2025-09-05-coi-cms-laenderinformationen-afghanistan-version-12-3379
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Rechtsanwältinnen und Richterinnen dürfen ihre Arbeit nicht mehr ausüben. Gleichzeitig dür fen Frauen und Mädchen ohne einen Mahram keine öffentlichen Plätze, einschließlich Straf verfolgungsbehörden, betreten. Insgesamt sind die Möglichkeiten für Frauen und Mädchen, Rechtsdienstleistungen in Anspruch zu nehmen, erheblich eingeschränkt (IOM 9.1.2025a). Anfang Dezember 2021 verkündeten die Taliban ein Verbot der Zwangsverheiratung von Frauen in Afghanistan (AP 3.12.2021; vgl. AI 7.2022). In dem Erlass wurde kein Mindestalter für die Eheschließung genannt, das bisher auf 16 Jahre festgelegt war. Die Taliban-Führung hat nach eigenen Angaben afghanische Gerichte angewiesen, Frauen gerecht zu behandeln, insbeson dere Witwen, die als nächste Angehörige ein Erbe antreten wollen. Die Gruppe sagt auch, sie habe die Minister ihrer Regierung aufgefordert, die Bevölkerung über die Rechte der Frauen aufzuklären (AP 3.12.2021; vgl. AJ 3.12.2021). Berichten zufolge sind Frauen und Mädchen allerdings einem erhöhten Risiko von Kinder- und Zwangsheirat (IOM 9.1.2025a; vgl. RA KBL 4.12.2024) sowie der sexuellen Ausbeutung ausgesetzt (AA 26.6.2023; vgl. AI 7.8.2023), vor allem in ländlichen Gebieten, wobei auch Mädchen im Alter zwischen 9 und 15 zur Heirat ge zwungen werden (RA KBL 4.12.2024). NGOs führen dies auf Faktoren zurück, von denen viele direkt auf Einschränkungen durch bzw. das Verhalten der Taliban zurückzuführen sind. Zu den häufigsten Ursachen für Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung seit August 2021 gehören die wirtschaftliche und humanitäre Krise, fehlende Bildungs- und Berufsperspektiven für Frauen (AI 7.2022), das Bedürfnis der Familien, ihre Töchter vor der Heirat mit einem Taliban-Mitglied zu schützen (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 14.12.2022), Familien, die Frauen und Mädchen zwingen, Taliban-Mitglieder zu heiraten und Taliban-Mitglieder, die Frauen und Mädchen zwingen, sie zu heiraten (AI 7.2022). Eine afghanische Menschenrechtsaktivistin schilderte, dass sexualisierte Gewalt an Mädchen und Frauen oft auf die Frage der „ Ehre“ zurückgeführt wird. Während es vor der Machtübernah me möglich war, sich an die Justiz zu wenden, ist dies nun nicht mehr möglich. So würde ein 14-jähriges Mädchen, das von einem männlichen Verwandten missbraucht wurde, durch das Rechtssystem entweder gezwungen werden, den Verwandten zu heiraten, oder beide würden öffentlich bestraft werden (MaA 29.6.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.6.2023): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Afghanistan - Lagefortschreibung - (Stand: Juni 2023), https://www.ec oi.net/en/document/2094871.html, Zugriff 9.8.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (7.8.2023): Zukunft auf Null gesetzt, https://www.amnesty.de/informieren /amnesty-journal/deutschland-exil-afghanistan-frauenrechtlerin-bildung-soraya-sobhrang-zukunft -auf-null-gesetzt , Zugriff 1.9.2023 ■ AI - Amnesty International (7.2022): Death in slow motion: Women and girls under Taliban rule, https://www.ecoi.net/en/document/2076021.html, Zugriff 29.12.2022 ■ AJ - Al Jazeera (3.12.2021): Taliban bans forced marriage of women in Afghanistan, https://www. aljazeera.com/news/2021/12/3/taliban-bans-forced-marriage-calls-for-equal-rights-for-women , Zugriff 29.12.2022 ■ AP - Associated Press (3.12.2021): Taliban chief bans forced marriage of women in Afghanistan, https://apnews.com/article/afghanistan-womens-rights-marriage-taliban-72833d684c22d1955622d d68121381f6, Zugriff 29.12.2022 124

