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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

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Garantie (ANF 22.6.2025). Der zweite Ko-Vorsitzende der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan, for­
derte angesichts der ersten symbolischen, für die 11. Juli angekündigten [Anm.: nach Redak­
tionsschluss] Entwaffnung von PKK-Kämpfern, dass der türkische Staat mit demokratischen 
Reformen reagieren soll, darunter die Anerkennung der Rechte der kurdischen Sprache, die 
Freilassung politischer Gefangener und die Wiederherstellung politischer Freiheiten. Bakirhan 
drängte außerdem auf die rasche Bildung einer parlamentarischen Kommission, die die Wie­
dereingliederung ehemaliger Kämpfer überwachen und umfassendere kurdische Fragen durch 
Gesetzgebung regeln soll (Rudaw 9.7.2025).
Am 7.7.2025 kam es zu einem Treffen zwischen Staatspräsident Erdoğan und Vertretern der 
DEM-Partei, darunter die beiden Parlamentarier Pervin Buldan und Mithat Sancar. Anwesend 
waren auch der Chef des Nationalen Geheimdienstes (MİT), İbrahim Kalın, und der stellvertre­
tende Vorsitzende der regierenden AKP, Efkan Ala. Ohne Inhalte bekannt zu geben, bekräftigten 
beide Seiten den gegenseitigen Willen, den Prozess voranzutreiben (TM 7.7.2025b). Staats­
präsident Erdoğan sagte über das Treffen: „ Wir haben unseren Willen bekräftigt, unser Ziel 
einer terrorfreien Türkei zu verwirklichen. Wir treten in eine neue Ära ein, in der wir mehr gute 
Nachrichten haben werden“ (HDN 9.7.2025).
Gesellschaftliche Bruchlinien
Die türkische Gesellschaft ist nach wie vor entlang ethnischer, politischer und religiöser Bruchlini­
en tief gespalten. Während die Kurdenfrage eine der Spaltungslinien ist (Kurden gegen Türken), 
sind die Türken auch politisch (konservative Nationalisten gegen Modernisten) und religiös 
(sunnitische Islamisten gegen Säkularisten) gespalten. In den letzten Jahren hat der spaltende 
Diskurs der politischen Elite zu einer weiteren Trennung und tiefen Polarisierung zwischen dem 
Lager der Erdoğan-Befürworter und seinen Gegnern beigetragen (BS 19.3.2024, S. 18). Das 
hat auch mit der Politik zu tun, die sich auf sogenannte Identitäten festlegt. Nationalistische 
Politiker, beispielsweise, propagieren ein „ stolzes Türkentum“. Islamischen Wertvorstellungen 
wird zusehends mehr Gewicht verliehen. Kurden, deren Kultur und Sprache Jahrzehnte lang 
unterdrückt wurden, kämpfen um ihr Dasein (WZ 7.5.2023). Angesichts des Ausganges der 
Wahlen im Frühjahr 2023 stellte das Europäische Parlament (EP) überdies hinsichtlich der ge­
sellschaftspolitischen Verfasstheit des Landes fest, dass nicht nur „ rechtsextreme islamistische 
Parteien als Teil der Regierungskoalition ins Parlament eingezogen sind“, sondern das EP war 
„ besorgt über das zunehmende Gewicht der islamistischen Agenda bei der Gesetzgebung und 
in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, unter anderem durch den wachsenden Ein­
fluss des Präsidiums für Religionsangelegenheiten (Diyanet) im Bildungssystem“ und „ über 
den zunehmenden Druck der Regierungsstellen sowie islamistischer und ultranationalistischer 
Gruppen auf den türkischen Kultursektor“ (EP 13.9.2023, Pt. 17).
Autoritäre Entwicklungen
Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), 
die die Türkei seit 2002 regieren, sind in den letzten Jahren zunehmend autoritär geworden 
und haben ihre Macht durch Verfassungsänderungen und die Inhaftierung von Gegnern und 
Kritikern gefestigt. Die AKP hat auf die jüngsten wirtschaftlichen Herausforderungen und die 
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Niederlagen bei den Kommunalwahlen reagiert, indem sie ihre Bemühungen zur Unterdrückung 
abweichender Meinungen und zur Einschränkung des öffentlichen Diskurses intensiviert hat. 
