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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Legitimität und distanziert sich von seiner al-Qaida-Vergangenheit. Sein Stil hat sich allmählich von dschihadistischer Tarnkleidung zu staatsmännischen Anzügen gewandelt, während er sich in der internationalen Diplomatie engagiert (CNN 30.12.2024). Arabische Staaten Die Golfstaaten beobachten die Lage genau und versuchen, ihren Einfluss innerhalb der neuen syrischen Regierung auszuweiten (VB Amman 9.2.2025). Am 1.1.2025 kündigten die saudischen Behörden eine Luftbrücke nach Syrien an, um humanitäre Hilfe zu transportieren, während eine Delegation der neuen syrischen Regierung unter der Leitung des neu ernannten Außenministers zu ihrem ersten offiziellen Auslandsbesuch in Riad weilt (AlHurra 2.1.2025). Ash-Shara’ nähert sich dem regionalen Machthaber Saudi-Arabien an und erklärt gegenüber Al Arabiya, dass das Königreich eine wichtige Rolle in der Zukunft Syriens spielen werde. Das Königreich habe in Syrien große Investitionsmöglichkeiten (Arabiya 29.12.2024). In den Jahren der Syrienkrise gab es in Jordanien aufgrund der sich verschlechternden Si cherheitslage Hunderte von Fällen von Infiltration und Schmuggel von Waffen und Drogen, insbesondere von Captagon-Pillen. Auch nach dem Sturz al-Assads kam es zu Schmugglerver suchen, die von den jordanischen Streitkräften unter Anwendung von Gewalt vereitelt wurden (AJ 12.1.2025). Angesichts des Chaos in weiten Teilen Südsyriens sind die jordanischen Be hörden skeptisch, ob sie den Drogen- und Waffenschmuggel aus dem Inneren Syriens nach Jordanien unterbinden können, sodass der Ausnahmezustand, unter dem die Grenzschutzbriga den der Streitkräfte (Arabische Armee) stehen, fortgesetzt werden muss. Im Einzelnen verfügen Schmugglerbanden über große Mengen an Drogen, die immer noch an Orten in Südsyrien gelagert werden. Obwohl die Sponsoren und Unterstützer der Schmuggler aus den regulä ren syrischen Streitkräften (dem Vierten Bataillon, das mit Maher al-Assad, dem Bruder des ehemaligen Präsidenten Bashar al-Assad, verbunden ist) und den mit Teheran verbundenen Milizen verschwunden sind, suchen sie immer noch nach Märkten, um ihre Waren zu verkaufen. Angesichts der chaotischen Szenen in Südsyrien stellen jordanische Politiker das Ausmaß der Kontrolle der Interims-Militärverwaltung über das Gebiet des syrischen Territoriums infrage (AAA 12.1.2025b). Iran Dank der umfassenden Zusammenarbeit mit dem Assad-Regime, die durch die iranische In tervention im Jahr 2013 aufrechterhalten werden konnte, hatte das Korps der Islamischen Re volutionsgarden – Quds Force (IRGC-QF) eine bedeutende militärische Produktions- und Um schlaginfrastruktur im Land aufgebaut, die in erster Linie der Bewaffnung und Stärkung der libanesischen Hizbollah diente (Soufan 16.12.2024). Während das frühere Regime eine enge Allianz mit Iran pflegte, ist das Verhältnis der neuen Machthaber zu Teheran deutlich komple xer und fragmentierter. Einige islamistische Gruppen haben weiterhin Verbindungen zu Iran, während andere versuchen, sich von der schiitischen Einflussnahme zu distanzieren und statt dessen enge Beziehungen zur Türkei oder zu sunnitischen Golfstaaten aufzubauen. Dies führt zu internen Spannungen innerhalb der neuen syrischen Führung und erschwert eine klare au ßenpolitische Ausrichtung. Iran hat an Einfluss verloren, da viele islamistische Gruppierungen 38

Teheran als zu dominant betrachten und sich gegen dessen anhaltende Präsenz in Syrien wenden. Dies hat zu Konflikten zwischen pro-iranischen Milizen wie der Hizbollah und den neu en Machthabern geführt, insbesondere in Gebieten wie Deir ez-Zour und dem Süden Syriens. Israel setzt seine Luftangriffe auf iranische Stellungen in Syrien fort, weil Teheran weiterhin versucht, strategische Stellungen und Waffenlager zu halten (VB Amman 9.2.2025). Seit dem Sturz al-Assads hat Iran seine Vermögenswerte in Syrien weitgehend evakuiert, wodurch die Islamische Republik als bedeutender Akteur in der Innenpolitik Syriens im Wesentlichen ausge schaltet wurde (Soufan 16.12.2024). Teheran ist nun gewillt, den Aufbau eines neuen, geeinten syrischen Staates zu sabotieren. In einer Rede Anfang Januar forderte Irans oberster Führer Ayatollah Ali Khamenei höchstpersönlich die „ syrische Jugend“ dazu auf, Widerstand gegen die „ fremden Besetzer“ zu leisten. Die iranischen Revolutionswächter riefen auf ihren offiziellen Kanälen gar zu einer Gegenrevolution gegen die „ ungläubigen Terroristen“ auf und kündigten an, die „ Befreiung“ Syriens stehe unmittelbar bevor. Laut Beobachtern hat das iranische Regime in den vergangenen