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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Die PDP kontrolliert die Majlis Namoyandagon (Repräsentantenversammlung) und verfügt über 47 Sitze in der 63 Sitze umfassenden Unterkammer des Parlaments. Seit den Parlamentswahlen 2020 haben fünf nominelle Oppositionsparteien die restlichen 16 Sitze in der Versammlung inne (FH 24.5.2023). Die vormals stärkste Oppositionspartei „Partei der Islamischen Wiedergeburt“ (PIWT) wurde im September 2015 verboten. Sie ist nur noch im Exil aktiv (AA 9.4.2024). Der Sohn des Präsidenten, Rustam Emomali, ist derzeit Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe. Seit den Parlamentswahlen im Frühjahr 2020 ist dieser auch Vorsitzender des Oberhauses des Parlaments und damit gemäß Verfassung zweiter Mann im Staat. Er würde bei Rücktritt oder Ausscheiden des jetzigen Staatspräsidenten automatisch amtierender Staatspräsident werden. Die nächsten Präsidentschaftswahlen sind für Oktober 2027 vorgesehen. Die Tochter des Präsidenten, Ozoda Rahmon, ist Stabschefin des Präsidenten und bereitet damit alle wichtigen politischen Entscheidungen vor. Sie gilt als fachlich kompetente und gut vernetzte Technokratin (AA 9.4.2024; vgl. FH 24.5.2023). Regionalgouverneure, Bezirksleiter und Bürgermeister werden direkt vom Präsidenten ernannt und entlassen, ohne Beteiligung der lokalen Gemeinschaften oder der Legislative. Auf dem Papier werden nur die Kandidaten für das Amt des Gouverneurs in der Autonomen Region Gorno- Badachschan (GBAO) von der Regionalversammlung bestätigt. Der Majlisi Oli, die Oberste Versammlung (das Parlament Tadschikistans), verabschiedete 2009 ein Gesetz über die Selbstverwaltung von Siedlungen und Dörfern (Jamoats), das es den Gemeinderäten erlaubt, Vorsitzende zu ernennen. Theoretisch hätte das Gesetz den 370 Jamoats im Land erhebliche Befugnisse verleihen sollen, doch es wurde nie umgesetzt. Die Jamoats haben jeweils nur ein paar tausend Einwohner und gelten als unterste Verwaltungsebene. Stadt- und Bezirksräte sind in dieser Hierarchie die nächste Ebene über den Jamoats (FH 24.5.2023). Gemäß den Bestimmungen der Verfassung darf keine Ideologie einer politischen Partei, einer öffentlichen oder religiösen Vereinigung, einer Bewegung oder einer Gruppe als Staatsideologie anerkannt werden (USDOS 15.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2024): Tadschikistan: Reise- und Sicherheitshinweise, Sicherheit, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/tadschikistan-node/tadschikistansicherheit/ 206756, Zugriff 10.5.2024 - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 30.4.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 2.5.2024 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 36

- FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 26.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091915.html, Zugriff 26.4.2024 4. Sicherheitslage Im ganzen Land besteht das Risiko von terroristischen Anschlägen (EDA 10.5.2024; vgl. AA 10.5.2024), obwohl terroristische Vorfälle im weltweiten Vergleich relativ selten sind. Gewalttaten stehen in erster Linie im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität, insbesondere dem grenzüberschreitenden Drogenhandel. Die Behörden betonen zwar häufig die Gefahr, die von militanten islamischen Gruppen ausgeht, doch haben diese Gruppen nicht bewiesen, dass sie tatsächlich in der Lage sind, den Staat ernsthaft herauszufordern, und die Bedrohung wird wahrscheinlich stark übertrieben (BS 2024). Im Mai 2022 führte die Regierung als Reaktion auf Proteste in der autonomen Region Gorno- Badachschon (GBAO), die von der ethnisch und religiös andersartigen Minderheit der Pamiri bewohnt wird, eine so genannte "Antiterroroperation" durch. Die Behörden verhafteten Demonstranten, Aktivisten und Journalisten unter dem Vorwurf des Extremismus oder der Zusammenarbeit mit verbotenen politischen Gruppen. Da Religion, ethnische Zugehörigkeit und Politik eng miteinander verknüpft sind, ist es schwierig, diese Vorfälle als ausschließlich auf die religiöse Identität bezogen zu kategorisieren (USDOS 15.5.2023). Nach der gewaltsamen Auflösung friedlicher Demonstrationen in der Region in den Jahren 2021 und 2022 setzten die Behörden ihr hartes Vorgehen