Freedom House fügt die Türkei mittlerweile in die Kategorie „ nicht frei“ ein (FH 29.2.2024). Das 
Funktionieren der demokratischen Institutionen ist weiterhin stark beeinträchtigt. Der Demokra­
tieabbau hat sich fortgesetzt, und die strukturellen Defizite des Präsidialsystems wurden nicht 
behoben (EC 30.10.2024; vgl. EP 13.9.2023, Pt. 9, WZ 7.5.2023).
Die Türkei wird heute als „ kompetitives autoritäres“ Regime eingestuft (MEI 1.10.2022, S. 6; 
vgl. DE/Aydas 31.12.2022, Güney/ORF 20.3.2025, Esen/Gumuscu 19.2.2016), in dem zwar re­
gelmäßig Wahlen abgehalten werden, der Wettbewerb zwischen den politischen Parteien aber 
nicht frei und fair ist. Solche Regime, zu denen die Türkei gezählt wird, weisen vordergründig de­
mokratische Elemente auf: Oppositionsparteien gewinnen gelegentlich Wahlen oder stehen kurz 
davor; es herrscht ein harter politischer Wettbewerb; die Presse kann verschiedene Meinungen 
und Erklärungen von Oppositionsparteien veröffentlichen; und die Bürger können Proteste or­
ganisieren. Bei genauerem Hinsehen zeigen sich jedoch ehedem Risse in der demokratischen 
Fassade: Regierungsgegner werden mit legalen oder illegalen Mitteln unterdrückt, unabhängige 
Justizorgane werden von regierungsnahen Beamten kontrolliert und die Presse- und Meinungs­
freiheit gerät unter Druck. Wenn diese Maßnahmen nicht zu einem für die Regierungspartei 
zufriedenstellenden Ergebnis führen, müssen Oppositionsmitglieder mit gezielter Gewalt oder 
Inhaftierung rechnen - eine Realität, die für die türkische Opposition immer häufiger anzutreffen 
ist (MEI 1.10.2022, S. 6; vgl. Esen/Gumuscu 19.2.2016, Güney/ORF 20.3.2025).
Das Europäische Parlament kam im Mai 2025 ähnlich sowie zuvor im September 2023 zur 
Schlussfolgerung, „ dass es der türkischen Regierung wie bereits in den vergangenen Jahren 
nach wie vor an einem klaren politischen Willen mangelt, die notwendigen Reformen durch­
zuführen, um den Beitrittsprozess wiederzubeleben, und dass sie sich weiterhin nach einem 
tief verfestigten autoritären Verständnis von einem Präsidialsystem richtet“ (EP 7.5.2025, S. 3; 
vgl. EP 13.9.2023, Pt. 21).
Worldwide Governance Indicators
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Quelle 1: WB 2024
Erklärung: Der WGI der Weltbank misst sechs umfassende Dimensionen der Regierungsfüh­
rung - je länger die Balken bzw. höher der Wert, desto positiver:
• Mitspracherecht und Rechenschaftspflicht (Voice and Accountability - VA) - erfasst die 
Wahrnehmung des Ausmaßes, in dem die Bürger eines Landes in der Lage sind, sich an 
der Wahl ihrer Regierung zu beteiligen, sowie die Meinungs- und Vereinigungsfreiheit und 
freie Medien.
• Politische Stabilität und Abwesenheit von Gewalt/Terrorismus (PV) - Erfassung der 
Wahrnehmung der Wahrscheinlichkeit von politischer Instabilität und/oder politisch motivier­
ter Gewalt, einschließlich Terrorismus.
• Effektivität der Regierung (GE) - Erfassung der Wahrnehmung der Qualität der öffentlichen 
Dienstleistungen, der Qualität des öffentlichen Dienstes und des Grades seiner Unabhän­
gigkeit von politischem Druck, der Qualität der Politikformulierung und -umsetzung sowie 
der Glaubwürdigkeit des Engagements der Regierung für diese Politik.
