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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
1 Länderspezifische Anmerkungen Letzte Änderung 2024-11-15 17:25 Sofern nicht anders angegeben, schließen die Themenbereiche der Länderinformationen zu Armenien die Situation in Berg-Karabach, die seit September 2023 zu Aserbaidschan gehört und mit Jänner 2024 aufgelöst wurde, nicht ein. Armenien wird in Österreich laut Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV) derzeit als sicherer Her kunftsstaat geführt. Vom länderkundlichen Standpunkt aus geben die jüngsten Aktualisierungen der Länderinformationen zu Armenien keinen Anlass zur Änderung der länderkundlichen Ein schätzung zur Eigenschaft als sicherer Herkunftsstaat im Sinne der HStV. 2 COVID-19 Letzte Änderung 2024-11-06 11:43 Informationen zur COVID-19-Situation in Armenien werden hauptsächlich in diesem Kapitel ihren Eingang finden. Vereinzelte Informationen finden sich jedoch auch in den nachfolgenden Kapiteln. Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.in t/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports oder der Johns-Hopkins- Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740f d40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren. Am 5. Mai 2023 hat die WHO das Ende der internationalen gesundheitlichen Notlage (PHEIC) für Covid-19 erklärt (AA 17.5.2023). Quelle ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (17.5.2023): Covid-19, https://www.auswaertiges-amt.de/de /ReiseUndSicherheit/reise-gesundheit/reisemedizinische-hinweise/Coronavirus/-/2309820 , Zugriff 14.10.2024 3 Politische Lage Letzte Änderung 2024-11-06 11:49 Die armenische Verfassung sieht eine parlamentarische Republik mit einer Einkammer-Legisla tive, der Nationalversammlung (Parlament), vor. Der vom Parlament gewählte Premierminister steht an der Spitze der Regierung; der ebenfalls vom Parlament gewählte Präsident hat weit gehend eine zeremonielle Funktion (USDOS 20.3.2023). Der Präsident wird vom Parlament für eine einzige siebenjährige Amtszeit gewählt. Die meiste Exekutivgewalt liegt beim Premierminis ter, der von einer Parlamentsmehrheit gewählt wird. Im Januar 2022 trat der vor der Revolution von 2018 gewählte Präsident Armen Sargsyan zurück. Vahagn Khachaturyan, der als Minister für Hightech-Industrie tätig war, wurde zum neuen Präsidenten gewählt (FH 2024a). 1

Die Nationalversammlung besteht aus mindestens 101 Mitgliedern, die für fünf Jahre nach dem Verhältniswahlrecht mit geschlossenen Listen gewählt werden. Bis zu vier zusätzliche Sitze sind für Vertreter ethnischer Minderheiten reserviert, und es können weitere Sitze hinzugefügt werden, um sicherzustellen, dass die Oppositionsparteien mindestens 30 Prozent der Sitze halten (FH 2024a). Laut OSZE-Wahlbeobachtern sind die Parlamentswahlen von 2021 frei und fair gewesen (AA 5.3.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, FH 2024a). Die Grundrechte und -freiheiten wurden im Allge meinen geachtet, und die Kandidaten konnten ihren Wahlkampf frei führen (USDOS 23.4.2024). Die Regierungspartei „ Bürgerlicher Vertrag“ von PM Paschinjan ist aus den Wahlen 2021 als stärkste Partei hervorgegangen. Sie erreichte mit 54 Prozent der Stimmen die absolute Mehr heit, verfehlte allerdings die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. In der 107-köpfigen Nationalversammlung sind die Sitze wie folgt verteilt: 71 Sitze für die Regie rungspartei, 29 Sitze für die Partei „Armenien“, 6 Sitze für die Partei „ Habe die Ehre“ sowie ein Sitz für einen fraktionslosen Abgeordneten (AA 5.3.2024). Der Wahlsieg der Partei „ Bürgerli cher Vertrag“ von Premierminister Nikol Paschinjan bei den vorgezogenen Parlamentswahlen ermöglichte es ihm, sein Amt zu behalten (FH 2024a). Mit einer Reform im April 2021 wurde ein einfaches Verhältniswahlsystem auf der Grundla ge eines landesweiten Wahlkreises eingeführt, und die vorgezogenen Wahlen im Juni wurden erfolgreich nach dem neuen System durchgeführt. Im Mai 2023 schlug die Regierung neue Änderungen des Wahlgesetzes vor. Die Venedig-Kommission und