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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
- HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 3. Sicherheitslage Venezolaner sind physischer Unsicherheit und Gewalt aus verschiedenen Quellen ausgesetzt, darunter irreguläre bewaffnete Gruppen, Sicherheitskräfte und organisierte Banden (FH 2024). Die Kriminalitätsrate und die Gewaltbereitschaft sind hoch (EDA 18.2.2025; vgl. AA 18.2.2025). Der Besitz von Schusswaffen ist weit verbreitet (EDA 18.2.2025). Aufgrund der anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise ist es vor allem in den Städten auch spontan zu Demonstrationen gekommen. Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten mit Straßensperrungen sind möglich (AA 18.2.2025; vgl. EDA 18.2.2025, BMEIA 18.2.2024a). Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Venezuela nicht ausgeschlossen werden (EDA 18.2.2025). Die NRO Alerta Venezuela warnte davor, dass irreguläre bewaffnete Gruppen im Land Menschenrechtsverletzungen begehen, darunter Tötungen, Folter, Entführungen, Binnenvertreibungen indigener Gemeinschaften, Menschenhandel und Ausbeutung von Frauen und Kindern (USDOS 23.4.2024). In den Gebieten entlang der kolumbianischen Grenze, insbesondere in den venezolanischen Teilstaaten Amazonas, Apure, Barinas, Táchira und Zulia, aber auch im Grenzgebiet zu Brasilien besteht eine hohe Gefahr durch organisierte Kriminalität mit Entführungen und anderen Gewaltverbrechen. Im Bundesstaat Apure kommt es regelmäßig zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Drogenbanden bzw. Mitgliedern ehemaliger Guerillagruppen (FARC) (AA 18.2.2025; vgl. EDA 18.2.2025). Darunter auch die Nationale Befreiungsarmee (ELN) die Patriotischen Kräfte der Nationalen Befreiung (FPLN) und Gruppen, die nach der Demobilisierung der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) entstanden sind (HRW 16.1.2025). Quellen: - AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.2.2025): Venezuela, Reise- und Sicherheitshinweise, Sicherheit – Teilreisewarnung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/venezuela- node/venezuelasicherheit-224982, Zugriff 18.2.2025 - BMEIA – BM Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (18.2.2025a): Venezuela, Aktuelle Hinweise, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/venezuela, Zugriff 18.2.2025 - EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (18.2.2025): Reisehinweise für Venezuela, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und- reisehinweise/venezuela/reisehinweise-fuervenezuela.html, Zugriff 18.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 41

- FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105035.html, Zugriff 14.2.2025 - HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 4. Justizwesen / Rechtsschutz Die Verfassung sah eine unabhängige Justiz vor, aber die Justiz war nicht unabhängig und entschied im Allgemeinen auf allen Ebenen zugunsten von Maduro und seinen Vertretern (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025, FH 2024). Es gab glaubwürdige Vorwürfe von Korruption und politischer Einflussnahme in der gesamten Justiz (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sah das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren mit mündlicher Verhandlung für alle Personen vor. Das Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) stellte fest, dass anhaltende Verzögerungen bei Gerichtsverfahren (einschließlich Ermittlungen, Anhörungen und Strafverfolgung) die Garantien für ein faires und ordnungsgemäßes Verfahren untergruben (USDOS 23.4.2024). Es gab einen allgemeinen Mangel an Transparenz bei der Zuweisung von Staatsanwälten zu strafrechtlichen Ermittlungen. Diese Mängel behinderten die Möglichkeit, Straftäter vor Gericht zu bringen, und führten zu einer hohen Straflosigkeitsrate bei gewöhnlichen Straftaten und Fällen mutmaßlicher Menschenrechtsverletzungen (USDOS 23.4.2024). Gerichte stützten sich auf Beweise, die von anonymen „ patriotas cooperantes “ (kooperierenden Patrioten) erlangt wurden, um mutmaßliche Gegner Maduros zu schikanieren (USDOS 23.4.2024). Vertreter Maduros nutzten die Justiz, um Personen einzuschüchtern und gerichtlich zu verfolgen, die ihrer Politik oder ihren Handlungen kritisch gegenüberstanden, und erhoben in der Regel Anklage wegen Verschwörung, Terrorismus und Verrats, um Personen zu verhaften (USDOS 23.4.2024). Laut Gesetz