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• Qualität der Regulierungen (RQ) - Erfassung der Wahrnehmung der Fähigkeit der Regie­
rung, solide Politiken und Vorschriften zu formulieren und umzusetzen, die die Entwicklung 
des Privatsektors ermöglichen und fördern.
• Rechtsstaatlichkeit (Rule of Law - RL) - erfasst die Wahrnehmung des Ausmaßes, in 
dem die Akteure Vertrauen in die gesellschaftlichen Regeln haben und diese einhalten, 
insbesondere die Qualität der Vertragsdurchsetzung, der Eigentumsrechte, der Polizei und 
der Gerichte sowie die Wahrscheinlichkeit von Verbrechen und Gewalt.
• Korruptionskontrolle (CC) - Erfassung der Wahrnehmung des Ausmaßes, in dem öffent­
liche Macht zum privaten Vorteil ausgeübt wird, einschließlich kleiner und großer Formen 
der Korruption sowie der „ Vereinnahmung“ des Staates durch Eliten und private Interessen.
Interpretation: In den ersten Jahren nach der Machtübernahme der AKP haben sich die Indi­
katoren deutlich verbessert. In den letzten zehn Jahren haben sie sich, bis auf die Dimension: 
„ Politische Stabilität und Abwesenheit von Gewalt/Terrorismus“, allesamt wieder verschlechtert 
und liegen zum Teil unter dem Niveau von 2002.
Das Präsidialsystem
Die Türkei ist eine konstitutionelle Präsidialrepublik und laut Verfassung ein demokratischer, lai­
zistischer und sozialer Rechtsstaat. Staats- und zugleich Regierungschef ist seit Einführung des 
präsidentiellen Regierungssystems am 9.7.2018 der Staatspräsident. Das seit 1950 bestehende 
Mehrparteiensystem ist in der Verfassung festgeschrieben (AA 20.5.2024, S. 5).
Am 16.4.2017 stimmten 51,4 % der türkischen Wählerschaft für die von der regierenden Partei 
für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) initiierte und von der rechts-nationalistischen Partei 
der Nationalistischen Bewegung (MHP) unterstützte Verfassungsänderung im Sinne eines 
exekutiven Präsidialsystems (OSCE 22.6.2017; vgl. HDN 16.4.2017). Die gemeinsame Beob­
achtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/OSCE) 
und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) kritisierte die ungleichen 
Wettbewerbsbedingungen beim Referendum. Einschränkungen von grundlegenden Freiheiten 
aufgrund des Ausnahmezustands hatten negative Auswirkungen. Im Vorfeld des Referendums 
wurden Journalisten und Gegner der Verfassungsänderung behindert, verhaftet und fallweise 
physisch attackiert. Mehrere hochrangige Politiker und Beamte, darunter der Staatspräsident 
und der Regierungschef, setzten die Unterstützer der Nein-Kampagne mit Terror-Sympathisan­
ten oder Unterstützern des Putschversuchs vom Juli 2016 gleich (OSCE/PACE 17.4.2017).
Entgegen den Behauptungen der Regierungspartei AKP zugunsten des neuen präsidentiellen 
Regierungssystems ist nach dessen Einführung das Parlament geschwächt, die Gewaltenteilung 
ausgehöhlt, die Justiz politisiert und die Institutionen verkrüppelt. Zudem herrschen autoritäre 
Praktiken (SWP 1.4.2021, S. 2). Der Abschied der Türkei von der parlamentarischen Demokratie 
und der Übergang zu einem Präsidialsystem im Jahr 2018 haben den Autokratisierungsprozess 
des Landes beschleunigt. - Die Exekutive ist der größte antidemokratische Akteur. Die wenigen 
verbliebenen liberal-demokratischen Akteure und Reformer in der Türkei haben nicht genügend 
Macht, um die derzeitige Autokratisierung der Landes umzukehren (BS 19.3.2024, S. 38). Das 
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Europäische Parlament zeigte sich in seiner Entschließung vom 19.5.2021 „ beunruhigt darüber, 
dass sich die autoritäre Auslegung des Präsidialsystems konsolidiert“, und „ dass sich die Macht 
nach der Änderung der Verfassung nach wie vor in hohem Maße im Präsidentenamt konzentriert, 
nicht nur zum Nachteil des Parlaments, sondern auch des Ministerrats selbst, weshalb keine 
solide und effektive Gewaltenteilung zwischen der Exekutive, der Legislative und der Judikative 
gewährleistet ist“ (EP 19.5.2021, S. 20/Pt. 55). In einer weiteren Entschließung vom September 
2023 erklärte sich das Europäische Parlament „ tief besorgt über die fortwährende übermäßige 
Machtkonzentration beim türkischen Präsidenten ohne wirksames System von Kontrollen und 
Gegenkontrollen, durch die die demokratischen Institutionen des Landes erheblich geschwächt 
wurden; [und] betont, dass die fehlende Eigenständigkeit auf mehreren Verwaltungsebenen 
aufgrund der extremen Abhängigkeit vom Präsidenten bei allen Arten von Entscheidungen und 
der Alleinherrschaft eines einzigen Mannes ein dysfunktionales System zur Folge haben kann“
(EP 13.9.2023, Pt. 20; vgl. EP 19.5.2021, Pt. 55).