die Organisation für Sicher heit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten in einem gemeinsamen Bericht die Häufigkeit der Wahlgesetzänderungen als „ auffällig“ und bedauerten, dass nicht alle früheren Empfehlungen berücksichtigt wurden (FH 2024a). Im April 2021 nahm das Parlament Änderungen an, die härtere Strafen für Stimmenkauf, Gewalt im Zusammenhang mit Wahlen und Störung des Wahlprozesses vorsehen. Sie stellten auch die Behinderung von Wahlkampfaktivitäten unter Strafe. Obwohl bei den Wahlen im Juni 2021 ein Rückgang solcher Praktiken zu verzeichnen war, berichteten internationale Beobachter weiterhin über Vorwürfe, darunter vereinzelte Vorfälle von Stimmenkauf und Missbrauch von Verwaltungsmitteln (FH 2024a). Nach der Eroberung von Bergkarabach durch aserbaidschanische Truppen im September 2023 kam es zu einer Reihe von Demonstrationen gegen die Regierung. In Eriwan setzte die Po lizei Licht- und Tontechnik gegen Demonstranten ein, die den Rücktritt von Premierminister Paschinjan forderten (FH 2024a; vgl. BAMF 25.9.2023). Russland hat die Republik Armenien im Südkaukasus vor einer Hinwendung zum Westen ge warnt. Im Kaukasus galt Russland lange als Schutzmacht Armeniens. Doch die Beziehungen sind zuletzt abgekühlt. Armeniens Premier Nikol Paschinjan orientiert sein Land gen Westen. Russland hat daraufhin tatenlos zugesehen, wie aserbaidschanische Truppen die zwischen Eri wan und Baku umstrittene Konfliktregion Bergkarabach eroberten. Der Kreml-Pressesprecher 2

Peskow betonte, dass Russland Armenien weiter als „ Bruderland und Verbündeten“ sehe. Russ land wolle die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Land. Moskau unterhält in Armenien einen Truppenstützpunkt (Stern 24.7.2024). Im März [2024] hatte Paschinjan angekündigt, die Mitgliedschaft in der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) zu beenden, wenn das Bündnis sich nicht in zufriedenstellen der Weise zur Wahrung der Sicherheit seines Landes verpflichtet. Die Beziehungen zwischen Russland und Armenien haben sich stark eingetrübt, seit Aserbaidschan die Kaukasus-Region Berg-Karabach vergangenen September gewaltsam eroberte, obwohl dort russische Friedens truppen stationiert sind. Auch die OVKS griff nicht ein (Tagesspiegel 13.6.2024). Die Grenzziehung zwischen Armenien und Aserbaidschan hat begonnen. Die Verantwortlichen der beiden Länder konnten sich ohne direkte ausländische Vermittlung einigen (azvision.az 1.5.2024). Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan hat sich über Verhandlungen um ein Friedensabkommen mit dem Nachbarn Aserbaidschan zuversichtlich geäußert, dass „ Frieden zwischen Armenien und Aserbaidschan nicht nur möglich, sondern in Reichweite“ ist. Paschinjan erklärte sich bereit, eine von Aserbaidschans Hauptforderungen zu erfüllen: einen Transportkor ridor über armenisches Gebiet, der Aserbaidschan mit seiner Exklave Nachitschewan verbindet. Armenien sei bereit, „ die Sicherheit des Transports von Frachtfahrzeugen und Menschen auf seinem Territorium in vollem Umfang zu gewährleisten“. Eine weitere Hürde ist ein Passus in Armeniens Verfassung, der die Wiedervereinigung mit Bergkarabach vorsieht. Beide Seiten geben an, 80 Prozent des Abkommens seien fertig, Aserbaidschan besteht allerdings auf der Klärung aller Fragen (Zeit Online 27.9.2024; vgl. CW 2.9.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.3.2024): Auswärtiges Amt - Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in Armenien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2105332/Auswärtiges_ Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Armenien,_05.03.2024.pdf , Zugriff 3.4.2024 [Login erforderlich] ■ azvision.az - azvision.az (1.5.2024): Präsident Aliyev: Abgrenzungsprozess zwischen Aserbaidschan und Armenien ohne jegliche Vermittlung durchgeführt, https://de.azvision.az/news/120996/präsiden t‐aliyev‐‐abgrenzungsprozess‐zwischen‐aserbaidschan‐und‐armenien‐ohne‐jegliche‐vermittlung‐d urchgeführt.html, Zugriff 6.8.2024 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (25.9.2023): Briefing Notes - Arme