2025-09-05-coi-cms-laenderinformationen-afghanistan-version-12-3379
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Arbeit in den Medien ausgeschlossen werden würden, sollten sie ihr Gesicht im Fernsehen oder in Interviews zeigen. In der Provinz Helmand ist es Frauen gänzlich untersagt, im Fernsehen aufzutreten, und auch im Radio sollen ihre Stimmen nicht zu hören sein (IPS 22.4.2024). Laut Medienberichten warnte der Sicherheitskommandeur der Taliban in der Provinz Khost lokale Medienvertreter in einem offiziellen Schreiben, dass sie strafrechtlich verfolgt würden, wenn sie Mädchen oder Frauen erlauben würden, bei Radiosendern anzurufen (IPS 22.4.2024; vgl. RFE/ RL 25.2.2024). Ein afghanischer Forscher berichtet, dass einige Medien Nachrichtenspreche rinnen komplett aus ihrem Programm genommen haben (VQ AFGH 2 12.9.2024). Er gab im September 2024 an, dass einige Nachrichtensender Sprecherinnen entfernt haben, und dass Frauen aus dem Fernsehen verschwinden (VQ AFGH 2 12.9.2024). Nach Angaben von Afghan Witness verfügtTOLOnews, ein bekannter afghanischer Fernsehsender, seit Juli 2024 nicht mehr über Nachrichtensprecherinnen (AfW 15.8.2024), wobei Frauen weiterhin Fernsehsendungen moderieren, diese jedoch ihr Gesicht bis auf die Augenpartie bedeckt halten (NH 15.8.2024). Ein durch EUAA interviewter Reporter berichtete im Jahr 2023, dass es Frauen weiterhin erlaubt ist, in privaten Unternehmen zu arbeiten, z. B. in Fluggesellschaften, Banken (einschließlich staatlicher Banken), Geschäften, Reisebüros, Mobilfunk- und Produktionsunternehmen. Außer dem werden Unternehmerinnen von den Taliban gefördert und es fanden Gipfeltreffen zum Thema weibliches Unternehmertum statt (EUAA 1.11.2024). Es wurde jedoch auch berichtet, dass Frauen im Privatsektor von Einschränkungen betroffen waren, darunter Fälle, in denen Lieferanten sich weigerten, ihnen Material zu verkaufen (UNGA 15.6.2023), oder sie aufgefor dert wurden, in einer nach Geschlechtern getrennten Umgebung zu arbeiten und nur Kundinnen zu bedienen (EUAA 1.11.2024).Einige Lieferanten, Ladenbesitzer, Händler und Großhändler zö gerten außerdem, mit Unternehmerinnen zusammenzuarbeiten, aufgrund des impliziten Drucks, des aktuellen politischen Umfelds sowie aufgrund von Unklarheiten in der Politik der Taliban- Behörden gegenüber Frauen (UNDP 16.4.2024; vgl. EUAA 1.11.2024). Mehrere Frauen, die im privaten Sektor arbeiten, gaben an, dass sie stichprobenartig von Mitgliedern der Taliban in Hinblick auf ihre Kleidung und ihr Verhalten kontrolliert wurden (AI 7.2022). Auch die Vorgabe der Taliban, nach welcher sich Frauen in der Öffentlichkeit nur in Begleitung eines Mahram bewegen dürfen, hat Auswirkungen auf ihr Berufsleben (FH 1.2023; vgl. IOM 22.2.2024, UNDP 16.4.2024). So verzeichnete UNAMA im Oktober und Dezember 2023 Fälle, in denen Beamte des Taliban-Ministeriums für die Verbreitung von Tugend und die Verhinderung von Lastern Frauen an der Arbeit oder am Zugang zu Dienstleistungen hinderten, weil sie unverheiratet waren oder keinen Mahram hatten (UNAMA 22.1.2024). UNDP berichtet, dass die meisten Unternehmerinnen aufgrund von Geschlechterdiskriminierung mit betrieblichen Herausforde rungen konfrontiert sind, darunter Verbote für Frauen zu lokalen Märkten, in andere Provinzen oder ins Ausland zu reisen oder ohne männliche Begleitung an Ausstellungen teilzunehmen (UNDP 16.4.2024; vgl. EUAA 1.11.2024). Auch sollen Frauen und Männer (die kein Mahram sind) nicht im privaten oder semi-privaten Bereich alleine sein. Demnach darf eine Frau nicht alleine in einem Taxi mit einem männlichen Fahrer sitzen, oder ein Mann, der kein Mahram ist, darf eine Frau nicht alleine zu Hause besuchen. Auch wenn ein Mann und dessen Frau in ein Geschäft gehen würden, das von einer Frau geleitet wird, wäre dies nicht erlaubt, da der Mann kein Mahram der Eigentümerin des Geschäftes ist. Geschäftsfrauen berichten beispielsweise 117

von Problemen mit den Taliban, wenn sie alleine in einem Taxi angetroffen wurden (VQ AFGH 3 1.10.2024). Dennoch sind mittlerweile mehr Frauen berufstätig als vor 2021. Die Zunahme der wirtschaft lichen Aktivität von Frauen steht im Zusammenhang mit der Ausweitung der Heimproduktion, insbesondere von kleinen und haushaltsnahen Fertigungsaktivitäten (WB 10.2023). Frauen, die von zu Hause aus arbeiten, z. B. in handwerklichen Berufen, werden von den Taliban oder anderen traditionellen religiösen und lokalen Führern in Afghanistan nicht eingeschränkt (NH 8.6.2023). Nach der Machtübernahme der Taliban kam es zu friedlichen Protesten von afghanischen Frau en (REU 4.10.2021b), wobei viele Teilnehmerinnen durch die Sicherheitskräfte festgenommen wurden (AA 12.7.2024; vgl. HRW 12.1.2023, HRW 