Machtfülle des Staatspräsidenten
Die exekutive Gewalt ist beim Präsidenten konzentriert. Dieser verfügt überdies über umfang­
reiche legislative Kompetenzen und weitgehenden Zugriff auf die Justizbehörden (ÖB Ankara 
28.12.2023, S.7; vgl. EC 30.10.2024, S. 19f.).Die gesetzgebende Funktion des Parlaments 
wird durch die häufige Anwendung von Präsidialdekreten und Präsidialentscheidungen einge­
schränkt. So hat auch die politische Opposition nur sehr begrenzte Möglichkeiten die Tages­
ordnung der Parlamentsdebatten zu beeinflussen. Das Fehlen einer wirksamen gegenseitigen 
Kontrolle und die Unfähigkeit des Parlaments, das Amt des Präsidenten wirksam zu überwa­
chen, führen dazu, dass dessen politische Rechenschaft auf die Zeit der Wahlen beschränkt 
ist. Die öffentliche Verwaltung, die Gerichte und die Sicherheitskräfte stehen unter dem starken 
Einfluss der Exekutive. Die Präsidentschaft übt direkte Autorität über alle wichtigen Institutionen 
und Regulierungsbehörden aus (EC 30.10.2024, S. 19f.; vgl. EP 19.5.2021, S. 20/ Pt. 55).
Präsidentendekrete unterliegen grundsätzlich keiner parlamentarischen Überprüfung und kön­
nen nur noch vom Verfassungsgericht aufgehoben werden (ÖB Ankara 28.12.2023, S.7) und 
zwar nur durch eine Klage von einer Gruppe von Abgeordneten, die ein Fünftel der Parlaments­
sitze repräsentieren, aktuell etwa von einer der beiden größten Parlamentsfraktionen (SWP 
1.4.2021, S. 9). Die Mitglieder des Parlaments können nur schriftliche Anfragen an den Vize­
präsidenten und die Minister richten und sind gesetzlich nicht befugt, den Präsidenten offiziell 
zu befragen. Ordentliche Präsidialdekrete unterliegen nicht der parlamentarischen Kontrolle 
(EC 30.10.2024, S. 19). Die im Rahmen des Ausnahmezustands erlassenen Dekrete des Prä­
sidenten jedoch müssen dem Parlament zur Genehmigung vorgelegt werden (EC 8.11.2023, 
S. 19).
Die Konzentration der Exekutivgewalt in einer Person bedeutet, dass der Präsident gleichzeitig 
die Befugnisse des Premierministers und des Ministerrats übernimmt, die beide durch das neue 
System abgeschafft wurden (Art. 8). Die Minister werden nun nicht mehr aus den Reihen der 
Parlamentarier, sondern von außen gewählt; sie werden vom Präsidenten ohne Beteiligung des 
Parlaments ernannt und entlassen und damit auf den Status eines politischen Staatsbeamten 
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reduziert (SWP 1.4.2021, S. 9). Unter dem Präsidialsystem sind viele Regulierungsbehörden 
und die Zentralbank direkt mit dem Präsidentenamt verbunden, wodurch deren Unabhängigkeit 
untergraben wird (EC 12.10.2022, S. 14). Mehrere Schlüsselinstitutionen, wie der Generalstab 
der Armee, der Nationale Nachrichtendienst, der Nationale Sicherheitsrat und der „ Souveräne 
Wohlfahrtsfonds“, sind dem Büro des Präsidenten angegliedert worden (EC 29.5.2019, S. 14). 