nien/Aserbaidschan, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-28971178/Deutschland._Bundesa mt_für_Migration_und_Flüchtlinge,_Briefing_Notes,_KW_39,_25.09.2023.pdf?nodeid=28971179&v ernum=-2, Zugriff 20.9.2024 ■ CW - Caucasus Watch (2.9.2024): Armenien und Aserbaidschan einigen sich auf den Großteil des Friedensabkommens, Paschinjan drängt auf sofortige Unterzeichnung, https://caucasuswatch.de/d e/news/armenien-und-aserbaidschan-einigen-sich-auf-den-grossteil-des-friedensabkommens-pas chinjan-drangt-auf-sofortige-unterzeichnung.html , Zugriff 17.10.2024 ■ FH - Freedom House (2024a): Freedom in the World 2024 - Armenia, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2105009.html, Zugriff 3.4.2024 ■ Stern - Stern (24.7.2024): Drohung aus Russland: Peskow warnt Armenien vor ukrainischem Weg, https://www.stern.de/politik/ausland/drohung-aus-russland--peskow-warnt-armenien-vor-ukrainisc hem-weg-34911450.html, Zugriff 6.8.2024 ■ Tagesspiegel - Tagesspiegel (13.6.2024): „Keine Sorge, wir werden nicht zurückkehren“: Armenien wird russisches Militärbündnis OVKS verlassen, https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ke 3

ine-sorge-wir-werden-nicht-zurückkehren-armenien-wird-russisches-militärbündnis-ovks-verlass en/ar-BB1o7ZlI, Zugriff 4.10.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: Armenia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107681.html, Zugriff 29.4.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Armenia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089129.html, Zugriff 7.9.2023 ■ Zeit Online - Zeit Online (27.9.2024): Konflikt um Grenzregion Bergkarabach: Armenien sieht Frie densabkommen mit Aserbaidschan in Reichweite, https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-09/arme nien-aserbaidschan-konflikt-bergkarabach-friedesnabkommen-un , Zugriff 4.10.2024 4 Sicherheitslage Letzte Änderung 2024-11-06 11:50 Das BMEIA attestiert ein hohes Sicherheitsrisiko in den Grenzgebieten zu Aserbaidschan, wäh rend im Rest des Landes ein guter Sicherheitsstandard besteht (BMEIA 14.10.2024). Trotz Waffenstillstands bleibt die Lage angespannt und militärische Zwischenfälle im Grenzgebiet lassen sich nicht ausschließen (EDA 18.10.2024). Seit Anfang Mai kommt es in Eriwan und einigen Gebieten im Norden Armeniens verstärkt zu bislang friedlich verlaufenden politischen Demonstrationen (AA 18.10.2024). Das Land wurde in den letzten Jahren durch den militärischen Druck Aserbaidschans stark beeinträchtigt. Im September 2023 floh fast die gesamte ethnische armenische Bevölkerung von Berg-Karabach, das seit 1994 de facto unabhängig von Aserbaidschan war, nach Armeni en, nachdem das aserbaidschanische Militär die örtlichen Verteidigungskräfte besiegt und die vollständige Kontrolle über das Gebiet übernommen hatte (FH 2024a; vgl. HRW 11.1.2024). Am 19.09.2023 hat Aserbaidschan eine Militäroperation zur Eroberung der Region Berg-Kara bach gestartet. Nur einen Tag später ergaben sich die Karabach-Armenier (BAMF 25.9.2023; vgl. Standard 28.9.2023). Russland als traditionelle Schutzmacht Armeniens hatte die Aser baidschaner bei ihrer Militäroffensive gewähren lassen. Armeniens Regierungschef Paschinjan machte Moskau deshalb Vorwürfe. Russland warf Eriwan wiederum vor, mit seiner jüngsten Hinwendung zum Westen einen „ großen Fehler“ zu begehen (Standard 28.9.2023). Nachdem die aserbaidschanischen Streitkräfte im September 2023 die Kontrolle über Berg-Ka rabach übernommen hatten, kam es zu einer Reihe von regierungsfeindlichen Demonstrationen. In Eriwan ging die Polizei mit Licht- und Schallgeräten gegen Demonstranten vor, die den Rücktritt von Premierminister Pashinyan forderten (FH 2024a; vgl. BAMF 25.9.2023). Das Hel sinki-Komitee von Armenien, eine Nichtregierungsorganisation, die die Proteste beobachtete, berichtete, dass die Polizei zeitweise „ unverhältnismäßige und wahllose Gewalt“ anwendete (AI 24.4.2024). Während des gesamten Jahres 2023 wurde von sporadischen Schießereien des aserbaidscha nischen Militärs in den Grenzgebieten der Provinzen Gegharkunik, Syunik und Ararat berichtet (FH 2024a). Viele Armenier werfen der traditionellen Schutzmacht Russland, die seit dem sechswöchigen Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan im Herbst 2020 eine Friedenstruppe mit rd. 2.000 4