Wochen eine groß angelegte Desinformationskampagne gestartet, die primär darauf abzielt, religiöse Konflikte in Syrien zu schüren und damit die fragile Lage in dem Land zu destabilisieren. Dabei werden in den sozialen Netzwerken massenhaft falsche oder irrefüh rende Berichte von Gewalttaten gegen Schiiten, Alawiten und Christen verbreitet, die angeblich von Kämpfern der islamistischen Miliz Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) verübt wurden. Dass es tatsächlich iranische Akteure sind, die diese Berichte streuen, lässt sich in den wenigsten Fällen nachweisen. Doch die schiere Anzahl von Postings lässt darauf schließen, dass es sich um eine organisierte Kampagne handelt (NZZ 8.1.2025). Ash-Shara’, sein Team und sogar seine Partner sehen Iran als ihren Hauptfeind an, so wie er es vor dem Sturz des Regimes war und auch jetzt noch ist. Sie glauben, dass Iran (zusammen mit der Hizbollah) der einzige Akteur ist, der in der Lage ist, Unruhen in Syrien zu schüren und die Syrer in großer Zahl zu mobilisieren und sie zu unterstützen, um die neue Regierung zu destabilisieren (Akhbar 31.12.2024). Ash-Shara’ for derte Teheran auf, seine Regionalpolitik und Interventionen zu überdenken, und betonte, dass Oppositionskräfte die iranischen Positionen in Syrien während der Offensive, die zum Sturz von al-Assad führte, verteidigt hätten. Er wies darauf hin, dass die Oppositionskämpfer diesen Ansatz verfolgten, obwohl Iran einer der wichtigsten Unterstützer von al-Assad sei. Ash-Shara’ fügte hinzu, dass er als Reaktion auf diese Aktionen positive Gesten von Teheran erwartet habe, die jedoch ausgeblieben seien (Arabiya 29.12.2024). Israel Israel eroberte die Golanhöhen in der Schlussphase des Sechstagekriegs 1967 von Syrien und annektierte sie 1981 einseitig. Dieser Schritt wurde international nicht anerkannt, obwohl die USA dies 2019 einseitig taten (BBC 10.12.2024). Die Haltung der neuen islamistischen Machthaber gegenüber Israel ist feindselig, aber nicht einheitlich – während einige Fraktionen eine direkte Konfrontation befürworten, sind andere pragmatischer und versuchen, sich auf interne Macht kämpfe zu konzentrieren (VB Amman 9.2.2025). Die israelische Führung ordnete an, dass die israelischen Streitkräfte (Israel Defence Forces - IDF) die von der syrischen Armee verlassenen Stellungen in einer von den Vereinten Nationen überwachten Pufferzone übernehmen sollten, die seit einem Abkommen von 1974 nach dem Jom-Kippur-Krieg und präsentierte Luftangriffe 39

gegen syrische Militärziele als Verteidigungsmaßnahme, um zu verhindern, dass strategische Waffen in die Hände potenziell feindlicher Kräfte in Syrien fallen (Soufan 16.12.2024). Israel gab an, dass das 1974 geschlossene Abkommen über den Rückzug aus Syrien mit der Machtüber nahme durch die Rebellen „ geplatzt“ sei. Des Weiteren gab Israel zu, dass seine Truppen an „ einigen zusätzlichen Punkten“ jenseits der Pufferzone weiter im Landesinneren von Syrien ope rieren, betonte jedoch, dass sie „ nicht auf Damaskus vorrücken“ (BBC 10.12.2024) Netanjahu sagte, dass das Gebiet südlich von Damaskus entmilitarisiert wird. Israel werde weder zulassen, dass die Neue Syrische Armee in diesem Gebiet stationiert wird, noch irgendeine Bedrohung für die drusische Gemeinschaft in Südsyrien akzeptieren. Der israelische Außenminister forder te die Umwandlung des Landes in einen „ Bundesstaat“ (TRT Arabi 27.2.2025). Der syrische Präsident Ahmad ash-Shara’ hat den israelischen Einmarsch verurteilt und gleichzeitig betont, dass die derzeitige Lage im Land „ keine neuen Konflikte zulässt“ (AJ 3.2.2025). Russland Russland intervenierte 2015 auf Ersuchen der syrischen Regierung und hatte seitdem Luftun terstützung, Spezialeinheiten, Militärberater, private Militärunternehmen, Schulungen, Waffen und Ausrüstung bereitgestellt. Iran und Russland unterstützten auch bei der Bekämpfung der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in der Levante (CIA 31.7.2024). Russland war ei ner von al-Assads wichtigsten Verbündeten im syrischen Bürgerkrieg. Nach seinem Sturz floh der syrische Machthaber mit seiner Familie nach Russland (Presse 28.1.2025). Russland, das lange ein zentraler Akteur in Syrien war, hat sich weitgehend zurückgezogen, da es nach dem Sturz al-Assads keinen klaren geopolitischen Vorteil mehr sieht (VB Amman 9.2.2025). Anfang Jänner 2025 berichtete der syrische Außenminister gegenüber der Financial Times, dass das Assad-Regime das Land mit etwa 8 Milliarden US-Dollar Schulden bei Russland belastet ha be (FT 29.1.2025). Russische Beamte unter der Leitung des stellvertretenden Außenministers, reisten zu Gesprächen mit den neuen