Auch die Zentralbank steht weiterhin unter merkbaren politischen Druck und es mangelt ihr an 
Unabhängigkeit (EC 8.11.2023, S.10f., 65).
Der Präsident hat die Befugnis hochrangige Regierungsbeamte zu ernennen und zu entlas­
sen, die nationale Sicherheitspolitik festzulegen und die erforderlichen Durchführungsmaßnah­
men zu ergreifen, den Ausnahmezustand auszurufen; Präsidentendekrete zu Exekutivange­
legenheiten außerhalb des Gesetzes zu erlassen, das Parlament indirekt aufzulösen, indem 
er Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ausruft, das Regierungsbudget zu erstellen und 
vier von 13 Mitgliedern des Rates der Richter und Staatsanwälte sowie zwölf von 15 Richtern 
des Verfassungsgerichtshofes zu ernennen. Wenn drei Fünftel des Parlamentes zustimmen, 
kann dieses eine parlamentarische Untersuchung mutmaßlicher strafrechtlicher Handlungen 
des Präsidenten, der Vizepräsidenten und der Minister im Zusammenhang mit ihren Aufgaben 
einleiten. Der Präsident darf keine Dekrete in Bereichen erlassen, die durch die Verfassung 
der Legislative vorbehalten sind. Der Präsident hat jedoch das Recht, gegen jedes Gesetz ein 
Veto einzulegen, obgleich das Parlament mit absoluter Mehrheit ein solches Veto außer Kraft 
setzen kann, während das Parlament nur beim Verfassungsgericht die Nichtigkeitserklärung 
von Präsidentendekreten beantragen kann (EC 29.5.2019, S. 14).
Die Zentralisierung der Politikgestaltung im Rahmen des Präsidialsystems setzt sich fort, was 
ein inklusives, partizipatives und evidenzbasiertes System der Politikgestaltung weiter verhin­
dert. Insgesamt mangelt es an einer funktionalen Aufteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten 
zwischen den verschiedenen Regierungsinstitutionen, was zu einer „ Überzentralisierung“ und 
Ineffizienz der öffentlichen Verwaltung führt (EC 30.10.2024, S. 80). Das System des öffentli­
chen Dienstes ist weiterhin von Parteinahme und Politisierung geprägt. In Verbindung mit der 
übermäßigen präsidialen Kontrolle auf jeder Ebene des Staatsapparats hat dies zu einem all­
gemeinen Rückgang von Effizienz, Kapazität und Qualität der öffentlichen Verwaltung geführt 
(EP 19.5.2021, S. 20, Pt. 57).
Monitoring des Europarates
Der Europarat leitete im April 2017 im Zuge der Verfassungsänderung, welche zur Errichtung 
des Präsidialsystems führte, ein parlamentarisches Monitoring über die Türkei als dessen Mit­
glied ein, um mögliche Fehlentwicklungen aufzuzeigen. PACE stellte in ihrer Resolution vom 
April 2021 fest, dass zu den schwerwiegendsten Problemen die mangelnde Unabhängigkeit 
der Justiz, das Fehlen ausreichender Garantien für die Gewaltenteilung und die gegenseitige 
Kontrolle, die Einschränkung der Meinungs- und Medienfreiheit, die missbräuchliche Auslegung 
der Anti-Terror-Gesetzgebung, die Nichtumsetzung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs 
für Menschenrechte (EGMR), die Einschränkung des Schutzes der Menschen- und Frauenrech­
te und die Verletzung der Grundrechte von Politikern und (ehemaligen) Parlamentsmitgliedern 
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der Opposition, Rechtsanwälten, Journalisten, Akademikern und Aktivisten der Zivilgesellschaft 
gehören (CoE-PACE 22.4.2021, S. 1; vgl. EP 19.5.2021, S. 7-14).