Soldaten vor Ort stationiert hat, vor, sie im Stich gelassen zu haben. Armenien ist militärisch betrachtet Aserbaidschan eindeutig unterlegen und kann nicht mehr auf die Unterstützung der russischen Führung bauen (BAMF 25.9.2023). Nach der Massenflucht der Armenier aus Berg-Karabach kamen die meisten Menschen in der armenischen Grenzstadt Goris an. Die Flüchtlinge besitzen in der Regel bereits auch die armeni sche Staatsangehörigkeit oder können sie nun problemlos beantragen. Berichten zufolge wollen viele Flüchtlinge versuchen, zunächst in der Hauptstadt Eriwan unterzukommen. Armenien mit seinen rd. drei Mio. Einwohnern befindet sich in einer schweren innen- und außenpolitischen Krise, die durch die Flüchtlinge und die angespannte wirtschaftliche Situation verschärft wird. UN-Generalsekretär Guterres kündigte unterdessen eine UN-Mission in Berg-Karabach an, was laut Beobachtenden jedoch zu spät kommt und an der völkerrechtswidrigen Vertreibung der armenischen Bevölkerung nichts mehr ändern kann. Armenien ist dringend auf Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft angewiesen. Auch gibt es in Armenien ernsthafte Be fürchtungen, dass Aserbaidschan unter Umständen als nächstes Ziel die territoriale Integrität Armeniens infrage stellen könnte, um sich durch den Süden Armeniens einen Landweg bzw. Korridor in die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan zu schaffen (BAMF 9.10.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.10.2024): Armenien: Reise- und Sicherheitshinweise (Teil reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/armenien-node/armeniensich erheit/201872, Zugriff 18.10.2024 ■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights; Armenia 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107832.html, Zugriff 14.6.2024 ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (9.10.2023): Briefing Notes - Arme nien/Aserbaidschan, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-28977447/Deutschland._Bundesa mt_für_Migration_und_Flüchtlinge,_Briefing_Notes,_KW41,_09.10.2023.pdf?nodeid=28977971&ve rnum=-2, Zugriff 20.9.2024 [Login erforderlich] ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (25.9.2023): Briefing Notes - Arme nien/Aserbaidschan, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-28971178/Deutschland._Bundesa mt_für_Migration_und_Flüchtlinge,_Briefing_Notes,_KW_39,_25.09.2023.pdf?nodeid=28971179&v ernum=-2, Zugriff 20.9.2024 ■ BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (14.10.2024): Armenien, https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/armenien , Zugriff 14.10.2024 ■ EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (18.10.2024): Rei sehinweise für Armenien, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise /armenien/reisehinweise-fuerarmenien.html, Zugriff 18.10.2024 ■ FH - Freedom House (2024a): Freedom in the World 2024 - Armenia, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2105009.html, Zugriff 3.4.2024 ■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Armenia, https://www.ecoi.net/de/do kument/2103145.html, Zugriff 16.1.2024 ■ Standard - Standard, Der (28.9.2023): Behörden in Bergkarabach verkünden Auflösung der Region, https://www.derstandard.at/story/3000000188858/behoerden-in-bergkarabach-verkuenden-aufloes ung-der-region, Zugriff 14.10.2024 5