■ FH - Freedom House (1.2023): Report on the protection needs of human rights defenders, https: //www.ecoi.net/en/document/2085886.html, Zugriff 6.2.2023 ■ IOM - International Organization for Migration (9.1.2025a): Information on the situation of girls and women in Afghanistan, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, https: //www.ecoi.net/en/document/2120151.html, Zugriff 17.1.2025 [Login erforderlich] ■ MaA - Menschenrechtsaktivistin aus Afghanistan (29.6.2023): Medizinische Versorgung von Frauen in Afghanistan. Interview via Videocall. Transkript liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ RA KBL - Lokaler Rechtsanwalt in Kabul (4.12.2024): Informationen zur Stellung von Mädchen in Afghanistan, Informationen via E-Mail, liegt im Archiv der Staatendokumentation auf ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2022): Afghans Increasingly Marrying Off Young Daughters To Avoid Forced Unions With Taliban, https://www.rferl.org/a/afghanistan-early-marriag e-avoid-taliban/32157525.html, Zugriff 29.12.2022 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (26.9.2021): Afghan Women’s Shelters Vanishing Under Taliban Rule, https://www.rferl.org/a/afghanistan-taliban-women--shelters-disappearing/31477947 .html, Zugriff 29.12.2022 ■ UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (29.12.2022): UN calls for solidarity and commitment to end violence against women and girls amidst humanitarian crises - Afghanistan, https://reliefweb.int/report/afghanistan/un-calls-solidarity-and-commitment-end-violence-against-w omen-and-girls-amidst , Zugriff 29.12.2022 ■ UNFPA - United Nations Population Fund (27.12.2021): Gender-based Violence, https://afghanista n.unfpa.org/en/node/15232, Zugriff 30.12.2022 20.2 Kinder Letzte Änderung 2025-01-31 16:37 Ca. 40% (CIA 1.2.2024) bis 43% (UNFPA 2023) der afghanischen Bevölkerung (ca. 15,6 Millio nen) ist unter 14 Jahren und das Bevölkerungswachstum liegt 2023 bei 2,26% (CIA 1.2.2024). Das Medianalter in Afghanistan liegt zwischen 17 (WoM 2023) und 19,5 Jahren (CIA 1.2.2024) und die Geburtenrate liegt im Jahr 2023 bei ca. 4,5 Kindern pro Frau (CIA 1.2.2024; vgl. UNFPA 2023). Weiterhin fortbestehende Probleme sind sexueller Missbrauch an Kindern und Jugendlichen sowie Kinderarbeit und Prostitution (AA 26.6.2023). Die NGO Rawadari dokumentierte Vorfälle über sexuellen Missbrauch in Madrassas, die von den Ausbildern dieser Einrichtungen begangen werden, wobei aufgrund des hohen Grades der Stigmatisierung viele dieser Fälle verheimlicht werden (Rawadari 11.2023). Berichten zufolge sind auch Früh- und Zwangsverheiratungen weiterhin weit verbreitet (USDOS 20.3.2023a; vgl. AI 7.8.2023), obwohl die Taliban Anfang Dezember 2021 ein Verbot der Zwangsverheiratung in Afghanistan verkündeten. In dem Erlass wurde kein Mindestalter für die Eheschließung genannt, das bisher auf 16 Jahre festgelegt war (AP 3.12.2021; vgl. AJ 3.12.2021). NGOs führen dies auf Faktoren zurück, von denen viele direkt auf Einschränkungen durch und das Verhalten der Taliban zurückzuführen sind. Zu den häufigsten Ursachen für Kinder-, Früh- und Zwangsverheiratung seit August 2021 gehören die wirtschaftliche und humanitäre Krise, fehlende Bildungs- und Berufsperspektiven für Mädchen (AI 7.2022), das Bedürfnis der Familien, ihre Töchter vor der Heirat mit einem Taliban-Mitglied zu schützen (AI 7.2022; vgl. RFE/RL 14.12.2022), Familien, die Frauen und Mädchen zwingen, Taliban-Mitglieder zu heiraten und Taliban-Mitglieder, die Frauen und Mädchen zwingen, sie zu heiraten (AI 7.2022). Rawadari konnte mehrere Fälle von Zwangsverheiratungen junger (minderjähriger) Mädchen, beispielsweise in Kandahar und Helmand, mit älteren Männern gegen 125

Geld feststellen und verifizieren. Auch über Zwangsehen von Minderjährigen mit Mitgliedern der Taliban wird berichtet (Rawadari 11.2023). Die Kinderarbeit ist seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan angestiegen (RFE/RL 17.5.2023). Die afghanische Nachrichtenagentur Pajhwok Afghan News berichtet im November 2023, dass jedes fünfte Kind in Afghanistan von Kinderarbeit betroffen ist. Es wird ausgeführt, dass die Zahl der arbeitenden Kinder in den Provinzen Khost, Bamyan und Helmand im Landes vergleich besonders hoch ist, während andere Provinzen wie Kabul, Badakhshan und Laghman weniger davon betroffen sind (PAN 23.11.2023). Laut einem Bericht von Save the Children aus dem Jahr 2023, im Zuge dessen Erwachsene und