galten Angeklagte bis zum Beweis ihrer Schuld als unschuldig. Das Gesetz verlangte, dass Häftlinge unverzüglich über die gegen sie erhobenen Anklagen informiert werden. Das Gesetz sah auch vor, dass bei Abwesenheit des Verteidigers ein vom Gericht ernannter Pflichtverteidiger das Verfahren weiterführen konnte. Diese Anforderungen wurden laut Menschenrechtsorganisationen oft ignoriert (USDOS 23.4.2024). Das Recht mittelloser Angeklagter auf einen kostenlosen Rechtsbeistand wurde aufgrund des Anwaltsmangels oft nicht respektiert. Nicht spanischsprachigen Angeklagten stand oft keine kostenlose Dolmetscherleistung zur Verfügung (USDOS 23.4.2024). Unter bestimmten Umständen waren Abwesenheitsurteile zulässig, obwohl Gegner eines solchen Verfahrens behaupteten, dass die Verfassung solche Urteile verbietet (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 10 von 41

Obwohl der Kodex der Militärjustiz dahingehend reformiert wurde, dass Zivilisten nicht mehr vor Militärgerichten angeklagt werden dürfen, erließ der Oberste Gerichtshof (TSJ) im Jahr 2021 eine Entscheidung, die die Möglichkeit offen ließ, Zivilisten vor Militärgerichten anzuklagen , wenn die Exekutive dies für angemessen hält (USDOS 23.4.2024). Es gab glaubwürdige Berichte, dass Vertreter Maduros versuchten, internationale Strafverfolgungsinstrumente, einschließlich Interpol-Ausschreibungen (Red Notices), zu missbrauchen, um politisch motivierte Repressalien gegen bestimmte Personen außerhalb des Landes durchzuführen (USDOS 23.4.2024). Die Verfassung verbot die Festnahme oder Inhaftierung einer Person ohne richterliche Anordnung und sah vor, dass der Angeklagte bis zur Verhandlung auf freiem Fuß bleibt, aber Richter und Staatsanwälte missachteten diese Bestimmungen oft. Vertreter Maduros räumten Inhaftierten nur selten das Recht ein, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung vor Gericht anzufechten, obwohl dieses Recht gesetzlich verankert war. Vertreter Maduros nahmen Personen, darunter auch ausländische Staatsbürger, willkürlich für längere Zeiträume ohne strafrechtliche Anklage in Gewahrsam (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz schreibt vor, dass Häftlinge innerhalb von 12 Stunden einem Staatsanwalt und innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt werden müssen, um die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung zu prüfen. Das Gesetz schreibt außerdem vor, dass Häftlinge unverzüglich über die gegen sie erhobenen Anklagen informiert werden müssen. Staatsanwälte und Richter ignorierten diese Anforderungen jedoch routinemäßig (USDOS 23.4.2024). Obwohl das Gesetz eine Kaution vorsah, wurde Personen, die wegen bestimmter Straftaten angeklagt waren, keine Freilassung gegen Kaution gewährt (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz gestand Inhaftierten das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand und zu Familienangehörigen zu, aber diese Anforderung wurde oft nicht erfüllt, insbesondere bei politischen Gefangenen. Die Verfassung gewährte jeder inhaftierten Person auch das Recht auf sofortige Kommunikation mit Familienangehörigen und Rechtsbeiständen, die wiederum das Recht hatten, den Aufenthaltsort eines Inhaftierten zu erfahren (USDOS 23.4.2024). Eine längere Untersuchungshaft stellte nach wie vor ein erhebliches Problem dar. Das Gesetz sah vor, dass eine Person, die eines Verbrechens beschuldigt wird, nicht länger als die mögliche Mindeststrafe für dieses Verbrechen oder länger als zwei Jahre inhaftiert werden darf, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist, außer unter bestimmten Umständen, z. B. wenn der Angeklagte für die Verzögerung des Verfahrens verantwortlich war. Vertreter Maduros ignorierten diese Anforderungen routinemäßig (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 11 von 41

