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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
und Zwangskonvertierungen sind nicht vorhanden. In die Gruppe der verletzlichsten Personen fallen insbesondere Mädchen und minderjährige Frauen (ÖB 11.2022). Schätzungsweise gibt es 1,5 Millionen Straßenkinder (USDOS 20.3.2023). Sie leben unter tristen Bedingungen in Elendsvierteln und/oder behelfsmäßigen Unterkünften und sind anfällig für Missbrauch und Ausbeutung (APON o.D.; vgl. ÖB 11.2022). Für die Verbesserung ihrer Lebensqualität und den Zugang zu Bildung, Gesundheitsfürsorge, Unterkunft und sicheren Beschäftigungsmöglichkeiten setzt sich die Regierung mithilfe verschiedener Organisationen ein (USDOS 20.3.2023). Seit Januar 2017 betreibt die APON Foundation eine Unterkunft mit dem Namen „Thikana Shelter“ für Straßenkinder in Dhaka City. Die Hauptaktivitäten des Projekts sind die Rettung von Kindern von den Straßen und Busbahnhöfen Dhakas, ihre Wiedereingliederung in Familien, die Überweisung an ein ständiges Heim für langfristige Dienste usw. Von Januar 2017 bis Dezember 2020 wurden etwa 1000 Kinder aus prekären Straßenverhältnissen gerettet (APON o.D). Es gibt staatliche Waisenhäuser (AA 23.8.2022). Bis zu 150 Kinder ohne elterliche Fürsorge finden in 15 SOS-Familien mit speziell geschulten SOS-Müttern ein Zuhause. In der SOS-Hermann-Gmeiner-Schule werden bis zu 1.120 Kinder aus dem SOS-Kinderdorf und der umliegenden Gemeinde in der Primär- und Sekundarstufe unterrichtet (SOS o.D.). Quellen: ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und ab schiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.n et/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_absc hiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23. 08.2022.pdf, Zugriff 19.5.2023 ■ APON - Alor Pothe Nobojatray (o.D.): Transitional Shelter for Street Children, http://www.aponfoun dation.org/shelter-program.html, Zugriff 19.5.2023 ■ CARE - Cooperative for Assistance and Relief Everywhere (o.D.): Kinderehe & Kinderheirat, https: //www.care.de/schwerpunkte/geschlechtergerechtigkeit/kinderehe/, Zugriff 19.5.2023 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-report-banglad esh.pdf, Zugriff 19.5.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/d e/dokument/2085390.html, Zugriff 19.5.2023 ■ Humanium - Humanium (o.D.): Children of Bangladesh, https://www.humanium.org/en/bangladesh/, Zugriff 19.5.2023 ■ ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx , Zugriff 19.5.2023 ■ SOS – SOS Kinderdorf (o.D.): SOS-Kinderdorf Dhaka, https://www.sos-kinderdorf.at/so-hilft-sos/w o-wir-helfen/asien/bangladesch/dhaka, Zugriff 2.5.2023 ■ STC – Save the Children (3.2023): Rohingya brauchen dringend Hilfe!, https://www.savethechildre n.de/unterstuetzen/nothilfe/spenden-rohingya/, Zugriff 2.5.2023 ■ UNICEF - United Nations Children’s Fund (7.3.2023): Kinderehen weltweit: Die wichtigsten Fragen und Antworten, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/-/kinderehen-weltweit-fragen-und -antworten/274028, Zugriff 19.5.2023 ■ UNICEF - United Nations Children’s Fund (3.2023): Survey on Children’s Education in Bangladesh 2021, https://www.unicef.org/bangladesh/media/7791/file/Survey%20on%20Children's%20Educati on%20in%20Bangladesh%202021.pdf.pdf, Zugriff 19.5.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 19.5.2023 46

■ WFP - World Food Programme (5.2023): Hungermap live, Bangladesh, https://hungermap.wfp.org/, Zugriff 19.5.2023 ■ WV - World Vision (2.2.2023): Ending Violence against Children: Sexual, Corporal and Psychological violence Policy Brief, https://www.wvi.org/sites/default/files/2023-02/Policy%20Brief-%20Sexual%2 C%20Corporal%20and%20Psychological%20violence%20copy.pdf, Zugriff 19.5.2023 18.3 LGBTQ+ Letzte Änderung 2023-06-13 13:59 In der durch islamisch-patriarchalische Traditionen geprägten Gesellschaft Bangladeschs sind LGBTQ+ diskreditiert (AA 23.8.2022) und Homosexualität ein Tabuthema (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Weibliche Homosexualität ist ein absolutes „ Nicht-Thema“ (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Homosexuelle Handlungen stehen gemäß § 377 Strafgesetzbuch unter Strafe (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022, HRW 12.1.2023). Die Strafen dafür reichen von 10 Jahren bis lebenslänglich (HRW 12.1.2023; vgl. ILGA 12.2020). Die Anwendung des § 377 Strafgesetzbuch wird angedroht, um Homosexuelle zu erpressen, regierungskritische Mei nungsäußerungen zu verhindern oder die Anpassung an heterosexuelle Normen zu erzwingen (AA 23.8.2022). So berichten Mitglieder der LGBTI+-Gemeinschaft, dass die Polizei das Gesetz benutzt, um sie - oder aber