Kinder in sechs Provinzen Afghanistans (Balkh, Faryab, Jawzjan, Kabul, Nangarhar und Sar-e-Pul) interviewt wurden, sind mehr als ein Drittel der befragten Kinder zur Arbeit gezwungen, um ihren Familien zu helfen. Ebenso gaben mehr als 75% der befragten Kinder an, dass sie weniger essen würden, als im selben Zeitraum des Vorjahres (STC 15.8.2023). Human Rights Watch schätzt, dass in Afghanistan Millionen von Kindern von Unterernährung betroffen sind (HRW 12.2.2024), während UNICEF die Zahl der von akuter Unterernährung betroffenen Kinder für das Jahr 2023 auf rund 2,3 Millionen schätzt (UNICEF 7.8.2023). Nach Angaben von Save the Children ist das Ausmaß des Hungers im Norden Afghanistans höher, wo Familien stark von der Landwirtschaft abhängig sind (STC 15.8.2023). Kinder litten bis zur Machtübernahme der Taliban besonders unter dem bewaffneten Konflikt und wurden Opfer von Zwangsrekrutierung, vor allem vonseiten der Taliban (AA 26.6.2023; vgl. USDOS 20.3.2023a) und einige Quellen berichten, dass es auch nach der Machtübernahme zu Zwangsrekrutierungen von Kindern kam (Rawadari 11.2023; vgl. USDOS 15.6.2023a). Einem afghanischen Analysten zufolge haben die Taliban eine Kommission gebildet, um Kindersoldaten aus ihren Reihen zu entfernen, und heute vermeiden die Taliban in der Regel die Rekrutierung zu junger Männer, indem sie Kinder ohne Bart ablehnen (EUAA 12.2023). Rawadari berichtet jedoch, dass beispielsweise einige Moschee-Imame und Taliban-Funktionäre in den südlichen Provinzen das Erlernen gewaltsamer Kriegstaktiken offen fördern und die Kinder ermutigen, sich den Reihen der Taliban anzuschließen (Rawadari 11.2023). Bacha Bazi Während das Eingestehen oder Diskutieren von Sex zwischen Männern in der heutigen Zeit ein großes Tabu ist und gleichgeschlechtliche Beziehungen illegal sind, ist Sex zwischen Män nern ein offenes Geheimnis in Afghanistan. Die Einstellung zu Homosexualität - ebenso wie die sexuelle Gewalt gegen Männer und Jungen - ist stark von Bacha Bazi („ Jungenspiel“) ge prägt, einer seit Langem bestehenden Missbrauchspraxis - im Unterschied zu einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Beziehungen - bei der feminisierte, vorpubertäre Jungen von Kriegsher ren, Polizeikommandeuren und anderen mächtigen Männern in einer Art sexueller Sklaverei gehalten werden (HRW 1.2022; vgl. USDOL 28.9.2022). Die Taliban hatten lange Zeit darauf bestanden, dass Bacha Bazi gegen das islamische Recht verstößt; mehrere Menschenrechtsgruppen berichteten jedoch, dass Bacha Bazi in vielen Teilen des Landes verbreitet ist, auch durch Taliban-Mitglieder. In mindestens vier Fällen im ganzen Land berichteten Jungen im Alter von 14-16 Jahren im Jahr 2022, dass sie von den Taliban 126

missbraucht wurden. Berichten zufolge haben die Vorfälle im Zusammenhang mit Bacha Bazi im Laufe des Jahres 2022 zugenommen, obwohl die Praxis verboten ist (USDOS 20.3.2023a). Außerhalb dieser Praxis werden Jugendliche und vulnerable erwachsene Männer häufig zur Zielscheibe sexueller Gewalt, und die Behörden fügen den Opfern oft noch mehr Schaden zu und unternehmen kaum Anstrengungen, die Täter zu bestrafen. Aktivisten, die solche Gewalt anprangerten, waren manchmal Repressalien ausgesetzt (HRW 1.2022). Da es nicht genü gend Heime für Jungen gab, nahmen die Behörden missbrauchte Jungen, darunter viele Opfer von Bacha Bazi, in Rehabilitationszentren für Jugendliche in Gewahrsam, weil ihnen Gewalt drohte, wenn sie zu ihren Familien zurückkehrten, und keine andere Unterkunft zur Verfügung stand (USDOS 20.3.2023a). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (26.6.2023): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Afghanistan - Lagefortschreibung - (Stand: Juni 2023), https://www.ec oi.net/en/document/2094871.html, Zugriff 9.8.