Präsidentschaftswahlen
Der Präsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt und kann bis zu zwei Amtszei­
ten innehaben, mit der Möglichkeit (seit der Verfassungsänderung 2017) einer dritten Amtszeit, 
wenn während der zweiten Amtszeit vorgezogene Präsidentschaftswahlen ausgerufen werden. 
Erhält kein Kandidat in der ersten Runde die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, findet eine 
Stichwahl zwischen den beiden stimmenstärksten Kandidaten statt (OSCE/ODIHR 15.5.2023, 
S. 7). - Am 10.3.2023 rief der Präsident im Einklang mit der Verfassung und im Einvernehmen 
mit allen politischen Parteien vorgezogene Parlamentswahlen für den 14.5.2023 aus (OSCE/
ODIHR 15.5.2023, S. 4; vgl. PRT 10.3.2023).
Da keiner der vier Präsidentschaftskandidaten am 14.5.2023 die gesetzlich vorgeschriebene 
absolute Mehrheit für die Wahl erreichte, wurde für den 28.5.2023 eine zweite Runde zwischen 
den beiden Spitzenkandidaten, Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan und dem von der Opposition 
unterstützten Kemal Kılıçdaroğlu, angesetzt (OSCE/ODIHR 29.5.2023, S. 1). Wie schon in der 
ersten Runde verschafften eine einseitige Medienberichterstattung und das Fehlen gleicher Aus­
gangsbedingungen dem Amtsinhaber auch in der am 28.5.2023 abgehaltenen Stichwahl einen 
ungerechtfertigten Vorteil. Der Wahlkampf war dominiert von einer harten Rhetorik, hetzerischen 
und diskriminierenden Äußerungen beider Kandidaten sowie einer anhaltenden Einschüchte­
rung und Schikanierung von Anhängern einiger Oppositionsparteien (OSCE/ODIHR 29.5.2023, 
S. 1). Diesbezüglicher „ Höhepunkt“ waren Fake News von Amtsinhaber Erdoğan. - Dieser zeigte 
während einer Wahl-Kundgebung eine Videomontage, in der es so aussah, als würden PKK-
Führungskräfte das Wahlkampflied der größten Oppositionspartei CHP singen (Duvar 7.5.2023; 
vgl. DW 23.5.2023) und Kılıçdaroğlu an den PKK-Kommandanten, Murat Karayilan, appellieren: 
„ Lasst uns gemeinsam zur Wahlurne gehen“ (ARD 28.5.2023; vgl. DW 23.5.2023). In Folge 
wurde die Manipulation von Erdoğan zugegeben (ARD 28.5.2023; vgl. DS 24.5.2023). Dies hielt 
Erdoğan nicht davon ab, unmittelbar vor der Präsidenten-Stichwahl abermals „ offenkundige 
Absprachen“ zwischen Kılıçdaroğlu und PKK-Terroristen in den Kandil-Bergen zu behaupten 
(DS 24.5.2023).
In einem Umfeld, in dem das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt ist, haben so­
wohl die privaten als auch die öffentlich-rechtlichen Medien bei ihrer Berichterstattung über den 
Wahlkampf keine redaktionelle Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gewährleistet, was die Fä­
higkeit der Wähler, eine fundierte Wahl zu treffen, beeinträchtigt hat (OSCE/ODIHR 29.5.2023,  
S. 1). Amtsinhaber Erdoğan gewann die Stichwahl mit rund 52 %, während sein Herausforderer, 
Kılıçdaroğlu, knapp 48 % gewann (AnA 29.5.2023; vgl. Politico 29.5.2023, taz 10.4.2023).