30.11.2023). Berichte über Haftbedingun gen, Misshandlungen und sexuelle Übergriffe sind aufgrund der gezielten Einschüchterung der Betroffenen schwer zu verifizieren (AA 12.7.2024). Die Taliban-Behörden reagierten auchmit Gewalt auf Demonstrationen betreffend der Rechte von Frauen und setzten scharfe Munition ein, um diese aufzulösen (HRW 12.10.2022; vgl. Guardian 2.10.2022, ACLED 11.8.2023), wobei De monstrationen, an denen Frauen teilnehmen, nach Angaben von ACLED eher von den Taliban gestört werden als solche, an denen keine Frauen teilnehmen (ACLED 11.8.2023). Inzwischen sind die Proteste von Frauen deutlich zurückgegangen (AN 8.3.2024; vgl. AJ 8.3.2024, AfW 8.4.2024), und Proteste wurden vor allem nach drinnen verlagert oder finden online statt (AfW 8.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.7.2024): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Afghanistan - Lagefortschreibung - (Stand: Juni 2024), https://www. ecoi.net/en/file/local/2112794/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsre levante_Lage_in_Afghanistan_-_Lagefortschreibung_-,_12.07.2024.pdf , Zugriff 2.9.2024 [Login erforderlich] ■ AAN - Afghanistan Analysts Network (27.8.2024): The Daily Hustle: Why one Afghan girl decided to open her own madrasa, https://www.afghanistan-analysts.org/en/the-daily-hustle/rights-and-fre edoms-the-daily-hustle/the-daily-hustle-why-one-afghan-girl-decided-to-open-her-own-madrasa , Zugriff 17.12.2024 ■ AAN - Afghanistan Analysts Network (12.8.2024): A Pay Cut for Afghan Women Working in the Public Sector: What can you do with 5,000 afghanis?, https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/rig hts-freedom/a-pay-cut-for-afghan-women-working-in-the-public-sector-what-can-you-do-with-500 0-afghanis, Zugriff 2.9.2024 ■ ACLED - Armed Conflict Location and Event Data (11.8.2023): Two Years of Repression: Mapping Taliban Violence Targeting Civilians in Afghanistan, https://acleddata.com/2023/08/11/two-years-o f-repression-mapping-taliban-violence-targeting-civilians-in-afghanistan , Zugriff 14.8.2023 ■ AfW - Afghan Witness (15.8.2024): The Erasure of Women, https://1428cf7b-1a53-46a9-bbdc-1 5c96c60e192.usrfiles.com/ugd/510644_028976255681477b856df43e408a7cde.pdf , Zugriff 25.11.2024 ■ AfW - Afghan Witness (8.4.2024): Afghan women protest Talibans policies on International Womens Day, https://www.afghanwitness.org/reports/afghan-women-protest-taliban’s-policies-on-internati onal-women’s-day, Zugriff 20.11.2024 ■ AI - Amnesty International (7.2022): Death in slow motion: Women and girls under Taliban rule, https://www.ecoi.net/en/document/2076021.html, Zugriff 29.12.2022 118

■ AJ - Al Jazeera (8.3.2024): Afghan women stage rare protests, braving Taliban reprisals, https: //www.aljazeera.com/news/2024/3/8/afghan-women-stage-rare-protests-braving-taliban-reprisals , Zugriff 20.11.2024 ■ AN - Arab News (8.3.2024): Afghan women stage rare protests on International Womens Day, https://www.arabnews.com/node/2473356/world, Zugriff 20.11.2024 ■ EUAA - European Union Agency for Asylum (1.11.2024): Afghanistan Country Focus, https://www.ec oi.net/en/file/local/2117560/2024_11_EUAA_COI_Report_Afghanistan_Country_Focus.pdf, Zugriff 26.11.2024 ■ FH - Freedom House (1.2023): Report on the protection needs of human rights defenders, https: //www.ecoi.net/en/document/2085886.html, Zugriff 6.2.2023 ■ Guardian - The Guardian (2.10.2022): Taliban beat women protesting against school bombing, say witnesses, https://www.theguardian.com/global-development/2022/oct/02/taliban-beat-women-pro testing-school-bombing-afghanistan , Zugriff 2.1.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (30.11.2023): Women’s Rights Activists Under Attack in Afghanistan, https://www.hrw.org/news/2023/11/30/womens-rights-activists-under-attack-afghanistan , Zugriff 31.1.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (26.7.2023): Afghanistan: UN Assessment Should Prioritize Rights, https://www.ecoi.net/en/document/2095325.html, Zugriff 1.9.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/e n/document/2085369.html, Zugriff 18.1.