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (7.8.2023): Zukunft auf Null gesetzt, https://www.amnesty.de/informieren /amnesty-journal/deutschland-exil-afghanistan-frauenrechtlerin-bildung-soraya-sobhrang-zukunft -auf-null-gesetzt , Zugriff 1.9.2023 ■ AI - Amnesty International (7.2022): Death in slow motion: Women and girls under Taliban rule, https://www.ecoi.net/en/document/2076021.html, Zugriff 29.12.2022 ■ AJ - Al Jazeera (3.12.2021): Taliban bans forced marriage of women in Afghanistan, https://www. aljazeera.com/news/2021/12/3/taliban-bans-forced-marriage-calls-for-equal-rights-for-women , Zugriff 29.12.2022 ■ AP - Associated Press (3.12.2021): Taliban chief bans forced marriage of women in Afghanistan, https://apnews.com/article/afghanistan-womens-rights-marriage-taliban-72833d684c22d1955622d d68121381f6, Zugriff 29.12.2022 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (1.2.2024): Afghanistan - The World Factbook, https://www. cia.gov/the-world-factbook/countries/afghanistan/#people-and-society , Zugriff 7.2.2024 ■ EUAA - European Union Agency for Asylum (12.2023): Afghanistan Country Focus, https://www.ec oi.net/en/file/local/2101835/2023_12_EUAA_COI_Report_Afghanistan_Country_Focus.pdf, Zugriff 7.2.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (12.2.2024): “A Disaster for the Foreseeable Future”, https://www.hrw. org/report/2024/02/12/disaster-foreseeable-future/afghanistans-healthcare-crisis#_ftn41 , Zugriff 18.3.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (1.2022): Report on lesbian, gay, bisexual and transgender (LGBT) people after the Taliban takeover, https://www.ecoi.net/en/file/local/2067957/afghanistan_lgbt0122_ web_0.pdf, Zugriff 22.12.2022 ■ PAN - Pajhwok Afghan News (23.11.2023): 1 in 5 children in Afghanistan engaged in child labor, https://pajhwok.com/2023/11/20/1-in-5-children-in-afghanistan-engaged-in-child-labor , Zugriff 2.4.2024 ■ Rawadari - Rawadari (11.2023): The human Rights Situation of Children in Afghanistan: Violations of Civil and Political Rights – Rawadari, https://rawadari.org/wp-content/uploads/2023/11/RW_Chil dReport_English.pdf?#, Zugriff 2.4.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (17.5.2023): ’Life Of Toil’: Growing Number Of Starving Afghan Families Send Children To Work, https://www.ecoi.net/en/document/2092100.html, Zugriff 14.6.2023 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.12.2022): Afghans Increasingly Marrying Off Young Daughters To Avoid Forced Unions With Taliban, https://www.rferl.org/a/afghanistan-early-marriag e-avoid-taliban/32157525.html, Zugriff 29.12.2022 ■ STC - Save the Children (15.8.2023): More than a third of children surveyed in Afghanistan pushed into child labour, as country marks two years of Taliban rule, https://www.savethechildren.net/news 127

/more-third-children-surveyed-afghanistan-pushed-child-labour-country-marks-two-years-taliban , Zugriff 2.4.2024 ■ UNFPA - United Nations Population Fund (2023): World Population Dashboard -Afghanistan, https: //www.unfpa.org/data/world-population/AF, Zugriff 29.8.2023 ■ UNICEF - United Nations International Children’s Emergency Fund (7.8.2023): Delivering for the children of Afghanistan, https://www.unicef.org/emergencies/delivering-support-afghanistans-child ren, Zugriff 23.8.2023 ■ USDOL - United States Department of Labor [USA] (28.9.2022): 2021 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2082643.html, Zugriff 2.1.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (15.6.2023a): 2023 Trafficking in Persons Report: Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2093602.html, Zugriff 23.6.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023a): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2089060.html, Zugriff 15.5.2023 ■ WoM - Worldometer (2023): Afghanistan Demographics 2023 (Population, Age, Sex, Trends) - Worl dometer, https://www.worldometers.info/demographics/afghanistan-demographics , Zugriff 29.8.2023 20.2.1 Schulbildung in Afghanistan Letzte Änderung 2024-04-05 14:58 Hilfsorganisationen warnen davor, dass dem öffentlichen Bildungssektor in Afghanistan aufgrund der Geschlechterpolitik der Taliban und des Mangels an ausländischen Geldern der Zusam menbruch droht. Ausländische Geber lehnen die Bildungspolitik der Taliban, insbesondere den Ausschluss von Mädchen von