Aufgrund der Überbelegung wurden viele Büros von Polizeistationen als provisorische Gefängniszellen genutzt. Während die Gefängnisse der Polizeistationen laut Strafprozessordnung eigentlich nur für eine Haftdauer von 48 Stunden ausgelegt waren, führten lange Verzögerungen bei Gerichtsverfahren und Gefängnistransfers dazu, dass einige Gefangene jahrelang in diesen Einrichtungen festgehalten wurden (USDOS 23.4.2024). Trotz verfassungsrechtlicher Garantien, die eine zügige Verhandlung vorsahen, legten Richter Berichten zufolge erste Anhörungen erst Monate nach den Ereignissen fest, die zur Inhaftierung geführt hatten. Verfahren wurden oft vertagt oder ausgesetzt, wenn ein Amtsträger des Gerichts, wie der Staatsanwalt, der Pflichtverteidiger oder der Richter, nicht erschien. Gefangene berichteten NGOs, dass fehlende Transportmöglichkeiten und die schlechte Organisation im Gefängnissystem ihren Zugang zu den Gerichten einschränkten und zu Verzögerungen bei den Gerichtsverfahren beitrugen (USDOS 23.4.2024). Es gab keine bekannten glaubwürdigen Bemühungen der Staatsanwaltschaft, des Büros der Ombudsperson oder der Justiz, die an willkürlichen Tötungen beteiligten Täter zu ermitteln und zu bestrafen (USDOS 23.4.2024). Quellen: - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105035.html, Zugriff 14.2.2025 - HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 5. Sicherheitsbehörden Die venezolanischen Sicherheitsbehörden bestehen aus: Bolivarische Nationalstreitkräfte (Fuerza Armada Nacional Bolivariana, FANB): Bolivarische Armee (Ejercito Bolivariano, EB), Bolivarische Marine (Armada Bolivariana, AB; umfasst Marineinfanterie, Küstenwache), Bolivarische Militärluftfahrt (Aviacion Militar Bolivariana, AMB; umfasst ein gemeinsames Luft- und Raumfahrtverteidigungskommando (Comando de Defensa Aeroespacial Integral, CODAI), Bolivarische Miliz (Milicia Bolivariana), Bolivarische Nationalgarde (Guardia Nacional Bolivaria, GNB) (CIA 12.2.2025). Weiters gehört zu den Sicherheitsbehörden das Ministerium für Inneres, Justiz und Frieden mit der Bolivarischen Nationalpolizei (Policía Nacional Bolivariana, PNB) (CIA 12.2.2025). Es gab zahlreiche Berichte über willkürliche und rechtswidrige Tötungen durch Vertreter Maduros, darunter auch außergerichtliche Tötungen (USDOS 23.4.2024). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 41

Nach den Untersuchungen der inländischen Menschenrechts-NGO FundaRedes waren Sicherheitskräfte an Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Verschwindenlassen, beteiligt, indem sie mit irregulären bewaffneten Gruppen und kriminellen Banden kooperierten (USDOS 23.4.2024). Berichten zufolge arbeiten die Sicherheitskräfte mit illegalen Minenarbeitern zusammen, indem sie unter anderem Quecksilber für den Goldabbau bereitstellen und Zivilisten mit unverhältnismäßiger Gewalt angreifen (HRW 16.1.2025). Die Straflosigkeit für Sicherheitskräfte war ein großes Problem (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024). Es gab immer wieder Berichte über polizeilichen Missbrauch und Verwicklung in Kriminalität, insbesondere in die Aktivitäten illegaler bewaffneter Gruppen, einschließlich illegaler und willkürlicher Verhaftungen, außergerichtlicher Tötungen, Entführungen und übermäßiger Gewaltanwendung. Vertreter von Maduro ergriffen keine wirksamen Maßnahmen, um gegen Mitglieder der Sicherheitskräfte zu ermitteln, die Menschenrechtsverletzungen begangen hatten. Korruption, unzureichende Polizeiausbildung und -ausrüstung sowie unzureichende Finanzierung, insbesondere für Polizeikräfte in Bundesstaaten und Gemeinden, die von Oppositionsbeamten regiert werden, schmälerten die Effektivität der Sicherheitskräfte (USDOS 23.4.2024). Die von Maduro kontrollierten Geheimdienste, die keiner unabhängigen Aufsicht unterlagen, führten Überwachungsmaßnahmen zu politischen Zwecken durch (USDOS 23.4.2024). Das OHCHR (UN High Commissioner for Human Rights) berichtete zwar im Jahr 2022, dass die Sondereinsatzkräfte der venezolanischen Polizei ( Fuerzas de Acciones Especiales de la Policía Nacional Bolivariana – FAES) von den Behörden aufgelöst worden sind, dennoch wurde diese Spezialeinheit auch 2023 mit Hunderten mutmaßlichen außergerichtlichen Hinrichtungen in Verbindung gebracht. Die Ermittlungsmission zu Venezuela kam zu dem Schluss, dass die FAES effektiv durch die neue Einheit für Strategie und Taktik (Dirección de Acciones Estratégicas y Tácticas – DAET) abgelöst worden ist und mehrere Angehörige der FAES nach wie vor in der Polizei aktiv waren (AI 24.4.2024). Quellen: - AI – Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Venezuela 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108020.html, Zugriff 17.2.2025 - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (12.2.2025): The World Factbook, Venezuela, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/venezuela/#military-and-security, Zugriff 17.2.2025 - HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 13 von 41