syrischen Behörden nach Damaskus, wo auch ein Tref fen mit dem ash-Shara’a stattfand. Russland erklärte sich bereit, Syrien beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu unterstützen, gab jedoch zu, dass bei den Gesprächen über die Zukunft seines strategisch wichtigen Luftwaffenstützpunkts und Marinehafens im Land keine Fortschrit te erzielt wurden (FT 29.1.2025). Die Übergangsregierung in Syrien hat den Vertrag mit einer russischen Firma für den Betrieb des Mittelmeerhafens Tartus aufgelöst. Das Informationsmi nisterium in Damaskus bestätigte, dass alle Einkünfte aus dem Hafen ab sofort dem syrischen Staat zufließen sollen. Der Vertrag mit der Firma Stroytransgaz sollte ursprünglich bis zum Jahr 2068 laufen. Als Begründung für die Auflösung nannte der Zolldirektor von Tartus, dass die russische Firma ihren Verpflichtungen der Modernisierung des Hafens nicht nachgekommen sei (Tagesschau 23.1.2025). Lediglich die russische Konzession für Betrieb und Ausbaus des Handelshafens in Tartus – nicht des militärischen – wurde einstweilen zurückgezogen. Über die Marinebasis wird noch verhandelt, stellte der syrische Verteidigungsminister Abu Qasra in einem Interview mit Al Araby klar (Standard 23.1.2025). Während Russland sich nach Jahren der Unterstützung des Assad-Regimes voraussichtlich aus Syrien zurückziehen wird, betonte ash-Shara’ die „ strategischen Interessen“ mit dem „ zweitmächtigsten Land der Welt“. Er wol le nicht, dass Russland Syrien auf eine Weise verlässt, die seine Beziehung zu diesem Land 40

untergräbt (Arabiya 29.12.2024). Russland hat nach dem Sturz des ehemaligen syrischen Prä sidenten al-Assad damit begonnen, eine große Menge an militärischer Ausrüstung und Truppen aus Syrien abzuziehen, wie zwei US-Beamte und ein westlicher Beamter, der mit den Geheim diensterkenntnissen vertraut ist, berichten. Die Beamten bezeichneten den russischen Rückzug als groß angelegt (CNN 16.12.2024). Russland, hat seine Streitkräfte aus Ost- und Zentralsyrien abgezogen und sein Kontingent in den Luft- und Marinestützpunkten entlang der Mittelmeerküs te konsolidiert. Russland verhandelt mit der aufstrebenden Führung des Syriens nach al-Assad über die Beibehaltung dieser Stützpunkte, aber selbst wenn die Gespräche erfolgreich verlaufen, wird Russland keine wichtige Rolle mehr in der Innenpolitik Syriens spielen (Soufan 16.12.2024). Türkei Die Türkei hat Milizen, wie die Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA) ausgebil det und bewaffnet (CIA 31.7.2024). Die SNA ist offiziell Teil der Syrischen Übergangsregierung (Syrian Interim Government - SIG) und ist dort dem Verteidigungsministerium untergeordnet (GCSP 10.2020). Die SNA untersteht de facto der Autorität der Türkei, ebenso wie die SIG, wo bei Letztere wiederum weniger mächtig ist als die SNA und von dieser regelmäßig ignoriert und übergangen wird. Obwohl die Präsenz der Türkei ein gewisses Maß an Stabilität in die Region bringt, gilt ihre Kontrollzone in Nordsyrien als die unsicherste und am brutalsten regierte. Das ist auf ihre Abhängigkeit von undisziplinierten lokalen Stellvertretern, ihre Unfähigkeit die Querelen der zahlreichen bewaffneten Gruppierungen untereinander zu überwinden und ihre Toleranz gegenüber Missbrauch und Ausbeutung der Zivilbevölkerung zurückzuführen (BI 27.1.2023). Laut The Arab Gulf States Institute in Washington hat Ankara die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) durch Unterstützung, Anleitung und andere Mittel der Einflussnahme geformt (einschließlich der entscheidenden Hilfe für HTS bei der Verbesserung ihres Images) und versucht, eine gewisse Kontrolle über sie auszuüben (AGSIW 9.12.2024). Nach seinem Sieg in Damaskus verkündete ash-Shara’ seine Absicht, strategische Beziehungen zu Ankara aufzubauen (MEE 2.1.2025). Die Türkei hat ihren Einfluss in Syrien ausgebaut und unterstützt islamistische Gruppen, die sich gegen den iranischen Einfluss richten (VB Amman 9.2.2025). Das türkische Verteidigungs ministerium hat erklärt, dass Ankara eine militärische Zusammenarbeit mit der neuen syrischen Regierung aufbauen wird (MEE 2.1.2025). Ankara hat seine Botschaft in Damaskus wiedereröff net und bereits hochrangige Kontakte mit dem Führer der neuen Regierung, Ahmed ash-Shara’, aufgenommen (AJ 31.12.2024b). Im Dezember 2024 wies der türkische Präsident seine Minister an, Mängel und Herausforderungen innerhalb der syrischen Infrastruktur zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen, um der neuen syrischen Regierung zu helfen. Im Rahmen dieser Bemühungen besuchten Vertreter des türkischen Energiesektors letzte Woche die syrische Hauptstadt, um einen Bericht über das Stromsystem des Landes zu erstellen, das von häufigen Stromausfällen geplagt wird (MEE 2.1.2025). Der türkische Energieminister Bayraktar erklärte, sein Land sei bereit, Syrien und den Libanon mit Strom zu versorgen. Ein Team von Regie rungsvertretern sei bereits in Syrien, um zu besprechen, wie die Energieprobleme des Landes gelöst werden können (AJ 31.12.2024b). Ash-Shara’ hat ausdrücklich gesagt, dass er weder die Fähigkeit noch den Wunsch habe, sich heute in den laufenden Kampf mit den Kurden einzumischen, aber er habe nichts dagegen, wenn 41