höheren Schulen, ab. Nach Angaben der Vereinten Nationen hatte der jahrzehntelange Konflikt in Afghanistan verheerende Auswirkungen auf das Schulsys tem. Im Jänner und Februar 2022 zahlte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) afghanischen Lehrern ein Unterstützungsgehalt von 100 Dollar pro Person, stellte die Zahlun gen jedoch ein, nachdem die Taliban ihre Zusage, im März 2022 wieder Sekundarschulen für Mädchen zu eröffnen, nicht eingehalten hatten. Hochrangige Taliban-Vertreter, wie der Minister für höhere Bildung, haben sich öffentlich über moderne Bildung beschwert und eine strenge Is lamisierung des afghanischen Bildungssystems versprochen (VOA 16.9.2022). Darüber hinaus wandeln die Taliban öffentliche Schulen zunehmend in religiöse Seminare um (VOA 16.9.2022; vgl. RFE/RL 25.6.2022) und überarbeiten den Lehrplan (VOA 16.9.2022; vgl. 8am 17.12.2022, DIP 21.12.2022). Es wird auch darüber berichtet, dass die Gewalt gegen Kinder in den Schulen zugenommen hat. Nach Angaben der NGO Rawadari geht diese Gewalt vor allem von dem neuen Lehrpersonal aus, welches durch die Taliban eingestellt wurde (Rawadari 11.2023). Die Taliban-Behörden setzen die Umgestaltung des modernen Bildungssystems fort, indem sie Taliban-Mitgliedern neue Lernmöglichkeiten boten und die Möglichkeiten für Frauen und Mädchen einschränkten (UNGA 1.12.2023). Zunächst wurde Mädchen den Besuch von höheren Schulen untersagt, die Geschlechtertrennung und eine neue Kleiderordnung an öffentlichen Universitäten durchgesetzt und versprochen, den nationalen Lehrplan zu überarbeiten (RFE/ RL 25.6.2022). Später wurde Frauen der Besuch von Universitäten komplett verboten (HRW 20.12.2022; vgl. RFE/RL 22.12.2022). Am 6.11.2023 erklärte der Taliban-Minister für auswärtige Angelegenheiten in einem Medieninterview, dass die Frage der Frauenbildung von den Taliban- Ministerien für Bildung und Hochschulbildung geprüft werde. Die Taliban-Behörden förderten weiterhin Madrassas als wichtiges Element ihres Bildungsprogramms. Der Taliban-Minister für 128

Bildung trat in ganz Afghanistan öffentlich auf und betonte, dass in öffentlichen Schulen und Madrassas sowohl moderne als auch religiöse Fächer unterrichtet werden sollten, um die Kluft zwischen beiden zu beseitigen. In den Provinzen wurde mit dem Bau neuer Madrassas für männliche und weibliche Schüler begonnen, und es sind weitere geplant, wobei die Mädchen jedoch weiterhin nur die Primarstufe der Schulen besuchen können (UNGA 1.12.2023). Das afghanische Medium Hasht-e Subh veröffentlichte im Dezember 2022 den endgültigen Plan der Taliban zur Änderung der Lehrpläne (8am 17.12.2022; vgl. DIP 21.12.2022). Dem zufolge werden nicht nur mehrere Lehrbücher und Fächer aus dem Lehrplan gestrichen (8am 17.12.2022; vgl. HRW 11.12.2023), sondern auch zahlreiche Vorschläge unterbreitet, die den In halt der Lehrbücher weitgehend verändern und den Lehrplänen der früheren Taliban-Herrschaft in den späten 1990er-Jahren ähneln. In den Lehrbüchern sollen alle Bilder von Lebewesen ent fernt werden; besonders bedenklich sind für die Taliban Darstellungen von kleinen Mädchen und Menschen beim Sport sowie Bilder von Anatomie in Biologie-Lehrbüchern. Ebenfalls verboten ist jede positive Erwähnung von Demokratie und Menschenrechten, die Förderung von Frieden, Frauenrechten und Bildung, die Vereinten Nationen (dem Bericht zufolge eine „ böse Organisa tion“), die Erwähnung von Musik, Fernsehen, Partys und Feiern, einschließlich Geburtstagen, nicht-muslimische Persönlichkeiten wie Wissenschaftler oder Erfinder (Thomas Edison wird als Beispiel genannt), die Erwähnung von Minen und deren Gefahren (wegen ihrer Verbindung zu den Taliban), Radio („ koloniale Medien“), Bevölkerungsmanagement und die Erwähnung von Wahlen. Selbst historische und literarische Persönlichkeiten Afghanistans, die die Taliban ablehnen, wie berühmte Dichter und schiitische Persönlichkeiten, werden aus dem Lehrplan gestrichen. Alte afghanische Kulturtraditionen, vom Attan-Tanz und Nawruz bis hin zu einheimi schen Musikinstrumenten und der