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.10.2022): In Afghanistan, Resistance Means Women, https://www. hrw.org/news/2022/10/12/afghanistan-resistance-means-women , Zugriff 2.1.2023 ■ ILO - International Labour Organization (7.3.2023): Women bear brunt of Afghanistan job losses, https://www.ilo.org/asia/media-centre/news/WCMS_869891/lang--en/index.htm , Zugriff 28.8.2023 ■ IOM - International Organization for Migration (22.2.2024): Information on the socio-economic situ ation in Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2104781/Socioeconomic Information Update Afghanistan.pdf, Zugriff 23.2.2024 [Login erforderlich] ■ IPS - Inter Press Service (22.4.2024): Afghan Women’s Voices Stifled as Taliban Tightens Media Controls, https://www.ipsnews.net/2024/04/afghan-womens-voices-stifled-taliban-tightens-media-c ontrols/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=afghan-womens-voices-stifled-taliban -tightens-media-controls , Zugriff 7.5.2024 ■ NH - New Humanitarian, The (15.8.2024): Three years on, the Talibans Islamic Emirate is full of contradictions, https://www.thenewhumanitarian.org/editors-take/2024/08/15/three-years-talibans-i slamic-emirate-full-contradictions , Zugriff 2.9.2024 ■ NH - New Humanitarian, The (8.6.2023): For Afghan women, fashion and crafts offer a work lifeline, https://www.thenewhumanitarian.org/news-feature/2023/06/08/afghan-women-fashion-and-craft s-offer-work-lifeline , Zugriff 23.6.2023 ■ REU - Reuters (4.10.2021b): Protests get harder for Afghan women amid risks and red tape, https: //www.reuters.com/world/asia-pacific/protests-get-harder-afghan-women-amid-risks-red-tape-202 1-10-04/?rpc=401&, Zugriff 19.11.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (18.6.2024): ’Systematic Discrimination’: Taliban’s Drastic Cut In Salaries Of Female State Employees Triggers Anger, https://www.ecoi.net/en/document/211 1192.html, Zugriff 2.7.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (25.2.2024): Afghan Girls Banned From Contacting Media In Eastern Province, https://www.rferl.org/a/taliban-bans-radio-tv-from-taking-phone-calls-f rom-girls-in-khost-/32834485.html , Zugriff 20.9.2024 ■ UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (22.1.2024): Human rights situation in Afghanistan: October - December 2023 Update, https://unama.unmissions.org/sites/default/files/e nglish_hr_update_22jan_2024.pdf, Zugriff 20.2.2024 ■ UNDP - United Nations Development Programme (16.4.2024): Listening to Women Entrepreneurs in Afghanistan: Their Struggle and Resilience, https://www.undp.org/sites/g/files/zskgke326/files/2 024-04/undp-listening-to-women-entrepreneurs-in-afghanistan-17.04.24.pdf , Zugriff 17.12.2024 ■ UNGA - United Nations General Assembly (1.12.2023): The situation in Afghanistan and its implica tions for international peace and security, https://www.ecoi.net/en/file/local/2102425/N2336960.pdf, Zugriff 14.2.2024 ■ UNGA - United Nations General Assembly (15.6.2023): Situation of women and girls in Afghanistan. Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Afghanistan and the Working 119

Group on discrimination against women and girls, https://documents.un.org/doc/undoc/gen/g23/125 /67/pdf/g2312567.pdf, Zugriff 17.12.2024 ■ VQ AFGH 2 - Forscher aus Afghanistan [vertrauliche Quelle 2] (12.9.2024): Interview with Afghan researcher conducted by EUAA in cooperation with Migrationsverket and Staatendokumentation, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ VQ AFGH 3 - Analyst aus Afghanistan [vertrauliche Quelle 3] (1.10.2024): Interview with Afghan ana lyst conducted by EUAA in cooperation with Landinfo, Migrationsverket and Staatendokumentation, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ WB - Weltbank (10.2023): Afghanistan Welfare Monitoring Survey (AWMS); Round 3, https://thedoc s.worldbank.org/en/doc/975d25c52634db31c504a2c6bee44d22-0310012023/original/Afghanistan -Welfare-Monitoring-Survey-3.pdf , Zugriff 22.3.2024 20.1.2 Bildung für Frauen und Mädchen Letzte Änderung 2025-01-31 09:34 Laut einer Studie der Weltbank stieg die Zahl der Mädchen im Alter von 7 bis 12 Jahren, die eine Schule besuchen, bis Juni 2023 auf 60 %. Vor der Machtübernahme der Taliban lag dieser Wert bei 36% (WB 10.2023). Die International Crisis Group führt diesen Anstieg auf das Ende des Konfliktes zurück, weist aber auch darauf hin, dass einige Familien von den Taliban geführte Schulen als religiös oder kulturell akzeptabler ansehen als jene des vorherigen Regimes (ICG 14.8.2024). Nachdem die Taliban im August 2021 die Macht in Afghanistan übernommen hatten, verhäng ten sie jedoch ein Verbot der Sekundarschulbildung für Mädchen (USIP 13.4.2023; vgl. AA 26.6.2023). Am 23.3.2022, als die Schülerinnen der weiterführenden Schulen zum ersten Mal nach sieben Monaten wieder in die Klassenzimmer zurückkehrten, gab die Taliban-Führung bekannt, dass die Mädchenschulen geschlossen bleiben würden (HRW 12.1.2023; vgl. HRW 20.12.2022). Demnach wird Mädchen eine Ausbildung über die Primarstufe hinaus weiterhin verweigert (UNGA 1.12.2023, vgl. UN Women 15.8.2023). Ende Dezember 2022 verkündeten die Taliban schließlich ein Verbot für Frauen, Universitäten zu besuchen (IOM 22.2.2024; vgl. USIP 13.4.2023, FH 1.2023). Proteste gegen die Entscheidung der Taliban, den Frauen den Zugang zu Universitäten zu