4.1 Regionale Konfliktzone: Bergkarabach (Berg-Karabach) Letzte Änderung 2024-11-08 08:32 Die Vertreibung ethnischer Aserbaidschaner in den frühen 1990er-Jahren führte zu einer über wiegend ethnischen armenischen Bevölkerung. Die letzte Volkszählung im Jahr 2015 ergab eine Gesamtbevölkerung von etwa 151.000 Menschen, mit kleinen Minderheiten von ethni schen Russen, Ukrainern, Jesiden, Georgiern und Syrern (FH 2024b). Der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um das ehemalige autonome Gebiet Berg karabach (russisch: Nagorny-Karabakh; in Armenien überwiegend „Artsakh“ genannt) ist durch den verlorenen 44-Tage-Krieg im Jahr 2020, durch den Verzicht Armeniens auf territoriale An sprüche auf dieses Gebiet, im Ergebnis durch die militärische Besetzung Bergkarabachs durch Aserbaidschan am 19./20. September 2023 und die damit verbundene Flucht von über 100.000 Armeniern faktisch entschieden. In einem auszuhandelnden Friedensabkommen gilt es, ge genseitig die territoriale Integrität Armeniens und Aserbaidschans anzuerkennen das Recht der Armenier auf Rückkehr in ihre angestammten Siedlungsgebiete bei Wahrung ihrer kulturellen und Minderheiten-Rechte sowie der Sicherheit festzuschreiben (AA 5.3.2024). Die Republik Berg-Karabach, die sich auch Republik Artsakh nannte, genoss nach einem Waf fenstillstandsabkommen aus dem Jahr 1994, das einen etwa zweijährigen offenen Krieg be endete, de facto die Unabhängigkeit von Aserbaidschan, wurde jedoch nie von einem UN-Mit gliedstaat (FH 2024b; vgl. AA 5.3.2024) oder von Armenien anerkannt, praktisch waren beide wirtschaftlich und rechtlich jedoch stark verflochten. Die Bewohner von Bergkarabach haben neben ihrem „ RBK“-Pass armenische Reisepässe erhalten, was jedoch nicht die Verleihung der armenischen Staatsangehörigkeit bedeutete. In Eriwan gibt es eine bergkarabachische Vertretung. Von der „ RBK“ ausgestellte Reisepässe sind äußerlich nur anhand der dreistel ligen Kennziffer des Ausstellungsortes von armenischen Reisepässen zu unterscheiden (AA 5.3.2024). Die Bevölkerung des Gebiets bestand überwiegend aus ethnischen Armeniern und war auf grund ihrer geografischen und diplomatischen Isolation auf enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Armenien angewiesen. Im Jahr 2023 kündigte die lokale Regierung ihre Auflö sung an, nachdem eine von den aserbaidschanischen Behörden geführte Militäroperation zur massenhaften Abwanderung der ethnischen armenischen Bevölkerung geführt hatte. Ende des Jahres waren bilaterale Friedensgespräche zwischen der armenischen und der aserbaidscha nischen Regierung im Gange, und das Gebiet von Berg-Karabach blieb weitgehend entvölkert (FH 2024b). Die von Armenien und Aserbaidschan beim EGMR eingereichten Beschwerden, in denen sie sich gegenseitig beschuldigen, während der Kämpfe in den Jahren 2020 und 2016 Gräuel taten begangen zu haben, warten noch auf eine Entscheidung des Gerichts, ebenso wie die Beschwerden Armeniens nach den schweren Kämpfen im September 2022 entlang der interna tionalen Grenze und innerhalb Armeniens (USDOS 23.4.2024). Nach der Flucht von mehr als 100.000 ethnischen Armeniern aus Berg-Karabach nach Armenien Ende September kündig te das armenische Untersuchungskomitee eine Untersuchung der mutmaßlichen Verbrechen 6

Aserbaidschans gegen die Einwohner von Berg-Karabach an. Armenien hat keine Fortschritte bei der Untersuchung mutmaßlicher Kriegsverbrechen während der Feindseligkeiten mit Aser baidschan im Jahr 2020 gemacht, die von armenischsprachigen Tätern verübt wurden (USDOS 23.4.2024). Politische Lage Der Lachin-Transitkorridor, die einzige verbleibende Straße, die Berg-Karabach mit Armenien und dem Rest der Welt verbindet, wurde bis Ende September von aserbaidschanischen Kräf ten blockiert. Die Blockade, die Ende 2022 begonnen hatte, führte zu schweren Engpässen bei Lebensmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern, sodass UN-Experten im August die Situation als „ schwere humanitäre Krise“ bewerteten. Die aserbaidschanische Regierung leitete am 19. September eine Militäroperation gegen Berg-Karabach ein, die darauf abzielte, die politischen Institutionen zu zerschlagen und das Militär zu entwaffnen. Die zahlen mäßig weit unterlegenen armenischen Streitkräfte in dem Gebiet stimmten am folgenden Tag einem russischen Vorschlag für einen Waffenstillstand zu, der die Auflösung und Entwaffnung der örtlichen Streitkräfte sowie die Abtretung des Gebiets an Baku vorsah. Die örtlichen Be hörden berichteten von Dutzenden von Opfern unter der Zivilbevölkerung während der kurzen Offensive. Am 28. September unterzeichnete Präsident