Das Parlament
Der Rechtsrahmen bietet nicht in vollem Umfang eine solide Rechtsgrundlage für die Durch­
führung demokratischer Wahlen. Die noch unter dem Kriegsrecht verabschiedete Verfassung 
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garantiert die Rechte und Freiheiten, die demokratischen Wahlen zugrunde liegen, nicht in aus­
reichendem Maße, da sie sich auf Verbote zum Schutz des Staates konzentriert und Rechts­
vorschriften zulässt, die weitere unzulässige Einschränkungen mit sich bringen. Die Mitglieder 
des 600 Sitze zählenden Parlaments werden für eine fünfjährige Amtszeit [zuvor vier Jahre] 
nach einem Verhältniswahlsystem in 87 Mehrpersonenwahlkreisen gewählt. Vor der Wahl sind 
Koalitionen erlaubt, aber die Parteien, die in einer Koalition kandidieren, müssen individuelle 
Listen einreichen. Im Einklang mit einer langjährigen Empfehlung der OSZE und der Vene­
dig-Kommission des Europarats wurde mit den Gesetzesänderungen von 2022 die Hürde für 
Parteien und Koalitionen, um in das Parlament einzuziehen, von 10 % auf 7 % gesenkt (OSCE/
ODIHR 15.5.2023 S.6f.).
Bei den gleichzeitig mit der ersten Runde der Präsidentschaftswahl stattgefundenen Parlaments­
wahlen erhielt die „ Volksallianz“ unter Führung der AKP mit 49 % der Stimmen eine absolute 
Mehrheit der 600 Parlamentssitze. - Die AKP gewann hierbei 268 (35,6 %), die ultranationalis­
tische MHP 50 (10,1 %) und die islamistische Neue Wohlfahrtspartei - Yeniden Refah Partisi 
(YRP) fünf Sitze (2,8 %). Das Oppositionsbündnis „Allianz der Nation“ unter der Führung der 
säkularen, sozialdemokratisch ausgerichteten CHP erlangte 35 %, wobei die CHP 169 (25,3 %) 
und die nationalistische İYİ-Partei 43 Sitze (9,7 %) errang. Aus dem Bündnis mehrerer Links­
parteien unter dem Namen „Arbeit und Freiheitsallianz“ schafften die Links-Grüne Partei - Yeşil 
Sol Parti (YSP) mit künftig 61 (8,8 %) und die „Arbeiterpartei der Türkei“ -Türkiye İşçi Partisi 
(TİP) mit vier Abgeordneten den Sprung ins Parlament (TRT 2023; vgl. BBC 22.5.2023).
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Quelle 2: Duvar 18.5.2023
In der neu gewählten Nationalversammlung sitzen zusätzlich Vertreter und Vertreterinnen mehrer 
Kleinparteien, welche auf den Listen der AKP, der CHP und er YSP standen. So entfallen [Stand: 
Mai 2023] von den 268 Sitzen der AKP vier auf die kurdisch-islamistische Partei der Freien Sache, 
Hür Dava Partisi - HÜDA-PAR und ein Sitz auf die Demokratische Linkspartei, Demokratik Sol 
Parti - DSP. Von den 149 Mandaten der CHP gehören 14 der Partei für Demokratie und Fortschritt, 
Demokrasi ve Atılım Partisi - DEVA [des ehemaligen Wirtschaftsministers Ali Babacan], zehn 
der Zukunftspartei, Gelecek Partisi - GP [des ehemaligen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu] 
und weitere zehn der islamisch-konservativen Partei der Glückseligkeit, Saadet Partisi -SP und 
drei der Demokratischen Partei, Demokrat Parti - DP. Über die CHP-Liste bekam die ansonsten 
eigenständig kandidierende İYİ-Partei zu ihren 43 Sitzen noch einen Sitz dazu. Über die Listen 
der Links-Grünen Partei erhielten die Partei der Arbeit, Emek Partisi - EMEP zwei sowie die 
Partei der Sozialen Freiheit, Toplumsal Özgürlük Partisi - TÖP eines der YSP-Mandate [Anm.: 
Die Zahl der YSP von 63 in der Grafik entspricht nicht jener des amtlichen Wahlresultats von 61 
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Mandataren] (Duvar 18.5.2023, vgl. BIRN 19.5.2023), was mit den übrigen 58 YSP die offiziellen 
61 Parlamentarier ergibt (BIRN 19.5.2023).
Einen Monat vor der Wahl zog die HDP ihre Kandidatur als Partei aufgrund des seit 2021 
laufenden Verbotsverfahrens gegen sie zurück und stellte ihre Kandidaten auf die Liste der mit 
ihr verbündeten Kleinpartei YSP zu den Wahlen (taz 10.4.2023; vgl. AJ 11.5.2023).