verwehren, wurden mit Gewalt beendet und mehrere Personen wurden festgenommen (RFE/RL 22.12.2022; vgl. BBC 22.12.2022). Im September 2024 wurde berichtet, dass Frauen nicht daran gehindert werden, eine Ausbildung als Krankenschwester oder Hebamme zu absolvieren (VQ AFGH 2 12.9.2024; vgl. REU 8.8.2023), wobei ein Forscher aus Afghanistan angibt, dass der Zugang zu Krankenpflegeschulen je nach Region sehr unterschiedlich und nur in einigen Provinzen verfügbar ist (VQ AFGH 2 12.9.2024). Anfang Dezember 2024 erließen die Taliban jedoch ein Verbot für Frauen, eine Ausbildung an medizinischen Einrichtungen zu absolvieren (MSF 6.12.2024; vgl. HRW 3.12.2024). Es gibt auch Initiativen, um Mädchen online Bildung zu ermöglichen (UNGA 15.6.2023; vgl. EUAA 1.11.2024), wobei diese Option auch aufgrund der instabilen Internetverbindung im gan zen Land nicht allen zugänglich ist (REU 28.3.2023; vgl. EUAA 1.11.2024). Berichten zufolge existieren geheime Untergrundschulen für Mädchen, die trotz des Verbots weitergeführt werden (UN Women 7.3.2024; vgl. RFE/RL 20.12.2023), wobei Experten bei einem Workshop in Doha im November 2023 berichteten, dass diese Schulen allen bekannt sind und von den Behörden 120

in ihren Gemeinden allgemein als lokale Bildungseinrichtungen akzeptiert werden. Zusätzlich wurde die Bildung von Mädchen in einigen Provinzen als „ informell erlaubt“ bezeichnet (PRIO 12.2023; vgl. EUAA 1.11.2024). Frauen und Mädchen wurde der Zugang zu Bildung in Madrassas nicht verwehrt (EUAA 1.11.2024; vgl. AAN 27.8.2024). Dies hat zu einem Anstieg der Anzahl der Schülerinnen geführt (FR24 16.3.2023; vgl. AMU 2.10.2024) und einige Frauen haben ihre eigenen Madrassas eröffnet (EUAA 1.11.2024; vgl. AAN 27.8.2024). Obwohl Madrassas Religionsunterricht an bieten, werden in der Regel auch nichtreligiöse Fächer (EUAA 1.11.2024) wie Mathematik, Naturwissenschaft, Geografie und Sprachen gelehrt (AfW 7.11.2023), jedoch empfinden viele Mädchen die Qualität des Unterrichts als rudimentär und schlecht (AAN 27.8.2024). Seit der Machtübernahme der Taliban wird jedoch verstärkt Wert auf die Interpretation der islamischen Lehren durch die Gruppierung gelegt, wobei Themen wie der Dschihad an Bedeutung gewin nen. Das Bildungsministerium der Taliban genehmigt den Lehrplan, der auf die religiösen und ideologischen Überzeugungen der Taliban abgestimmt ist (AfW 7.11.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.6.2023): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Afghanistan - Lagefortschreibung - (Stand: Juni 2023), https://www.ec oi.net/en/document/2094871.html, Zugriff 9.8.2023 [Login erforderlich] ■ AAN - Afghanistan Analysts Network (27.8.2024): The Daily Hustle: Why one Afghan girl decided to open her own madrasa, https://www.afghanistan-analysts.org/en/the-daily-hustle/rights-and-fre edoms-the-daily-hustle/the-daily-hustle-why-one-afghan-girl-decided-to-open-her-own-madrasa , Zugriff 17.12.2024 ■ AfW - Afghan Witness (7.11.2023): Afghanistans madrasa system under the Taliban - Centre for Information Resilience, https://www.info-res.org/afghan-witness/articles/afghanistans-madrasa-sys tem-under-the-taliban , Zugriff 17.12.2024 ■ AMU - Amu Tv (2.10.2024): Inside Taliban religious schools: What girls are taught Amu TV, https: //amu.tv/127523, Zugriff 17.12.2024 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (22.12.2022): Afghanistan: Taliban arrest women protesting against university ban, https://www.bbc.com/news/world-asia-64065206?at_medium=RSS&at_cam paign=KARANGA, Zugriff 29.12.2022 ■ EUAA - European Union Agency for Asylum (1.11.2024): Afghanistan Country Focus, https://www.ec oi.net/en/file/local/2117560/2024_11_EUAA_COI_Report_Afghanistan_Country_Focus.pdf, Zugriff 26.11.2024 ■ FH - Freedom House (1.2023): Report on the protection needs of human rights defenders, https: //www.ecoi.net/en/document/2085886.html, Zugriff 6.2.2023 ■ FR24 - France 24 (16.3.2023): Banned from school, Afghan girls turn to madrassas, https://www.fr ance24.com/en/live-news/20230316-banned-from-school-afghan-girls-turn-to-madrassas , Zugriff 17.12.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (3.12.2024): Afghanistans Taliban Ban Medical Training for Women, https://www.ecoi.net/en/document/2118580.html, Zugriff 2.1.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/e n/document/2085369.html, Zugriff 18.1.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (20.12.2022): Afghan University Women Feared This Dark Day, https: //www.ecoi.net/en/document/2084641.html, Zugriff 29.12.2022 ■ ICG - International Crisis Group (14.8.2024): Afghanistan Three Years after the Taliban Takeover Crisis Group, https://www.crisisgroup.org/asia/south-asia/afghanistan/afghanistan-three-years-after -taliban-takeover, Zugriff 17.12.2024 ■ IOM - International Organization for Migration (22.2.2024): Information on the socio-economic situ ation in Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2104781/Socioeconomic Information Update Afghanistan.pdf, Zugriff 23.2.2024 [Login erforderlich] 121