Samvel Shahramanyan ein Dekret, das die Auflösung aller staatlichen Institutionen zum 1. Januar 2024 vorsah. Vor die Wahl gestellt, die aserbaidschanische Herrschaft zu akzeptieren oder das Gebiet zu verlassen, floh fast die gesamte armenische Bevölkerung Ende September durch den Lachin-Korridor, den die aser baidschanischen Streitkräfte am 24. September geöffnet hatten, um den Exodus zu erleichtern, nach Armenien (FH 2024b; vgl. USDOS 23.4.2024). Der Präsident von Berg-Karabach wurde für eine Amtszeit von bis zu zwei Jahren direkt ge wählt und fungierte sowohl als Staatsoberhaupt als auch als Regierungschef und war befugt, Kabinettsmitglieder zu ernennen und zu entlassen. Die letzten Präsidentschaftswahlen fanden im März und April 2020 statt. Sie wurde weithin als die am stärksten umkämpfte Wahl in der jüngeren Geschichte Berg-Karabachs anerkannt, mit einer noch nie dagewesenen Anzahl von 14 Kandidaten und einem intensiven Wahlkampf, der umfangreiche Wahlkampfaktivitäten vor Ort und in den sozialen Medien beinhaltete. Arayik Harutyunyan, ein ehemaliger Premierminis ter und lokaler Geschäftsmann, gewann im zweiten Wahlgang die Mehrheit der Stimmen. Der demokratischere Wahlkampf folgte auf eine politische Öffnung in Armenien im Jahr 2018, als Massenproteste gegen die Regierung und Wahlen eine etablierte Elite verdrängt hatten (FH 2024b). Anfang September 2023 kündigte Harutyunyan seinen Rücktritt inmitten politischer Unruhen an, die durch die Blockade des Lachin-Korridors und Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit der daraus resultierenden Krise ausgelöst wurden. Vor seinem Rücktritt hatte Harutyunyan im Parlament eine unter dem Kriegsrecht geltende Verfassungsänderung durchgesetzt, die es der Legislative ermöglichte, einen Interimspräsidenten zu wählen, falls der Amtsinhaber vor Ablauf seiner Amtszeit zurücktreten würde. Nach Harutyunyans Rücktritt wählte das Parlament mit 22 zu 1 Stimmen Samvel Shahramanyan zum neuen Präsidenten von Berg-Karabach. Nach 7

dem Waffenstillstand im selben Monat unterzeichnete Schahramanyan ein Dekret, mit dem „ alle staatlichen Institutionen und Organisationen, die ihren Ressorts unterstehen, bis zum 1. Januar 2024“ aufgelöst wurden, und die Regierung wurde von den aserbaidschanischen Behörden abgelöst. Im Dezember erklärte Schahramanyan, der nach Armenien geflohen war, das Dekret vom September für ungültig, obwohl diese Ankündigung in Berg-Karabach keine unmittelbaren praktischen Auswirkungen hatte (FH 2024b). Die 33 Mitglieder der Einkammer-Nationalversammlung wurden über Parteilisten gewählt. Die letzten Wahlen fanden im Jahr 2020 parallel zur Präsidentschaftswahl statt. Die Parteien führten ungehindert Wahlkampf in Städten und Dörfern und beteiligten sich an Präsentationen und De batten im Fernsehen. Die von Harutyunyan gegründete Partei Azat Hayrenik (Freies Vaterland) behielt ihre dominierende Stellung in der Legislative und gewann 16 Sitze. Die neu gegründete Oppositionspartei Miasnakan Hayrenik (Vereinigtes Vaterland) erhielt neun Sitze. Die übrigen Sitze gingen an drei andere Parteien. Nach dem Auflösungsdekret des Präsidenten vom Sep tember 2023 und der Abwanderung fast der gesamten Bevölkerung nach Armenien stellte die Nationalversammlung ihre Arbeit ein (FH 2024b). Die Militäroperation der aserbaidschanischen Regierung in dem Gebiet im September 2023 und Schahramanyans Dekret zur Auflösung aller Regierungsorgane und -institutionen in Berg-Ka rabach führten Ende 2023 zur Außerkraftsetzung der bisherigen Wahlgesetze und Rahmen bedingungen. Aufgrund der Abwanderung der Zivilbevölkerung gab es in dem Gebiet keine funktionierende Institution mehr, die in der Lage gewesen wäre, die Wahlgesetze unparteiisch umzusetzen (FH 2024b). Vor September 2023 gab es nur wenige formale Beschränkungen für die Gründung von und die Mitgliedschaft in Parteien, aber die politische Landschaft war in der Praxis aufgrund des umstrittenen Status des Gebiets und der zunehmenden Unsicherheit eingeschränkt. Nach der aserbaidschanischen Militäroperation im September 2023 floh fast die