6. Folter und unmenschliche Behandlung Obwohl die Verfassung und das Gesetz solche Praktiken untersagten, gab es glaubwürdige Berichte, dass mit Maduro verbündete Sicherheitskräfte regelmäßig Häftlinge folterten und misshandelten (USDOS 23.4.2024). Im Rahmen der Unterdrückung kritischer Stimmen begingen staatliche Stellen außerdem Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen und Folter (AI 24.4.2024). Im Juli 2023 deckte die Website für investigativen Journalismus Armandoinfo 25 Fälle von Sippenhaft auf, einer Foltermethode, bei der auch Familienmitglieder von Inhaftierten bestraft wurden (USDOS 23.4.2024). Quellen: - AI – Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Venezuela 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108020.html, Zugriff 17.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 7. Korruption Korruption ist in Venezuela weit verbreitet (FH 2024). Das Gesetz sah strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor. Es wurde jedoch nicht wirksam umgesetzt (USDOS 23.4.2024). Korruption war ein großes Problem in allen Sicherheits- und Streitkräften, deren Mitglieder in niedrigeren Rängen im Allgemeinen schlecht bezahlt und nur minimal ausgebildet waren (USDOS 23.4.2024). Die Wirtschaftspolitik der Regierung – insbesondere ihre Währungs- und Preiskontrollen – bietet erhebliche Möglichkeiten für illegale Marktaktivitäten und Absprachen zwischen Beamten und Netzwerken der organisierten Kriminalität (FH 2024). Niedrige Gehälter für Richter auf allen Ebenen erhöhten das Korruptionsrisiko (USDOS 23.4.2024). Es gibt praktisch keine Transparenz in Bezug auf die Staatsausgaben (FH 2024). Der Corruption Perceptions Index 2024 von Transparency International listet Venezuela auf Rang 178 von 180 Staaten (TI ohne Datum). Quellen: - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105035.html, Zugriff 14.2.2025 - TI – Transparency International (ohne Datum): Corruption Perceptions In dex 2024, Venezuela, https://www.transparency.org/en/cpi/2024, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 14 von 41

8. NGOs, Menschenrechtsaktivisten und Ombudsperson Während des gesamten Jahres 2024 wurden repressive Maßnahmen gegen die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern gemeldet, wobei in der ersten Hälfte des Jahres 2024 mehr als 592 Angriffe registriert wurden, was einem Anstieg von 92 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2023 entspricht (HRW 16.1.2025; vgl. FH 2024). Im Land waren verschiedene unabhängige nationale und internationale Menschenrechtsgruppen tätig. Trotz der Einschränkungen durch Vertreter Maduros überwachten und untersuchten nationale Menschenrechts-NGOs Menschenrechtsfälle und veröffentlichten ihre Ergebnisse. Mit Maduro verbündete Beamte waren selten kooperativ oder gingen auf die Ansichten dieser Gruppen ein (USDOS 23.4.2024). Die Arbeit von NGOs wurde durch gesetzliche Einschränkungen behindert, darunter Schwierigkeiten bei der Registrierung oder Aktualisierung ihrer Informationen im autonomen Register und beim Notar (USDOS 23.4.2024). Seit den Wahlen vom 28. Juli 2024 haben die Behörden die Pässe von Menschenrechtsverteidigern, Kritikern, politischen Führern und unabhängigen Journalisten eingezogen und sie daran gehindert, das Land zu verlassen (HRW 16.1.2025). Maduros Ombudsperson für Menschenrechte setzte sich nicht neutral und objektiv für Bürger ein, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen wurden, insbesondere in Fällen von schwerwiegenden Verstößen wie Verschwindenlassen (USDOS 23.4.2024). Das Maduro-nahe Büro der Ombudsperson für Menschenrechte veröffentlichte im Laufe des Jahres keine Statistiken zu Foltervorwürfen durch die Polizei (USDOS 23.4.2024). Nichtregierungsorganisationen berichteten, dass ihre Büros willkürlichen Razzien ausgesetzt waren und ihre Websites und Profile in den sozialen Medien blockiert wurden (USDOS 23.4.2024). Einige Menschenrechtsaktivisten berichteten, dass Vertreter Maduros ihnen die Ausreise ins Ausland untersagten oder dass sie befürchteten, nach einer Reise nicht mehr in das Land zurückkehren zu können (USDOS 23.4.2024). Vertreter Maduros standen internationalen Menschenrechtsgremien im Allgemeinen feindselig gegenüber und verweigerten der IACHR ( Inter-American Commission on Human Rights) , die das Land zuletzt 2002 besucht hatte, weiterhin den Zugang (USDOS 23.4.2024). Am 11.10.2024 hat der UN-Menschenrechtsrat die Mandate der UN Fact Finding Mission on Venezuela sowie des OHCHR erneut um zwei Jahre verlängert, u.a. um die andauernden Menschenrechtsverletzungen im Land zu dokumentieren (BAMF 14.10.2024). Am 15. Februar gab die venezolanische Regierung ihre Entscheidung bekannt, die Aktivitäten des OHCHR (UN High Commissioner for Human Rights) im Land auszusetzen (HRW 15.1.2025). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 15 von 41