■ MSF - Ärzte ohne Grenzen (6.12.2024): Excluding women from medical institutes threatens the future of healthcare in Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2118866.html , Zugriff 2.1.2025 ■ PRIO - Peace Research Institute Oslo (12.2023): Pathways towards Strengthening Girl’s Education in Afghanistan, https://cdn.cloud.prio.org/files/0edb828b-cd7d-4f3b-bbf2-f92989b69c5b/Event Report - Pathways towards Strengthening Girl s Education in Afghanistan.pdf?inline=true, Zugriff 17.12.2024 ■ REU - Reuters (8.8.2023): FEATURE-Shut out of jobs, Afghan women retrain as nurses, https: //www.reuters.com/article/business/healthcare-pharmaceuticals/feature-shut-out-of-jobs-afghan-w omen-retrain-as-nurses-idUSL8N3934R3 , Zugriff 17.12.2024 ■ REU - Reuters (28.3.2023): Afghan girls struggle with poor internet as they turn to online classes, https://www.reuters.com/world/asia-pacific/afghan-girls-struggle-with-poor-internet-they-turn-onlin e-classes-2023-03-27 , Zugriff 17.12.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (20.12.2023): Secret Schools Offer ’A Ray Of Hope’ For Rural Afghan Girls, https://www.rferl.org/a/afghanistan-secret-schools-girls-education-taliban/327 40641.html, Zugriff 17.12.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (22.12.2022): Taliban Violently Disperses Women’s Protest Against University Ban, https://www.ecoi.net/en/document/2084556.html, Zugriff 29.12.2022 ■ UNGA - United Nations General Assembly (1.12.2023): The situation in Afghanistan and its implica tions for international peace and security, https://www.ecoi.net/en/file/local/2102425/N2336960.pdf, Zugriff 14.2.2024 ■ UNGA - United Nations General Assembly (15.6.2023): Situation of women and girls in Afghanistan. Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in Afghanistan and the Working Group on discrimination against women and girls, https://documents.un.org/doc/undoc/gen/g23/125 /67/pdf/g2312567.pdf, Zugriff 17.12.2024 ■ UN Women - United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women (7.3.2024): Photo essay: A glimpse into the lives of Afghan women UN Women Headquarters, https://www.un women.org/en/news-stories/photo-essay/2024/03/photo-essay-a-glimpse-into-the-lives-of-afgha n-women, Zugriff 17.12.2024 ■ UN Women - United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women (15.8.2023): Women in Afghanistan: From almost everywhere to almost nowhere, https://www.unwomen.org/en /news-stories/feature-story/2023/08/women-in-afghanistan-from-almost-everywhere-to-almost-n owhere, Zugriff 8.9.2023 ■ USIP - United States Institute of Peace [USA] (13.4.2023): Taking a Terrible Toll: The Taliban’s Education Ban, https://www.usip.org/publications/2023/04/taking-terrible-toll-talibans-education-b an, Zugriff 29.8.2023 ■ VQ AFGH 2 - Forscher aus Afghanistan [vertrauliche Quelle 2] (12.9.2024): Interview with Afghan researcher conducted by EUAA in cooperation with Migrationsverket and Staatendokumentation, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ WB - Weltbank (10.2023): Afghanistan Welfare Monitoring Survey (AWMS); Round 3, https://thedoc s.worldbank.org/en/doc/975d25c52634db31c504a2c6bee44d22-0310012023/original/Afghanistan -Welfare-Monitoring-Survey-3.pdf , Zugriff 22.3.2024 20.1.3 Frauenhäuser, sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt, Zwangsehe Letzte Änderung 2025-01-31 12:06 Geschlechtsspezifische Gewalt ist ein allgegenwärtiges Problem in Afghanistan (UNFPA 27.12.2021; vgl. IOM 9.1.2025a)und war auch schon vor der Machtübernahme der Taliban fast doppelt so hoch wie der weltweite Durchschnitt (IOM 9.1.2025a). Sie ist das Ergebnis komplexer Ungleichheiten und kultureller Praktiken, die in Verbindung mit Armut und mangeln dem Bewusstsein dazu führen, dass Frauen den Männern untergeordnet werden und keine Unterstützung erhalten oder nicht selbst aktiv werden können (UNFPA 27.12.2021). Seit dem Sommer 2021 werden in Afghanistan, einem Land mit einer der höchsten Raten von Gewalt gegen Frauen weltweit, viele der grundlegendsten Rechte von Frauen eingeschränkt oder außer Kraft gesetzt. Afghanische Frauen haben auch eine deutliche Verschlechterung des 122