die Türkei diese Aufgabe allein übernimmt, obwohl er der Meinung ist, dass die Behandlung dieses Dossiers eine Absprache mit den US-Amerikanern erfordert (Akhbar 31.12.2024). USA und internationale Koalition Seit 2012, dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs, unterhalten die USA keine diplomatischen Beziehungen mehr zu Syrien. Die Stützpunkte, die sie in den letzten zehn Jahren im Süden und Osten des Landes errichtet haben, unterliegen keiner syrischen Rechtshoheit. Sie unterstehen der von den USA geführten Anti-IS-Koalition, die im Irak und in Syrien operiert, aber diese Ko alition wird bald aufgelöst (NPR 31.12.2024). Trump und ihm nahestehende Beamte äußerten Interesse daran, alle US-Truppen aus Syrien abzuziehen, was das Pentagon dazu veranlasste, Pläne für einen vollständigen Abzug in 30, 60 oder 90 Tagen auszuarbeiten (NBC 5.2.2025). Die von den USA geführte Anti-IS-Koalition wird auf Drängen der irakischen Regierung aufgelöst und durch bilaterale Abkommen ersetzt. Gemäß dem Abkommen zwischen dem Irak und den Vereinigten Staaten werden bis Ende dieses Jahres US-Truppen im von der Bundesregierung kontrollierten Teil des Irak und bis Ende 2026 im von den Kurden kontrollierten Teil des Irak sta tioniert sein (NPR 31.12.2024). Nach Angaben eines hochrangigen syrischen Kurdenvertreters werden derzeit Gespräche darüber geführt, ob US-amerikanische und französische Truppen ein Grenzgebiet in Nordsyrien sichern könnten, um den Konflikt zwischen der Türkei und den vom Westen unterstützten syrischen Kurden zu entschärfen. Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte vor einigen Tagen, dass Paris die SDF, die eine von vielen bewaffneten Oppositi onsgruppen während des 13-jährigen Bürgerkriegs in Syrien war, nicht aufgeben werde (LBCI 8.1.2025; vgl. REU 8.1.2025). Die USA stuft die Hay’at Tahrir ash-Sham als Terrororganisation ein (AGSIW 9.12.2024). Im Dezember 2024 haben die USA eine Belohnung in Höhe von 10 Millionen US-Dollar für die Ver haftung des Übergangspräsidenten, Ahmed ash-Shara’, gestrichen, nachdem sich hochrangige Diplomaten mit Vertretern von Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) getroffen hatten (BBC 20.12.2024). Ash-Shara’ kritisierte die Vereinten Nationen, die es seinen Aussagen zufolge, nicht geschafft haben, die Freilassung eines einzigen Gefangenen zu erwirken oder die Rückkehr eines einzigen Flüchtlings zu ermöglichen (Arabiya 29.12.2024). Quellen ■ AAA - Asharq Al-Awsat (12.1.2025b): لتقم دحﺃ نيبرهملﺍ ةباصإو طباض ينﺩﺭﺃ لالخ ﺕاكابتشﺍ ىلع ﺩودحلﺍ ةيﺭوسلﺍ [Schmuggler getötet, jordanischer Offizier bei Zusammenstößen an der Grenze zu Syrien verwun det], https://aawsat.com/يبرعلﺍ-ملاعلﺍ /يبرعلﺍ-قرشملﺍ 5100553--ﺕاكابتشﺍ-لالخ-ينﺩﺭﺃ-طباض-ةباصإو-نيبرهملﺍ-دحﺃ-لتقم ﺩودحلﺍ-ىلع Zugriff 13.1.2025 ■ AGSIW - Arab Gulf States Institute in Washington, The (9.12.2024): The Domestic and Regional Impact of the Political Earthquake in Syria, https://agsiw.org/the-domestic-and-regional-impact-of-t he-political-earthquake-in-syria , Zugriff 12.12.2024 ■ AJ - Al Jazeera (3.2.2025): ليئﺍرسﺇ بحسنت نم عقﺍوم يف ايﺭوس [Israel zieht sich von Positionen in Syrien zurück], https://www.aljazeera.net/news/2025/2/3/ايﺭوس-يف-عقﺍوم-نم-بحسنت-ليئﺍرسﺇ Zugriff 4.2.2025 ■ AJ - Al Jazeera (27.1.2025a): فيك ودبي دهشملﺍ يسايسلﺍ يف ايﺭوس دعب 50 اموي نم علخ ؟دسألﺍ [Wie sieht die politische Szene in Syrien 50 Tage nach dem Sturz von Assad aus?], https://www.aljazeera.net/poli tics/2025/1/27/-دعب-ايﺭوس-يف-يسايسلﺍ-دهشملﺍ-ودبي-فيك 50, Zugriff 30.1.2025 42