gegen Andersdenkende in der Autonomen Region Gorno-Badachschan (GBAO) fort. Tadschikische Beamte weigerten sich, das Volk der Pamiri in Gorno-Badakschan als eigene ethnische Minderheit anzuerkennen (HRW 11.1.2024; AI 24.4.2024). Im Autonomen Gebiet Berg-Badachschan (GBAO) bzw. an der Grenze zu Kirgisistan im Ferganatal gab es wiederholt bewaffnete Auseinandersetzungen. Nahe der Grenze zu Afghanistan (Autonomes Gebiet Berg-Badachschan) erfolgten zuletzt im Frühsommer 2023 teils tödliche Kampfhandlungen und Schusswechsel zwischen Drogenschmugglern und Grenztruppen. Es gibt zudem Minenfelder, die schlecht markiert sind. Auch in den Grenzbezirken im Dreiländereck Tadschikistan-Usbekistan-Afghanistan besteht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko durch Drogenschmuggel, das durch unkontrollierte Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan verstärkt wird. Die afghanisch-tadschikische Grenze ist unzureichend markiert und bisweilen ungesichert, der Übertritt illegal (AA 10.5.2024). Die Regierung führt eine Liste "extremistischer Organisationen", die ihrer Ansicht nach terroristische Taktiken anwenden, um islamistische politische Ziele zu erreichen. Dazu gehören die Nationale Allianz Tadschikistans, die Partei der Islamischen Renaissance Tadschikistans (IRPT), .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 8 von 36

Hizb ut-Tahrir, al-Qaida, ISIS, Jabhat al-Nusra, die Muslimbruderschaft, Taliban, Jamaat Tabligh, Islamische Gruppe (Islamische Gemeinschaft Pakistans), Islamische Bewegung von Ostturkestan (ETIM), Islamische Partei von Turkestan (ehemalige Islamische Bewegung Usbekistans), Lashkar- e-Tayba, Tojikistoni Ozod, Sozmoni Tablighot, Jamaat Ansarullah, die politische Oppositionsbewegung Gruppe 24 und die salafistische Bewegung im Allgemeinen (15.5.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (10.5.2024): Tadschikistan: Reise- und Sicherheitshinweise, Sicherheit, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/tadschikistan-node/tadschikistansicherheit/ 206756, Zugriff 10.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 2.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 2.5.2024 - EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (10.5.2024): Reisehinweise für Tadschikistan, Grundsätzliche Einschätzung, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/tadschikistan/ reisehinweise-fuertadschikistan.html, Zugriff 10.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA] (15.5.2023): 2022 Report on International Religious Freedom: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2091915.html, Zugriff 29.4.2024 5. Rechtsschutz / Justizwesen Das Gesetz sah eine unabhängige Justiz vor, aber die Regierung respektierte die Unabhängigkeit der Justiz im Allgemeinen nicht. Die Exekutive übte Druck auf Staatsanwälte, Verteidiger und Richter aus. Korruption und Ineffizienz waren ein großes Problem (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor, aber die Justiz hat dieses Recht im Allgemeinen nicht durchgesetzt (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 24.5.2023, AI 24.4.2024). Das tadschikische Justizsystem wird nach wie vor vom Rahmon-Regime streng kontrolliert (FH 24.5.2024; vgl. AA 9.4.2024). Die Justiz gehe selektiv vor: Strafverfolgungsbehörden würden bei Fehlverhalten von politisch einflussreichen Personen nicht von sich aus tätig, sondern nur durch Hinweis der Führung in den Fällen, in denen die betreffende Person „in Ungnade gefallen“ sei oder der Verzicht auf Strafverfolgung aus anderen Gründen nicht opportun erscheint. Wenn man nicht zu diesem Personenkreis gehört, könne man sich durch Bestechung vor Strafverfolgung schützen (AA 9.4.2024). Einmal angeklagte Personen werden fast immer verurteilt, außer in den seltensten Fällen. Darüber hinaus wird die Arbeit der Justiz durch funktionale Defizite wie weit verbreitete Korruption, begrenzte Ressourcen und unzureichende Ausbildung erheblich behindert (BS 2024). Politisch oder gesellschaftlich bedeutsame Fälle werden häufig hinter verschlossenen Türen verhandelt (AA 9.4.2024; USDOS 23.4.2024, FH 24.5.2023), wobei Vertreter der Zivilgesellschaft .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 36