Quellen: - BAMF – BA für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (14.10.2024): Briefing Notes, Venezuela, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/ BriefingNotes/2024/briefingnotes-kw42-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 18.2.2025 - FH – Freedom House (2024): Freedom in the World 2024 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2105035.html, Zugriff 14.2.2025 - HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 9. Wehrdienst und Rekrutierungen Militärdienst von 18-30 (25 für Frauen) für Freiwilligendienst; die Mindestdienstverpflichtung beträgt 24-30 Monate; alle Bürger im wehrpflichtigen Alter (18-50) sind verpflichtet, sich zum Militärdienst zu melden, und unterliegen einer militärischen Ausbildung, obwohl eine Zwangsrekrutierung verboten ist (CIA 12.2.2025). Quellen: - CIA – Central Intelligence Agency [USA] (12.2.2025): The World Factbook, Venezuela, Military and Security, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/venezuela/#military-and-security, Zugriff 17.2.2025 10. Allgemeine Menschenrechtslage Zu den schwerwiegenden Menschenrechtsproblemen gehörten glaubwürdige Berichte über: rechtswidrige und willkürliche Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen; erzwungenes Verschwindenlassen; Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Sicherheitskräfte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftung oder Inhaftierung durch Sicherheitskräfte; schwerwiegende Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; politische Gefangene und Inhaftierte; willkürliche und rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre; Bestrafung von Familienmitgliedern für angebliche Straftaten eines Verwandten; rechtswidrige Rekrutierung oder Einsatz von Kindern durch illegale bewaffnete Gruppen; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medienfreiheit, einschließlich Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen Journalisten, ungerechtfertigte Verhaftungen oder Strafverfolgung von Journalisten, Zensur und Durchsetzung oder Androhung der Durchsetzung von Verleumdungsgesetzen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit; schwerwiegende Einschränkungen der Internetfreiheit; erhebliche Eingriffe in die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, einschließlich übermäßig restriktiver Gesetze über die Organisation, Finanzierung oder den Betrieb von Nichtregierungs- und zivilgesellschaftlichen Organisationen; Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und der Möglichkeit, das Land zu verlassen; fehlende Möglichkeiten der Bürger, ihre Regierung friedlich durch freie und faire Wahlen zu ändern; schwerwiegende und unangemessene Einschränkungen der politischen Beteiligung; .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 41

schwerwiegende Korruption in der Regierung; schwerwiegende Einschränkungen oder Schikanen der Regierung gegenüber nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen; weit verbreitete geschlechtsspezifische Gewalt, einschließlich häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt, sexueller Gewalt, Gewalt am Arbeitsplatz, Femizid und anderer Formen solcher Gewalt; erhebliche Hindernisse beim Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsdiensten; Verbrechen, die mit Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen indigene Völker wie die Yanomami einhergehen; Menschenhandel; Verbrechen, die mit Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen sexuelle Minderheiten einhergehen; Verbot unabhängiger Gewerkschaften oder erhebliche oder systematische Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit der Arbeitnehmer, wie Gewalt und Drohungen gegen Gewerkschaftsaktivisten; und die schwerwiegendsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 23.4.2024). Es gab keine bekannten glaubwürdigen Bemühungen der Staatsanwaltschaft, der Ombudsperson oder der Justiz, die an willkürlichen Tötungen beteiligten Täter zu ermitteln und zu bestrafen. NROs gaben an, dass die Sicherheitskräfte die meisten Tötungen als Konfrontationen mit mutmaßlichen Kriminellen