Zugangs zu koordinierten, umfassenden und hochwertigen Dienstleistungen für Überlebende geschlechtsspezifischer Gewalt zu verzeichnen. Gleichzeitig ist die Nachfrage nach diesen Diensten höher als je zuvor (AI 7.2022; vgl. UNAMA 29.12.2022). Zuvor hatten viele Frauen und Mädchen zumindest Zugang zu einem Netz von Unterkünften und Diensten, einschließlich kostenloser Rechtsberatung, medizinischer Behandlung und psychosozialer Unterstützung. Das System hatte zwar seine Grenzen, aber es half jedes Jahr Tausenden von Frauen und Mädchen. Diejenigen, die in die Schutzräume kamen, blieben je nach ihren besonderen Bedürfnissen oft monatelang oder jahrelang dort und erhielten eine Ausbildung in beruflichen Fähigkeiten oder andere Möglichkeiten, ein langfristiges Einkommen zu erzielen. In einigen Fällen wurden die Überlebenden auch dabei unterstützt, eine neue Unterkunft zu finden (AI 7.2022). Als die Taliban die Macht in Afghanistan übernahmen, brach das Netz zur Unterstützung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt - einschließlich rechtlicher Vertretung, medizi nischer Behandlung und psychosozialer Unterstützung - zusammen (AI 7.2022). Das Gesetz zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen (Violence against Women and Girls - VAWG) und die damit verbundenen Fachgerichte und Familieneinheiten der nationalen Polizei wurden nach der Machtübernahme der Taliban abgeschafft. Die Scharia unterscheidet auch nicht zwischen einvernehmlichen sexuellen Beziehungen außerhalb der Ehe und Vergewaltigung. Beides wird als „ Zina“ definiert und mit Steinigung oder Auspeitschen bestraft (IOM 9.1.2025a). Laut einem in Kabul praktizierenden Anwalt gibt es in Afghanistan derzeit kein wirksames System, um Mäd chen und Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen (RA KBL 4.12.2024). Schutzräume für Frauen wurden geschlossen (AA 26.6.2023; vgl. FH 1.2023), und viele wurden von Taliban-Mitgliedern geplündert und in Beschlag genommen (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 26.9.2021). Eine andere Quel le weißt jedoch darauf hin, dass die Taliban keine Schutzräume geschlossen hätten, sondern dass vielmehr das Personal das Land verlassen hätte und es niemanden mehr gibt, der diese Einrichtungen betreuen würde (MaA 29.6.2023). In einigen Fällen belästigten oder bedrohten Taliban-Mitglieder Mitarbeiter und als die Unterkünfte geschlossen wurden, waren die Mitarbei ter gezwungen, viele überlebende Frauen und Mädchen zu ihren Familien zurückzuschicken. Andere waren gezwungen, bei Mitarbeitern der Unterkünfte, auf der Straße oder in anderen schwierigen Situationen zu leben (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 26.9.2021). Auch eine afghanische Menschenrechtsaktivistin gab an, dass die Betreiber der Frauenhäuser nach der Machtüber nahme der Taliban das Land verließen und die Taliban die Frauen in diesen Unterkünften vor die Wahl stellten, entweder zurück zu ihren Familien oder ins Gefängnis zu gehen. Sie führt aus, dass es in Afghanistan (mit Stand Juli 2023) nur ein Frauenhaus gibt, das von den Taliban sehr genau beobachtet wird und welches von einer NGO betrieben wird (MaA 29.6.2023). Die Bedrohung für Mädchen und Frauen durch sexuelle Gewalt hat durch diskriminierende Einschränkungen zugenommen, und die Abschaffung unterstützender Rechtsvorschriften und des Zugangs zum Justizsystem ist aufgrund der von Männern dominierten Shura-Strukturen auf Gemeindeebene und des Jirga-Systems, bei dem Älteste (Männer) aus jeder Familie zu sammenkommen und Entscheidungen in solchen Fällen treffen, eine große Herausforderung. 123

Rechtsanwältinnen und Richterinnen dürfen ihre Arbeit nicht mehr ausüben. Gleichzeitig dür fen Frauen und Mädchen ohne einen Mahram keine öffentlichen Plätze, einschließlich Straf verfolgungsbehörden, betreten. Insgesamt sind die Möglichkeiten für Frauen und Mädchen, Rechtsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, erheblich eingeschränkt (IOM 9.1.2025a). Anfang Dezember 2021 verkündeten die Taliban ein Verbot der Zwangsverheiratung von Frauen in Afghanistan (AP 3.12.2021; vgl. AI 7.2022). In dem Erlass wurde kein Mindestalter für die Eheschließung genannt, das bisher auf 16 Jahre festgelegt war. Die Taliban-Führung hat nach eigenen Angaben afghanische Gerichte angewiesen, Frauen gerecht zu behandeln, insbeson dere Witwen, die als nächste Angehörige ein Erbe antreten wollen. Die Gruppe sagt auch, sie habe die Minister ihrer Regierung aufgefordert, die Bevölkerung über die Rechte der Frauen aufzuklären (AP 3.12.2021; vgl. AJ 3.12.2021). Berichten zufolge sind Frauen und Mädchen allerdings einem erhöhten Risiko von Kinder- und Zwangsheirat (IOM 9.1.2025a; vgl. RA KBL 4.12.2024) sowie der sexuellen Ausbeutung ausgesetzt (AA 26.6.2023; vgl. AI 7.8.2023), vor allem in ländlichen Gebieten, wobei auch Mädchen im Alter zwischen 9 und 15 zur Heirat ge zwungen werden (RA KBL 4.12.2024). NGOs führen dies auf Faktoren zurück, von