und unabhängige Medien von der Überwachung der Gerichtsverfahren ausgeschlossen sind (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 24.5.2023). Rechtsanwälte müssen durch das Justizministerium zugelassen werden, die Rechtsanwaltskammer spielt nur eine untergeordnete Rolle (AA 9.4.2024). Die Regierung stellte auf Antrag Anwälte auf öffentliche Kosten zur Verfügung (USDOS 23.4.2024). Nur sehr wenige Angeklagte hatten Zugang zu einem Rechtsbeistand, und Dutzende von Verhafteten mussten sich geschlossenen, unfairen und überstürzten Prozessen stellen (FH 24.5.2023). In politisch heiklen Fällen scheint daher effektiver Rechtsschutz nicht gegeben, da die verteidigenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Gefahr laufen, unter Vorwänden selbst der Strafverfolgung unterzogen zu werde (AA 9.4.2024; vgl. FH 24.5.2023). Strafverfolgungskompetenz in Tadschikistan haben die Generalstaatsanwaltschaft, die dem Innenministerium unterstehende Polizei (Miliz), das Staatliche Komitee für nationale Sicherheit (GKNB), die Antikorruptionsbehörde und die Drogenkontrollagentur. Die Abgrenzung der Befugnisse ist wenig transparent (AA 9.4.2024). Eine Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis, die sich nach Merkmalen wie Herkunft/Abstammung, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen/sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung richtet, ist nicht festzustellen. Ausnahmen betreffen jedoch Straffällige, die als religiös extremistisch eingestuft oder wegen ihrer politischen Tätigkeit verfolgt werden (AA 9.4.2024). Zahlreiche Beobachter berichteten, dass Polizei- und Justizbeamte regelmäßig Bestechungsgelder im Gegenzug für eine mildere Verurteilung oder Freilassung annahmen (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 30.4.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 3.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 3.5.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.5.2024 6. Sicherheitsbehörden Die Streitkräfte der Republik Tadschikistan bestehen aus den Landstreitkräften, den Mobilen Streitkräften, den Luftstreitkräften und Luftabwehrkräfte und der Nationalgarde. Die Nationalgarde, ehemals Präsidentengarde, hat die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, ähnlich den Aufgaben der Inneren Truppen; sie nimmt auch an zeremoniellen Aufgaben teil (CIA 1.5.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 36

Dem Innenministerium unterstehen die Internen Truppen (Reserven für die Streitkräfte in Kriegszeiten) sowie die Polizei; dem Staatlichen Komitee für nationale Sicherheit die Grenzschutztruppen (CIA 1.5.2024). Die Sicherheitsbehörden – insbesondere das Innenministerium (MWD) und das „GKNB“ – dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und staatlichen Stabilität. Formal sind „MWD“, Polizei (Miliz) und „GKNB“ organisatorisch getrennt, wobei auch die Zuständigkeiten nicht immer klar abgegrenzt sind. Das „GKNB“ hat die Funktionen eines Inlands- und Auslandsnachrichtendienstes, ferner die Zuständigkeit des Grenzschutzes inne und wird in politisch sensiblen Fällen neben der Antikorruptionsbehörde tätig. Da das „GKNB“ jedoch über eine eigene Strafverfolgungskompetenz verfügt, gibt es eine Überlappung von Polizei- und Nachrichtendiensttätigkeit. Sowohl bei „MWD“ als auch bei „GKNB“ gibt es eigene bewaffnete Einheiten (AA 9.4.2024). Die Streitkräfte spielen im innerstaatlichen Machtgefüge eine nachgeordnete Rolle. Sie sind schlechter ausgerüstet und ausgebildet, haben aber durch den eskalierten militärischen Grenzkonflikt mit Kirgisistan seit Ende April 2021 eine Aufwertung erfahren (AA 9.4.2024). Straflosigkeit war ein erhebliches und weit verbreitetes Problem bei den Sicherheitskräften. Es fehlte an unparteiischen, unabhängigen Ermittlungsmechanismen, um gegen die Straflosigkeit vorzugehen, auch wenn in den letzten Jahren einige Strafverfolgungen zu einer kleinen Anzahl von Verurteilungen wegen Misshandlungen führten (USDOS 23.4.2024; vgl. BS 2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): The World Factbook, Tajikistan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/tajikistan/#military-and-security, Zugriff 8.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 30.4.2024 7. Folter und unmenschliche Behandlung Die Verfassung verbietet solche Praktiken, aber es gab glaubwürdige Berichte, dass Regierungsbeamte sie anwandten (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 9.4.2024, AI 24.4.2024). Laut dem Internationalen Roten Kreuz ist Folter in Tadschikistan derzeit jedoch nicht als systematisch zu betrachten (AA 9.4.2024). Regierung beabsichtigt die Folter zu bekämpfen und hat 2020 das Strafgesetzbuch geändert: Fälle von Folter können nunmehr zu einer Haftstrafe von fünf bis acht Jahren führen. In den letzten .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 36