gesamte armenischstäm mige Bevölkerung Berg-Karabachs aus dem Gebiet, wodurch die lokalen politischen Parteien handlungsunfähig wurden. Schahramanyans Dekret zur Auflösung der staatlichen Institutionen ließ die Parteien ebenfalls ohne rechtliche oder praktische Grundlage zurück. Nach dem Weg zug der Bevölkerung im September 2023 und dem Dekret Schahramanyans zur Auflösung aller staatlichen Institutionen gibt es in Berg-Karabach keine lokal gewählten Regierungsorgane und keine politische Opposition (FH 2024b). Die Politik in Berg-Karabach wurde stark von der Androhung einer militärischen Aggression beeinflusst, die das Gebiet in politischer und finanzieller Hinsicht von Armenien abhängig mach te. Diese Abhängigkeit bot ein Druckmittel für die Einmischung Eriwans in die innenpolitischen Angelegenheiten Berg-Karabachs, nahm jedoch nach 2020 etwas ab, als eine erfolgreiche aser baidschanische Offensive Armenien zwang, seine Truppen aus dem Gebiet abzuziehen und die militärische Unterstützung für Berg-Karabach im Rahmen eines Waffenstillstandsabkommens einzustellen. Nach dem Krieg von 2020 spielten die russischen Friedenstruppen eine wichtige Rolle bei der Sicherheit in Berg-Karabach, mischten sich aber nicht in das politische Leben vor Ort ein. Im September 2023, nach der raschen Kapitulation der armenischen Streitkräfte vor dem 8

vorrückenden aserbaidschanischen Militär, erließ Schahramanyan das Dekret zur Auflösung der staatlichen Institutionen, um die „ physische Sicherheit und die lebenswichtigen Interessen“ der Bevölkerung von Berg-Karabach zu schützen. Die aserbaidschanischen Streitkräfte und staatli chen Behörden übernahmen daraufhin die volle Kontrolle über die politischen Angelegenheiten in dem Gebiet (FH 2024b). Die meisten oder alle Sitze in der Nationalversammlung und die Führungspositionen in der Regierung wurden von Personen armenischer Abstammung besetzt, und die Möglichkeiten für Angehörige verschiedener ethnischer, religiöser und anderer Minderheitengruppen, ihre Inter essen in der Politik zu vertreten, waren begrenzt. Frauen waren formal politisch gleichberechtigt, aber soziale Zwänge und ein vorherrschendes Gefühl der Militarisierung des lokalen Lebens schränkten ihre Beteiligung in der Praxis ein, und sie waren in Führungspositionen nur schwach vertreten. Gesellschaftliche Diskriminierung schränkte die politische Beteiligung sexueller Min derheiten ein (FH 2024b). Vor September 2023 war die Fähigkeit der lokal gewählten Vertreter, die Regierungspolitik festzu legen und umzusetzen, in der Praxis durch die Sicherheitsbedrohungen entlang der Kontaktlinie zwischen Berg-Karabach und den aserbaidschanischen Streitkräften sowie durch entsprechen de Warnungen aus Baku eingeschränkt. Obwohl die Verfassung eine enge Zusammenarbeit mit Armenien in den Bereichen der politischen, wirtschaftlichen und militärischen Strategie vorsah, war der Einfluss des armenischen Staates auf die lokale Verwaltung nach dem Krieg von 2020 stark zurückgegangen. Am 28. September 2023 erließ Schahramanyan nach der Kapitulation der armenischen Streitkräfte in Karabach vor dem aserbaidschanischen Militär ein Dekret zur Auf lösung der lokalen Regierungsinstitutionen. Alle gewählten Gremien wurden faktisch aufgelöst. Gegen mehrere hochrangige lokale Beamte wurde Ende des Jahres vor aserbaidschanischen Gerichten Anklage erhoben (FH 2024b). Die Institutionen von Berg-Karabach litten unter erheb licher Korruption. Die Auflösung der lokalen Regierungsinstitutionen Ende 2023 hatte zur Folge, dass die öffentlichen Antikorruptionsstellen und andere Schutzmechanismen gegen Amtsmiss brauch abgeschafft wurden (FH 2024b). Im Dezember 2022 begannen aserbaidschanische Aktivisten, den Lachin-Transitkorridor zu blo ckieren, die einzige Straße, die Berg-Karabach mit Armenien und dem Rest der Welt verbindet. UN-Experten erklärten im August 2023, dass die anhaltende Blockade das Leben der Bewoh ner, insbesondere von Kindern, Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen, schwangeren Frauen und Kranken, erheblich gefährdete, und nannten die Situation