■ AJ - Al Jazeera (12.1.2025): شيجلﺍ ينﺩﺭألﺍ طبحي ةلواحم بيرهت نم ايﺭوس [Jordanische Armee vereitelt Schmug gelversuch aus Syrien], https://www.aljazeera.net/news/2025/1/12/----- , Zugriff 13.1.2025 ■ AJ - Al Jazeera (31.12.2024b): ايكرت دكؤت اهﺩﺍدعتسﺍ ديوزتل ايﺭوس نانبلو ةقاطلاب [Türkei bestätigt Bereitschaft zu Energielieferungen an Syrien und Libanon], https://www.aljazeera.net/ebusiness/2024/12/31/turki ye-confirms-supply-syria-lebanon-energy , Zugriff 3.1.2025 ■ Akhbar - Al Akhbar (31.12.2024): عئاقو نم ﺕﺍﺭﺍوح عم ﺓﺩاق ايﺭوس :ﺓديدجلﺍ فيك رظني ﻉرشلﺍ ىلﺇ ليصافت ﺓﺭﺍﺩﺇ ةلحرملﺍ ؟ةيلاقتنالﺍ [Fakten aus Gesprächen mit den Führern des „ neuen Syrien“: Wie sieht al-Sharaa die Einzelheiten des Übergangsmanagements?], https://al-akhbar.com/lebanon/817920/-ﺕﺍﺭﺍوح-نم-عئاقو ىلﺇ-ﻉرشلﺍ-رظني-فيك—ﺓديدجلﺍ-ايﺭوس–ﺓﺩاق-عم Zugriff 3.1.2025 ■ AlHurra - Al-Hurra (2.1.2025): ﺓرئاط ﺕﺍدعاسم ةيئاغﺇ ةثلاث نم ةيﺩوعسلﺍ ىلﺇ ايﺭوس [Drittes Nahrungsmittelhilfsflug zeug aus Saudi-Arabien nach Syrien], https://www.alhurra.com/syria/2025/01/02/-ةيئاغﺇ-ﺕﺍدعاسم-ﺓرئاط ايﺭوس-ةيﺩوعسلﺍ-ةثلاث Zugriff 2.1.2025 ■ Arabiya - Al Arabiya News (29.12.2024): Syria’s new elections and draft constitution: Al-Sharaa outlines timeline, https://english.alarabiya.net/News/middle-east/2024/12/29/syria-s-new-elections -and-draft-constitution-al-sharaa-outlines-timeline , Zugriff 3.1.2025 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (20.12.2024): US scraps $10m bounty for arrest of Syria’s new leader Sharaa, https://www.bbc.com/news/articles/c07gv3j818ko, Zugriff 7.1.2025 ■ BBC - British Broadcasting Corporation (10.12.2024): Syria: Which countries have been involved in the war and why?, https://www.bbc.com/news/articles/cd75e8gdy9jo, Zugriff 11.12.2024 ■ BI - Brookings Institution (27.1.2023): Syria’s dissolving line between state and nonstate actors, https://www.brookings.edu/articles/syrias-dissolving-line-between-state-and-nonstate-actors/ , Zugriff 25.9.2023 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (31.7.2024): Syria - The World Factbook, https://www.cia. gov/the-world-factbook/countries/syria/#military-and-security , Zugriff 2.8.2024 ■ CNN - Cable News Network (30.12.2024): Syrian elections could take up to 4 years to organize, de facto leader says, https://edition.cnn.com/2024/12/30/middleeast/syria-elections-four-years-intl/in dex.html, Zugriff 3.1.2025 ■ CNN - Cable News Network (16.12.2024): Russian military has begun large-scale withdrawal from Syria, US and Western officials say, https://edition.cnn.com/2024/12/16/politics/russia-military-syria -withdrawal/index.html, Zugriff 7.1.2025 ■ FT - Financial Times (29.1.2025): Syrias new rulers press Russia for reparations, https://www.ft.c om/content/0fe18a07-2e10-456f-98f2-2d3624b83c75 , Zugriff 29.1.2025 ■ GCSP - Geneva Centre for Security Policy (10.2020): The Syrian National Army (SNA): Structure, Functions, and Three Scenarios for its Relationship with Damascus, https://dam.gcsp.ch/files/doc/ sna-structure-function-damascus , Zugriff 20.9.2023 ■ LBCI - Lebanese Broadcasting Corporation International (8.1.2025): ةلوؤسم ةيﺩرك :ةيﺭوس ناكمإب ﺕﺍوقلﺍ ةيكريمألﺍ ةيسنرفلﺍو نيمأت ﺩودح ايﺭوس ةيلامشلﺍ [Kurdischer Beamter in Syrien: US und französische Streitkräfte können Syriens Nordgrenze sichern], https://www.lbcgroup.tv/news/world/829301/-ةيﺭوس-ةيﺩرك-ةلوؤسم ايﺭوس-ﺩودح-نيمأت-ةيسنرفلﺍو-ةيكريمألﺍ-ﺕﺍوقلﺍ-ناكمإب ar, Zugriff 9.1.2025 ■ MEE - Middle East Eye (2.1.2025): Turkey to establish strategic defence ties and military cooperation with Syria, https://www.middleeasteye.net/news/turkey-establish-strategic-defense-ties-syria , Zugriff 3.1.2025 ■ NBC - NBC News (5.2.2025): Defense Department drafting plans to withdraw all U.S. troops from Syria after recent Trump comments, https://www.nbcnews.com/politics/national-security/dod-draftin g-plans-withdraw-us-troops-syria-recent-trump-comments-rcna190726 , Zugriff 26.2.2025 ■ NPR - National Public Radio (31.12.2024): Syria’s U.S.-trained opposition fighters wait to learn of their role in a new Syria, https://www.npr.org/2024/12/31/g-s1-39955/syria-opposition-fighters-hts -military-us, Zugriff 3.1.2025 ■ NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.1.2025): Desinformation: Iran will die Lage in Syrien destabilisieren, https://www.nzz.ch/international/desinformation-iran-will-die-lage-in-syrien-destabilisieren-ld.1865 238, Zugriff 9.1.2025 ■ NZZ - Neue Zürcher Zeitung (8.12.2024): Syrien: Zusammenbruch des Asad-Regimes und Vor marsch der Rebellen, https://www.nzz.ch/international/syrien-zusammenbruch-des-asad-regimes -und-vormarsch-der-rebellen-ld.1861417 , Zugriff 10.12.2024 ■ Presse - Presse, Die (28.1.2025): Erstmals seit Sturz Assads ist eine russische Delegation in Syrien, https://www.diepresse.com/19302373/erstmals-seit-sturz-assads-ist-eine-russische-delegation-i n-syrien, Zugriff 29.1.2025 43