denen viele direkt auf Einschränkungen durch bzw. das Verhalten der Taliban zurückzuführen sind. Zu den häufigsten Ursachen für Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung seit August 2021 gehören die wirtschaftliche und humanitäre Krise, fehlende Bildungs- und Berufsperspektiven für Frauen (AI 7.2022), das Bedürfnis der Familien, ihre Töchter vor der Heirat mit einem Taliban-Mitglied zu schützen (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 14.12.2022), Familien, die Frauen und Mädchen zwingen, Taliban-Mitglieder zu heiraten und Taliban-Mitglieder, die Frauen und Mädchen zwingen, sie zu heiraten (AI 7.2022). Eine afghanische Menschenrechtsaktivistin schilderte, dass sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen oft auf die Frage der „ Ehre“ zurückgeführt wird. Während es vor der Machtübernah me möglich war, sich an die Justiz zu wenden, ist dies nun nicht mehr möglich. So würde ein 14-jähriges Mädchen, das von einem männlichen Verwandten missbraucht wurde, durch das Rechtssystem entweder gezwungen werden, den Verwandten zu heiraten, oder beide würden öffentlich bestraft werden (MaA 29.6.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.6.2023): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Afghanistan - Lagefortschreibung - (Stand: Juni 2023), https://www.ec oi.net/en/document/2094871.html, Zugriff 9.8.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (7.8.2023): Zukunft auf Null gesetzt, https://www.amnesty.de/informieren /amnesty-journal/deutschland-exil-afghanistan-frauenrechtlerin-bildung-soraya-sobhrang-zukunft -auf-null-gesetzt , Zugriff 1.9.2023 ■ AI - Amnesty International (7.2022): Death in slow motion: Women and girls under Taliban rule, https://www.ecoi.net/en/document/2076021.html, Zugriff 29.12.2022 ■ AJ - Al Jazeera (3.12.2021): Taliban bans forced marriage of women in Afghanistan, https://www. aljazeera.com/news/2021/12/3/taliban-bans-forced-marriage-calls-for-equal-rights-for-women , Zugriff 29.12.2022 ■ AP - Associated Press (3.12.2021): Taliban chief bans forced marriage of women in Afghanistan, https://apnews.com/article/afghanistan-womens-rights-marriage-taliban-72833d684c22d1955622d d68121381f6, Zugriff 29.12.2022 124

■ FH - Freedom House (1.2023): Report on the protection needs of human rights defenders, https: //www.ecoi.net/en/document/2085886.html, Zugriff 6.2.2023 ■ IOM - International Organization for Migration (9.1.2025a): Information on the situation of girls and women in Afghanistan, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, https: //www.ecoi.net/en/document/2120151.html, Zugriff 17.1.2025 [Login erforderlich] ■ MaA - Menschenrechtsaktivistin aus Afghanistan (29.6.2023): Medizinische Versorgung von Frauen in Afghanistan. Interview via Videocall. Transkript liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ RA KBL - Lokaler Rechtsanwalt in Kabul (4.12.2024): Informationen zur Stellung von Mädchen in Afghanistan, Informationen via E-Mail, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2022): Afghans Increasingly Marrying Off Young Daughters To Avoid Forced Unions With Taliban, https://www.rferl.org/a/afghanistan-early-marriag e-avoid-taliban/32157525.html, Zugriff 29.12.2022 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (26.9.2021): Afghan Women’s Shelters Vanishing Under Taliban Rule, https://www.rferl.org/a/afghanistan-taliban-women--shelters-disappearing/31477947 .html, Zugriff 29.12.2022 ■ UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (29.12.2022): UN calls for solidarity and commitment to end violence against women and girls amidst humanitarian crises - Afghanistan, https://reliefweb.int/report/afghanistan/un-calls-solidarity-and-commitment-end-violence-against-w omen-and-girls-amidst , Zugriff 29.12.2022 ■ UNFPA - United Nations Population Fund (27.12.2021): Gender-based Violence, https://afghanista n.unfpa.org/en/node/15232, Zugriff 30.12.2022 20.2 Kinder Letzte Änderung 2025-01-31 16:37 Ca. 40% (CIA 1.2.2024) bis 43% (UNFPA 2023) der afghanischen Bevölkerung (ca. 15,6 Millio nen) ist unter 14 Jahren und das Bevölkerungswachstum liegt 2023 bei 2,26% (CIA 1.2.2024). Das Medianalter in Afghanistan liegt zwischen 17 (WoM 2023) und 19,5 Jahren (CIA 1.2.2024) und die Geburtenrate liegt im Jahr 2023 bei ca. 4,5 Kindern pro Frau (CIA 1.2.2024; vgl. UNFPA 2023). Weiterhin fortbestehende Probleme sind sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen sowie Kinderarbeit und Prostitution (AA 26.6.2023). Die NGO Rawadari dokumentierte Vorfälle über sexuellen Missbrauch in Madrassas, die von den Ausbildern dieser Einrichtungen begangen werden, wobei aufgrund des hohen Grades der Stigmatisierung viele dieser Fälle verheimlicht