farbenfrohen traditionellen Kleidung der Frauen, sollen aus den Lehrbüchern gestrichen werden. Andere Traditionen können zwar erwähnt werden, aber nur, um zu erklären, warum sie schändlich sind; so sollen die Lehrer beispielsweise die „ Häss lichkeit“ der riesigen Buddhas von Bamyan hervorheben und die Zerstörung solcher Idole durch die Taliban feiern. „ Nicht-islamische Überzeugungen“ wie „ Liebe zu allen Menschen“ sollten weggelassen werden. Mitglieder des Taliban-Revisionsausschusses erklären, dass der Zweck des Lehrplans darin besteht, „ die ideologischen Interessen der Taliban aufrechtzuerhalten und zu erweitern“, und nach Einschätzung von Hasht-e Subh „ versuchen die Taliban, eine Ideologie zu kultivieren, die in Konflikt mit anderen Religionen und Kulturen steht“. In ihren eigenen Worten empfiehlt das Taliban-Komitee, dass die „ Saat des Hasses gegen westliche Länder in die Köpfe der Schüler gepflanzt werden sollte“ (8am 17.12.2022; vgl. DIP 21.12.2022). Im Juli 2023 schlossen die Taliban Lehrerausbildungszentren im ganzen Land (BAMF 31.12.2023; vgl. TN 12.7.2023). Laut Bildungsministerium der Taliban seien die Lehrerausbildungszentren „ ineffektiv und unnötig“ (KP 13.7.2023; vgl. 8am 16.7.2023). Berichten zufolge ist das Tali ban-Bildungsministerium dabei, männliche und weibliche Lehrkräfte, die zuvor in den im Juli abgeschafften Lehrerausbildungszentren beschäftigt waren, in andere Abteilungen, Schulen und Madrassas zu versetzen. Am 4.9.2023 gab die nationale Prüfungsbehörde die Ergebnisse der jährlichen Hochschulaufnahmeprüfung des Landes bekannt. Keiner der 84.234 teilnehmen den Abiturienten war weiblich (UNGA 1.12.2023). Human Rights Watch berichtet, dass Frauen 129

verboten wurde, männliche Schüler zu unterrichten, wodurch weibliche Lehrkräfte ihrer Arbeit beraubt wurden und die Schüler in weiterer Folge oft von unqualifizierten männlichen Ersatz lehrern unterrichtet werden. Körperliche Züchtigung, schon lange ein Problem an afghanischen Schulen, hat ebenso zugenommen (HRW 11.12.2023). Anm.: Weitere Informationen zur Schulbildung von Mädchen finden sich im Unterkapitel „ Bildung für Frauen und Mädchen“ im Kapitel „ Frauen“. Quellen ■ 8am - Hasht-e Sobh (16.7.2023): Dissolution of Teacher Training Department: Trainers and Staff Demand a Reconsideration, https://8am.media/eng/dissolution-of-teacher-training-department-tra iners-and-staff-demand-a-reconsideration , Zugriff 24.1.2024 ■ 8am - Hasht-e Sobh (17.12.2022): EXCLUSIVE: Taliban Modify Education Curriculum to Propagate Violence and Bigotry - Hasht-e Subh Daily, https://8am.media/eng/exclusive-taliban-modify-educati on-curriculum-to-propagate-violence-and-bigotry/?fbclid=IwAR3pDgU_RfsRxB679XHZLctkQ7Kv7 B1r2qlFyobzFv6znap0L7n8l1ttoQI, Zugriff 30.1.2023 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (31.12.2023): Briefing Notes Zu sammenfassung: Afghanistan - Juli bis Dezember 2023, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/app/nod es/29188455, Zugriff 22.1.2024 [Login erforderlich] ■ DIP - Diplomat, The (21.12.2022): What Does a Taliban School Curriculum Look Like?, https://thed iplomat.com/2022/12/what-does-a-taliban-school-curriculum-look-like , Zugriff 27.1.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (11.12.2023): Afghanistan: Taliban Schools Also Failing Boys, https: //www.hrw.org/news/2023/12/05/afghanistan-taliban-schools-also-failing-boys , Zugriff 22.3.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (20.12.2022): Afghan University Women Feared This Dark Day, https: //www.ecoi.net/en/document/2084641.html, Zugriff 29.12.2022 ■ KP - Khaama Press (13.7.2023): Authorities Confirm Closure of Teacher Training Centers Across Afghanistan, https://www.khaama.com/authorities-confirm-closure-of-teacher-training-centers-acr oss-afghanistan, Zugriff 24.1.2024 ■ Rawadari - Rawadari (11.2023): The human Rights Situation of Children in Afghanistan: Violations of Civil and Political Rights – Rawadari, https://rawadari.org/wp-content/uploads/2023/11/RW_Chil dReport_English.pdf?