Jahren hat es zwar Strafverfolgungen gegen Folternde gegeben, sie wurden aber häufig rasch amnestiert (AA 9.4.2024). Obwohl die Behörden einige begrenzte Schritte unternahmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, gab es weiterhin Berichte über Misshandlungen und Missbrauch von Gefangenen, und eine Kultur der Straflosigkeit und Korruption schwächte die Ermittlungen und die Strafverfolgung (USDOS 23.4.2024). Nach Angaben des UN-Menschenrechtsausschusses folterten die Behörden Angeklagte in der Untersuchungshaft, um ihnen Geständnisse zu entlocken (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 9.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 2.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.5.2024 8. Korruption Zügellose Korruption und Machtmissbrauch sind nach wie vor fester Bestandteil des politischen Systems Tadschikistans, trotz wiederholter Ankündigungen des Präsidenten, die Korruptionsbekämpfung zu verstärken (BS 2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 24.5.2023). Das Rahmon-Regime räumt korrupten Interessen und der Bereicherung der Eliten Vorrang vor den Bedürfnissen der Bevölkerung ein. Obwohl die Regierung mehrere Reformen zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet hat - einschließlich derjenigen, die mit der Teilnahme am OECD-Antikorruptionsnetzwerk (OECD/ACN) für Osteuropa und Zentralasien und durch die Zusammenarbeit mit der Abteilung für Wirtschaftskriminalität und Zusammenarbeit (ECCD) des Europarats verbunden sind - haben diese Reformen keine nennenswerten Ergebnisse gebracht (FH 24.5.2023). Die korruptesten Behörden Tadschikistans sollen im Gesundheits- und Bildungssektor anzutreffen sein, in welchen Bestechungsgelder für den Zugang zu besseren – und gesetzlich kostenlosen - Dienstleistungen gezahlt werden (ÖB 1.2023). Die Regierung versäumt es weitgehend, die Korruption wirksam zu bekämpfen oder einzudämmen. Obwohl mehrere Behörden, darunter das Innenministerium, die Antikorruptionsbehörde, die Staatsanwaltschaft und das Staatliche Komitee für Nationale Sicherheit, mit der Korruptionsbekämpfung betraut sind, scheint Tadschikistan nicht über eine kohärente Antikorruptionsstrategie zu verfügen. Es gibt keine Regeln für Interessenkonflikte und keine Verhaltenskodizes, und es werden keine unabhängigen Prüfungen der Staatsausgaben durchgeführt (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 36

Die öffentliche Verfolgung von Korruptionsfällen findet fast ausschließlich auf den unteren Ebenen der staatlichen Verwaltung statt, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft (BS 2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 24.5.2023) und findet findet breites Echo in den tadschikischen Medien (ÖB 1.2023). Die Korruptionsbekämpfungsbehörde untersuchte keine Korruptionsfälle auf hoher Ebene, in die die Familie und der innere Kreis von Präsident Rahmon verwickelt waren (USDOS 23.4.2024). Ansonsten werden hochrangige Persönlichkeiten, die häufig der Familie des Präsidenten oder seinem engsten Kreis angehören, nur selten für korrupte Praktiken bestraft (BS 2024). Der Corruption Perceptions Index 2023 von Transparency International listet Tadschikistan auf Platz 162 von 180 Staaten auf (TI ohne Datum). Quellen: - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 3.5.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff - TI – Transparency International (ohne Datum): Corruption Perceptions Index 2023, Tajikistan, https://www.transparency.org/en/cpi/2023, Zugriff 27.3.