Die Parlamentswahlen fanden inmitten einer erheblichen Polarisierung und eines intensiven 
Wettbewerbs zwischen den Regierungs- und den Oppositionsparteien statt, die unterschiedliche 
politische Programme zur Gestaltung der Zukunft des Landes vertraten. Während des Wahl­
kampfs wurden die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit im Allgemeinen respektiert, mit 
einigen bemerkenswerten Ausnahmen. Vertreter der YSP sahen sich durchgängig Druck und 
Einschüchterungen ausgesetzt, die sich gegen ihre Wahlkampfveranstaltungen und Unterstüt­
zer richteten und zu systematischen Festnahmen führten. So leitete der Generalstaatsanwalt 
von Diyarbakır am 10.4.2023 eine Untersuchung aller Reden ein, die auf einer YSP-Wahlveran­
staltung gehalten wurden, um festzustellen, ob irgendwelche Reden „ terroristische Propaganda“
enthielten. Darüber hinaus wurden einige weitere Fälle von Eingriffen in das Recht auf freie Mei­
nungsäußerung beobachtet, die sich gegen Oppositionsparteien, Kandidaten und Unterstützer 
richteten (OSCE/ODIHR 15.5.2023, S. 1, 13).
Die Demokratische Partei der Völker - HDP, die aufgrund des laufenden Verbotsverfahrens 
vor dem Verfassungsgericht von der Schließung bedroht war, nahm an den Parlamentswahlen 
vom 14.5.2023 unter den Listen der Links-Grünen Partei - YSP teil. Am 27.8.2023 stellte die 
HDP auf ihrem vierten außerordentlichen Kongress ihre Aktivitäten ein und beschloss, den 
politischen Kampf unter dem Dach der YSP fortzusetzen. Die YSP wiederum hielt ihren vierten 
großen Kongress am 15.10.2023 ab und änderte ihren Namen in Partei für Gleichheit und 
Demokratie der Völker - Halkların Eşitlik ve Demokrasi Partisi - HEDEP (Bianet 16.10.2023; 
vgl. FES 7.12.2023, S. 6). Der Kassationsgerichtshof entschied, die Abkürzung HEDEP nicht 
zuzulassen, weil sie eine zu große Ähnlichkeit mit der verbotenen Vorgängerpartei HADEP 
aufwies (FES 7.12.2023; vgl. Bianet 24.11.2023). Am 11.12.2023 änderte HEDEP ihre Abkürzung 
in DEM-Partei, nachdem der Kassationsgerichtshof eine Änderung aufgrund der Ähnlichkeit 
mit der geschlossenen Partei für Volksdemokratie (HADEP) gefordert hatte. Der vollständige 
neue Name der Partei wurde nicht geändert. Das Wort „ Demokratie“ im Parteinamen wurde 
verwendet, um die Abkürzung zu bilden (Duvar 11.12.2023; vgl. TM 11.12.2023).
Kommunalwahlen
Am 31.3.2024 haben in der Türkei Kommunalwahlen stattgefunden. Diese waren insofern von 
Bedeutung, da 20 % aller Beschäftigten der Türkei allein in Istanbul leben und dort mehr als die 
Hälfte der landesweiten Exporte und Importe abgefertigt werden. Außerdem stehen Istanbul und 
die Hauptstadt Ankara gemeinsam mit den Städten Izmir, Adana, Muğla und Antalya für fast die 
Hälfte der Wirtschaftsleistung des Landes (DW 1.4.2024). - Erstmals seit ihrer Gründung 2001 
wurde die islamisch-konservative Partei AKP von Präsident Erdoğan mit 35,5 % nur zweitstärkste 
Kraft. Die oppositionelle CHP kam landesweit auf 37,7 %. Sie gewann in 21 Städten und 14 
Großstädten unter anderem in Istanbul, Ankara, Izmir, Bursa, Adana und Antalya. Sie übernahm 
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