#, Zugriff 2.4.2024 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (22.12.2022): Taliban Violently Disperses Women’s Protest Against University Ban, https://www.ecoi.net/en/document/2084556.html, Zugriff 29.12.2022 ■ RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (25.6.2022): ’War On Education’: Taliban Converting Secular Schools Into Religious Seminaries, https://www.rferl.org/a/taliban-secular-schools-convert ed-madrasahs-education/31914672.html, Zugriff 31.1.2023 ■ TN - Tolonews (12.7.2023): DeepL UÜbersetzer: Der praäziseste UÜbersetzer der Welt, https: //www.deepl.com/de/translator, Zugriff 24.1.2024 ■ UNGA - United Nations General Assembly (1.12.2023): The situation in Afghanistan and its implica tions for international peace and security, https://www.ecoi.net/en/file/local/2102425/N2336960.pdf, Zugriff 14.2.2024 ■ VOA - Voice of America (16.9.2022): Public Education in Afghanistan Faces Collapse, for Boys and Girls, https://www.voanews.com/a/public-education-in-afghanistan-faces-collapse-for-boys-and-gir ls-/6749304.html, Zugriff 31.1.2023 20.3 Mitglieder der ehemaligen Regierung / Streitkräfte / ausländischer Organisationen Letzte Änderung 2024-03-29 09:57 Die Taliban haben offiziell eine „ Generalamnestie“ für Angehörige der ehemaligen Regierung und Sicherheitskräfte angekündigt (AA 26.6.2023; vgl. UNAMA 22.8.2023). Hochrangige Taliban, auch das Oberhaupt der Bewegung, Emir Haibatullah Akhundzada, haben die Taliban-Kämpfer 130

wiederholt zur Einhaltung der Amnestie aufgefordert und angeordnet, von Vergeltungsmaßnah men abzusehen (AA 26.6.2023; vgl. UNAMA 22.8.2023). Berichte über Verstöße gegen diese Amnestie wurden von den Taliban-Behörden zurückgewiesen und erklärt, dass diese Verstöße auf „ persönlicher Feindschaft oder Rache“ beruhten und nicht auf einer offiziellen Anweisung zu solchen Handlungen (UNAMA 22.8.2023). Außerhalb offizieller Kommunikation jedoch verbrei ten Taliban-Offizielle bzw. ihnen nahestehende Kommentatoren, u. a. in den sozialen Medien, das Narrativ, dass ehemalige Regierungsmitglieder bzw. -angestellte, aber auch Personen, die mit ausländischen Regierungen gearbeitet haben, Verräter am Islam und an Afghanistan sind (AA 26.6.2023). Es wird berichtet, dass sich die Kampagnen der Taliban auch gegen die Famili enmitglieder ehemaliger Militär- und Polizeikräfte richten (KaN 18.10.2023). Während zielgerichtete, groß angelegte Vergeltungsmaßnahmen gegen ehemalige Angehöri ge der Regierung oder Sicherheitskräfte, oder Verfolgung bestimmter Bevölkerungsgruppen, bislang nicht nachgewiesen werden konnten (AA 26.6.2023), berichten Menschenrechtsorgani sationen allerdings über Entführungen und Ermordungen ehemaliger Angehöriger des Staats apparats und der Sicherheitskräfte (AA 26.6.2023; vgl. HRW 12.1.2023). Diese Fälle lassen sich zumindest teilweise eindeutig Taliban-Sicherheitskräften zuordnen. Inwieweit diese Taten poli tisch angeordnet wurden, ist nicht zu verifizieren. Sie wurden aber durch die Taliban-Regierung trotz gegenteiliger Aussagen mindestens toleriert bzw. nicht juristisch verfolgt (AA 26.6.2023). Im März 2022 gründeten die Taliban die Kommission für die Verbindungsaufnahme und Rückfüh rung afghanischer Persönlichkeiten (KaN 18.10.2023; vgl. SIGAR 2.2023), um mit hochrangigen ehemaligen Beamten und Spitzenmilitärs über ihre Rückkehr ins Land zu verhandeln und ih nen Sicherheit und Schutz zu versprechen. Die Rückkehrer erhalten „ Immunitätskarten“, um sicherzustellen, dass sie nicht aufgrund ihrer früheren Tätigkeit inhaftiert werden. Einige müs sen sich die Karten nach ihrer Rückkehr besorgen, was sich als äußerst schwierig erweist, da die Taliban keine speziellen Registrierungszentren bekannt gegeben haben und der Zugang zur Kommission nach wie vor schwierig ist. Die Kommission wird von Shahabuddin Delawar, dem Taliban-Minister für Bergbau und Erdöl, geleitet und umfasst sechs weitere hochrangige Taliban-Mitglieder aus Militär und Geheimdienst (KaN 18.10.2023; vgl. TN 17.3.2022). Seit ihrer Gründung ist es der Kommission gelungen, eine Reihe ehemaliger Beamter, darunter