■ REU - Reuters (8.1.2025): US, French troops could secure Syria’s northern border, Syrian Kurdish official says, https://www.reuters.com/world/us-french-troops-could-secure-syrias-northern-borde r-syrian-kurdish-official-2025-01-08 , Zugriff 9.1.2025 ■ Soufan - Soufan Center, The (16.12.2024): Outside Powers Complicate Post-Assad Stabilization in Syria, https://mailchi.mp/thesoufancenter/outside-powers-complicate-post-assad-stabilization-in-s yria?e=86dc7d3075, Zugriff 16.12.2024 ■ Standard - Standard, Der (23.1.2025): Neues Regime in Syrien steigt Russen auf den Schlips, https: //www.derstandard.at/story/3000000251967/neues-regime-in-syrien-steigt-russen-auf-den-schlips , Zugriff 29.1.2025 ■ Tagesschau - Tagesschau (23.1.2025): Syrien kündigt Hafen-Vertrag - widersprüchliche Signale an Russland, https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-russland-hafen-tartus-100.html , Zugriff 29.1.2025 ■ TRT Arabi - TRT Arabi (27.2.2025): ماظن يعافﺩ ديدهتو ..يعامتجﺍ ةلحرم ﺓديدج نم نﺍودعلﺍ يليئﺍرسإلﺍ ىلع ايﺭوس [Verteidigungssystem und soziale Bedrohung Eine neue Phase der israelischen Aggression ge gen Syrien], https://www.trtarabi.com/issues/-ىلع-يليئﺍرسإلﺍ-نﺍودعلﺍ-نم-ﺓديدج-ةلحرم-يعامتجﺍ-ديدهتو-يعافﺩ-ماظن -ايﺭوس 18269157, Zugriff 28.2.2025 ■ VB Amman - Verbindungsbeamter des BMI in Jordanien [Österreich] (9.2.2025): Informationen zur Sicherheitslage und außenpolitischen Situation in Syrien – Stand Ende Jänner 2025 [erhalten per Mail] 4 Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) Letzte Änderung 2025-05-08 22:36 [Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbrei tet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Metho dologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informatio nen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.] Trotz des Sturzes der 54-jährigen Diktatur der Familie al-Assad ist der Bürgerkrieg noch lange nicht vorbei (Leb24 13.2.2025). Trotz der Bemühungen der neuen syrischen Regierung bleibt die Sicherheitslage fragil, und die Zukunft Syriens ist von zahlreichen Unsicherheiten geprägt (VB Amman 9.2.2025). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, beschreibt die Lage vor Ort als „ fluid“. Sie könne sich nach derzeitigem Stand in alle Richtungen entwickeln (ÖB Amman 6.2.2025). Die neue syrische Übergangsregierung ist nicht in der Lage, das ge samte syrische Staatsgebiet zu kontrollieren (AlHurra 6.2.2025a). Seit Jahresbeginn 2025 hat sich die Sicherheitslage in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad weiterhin als instabil er wiesen. Die neuen Machthaber, dominiert von islamistischen Gruppierungen, bemühen sich um die Etablierung von Ordnung und Sicherheit, stoßen jedoch auf erhebliche Herausforderungen (VB Amman 9.2.2025). Außenminister ash-Shaybani gibt Sicherheitsprobleme in Teilen Syriens zu, bezeichnete sie aber als Einzelvorfälle: Offenbar hat die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), die offiziell aufgelöst wurde, Schwierigkeiten, ihre teils sehr radikalen islamistischen Untergruppen in den Griff zu bekommen. Zwischen Verfolgung von Regimestraftätern und Racheakten vor allem gegen die Volksgruppe der Alawiten, aus der die al-Assads stammen, ist nicht immer leicht zu unterscheiden (Standard 23.1.2025). Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung sind bei ihrem Versuch, das Land zu stabilisieren, mit zunehmenden Bedrohungen konfrontiert, darunter 44

gewalttätige Überreste des Regimes, sektiererische Gewalt und Entführungen. Im Nordosten sind die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) gezielten Angriffen von Zellen des Islamischen Staates (IS) und anhaltenden Feindseligkeiten mit der von der Tür kei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) ausgesetzt (Etana 22.2.2025). Die fragile Sicherheitslage bedroht weiterhin den politischen Fortschritt, warnte der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, und verwies auf die anhaltenden Feindseligkeiten im Nordosten, einschließlich täglicher Zusammen stöße, Artilleriebeschuss und Luftangriffe, die Zivilisten und die Infrastruktur treffen (UN News 12.2.2025). In den Gouvernements Syriens kam es weiterhin zu einer Zunahme von Entführungen. Die Civil Peace Group dokumentierte seit dem Sturz des Regimes 64 Entführungsfälle – 19 Opfer wurden später hingerichtet aufgefunden, nur drei führten zu Lösegeldforderungen. Auch Vorfälle sek tiererischer Gewalt, die sich hauptsächlich gegen schiitische und alawitische Gemeinschaften richten, sind weit verbreitet (Etana 22.2.2025). Das Middle East Institute berichtet auch von ein deutig sektiererischen Verstößen, wie die Zerstörung eines Schreins im ländlichen Hama durch zwei sunnitische Zivilisten und Fälle von Schikanen an Kontrollpunkten, konstatiert aber, dass die meisten Verstöße, die von Sicherheitskräften in ganz Syrien begangen wurden, sich gegen bestimmte Anhänger des ehemaligen Regimes zu richten scheinen. Eines der drängendsten Probleme sind nicht sektiererisch motivierte Angriffe, sondern vielmehr der undurchsichtige Prozess der gezielten Verfolgung von Männern, die in den Streitkräften des Regimes gedient haben (von denen die meisten aufgrund der Natur des Regimes Alawiten sind) (MEI 21.1.2025). [Weiterführende Informationen zu Gewalt gegen religiöse Minderheiten finden sich in den Kapi teln Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad Regimes (seit 8.12.2024) und Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad- Regimes (seit 8.12.2024).] Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen (SYRDiplQ1 5.2.2025). Kriminelle Banden und Einzelpersonen suchen weiterhin nach Sicherheits- und Autoritätslücken, die sie in dieser neuen Ära ausnutzen können. Die schwereren Verbrechen ereignen sich in der Regel auf dem Land, wo die Sicherheitspräsenz geringer ist und sich eine höhere Konzentration von Ex-Shabiha [Shabiha sind die irregulären, bewaffneten pro-Assad-Gruppierungen Anm.] befindet (MEI 21.1.2025). Seit islamistische Rebellen im Dezember den langjährigen repressiven Machthaber Bashar al-Assad stürzten, kam es in mehreren Gebieten zu Zusammenstößen und Schießereien, wo bei Sicherheitsbeamte bewaffnete Anhänger der vorherigen Regierung beschuldigten (FR24 1.3.2025). In mehreren Gebieten in Syrien kommt es weiterhin zu Zwischenfällen mit verirrten Kugeln. Im Februar sind bei solchen Vorfällen 18 Menschen, darunter drei Frauen und vier Kinder, getötet und vier weitere, darunter zwei Kinder, verwundet worden. Die Opfer verteilen sich auf die von der Regierung in Damaskus, der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und der Syrischen Nationalen Armee (SNA) kontrollierten Gebiete. Diese Zwischenfälle werden durch die Verbreitung von Waffen unter der Zivilbevöl kerung verschärft (SOHR 24.2.2025b). Sicherheitskräfte sind immer noch dabei, Überbleibsel 45

des Regimes im ganzen Land auszuheben, die häufig Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit und Checkpoints ins Visier genommen haben. ETANA verzeichnete Angriffe von Pro-Regime- Gruppen auf Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit in Rif Dimashq, Ost-Dara’a und West-Homs. Auch in Hama und Jableh, in der Nähe der Hmeimim-Basis, kam es zu Zusammenstößen. Si cherheitskräfte haben in ehemaligen Regimegebieten von Deir ez-Zour mehrere Operationen durchgeführt (Etana 22.2.2025). Während Zehntausende auf die Initiative der Versöhnungspro zesse eingingen, lehnten bewaffnete Gruppierungen von Regimeüberbleibseln sie ab, vor allem an der syrischen Küste, wo hohe Offiziere des Assad-Regimes stationiert waren. Im Laufe der Zeit flohen diese Gruppierungen in die Bergregionen und begannen, Spannungen zu schüren, die Lage zu destabilisieren und sporadische Angriffe auf die Regierungstruppen zu verüben (AJ 10.3.2025c). Bis Anfang März 2025 beschränkten sich solche Übergriffe auf kleine Ausbrüche von willkürlicher Selbstjustiz und waren nicht Teil von groß angelegter, organisierter Gewalt. Am 6.3.2025 jedoch überfielen Aufständische des Assad-Regimes die Sicherheitskräfte der Über gangsregierung in der westlichen Küstenstadt Jableh im Gouvernement Latakia und töteten 30 von ihnen (viele wurden später verbrannt oder in flachen Massengräbern aufgefunden) (TWI 10.3.2025). Die Anhänger des gestürzten Assad-Regimes riefen zu einem Aufstand auf. Un gefähr zur Zeit der ersten Angriffe gab eine Gruppierung, die sich selbst als „ Militärrat für die Befreiung Syriens“ bezeichnet, eine Erklärung ab, in der sie schwor, die Regierung zu stürzen (FT 10.3.2025). Unmittelbar nach dem Hinterhalt riefen die syrischen Sicherheitskräfte zu einer all gemeinen Mobilisierung über die bereits in der Küstenregion stationierten Einheiten hinaus auf und zur Ausrottung ehemaliger Regimegegner (TWI 10.3.2025). Sicherheitskräfte, die durch Verstärkung unterstützt wurden, begannen, gegen die Loyalisten des Assad-Regimes zu kämp fen und sie aus den Dörfern an der Küste Syriens zurückzudrängen. Die Loyalisten zogen sich aufs Land zurück, wobei sie Staatseigentum niederbrannten und mordeten. Als syrische Regie rungstruppen und bewaffnete Zivilisten begannen, in alawitische Dörfer im Nordwesten Syriens einzudringen, tauchten Videos von Misshandlungen auf. Zivilisten berichteten von Massen morden durch Sicherheitskräfte, was von Menschenrechtsgruppen bestätigt wurde (Guardian 10.3.2025). Laut dem Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Ob servatory for Human Rights - SOHR) war es ein Fehler, dass die Regierung in Damaskus in den Moschen zur Mobilisierung aufgerufen hatte. Dies habe zu einem Zustrom von Kämpfern von außerhalb der Region geführt, um Alawiten zu massakrieren (Sky News 9.3.2025a). Laut einem