darstellten. Zwar stellten NGOs seit 2021 einen Rückgang willkürlicher Tötungen fest, führten diesen Rückgang jedoch eher auf die Existenz internationaler Rechenschaftsmechanismen wie die Unabhängige Faktenfindungsmission der Vereinten Nationen (FFM) und die neu eingeleitete Untersuchung des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Land zurück als auf eine Änderung der Politik zum Schutz der Menschenrechte (USDOS 23.4.2024). Die Verfassung gab den Bürgern die Möglichkeit, ihre Regierung durch freie und faire Wahlen zu ändern. Maduros Einmischung, Wahlunregelmäßigkeiten, verfassungswidrige Ernennungen von Wahlhelfern sowie die Schikanierung und Manipulation von Wählern und Kandidaten schränkten die Ausübung dieses Rechts ein (USDOS 23.4.2024). Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Venezuela im Juli 2024 verschärften die Behörden die Repressionen, indem sie Menschenrechtsverteidiger und Oppositionelle mit Verhaftungen und Disqualifikationen ins Visier nahmen und die Einschränkungen des zivilgesellschaftlichen Raums verschärften. Nach der Wahl äußerten internationale Beobachter ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Behauptung des Wahlrats, Nicolás Maduro sei wiedergewählt worden. Als Tausende von Demonstranten auf die Straße gingen, reagierten die Behörden mit einem brutalen Vorgehen, das Tötungen, Verhaftungen und andere breit angelegte repressive Taktiken beinhaltete (HRW 16.1.2025). Die Verfassung sah die Unverletzlichkeit der Wohnung und der Privatsphäre vor, aber die Vertreter Maduros hielten sich im Allgemeinen nicht an diese Verbote. Mit Maduro verbündete Personen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 17 von 41

griffen in die persönliche Kommunikation ein oder führten Razzien in Wohnungen durch, insbesondere in Fällen politischer Gegner (USDOS 23.4.2024). Venezuela erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig und unternimmt keine nennenswerten Anstrengungen, dies zu tun. Maduro und seine Vertreter setzten die Strafverfolgung nur unzureichend durch. Das venezolanische Recht kriminalisierte nicht alle Formen des Menschenhandels (USDOS 24.6.2024). Quellen: - HRW – Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 – Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2120046.html, Zugriff 14.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2024): 2024 Trafficking in Persons Report: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111790.html, Zugriff 17.2.2025 - USDOS – US Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Venezuela, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107618.html, Zugriff 13.2.2025 11. Meinungs- und Pressefreiheit Das Gesetz sah die Meinungsfreiheit vor, auch für Angehörige der Presse und anderer Medien, aber die Kombination aus Gesetzen und Vorschriften zu Verleumdung, übler Nachrede und Medieninhalten sowie rechtliche Schikanen, physische Einschüchterung von Einzelpersonen und Medien und Maduros Einfluss auf die Justiz führten zu einer erheblichen Einschränkung dieser Freiheiten (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2024), was zum Teil auf die abschreckende Wirkung der umfassenden staatlichen Überwachung zurückzuführen ist (FH 2024). Die weit verbreitete Gewalt im Land, die oft von Maduro und seinen Vertretern gefördert oder nicht verhindert wurde, machte es schwierig festzustellen, ob Angriffe auf Journalisten auf gewöhnliche kriminelle Aktivitäten zurückzuführen waren oder ob Kriminelle oder andere Personen Medienvertreter als eine Form der Zensur ins Visier nahmen (USDOS 23.4.2024). Mitglieder unabhängiger Medien und Menschenrechtsaktivisten, die ihre Aktivitäten einschränkten oder einstellten, gaben an, dass sie sich aus Angst vor Repressalien regelmäßig selbst zensierten. Viele Journalisten veröffentlichten ihre Artikel auf ihren persönlichen Blogs und Websites, anstatt sie in den traditionellen Medien zu veröffentlichen (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz sah für die Beleidigung des Präsidenten eine Haftstrafe von sechs bis 30 Monaten ohne Kaution vor, wobei geringere Strafen für die Beleidigung von Beamten mit niedrigerem Rang vorgesehen waren (USDOS 23.4.2024). Zweck des Verfassungsgesetzes gegen Hass und für politisches Zusammenleben und Toleranz (Hassgesetz) bestand darin, „Frieden und Toleranz zu fördern“. NGOs beobachteten, dass das .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 18 von 41