eine „ schwere humanitäre Krise“. Die Bewohner hatten nur begrenzten Zugang zu lebenswichtigen Gütern wie Lebensmit teln, Treibstoff und Medikamenten. Aserbaidschanische Streitkräfte errichteten im April einen Kontrollpunkt an der Straße, obwohl offiziell russische Friedenstruppen für die Sicherheit des Korridors verantwortlich waren. Nach der zweitägigen Militäroperation des aserbaidschanischen Regimes konnten ethnische Armenier durch den Lachin-Korridor aus dem Gebiet fliehen. Vor die Wahl gestellt, die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft und die aserbaidschanische Re gierung zu akzeptieren oder das Gebiet zu verlassen, wurde fast die gesamte armenische Bevölkerung von mehr als 100.000 Personen nach Armenien evakuiert (FH 2024b). 9

Vor September 2023 war der beliebteste lokale Fernsehsender das staatlich geführte Artsakh TV. Die redaktionelle Politik des Senders hatte sich seit der politischen Öffnung in Armenien im Jahr 2018 erheblich verändert, und in den letzten Jahren war eine größere Meinungsvielfalt zu beobachten. Nach der aserbaidschanischen Militäroperation vom September 2023 flohen lokale Journalisten aus dem Gebiet, und Radio- und Fernsehsender stellten ihren Betrieb ein. Die aserbaidschanischen Behörden erklärten, dass aserbaidschanische Nachrichteninhalte in dem Gebiet ausgestrahlt werden. Die Pressefreiheit in Aserbaidschan ist stark eingeschränkt (FH 2024b). Die Verfassung von Berg-Karabach garantierte Religionsfreiheit, ließ aber Einschränkungen im Namen der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und anderer staatlicher Interessen zu. Die Charta erkannte auch die Armenische Apostolische Kirche als „ Nationalkirche“ des armenischen Volkes an. Die Religionsfreiheit anderer Gruppen wurde in der Praxis eingeschränkt. Ein Gesetz aus dem Jahr 2009 verbot die religiöse Betätigung nicht registrierter Gruppen und Proselytismus von Minderheitsreligionen und erschwerte die Registrierung von Minderheitengruppen. Bei der aserbaidschanischen Offensive 2023 wurden Berichte über die Beschädigung christlicher Ein richtungen bekannt. Aktivisten machten sich auf den Weg, um die Schäden zu dokumentieren, aber der fehlende physische Zugang behinderte ihre Bemühungen. Das aserbaidschanische Regime übt eine strenge Kontrolle über die Religionsausübung durch staatlich anerkannte Ein richtungen aus (FH 2024b). In den letzten Jahren haben Schulen und Universitäten eine zunehmende Selbstzensur bei sensiblen Themen praktiziert, insbesondere bei Themen, die mit dem Status und der Sicherheit des Gebiets zusammenhängen. Ab Dezember 2022 führte die Blockade des Lachin-Korridors zu Engpässen bei den Schulmaterialien. Stromausfälle unterbrachen die Online-Lernprogramme. Die aserbaidschanische Militäroperation und der daraus resultierende Exodus der Mehrheit der Bevölkerung von Berg-Karabach im September 2023 legten das lokale Bildungssystem faktisch lahm (FH 2024b). Vor September 2023 war die private Diskussion im Allgemeinen offen und frei, obwohl die Äuße rung abweichender Meinungen durch die vorherrschende nationalistische Stimmung in Politik und Gesellschaft etwas gehemmt werden konnte. Mit der Auflösung der lokalen Regierungsor gane nach September 2023 wurde der gesetzliche Schutz der freien Meinungsäußerung faktisch aufgehoben. Die aserbaidschanischen Behörden überwachen die private Kommunikation ohne richterliche Aufsicht und bestrafen abweichende Meinungen hart (FH 2024b). Die Versammlungsfreiheit wurde in den letzten Jahren allgemein geachtet. Im Mai 2023 ver hängte der damalige Präsident Harutyunyan das Kriegsrecht und verbot die meisten öffentlichen Versammlungen, mit Ausnahme derjenigen, die im Zusammenhang mit der Selbstbestimmung, Feiertagen oder Gedenktagen standen und für die eine Genehmigung der Regierung erforder lich war. Mit der Auflösung der Regierungsbehörden nach der Kapitulation der armenischen Streitkräfte in Karabach vor dem aserbaidschanischen Militär im September 2023 wurde der gesetzliche Schutz der Versammlungsfreiheit faktisch aufgehoben. Die aserbaidschanischen 10