Freiwilligen der Nichtregierungsorganisation Weißhelme kamen Menschen aus allen Städten Syriens, um Rache zu üben (C4 9.3.2025). Die überwiegende Mehrheit der rechtswidrigen Tö tungen von Zivilisten und Gefangenen durch syrische Sicherheitskräfte wurde laut dem Syrian Network for Human Rights (SNHR) von zwei bestimmten Fraktionen sowie von Personen be gangen, die sich Militärkonvois angeschlossen hatten. Konkret waren die beiden Fraktionen, die für die meisten Tötungen von Zivilisten verantwortlich sind, die Suleiman Shah Division [auch: Abu Amsha-Division oder Amsha-Division] und die Hamza-Division.Beide Fraktionen und ihre Anführer stehen wegen mutmaßlicher schwerer Menschenrechtsverletzungen, darunter Ver gewaltigung und Folter, unter US-Sanktionen (Guardian 10.3.2025). Laut Washington Institute for Near Eeast Policiy umfasste die Mobilisierung drei von den USA sanktionierte Milizen der von der Türkei unterstützten SNA: Jaysh ash-Sharqiya, Sultan Suleiman Shah Division und die 46

Hamza-Division. Sie wurden zuvor wegen Menschenrechtsverletzungen an Kurden im Nord westen Syriens angeklagt. An den Kämpfen waren auch ausländische Dschihad-Kämpfer der von den USA gelisteten Gruppierung Ansar at-Tawhid und lokale syrische Zivilisten beteiligt, die die Kriegsverbrechen des Regimes rächen wollten (TWI 10.3.2025). Die Gruppierungen stehen nominell unter der Schirmherrschaft des neuen Staates, wobei Abu Amsha zum Leiter der Militärbrigade der Provinz Hama ernannt wurde. In Wirklichkeit übt der Staat jedoch nur begrenzte Kontrolle über sie aus. [Weitere Informationen über Rebellengruppierungen finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) Anm.] Die Bewaffneten, die die Massaker verübten, seien keine Bewohner der syri schen Küste, sondern stammten aus anderen Gouvernements und seien teilweise ausländischer Herkunft wie Usbeken, Tschetschenen und zentralasiatische Kämpfer (Sky News 9.3.2025a). Am 9.3.2025 gab eine syrische Sicherheitsquelle an, dass sich die Kämpfe in der Umgebung der Städte Latakia, Jabla und Baniyas etwas beruhigt hätten, während die Streitkräfte die umliegen den Berggebiete durchsuchten, in denen sich schätzungsweise 5.000 pro-Assad-Aufständische versteckt hielten (Sky News 9.3.2025b). Der Sprecher des Verteidigungsministeriums gab am 10.3.2025 das Ende der Militäroperation gegen die Überreste des Regimes in den Küstenge bieten bekannt. Er betonte, dass die öffentlichen Einrichtungen ihre Arbeit wieder aufnehmen können, um die Rückkehr zum normalen Leben vorzubereiten, und dass die Sicherheitskräfte weiter daran arbeiten werden, die Stabilität und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleis ten (SANA 10.3.2025a). Der Gouverneur von Tartus betonte am 9.3.2025, dass die Provinz nach dem Sieg über die Überreste des untergegangenen Regimes eine allmähliche Rückkehr ins öffentliche Leben erlebt (SANA 9.3.2025a). In den meisten Vierteln der Stadt Latakia hat am 10.3.2025 das normale Leben wieder begonnen, nachdem die Angriffe der Überreste des ehemaligen Regimes vereitelt und die Sicherheit in der Stadt wiederhergestellt wurde (SANA 10.3.2025b). Nach der Ankündigung der Regierung in Damaskus über den Abschluss der Si cherheitskampagne an der syrischen Küste stürmten Gruppen von bewaffneten Männern, die dem Verteidigungsministerium angehören, die Stadt Harison in der Umgebung von Baniyas, wo sie Häuser und Eigentum von Zivilisten plünderten und in Brand setzten (SOHR 10.3.2025c). Die Lage in den Städten mag stabiler sein, aber in ländlicheren Gegenden finden abseits der Medien eklatante Rechtsverletzungen statt. Die Zwangsumsiedlungen gehen weiter (Sky News 9.3.2025a). Die Zahl der Todesopfer der Kämpfe variierte stark (Guardian 9.3.2025). Laut dem Syrian Net work for Human Rights (SNHR), das umfassende Dokumentationsstandards anwendet und als unabhängig gilt, haben Anhänger des Assad-Regimes 383 Menschen getötet, darunter 211 Zivilisten und 172 syrische Sicherheitskräfte, während syrische Sicherheitskräfte 396 Menschen getötet haben, darunter Zivilisten und entwaffnete Kämpfer (Guardian 10.3.2025). Syrische Sicherheitsquellen gaben an, dass mehr als 300 ihrer Mitglieder bei Zusammenstößen mit Angehörigen der ehemaligen Syrischen Arabischen Armee, bei koordinierten Angriffen und Hin terhalten auf ihre Streitkräfte getötet wurden (Sky News 9.3.2025b). Es wurden Massengräber mit Dutzenden von toten Mitgliedern gefunden (AJ 9.3.2025). Die syrischen Sicherheitskräfte töteten 700 ehemalige Soldaten und bewaffnete Männer, die dem ehemaligen Präsidenten Bas har al-Assad treu ergeben waren, oder sogenannte Regimeüberreste (Arabiya 9.3.2025). Dem 47