hoch rangige Militär- und Polizeibeamte, zur Rückkehr in das Land zu bewegen. Während einige von ihnen der Rückkehr zugestimmt haben, haben viele aus Angst vor den „ falschen Verspre chungen“ der Taliban beschlossen, nicht zurückzukehren. Die Taliban haben sich jedoch jeden prominenten Rückkehrer zunutze gemacht, indem sie ihn auf dem Flughafen von Kabul gefilmt und die Videos dann in den sozialen Medien als Werbematerial verbreitet haben. Die meisten Rückkehrer werden später zu Taliban-Unterstützern, befürworten ihre Ideologie und fordern weltweite Anerkennung. Manche sehen diese Rückkehr als eine Treueerklärung an die Taliban. Einige Mitglieder der ehemaligen Streitkräfte, die nach Versprechungen der Taliban nach Af ghanistan zurückgekehrt waren, gaben an, wie Feinde behandelt worden zu sein, und dass ihre persönlichen Daten über Social-Media verbreitet wurden. Während einer angab, dass er kurz fristig verhaftet und verhört und sein Haus im Anschluss mehrfach von den Taliban durchsucht wurde, gab ein anderer Rückkehrer an, dass er zusätzlich einen Taliban-Beamten mit 50.000 131

AFN bestechen musste, um eine „ Immunitätskarte“ zu erhalten. Zusätzlich mussten Rückkehrer einen Treueid auf die Taliban leisten (KaN 18.10.2023). Die Vereinten Nationen (VN) (UNAMA 22.1.2023), Nichtregierungsorganisationen (NGOs) (HRW 11.1.2024) sowie Medien (Afintl 3.2.2024; vgl. RFE/RL 13.11.2023, KaN 18.10.2023, 8am 23.7.2023) berichten von Entführungen und Ermordungen von ehemaligen Regierungs- und Sicherheitskräften seit August 2021 (AA 26.6.2023; vgl. ACLED 11.8.2023). Täter können davon ausgehen, dass auch persönlich motivierte Taten gegen diesen Personenkreis nicht geahndet werden (AA 26.6.2023). Für den Zeitraum vom 16.8.2021 - 30.5.2023 verzeichnet ACLED über 400 Gewalttaten gegen ehemalige Regierungs- und Sicherheitsbeamte, von denen 290 von den Taliban verübt wur den (siehe nachstehende Grafik). Bei vielen Angriffen, die von nicht identifizierten Angreifern verübt wurden, haben lokale Quellen oder Familien der Opfer die Taliban beschuldigt, dafür verantwortlich zu sein (ACLED 11.8.2023). Quelle 13: ACLED 11.8.2023 UNAMA dokumentiert für denselben Zeitraum (15.8.2021 - 30.6.2023) sogar mindestens 800 Menschrechtsverletzungen gegen ehemalige Regierungs- und Sicherheitsbeamte, darunter 132

außergerichtliche Tötungen, gewaltsames Verschwinden, willkürliche Verhaftungen und Inhaf tierungen, Folter und Misshandlungen sowie Drohungen (UNAMA 22.8.2023). Quelle 14: UNAMA 22.8.2023 Nach Angaben von UNAMA sind ehemalige Angehörige der afghanischen Nationalarmee am stärksten von Menschenrechtsverletzungen bedroht, gefolgt von der Polizei (sowohl der afgha nischen Nationalpolizei (ANP) als auch der afghanischen Lokalpolizei (ALP)) und Beamten der National Directorate of Security (NDS). Menschenrechtsverletzungen gegen ehemalige Regie rungsbeamte und Angehörige der ANDSF wurden in allen 34 Provinzen registriert, wobei die meisten Verletzungen in den Provinzen Kabul, Kandahar und Balkh verzeichnet wurden. Die oben genannten Gruppen sind zwar in allen Provinzen gefährdet, doch scheint es in einigen Gegenden zu einer verstärkten gezielten Gewalt zu kommen. So dokumentierte UNAMA min destens 33 Menschenrechtsverletzungen gegen ehemalige ANP-Mitglieder in Kandahar (mehr als ein Viertel aller Menschenrechtsverletzungen gegen ehemalige ANP-Mitglieder im ganzen Land) und mindestens elf Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Khost gegen ehemalige Mitglieder der Khost Protection Force (KPF), darunter außergerichtliche Tötungen, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen sowie Folter und Misshandlungen (UNAMA 22.8.2023). Für die meisten der von UNAMA berichteten Verstöße liegen nur begrenzte Informationen über die Maßnahmen vor, die von den Taliban-Behörden ergriffen wurden, um die Vorfälle zu untersu chen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. In einigen Fällen hat UNAMA Berichte erhalten, dass die mutmaßlichen Täter von Vorfällen, die sich gegen ehemalige Regierungsbeamte und 133
