusätzliche Nahrung angewiesen, die von Verwandten und Freunden gebracht wurde (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 9.4.2024, BS 2024). Es gibt Berichte, dass die Haftbedingungen für politische Gefangene noch schlechter seien als für „normale“ Strafgefangene, vor allem zu Beginn der Haftzeit (AA 9.4.2024) und Berichte über Misshandlungen und Folter durch Wachpersonal (AA 9.4.2024; vgl. AI 24.4.2024, BS 2024). Das Justizministerium schränkte den Zugang zu Gefängnissen und Hafteinrichtungen für Vertreter der internationalen Gemeinschaft und von NRO ein. Seit 2004 hatte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz keinen Zugang mehr zu den Gefängnissen, da es keine Vereinbarung mit der Regierung gab (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 26.4.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 26.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 30.4.2024 15. Todesstrafe Tadschikistan gehört zu den Ländern und Staaten, in denen Hinrichtungsmoratorien (in der Praxis, wenn seit mindestens zehn Jahren keine Hinrichtung vollstreckt wurde oder per Gesetz wenn dieses Moratorium auf eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung folgt) gelten (Frankreich Diplomatie 10.2022; vgl. laenderdaten.info 11.2023). Für Frauen ist sie gänzlich abgeschafft (AA 9.4.2024). Seit 2004 gab es keine Hinrichtungen (ÖB 1.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - Frankreich Diplomatie [Frankreich] (10.2022): Abschaffung der Todesstrafe, https://www.diplomatie.gouv.fr/de/aussenpolitik-frankreichs/menschenrechte-62159/abschaffung- der-todesstrafe/, Zugriff 29.4.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 36

- laenderdaten.info (11.2023): In diesen Ländern gibt es die Todesstrafe, https://www.laenderdaten.info/todesstrafe.php, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 2.5.2024 16. Religionsfreiheit Die tadschikische Verfassung gewährt weltanschauliche Neutralität und Religionsfreiheit (AA 9.4.2024). Die Verfassung sieht das Recht vor, sich individuell oder gemeinsam mit anderen zu einer beliebigen Religion oder zu keiner Religion zu bekennen und an religiösen Bräuchen und Zeremonien teilzunehmen. In der Verfassung heißt es, dass „Religiöse Vereinigungen vom Staat getrennt sein müssen und sich nicht in staatliche Angelegenheiten einmischen dürfen“. Der Regierungsausschuss für Religion, Regulierung von Traditionen, Festen und Zeremonien (CRA) hat ein weitreichendes Mandat, das die Genehmigung der Registrierung religiöser Vereinigungen, den Bau von Gotteshäusern, die Teilnahme von Kindern am Religionsunterricht und die Verbreitung religiöser Literatur umfasst (USDOS 15.5.2023). Allerdings bleibt der Spielraum für die Ausübung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit hinter den Garantien der internationalen Menschenrechtsnormen zurück (AA 9.4.2024). Die Regierung schränkt auf der Grundlage dreier Gesetze (Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Vereinigungen von 2009; Gesetz über die Bekämpfung von Extremismus von 2020; Gesetz über die Bekämpfung des Terrorismus von 2021) und unter Berufung auf die nationale Sicherheit die Religionsfreiheit in der Praxis stark ein. Sie kontrolliert alle Glaubensgemeinschaften und verfolgt rigoros vor allem tatsächliche oder angebliche salafistische Aktivitäten (AA 9.4.2024). Deutliche Repressionen gibt es aus Sorge vor Radikalisierung gegen echte oder vermeintliche Vertreter extremistischer Strömungen des Islam, vor allem gegen Salafisten, aber auch gegen protestantische Freikirchen und Zeugen Jehovas (AA 9.4.2024; vgl. USCIRF 5.2023). Das Gesetz beschränkt das islamische Gebet auf bestimmte Orte, regelt die Registrierung und den Standort von Moscheen und verbietet Personen, die jünger als 18 Jahre sind, die Teilnahme an öffentlichen religiösen Aktivitäten (USDOS 15.5.2023; vgl. USCIRF 5.2023), außer Beerdigungen (USCIRF 5.2023). Die Regierung verlangte weiterhin die Registrierung aller Religionsgemeinschaften. Nicht registrierte Religionsgemeinschaften dürfen keine religiösen Treffen oder Versammlungen einberufen, kein Eigentum für religiöse Zwecke besitzen oder nutzen, keine religiöse Literatur herstellen oder einführen, keine Spenden entgegennehmen, keine Wohltätigkeitsarbeit verrichten und keine ausländischen Personen zur Teilnahme an religiösen Aktivitäten einladen (USCIRF 5.2023). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 22 von 36

Seit 2007 hat die Regierung die religiöse Gruppe der Zeugen Jehovas verboten, weil sie religiöse Aktivitäten ausübt, die gegen die Gesetze des Landes verstoßen, wie etwa die Verweigerung des obligatorischen Militärdienstes.(USDOS 15.5.2023) und im gleichen Jahr die Tätigkeit in Tadschikistan wegen u.a. Aufruf zur Verweigerung des Militärdienstes verboten. Seitdem wurden mehrere Mitglieder der Zeugen Jehovas, die ihren Militärdienst verweigerten, zu Haftstrafen von 3- 5 Jahren verurteilt (ÖB 1.2023). Einzelpersonen außerhalb der Regierung gaben weiterhin an, dass sie aus Angst vor staatlichen Schikanen zögerten, Themen wie die gesellschaftliche Achtung der religiösen Vielfalt, einschließlich Missbrauch oder Diskriminierung aufgrund der religiösen Überzeugung, zu diskutieren. Vertreter der Zivilgesellschaft sagten, dass sie Diskussionen über Religion im Allgemeinen, insbesondere über die Beziehungen zwischen verschiedenen religiösen Gruppen, weiterhin vermeiden (USDOS 15.5.2023). Das Gesetz verbietet die Gründung und Tätigkeit religiöser Vereinigungen, die Rassismus, Nationalismus, Feindschaft, sozialen und religiösen Hass fördern, zum gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung oder zur Organisation bewaffneter Gruppen aufrufen. Die Verfassung verbietet "Propaganda und Agitation", die religiöse Feindschaft fördern (USDOS 15.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 3.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 2.5.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 - USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (5.2023): United States Commission on International Religious Freedom 2023 Annual Report; USCIRF–Recommended for Countries of Particular Concern (CPC): Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2092560/Tajikistan.pdf, Zugriff 29.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091915.html, Zugriff 28.4.2024 16.1. Religiöse Gruppen Mehr als 90 % der Bevölkerung sind Muslime, von denen die Mehrheit der Hanafi-Schule des sunnitischen Islam angehört. Etwa 3 bis 4 Prozent der Muslime sind schiitische Ismailiten, von denen die meisten in der GBAO (Gorno-Badakhshon Autonomous Region) im Osten des Landes leben (USDOS 15.5.2023). Die größte christliche Gruppe ist russisch-orthodox. Es gibt kleinere Gemeinschaften von evangelischen Christen, Baptisten, römischen Katholiken, Siebenten-Tags-Adventisten, Mitgliedern .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 23 von 36