werden (Rawadari 11.2023). Berichten zufolge sind auch Früh- und Zwangsverheiratungen weiterhin weit verbreitet (USDOS 20.3.2023a; vgl. AI 7.8.2023), obwohl die Taliban Anfang Dezember 2021 ein Verbot der Zwangsverheiratung in Afghanistan verkündeten. In dem Erlass wurde kein Mindestalter für die Eheschließung genannt, das bisher auf 16 Jahre festgelegt war (AP 3.12.2021; vgl. AJ 3.12.2021). NGOs führen dies auf Faktoren zurück, von denen viele direkt auf Einschränkungen durch und das Verhalten der Taliban zurückzuführen sind. Zu den häufigsten Ursachen für Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung seit August 2021 gehören die wirtschaftliche und humanitäre Krise, fehlende Bildungs- und Berufsperspektiven für Mädchen (AI 7.2022), das Bedürfnis der Familien, ihre Töchter vor der Heirat mit einem Taliban-Mitglied zu schützen (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 14.12.2022), Familien, die Frauen und Mädchen zwingen, Taliban-Mitglieder zu heiraten und Taliban-Mitglieder, die Frauen und Mädchen zwingen, sie zu heiraten (AI 7.2022). Rawadari konnte mehrere Fälle von Zwangsverheiratungen junger (minderjähriger) Mädchen, beispielsweise in Kandahar und Helmand, mit älteren Männern gegen 125

Geld feststellen und verifizieren. Auch über Zwangsehen von Minderjährigen mit Mitgliedern der Taliban wird berichtet (Rawadari 11.2023). Die Kinderarbeit ist seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan angestiegen (RFE/RL 17.5.2023). Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News berichtet im November 2023, dass jedes fünfte Kind in Afghanistan von Kinderarbeit betroffen ist. Es wird ausgeführt, dass die Zahl der arbeitenden Kinder in den Provinzen Khost, Bamyan und Helmand im Landes vergleich besonders hoch ist, während andere Provinzen wie Kabul, Badakhshan und Laghman weniger davon betroffen sind (PAN 23.11.2023). Laut einem Bericht von Save the Children aus dem Jahr 2023, im Zuge dessen Erwachsene und Kinder in sechs Provinzen Afghanistans (Balkh, Faryab, Jawzjan, Kabul, Nangarhar und Sar-e-Pul) interviewt wurden, sind mehr als ein Drittel der befragten Kinder zur Arbeit gezwungen, um ihren Familien zu helfen. Ebenso gaben mehr als 75% der befragten Kinder an, dass sie weniger essen würden, als im selben Zeitraum des Vorjahres (STC 15.8.2023). Human Rights Watch schätzt, dass in Afghanistan Millionen von Kindern von Unterernährung betroffen sind (HRW 12.2.2024), während UNICEF die Zahl der von akuter Unterernährung betroffenen Kinder für das Jahr 2023 auf rund 2,3 Millionen schätzt (UNICEF 7.8.2023). Nach Angaben von Save the Children ist das Ausmaß des Hungers im Norden Afghanistans höher, wo Familien stark von der Landwirtschaft abhängig sind (STC 15.8.2023). Kinder litten bis zur Machtübernahme der Taliban besonders unter dem bewaffneten Konflikt und wurden Opfer von Zwangsrekrutierung, vor allem vonseiten der Taliban (AA 26.6.2023; vgl. USDOS 20.3.2023a) und einige Quellen berichten, dass es auch nach der Machtübernahme zu Zwangsrekrutierungen von Kindern kam (Rawadari 11.2023; vgl. USDOS 15.6.2023a). Einem afghanischen Analysten zufolge haben die Taliban eine Kommission gebildet, um Kindersoldaten aus ihren Reihen zu entfernen, und heute vermeiden die Taliban in der Regel die Rekrutierung zu junger Männer, indem sie Kinder ohne Bart ablehnen (EUAA 12.2023). Rawadari berichtet jedoch, dass beispielsweise einige Moschee-Imame und Taliban-Funktionäre in den südlichen Provinzen das Erlernen gewaltsamer Kriegstaktiken offen fördern und die Kinder ermutigen, sich den Reihen der Taliban anzuschließen (Rawadari 11.2023). Bacha Bazi Während das Eingestehen oder Diskutieren von Sex zwischen Männern in der heutigen Zeit ein großes Tabu ist und gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal sind, ist Sex zwischen Män nern ein offenes Geheimnis in Afghanistan. Die Einstellung zu Homosexualität - ebenso wie die sexuelle Gewalt gegen Männer und Jungen - ist stark von Bacha Bazi („ Jungenspiel“) ge prägt, einer seit Langem bestehenden Missbrauchspraxis - im Unterschied zu einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Beziehungen - bei der feminisierte, vorpubertäre Jungen von Kriegsher ren, Polizeikommandeuren und anderen mächtigen Männern in einer Art sexueller Sklaverei gehalten werden (HRW 1.2022; vgl. USDOL 28.9.2022). Die Taliban hatten lange Zeit darauf bestanden, dass Bacha Bazi gegen das islamische Recht verstößt; mehrere Menschenrechtsgruppen berichteten jedoch, dass Bacha Bazi in vielen Teilen des Landes verbreitet ist, auch durch Taliban-Mitglieder. In mindestens vier Fällen im ganzen Land berichteten Jungen im Alter von 14-16 Jahren im Jahr 2022, dass sie von den Taliban 126