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 2.502024 9. NGOs und Menschenrechtsaktivisten / Ombudsperson Menschenrechtsorganisationen können sich grundsätzlich in Tadschikistan betätigen, ihr Aktionsradius ist in den letzten Jahren aber immer kleiner geworden (AA 9.4.2024). Staatliche Beschränkungen behinderten die Bemühungen inländischer Menschenrechtsgruppen, die Menschenrechte zu überwachen und darüber zu berichten (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Inländische NRO und Journalisten hüteten sich davor, den Präsidenten oder andere hochrangige Beamte öffentlich zu kritisieren, und unterließen es, Angelegenheiten im Zusammenhang mit verbotenen politischen Gruppen wie dem IRPT (Islamic Renaissance Party of Tajikistan) zu erörtern (USDOS 23.4.2024). In der ersten Jahreshälfte 2023 kündigten die tadschikischen Behörden die Schließung von 239 Nichtregierungsorganisationen (NRO) an, nachdem im Jahr 2022 bereits mehr als 500 Organisationen entweder durch Gerichtsbeschluss oder durch Selbstliquidation auf angeblichen Druck der Regierung hin geschlossen worden waren (HRW 11.1.2024). Das dem Parlament unterstellte Büro der Ombudsperson für Menschenrechte unternahm kaum Anstrengungen, um auf Beschwerden aus der Öffentlichkeit zu reagieren. Das Büro der Ombudsperson traf mit NRO zusammen, um spezifische Menschenrechtsfälle und -probleme .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 36

innerhalb des Landes zu erörtern, was jedoch keine Maßnahmen der Regierung zur Folge hatte (USDOS 23.4.2024). Das Büro der Ombudsperson führte das ganze Jahr über Gefängnisbesuche durch, löste jedoch weniger als 2 % der Beschwerden über Misshandlungen. Nichtregierungsorganisationen (NRO) berichteten von Misstrauen gegenüber der Ombudsperson, da diese dem Präsidenten gegenüber loyal sei und Menschenrechtsbelange häufig abtue (USDOS 23.4.2024). Das zur Präsidialverwaltung gehörende Regierungsbüro für verfassungsmäßige Garantien der Bürgerrechte untersuchte und beantwortete weiterhin die Beschwerden der Bürger, doch die unzureichende Personalausstattung und die uneinheitliche Zusammenarbeit mit anderen Regierungseinrichtungen beeinträchtigten die Wirksamkeit des Büros (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 6.5.2024 - AI – Amnesty International (24.4.2024): The State of the World's Human Rights; Tajikistan 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107932.html, Zugriff 30.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 29.4.2024 - HRW – Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2103198.html, Zugriff 2.5.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 29.4.2024 10. Wehrdienst und Rekrutierungen Der Militärdienst dauert in der Regel zwei Jahre und ist für Männer zwischen 18 und 27 Jahren obligatorisch (AA 9.4.2024; vgl. CIA 1.5.2024). Es besteht eine 24-monatige Wehrpflicht (CIA 1.5.2024). Die Rekrutierung wird nicht an bestimmten Merkmalen wie Herkunft/Abstammung, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung ausgerichtet. Praktisch soll man sich jedoch entziehen können, wenn die dafür notwendigen Geldmittel oder einflussreiche Verbindungen vorhanden sind aber unter anderem auch durch Arbeitsmigration nach Russland. Manche von ihnen werden aber - auch über ihre Familien - unter Druck gesetzt, zurückzukehren und den Dienst abzuleisten (AA 9.4.2024). Jährlich finden offiziell im Frühjahr und Herbst Rekrutierungskampagnen statt. Berichten zufolge kommt es vor, dass bei Nichterfüllung der regionalen Quoten junge Männer willkürlich zwangsrekrutiert werden können (AA 9.4.2024). Im August 2021 hob die tadschikische Regierung die Ausnahmeregelung für Hochschulabsolventen auf, erlaubte aber Männern, eine Gebühr zu entrichten, um sich der .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 36

Wehrpflicht zu entziehen, wobei die Zahl der Personen, die diese Ausnahmeregelung in Anspruch nehmen können, begrenzt ist (CIA 1.5.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (1.5.2024): The World Factbook, Tajikistan, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/tajikistan/#military-and-security, Zugriff 8.5.2024 10.1. Wehrersatzdienst, Wehrdienstverweigerung / Desertion Gemäß dem Gesetz „Über die allgemeine Wehrpflicht und Wehrdienst“ hat jeder Wehrpflichtige ein Recht auf „alternativen Wehrdienst“, jedoch wurde bisher noch kein Gesetz zum Verfahren des Ersatzdienstes eingeführt. Ein entsprechender Entwurf, der unter anderem auch die Verweigerung aus Glaubens- und Gewissensgründen vorsieht, liegt dem Parlament bereits seit längerem vor. Er wurde bislang noch nicht verabschiedet. Wehrdienst-Verweigerungen werden mit Geld- bzw. Haftstrafen belegt, Fahnenflucht mit Haftstrafen von zwei bis fünf Jahren (AA 9.4.2024). Eine Möglichkeit zur Ableistung von Zivildienst gibt es in Tadschikistan nicht (ÖB 1.2023). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 29.4.2024 - ÖB – Österreichische Botschaft Astana [Österreich] (1.2023): Asylländerbericht Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2085309/TADS_%C3%96B-Bericht_2023_01.pdf, Zugriff 30.4.2024 11. Allgemeine Menschenrechtslage Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. In Artikel 5 heißt es: „Das Leben, die Ehre, die Würde und die sonstigen Rechte des Einzelnen sind heilig. Die Anerkennung, die Beachtung und der Schutz der Menschen- und Bürgerrechte und -freiheiten ist die Pflicht des Staates“ (AA 9.4.2024). In der Praxis kommen allerdings glaubwürdige Berichte über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen unterschiedlichster Art vor (USDOS 23.4.2024). Im August 2023 hat die Regierung von Tadschikistan eine Nationale Strategie der Menschenrechte für den Zeitraum bis 2038 verabschiedet, welche laut Kritikern aber nicht der gelebten Praxis entspricht (AA 9.4.2024; vgl. BS 2024, USDOS 23.4.2024). Die Verfassung garantiert allen Bürgern einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, öffentlichen Ämtern und Beschäftigung. In der Praxis ist die Chancengleichheit jedoch nicht erreicht worden (BS 2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 36

Im Jahr 2020 fanden in dem Land getrennt voneinander Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Die vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa entsandte Wahlbeurteilungsmission beschrieb "systematische Verstöße gegen grundlegende politische Rechte und Freiheiten", die "keinen Raum für eine pluralistische politische Debatte ließen", und stellte fest, dass eine echte Opposition "aus der politischen Landschaft entfernt wurde". Der Bericht kam auch zu dem Schluss, dass "seit langem bestehende Probleme mit der Transparenz und der Rechenschaftspflicht die Integrität und Glaubwürdigkeit" der Wahlen untergraben haben. Aufgrund des restriktiven politischen Umfelds des Landes waren beide Wahlen weder fair noch frei von Missbrauch und Unregelmäßigkeiten (USDOS 23.4.2024). Die Bildungsmöglichkeiten stehen allen Bürgern gleichermaßen offen, doch beschränken korrupte Zulassungspraktiken den Zugang zur Hochschulbildung auf diejenigen, die hohe Bestechungsgelder zahlen können (BS 2024). Es gibt zwar gesetzliche Bestimmungen gegen Diskriminierung, doch werden diese nicht konsequent durchgesetzt (BS 2024). Willkürliche Festnahmen kommen vor, das Verschwindenlassen von Personen in Einzelfällen (AA 9.4.2024). Die Regierung unternahm nur selten glaubwürdige Schritte, um Beamte, die möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen haben, zu identifizieren, zu untersuchen, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Obwohl die Verfassung und die Gesetze willkürliche oder ungesetzliche Eingriffe in die Privatsphäre, die Familie, die Wohnung oder den Schriftverkehr generell untersagten, gab es zahlreiche Berichte, dass die Regierung diese Verbote nicht einhielt (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.4.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2107532/Ausw %C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan%2C_09.04.2024.pdf, Zugriff 2.5.2024 - BS – Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report, Tajikistan, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_TJK.pdf, Zugriff 26.4.2024 - FH – Freedom House (24.5.2023): Nations in Transit 2023 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2092914.html, Zugriff 30.4.2024 - USDOS – US Department of State [USA) (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107655.html, Zugriff 26.4.2024 12. Meinungs- und Pressefreiheit Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt (AA 9.4.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, AI 24.4.2024) durch Verhaftungen, strafrechtliche Verfolgung, die Androhung hoher Geldstrafen, die Verabschiedung strenger und .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 36