auch Personen, die unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung als LGBTQ+ wahrgenommen werden - zu schikanieren (USDOS 20.3.2023). Die strafrechtli che Durchsetzung des Verbots gelangt tatsächlich allerdings nur selten zur Anwendung (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022, DFAT 30.11.2022). Vermutlich weil die LGBTQ+-Gemeinschaft verborgen agiert (DFAT 30.11.2022). Traditionell tendiert die Bevölkerung zu einer gemäßigten Ausübung des Islam, die Sexualmoral ist allerdings konservativ. Homosexualität ist absolut verpönt und wird von den Betroffenen nicht offen gelebt (ÖB New Delhi 11.2022). Fast alle LGBTQ+-Personen in Bangladesch halten ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität geheim. Die sozialen und kulturellen Möglich keiten für LGBTQ+-Personen in Bangladesch sind stark eingeschränkt, weshalb viele LGBTQ+- Personen ins Ausland fliehen. Diejenigen, die bleiben, verwenden aufgrund kultureller Tabus, die offene Diskussionen über LGBTQ+-Themen untersagen, eine eigene Slang-Sprache(DFAT 30.11.2022). Wo Homosexuelle als solche erkannt werden, haben sie mit gesellschaftlicher Dis kriminierung, in Einzelfällen auch mit Misshandlungen bis hin zu Mord (insbesondere vor dem Hintergrund steigender Islamisierung) zu rechnen (ÖB New Delhi 11.2022).Schwule Männer und Lesben stehen unter starkem familiären und sozialen Druck, heterosexuelle Ehen einzugehen (DFAT 30.11.2022). Aktivisten berichten, dass sogenannte Konversionstherapien weit verbreitet sind. Laut Aussagen lesbischer Frauen und schwuler Männer wurden sie z.B. von ihren Eltern in Drogenrehabilitationszentren oder zu Beruhigungsmitteln gezwungen. Die Regierung verurteilt diese Praktiken nicht (USDOS 20.3.2023). LGBTQ+-Personen werden regelmäßig angegriffen (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022). Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender-Personen sowie ihre Fürsprecher sehen sich Gewalt und Drohungen ausgesetzt, ohne angemessenen Schutz durch die Polizei (HRW 12.1.2023). Drohbotschaften erfolgen z.B. auch per Telefon, SMS und über soziale Medien (USDOS 47

20.3.2023). Derartige Drohungen gehen auch von religiöse Extremisten aus. Homophobe Hass reden sind in den sozialen Medien verbreitet (DFAT 30.11.2022). Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch Aktivitäten von NGOs zu einigen Themen wie LGBTI Rechte ein (FH 10.3.2023). Es gibt nur sehr wenige LGBTQI+-Organisationen, insbe sondere für Lesben (USDOS 20.3.2023). Eine besondere Rolle kommt dem „ dritten Geschlecht“ zu, den sogenannten Hijras, nämlich Eunuchen, Transsexuellen und Intersexuellen (AA 23.8.2022). Mitglieder der Hirja Commuinity identifizieren sich weder als männlich noch als weiblich und sind als eigene Geschlechtsidentität in Bangladesch klassifiziert (FH 10.3.2023). Aus der Perspektive des indischen Subkontinents sind Hijras keine Transgender, sondern Cisgender (Syed, R. o.D.). Der Begriff „ Hijra“ ist somit nicht gleichbedeutend mit dem Begriff „Transgender“. Es ist möglich, eine Transgender-Frau zu sein, die nicht Teil der Hijra-Kultur oder Gemeinschaft ist (DFAT 30.11.2022). Einige Transgender- Frauen im Land identifizieren sich als Hijra, weil sie sich der Hijra-Subkultur verbunden fühlen oder mehr sozialen Schutz wünschen. Einige konservative Geistliche verurteilen die Transgen der-Gemeinschaft, aber unterscheiden sie deutlich von der Hijra-Identität, wobei letztere für sie tolerierbar ist, während ersteres inakzeptabel bleibt (USDOS 20.3.2023). Hijras sind aufgrund einer langen Tradition auf dem indischen Subkontinent im Bewusstsein der Gesellschaft präsent und quasi etabliert. Dieser Umstand schützt sie jedoch nicht vor Über griffen und gesellschaftlicher Diskriminierung (AA 23.8.2022). Für Transgender-Personen sind einige rechtliche Anerkennungen vorhanden, jedoch werden sie in der Praxis stark diskrimi niert (FH 10.3.2023). So anerkennt die Regierung Hijras als drittes Geschlecht, allerdings bleibt es in der Praxis für diese schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung und anderen staat lichen Dienstleistungen zu erhalten, ein Problem, das sich während der Covid-19-Pandemie weiter verschärfte (ÖB New Delhi 11.2022). Laut Transgender Aktivisten führt die Regierung in einigen Fällen Genitaluntersuchungen bei Hijra durch, bevor sie ihnen Zugang zu Dienstleis tungen gewährt (USDOS 20.3.2023). Auch wenn sie eine akzeptierte Rolle in der Gesellschaft Bangladeschs innehaben und viele Hijras in organisierten Gemeinschaften leben, die sich seit Generationen erhalten haben, bleiben sie trotzdem marginalisiert (DFAT 30.11.2022). Die Akzep tanz von Hijras innerhalb der Familie ist im Allgemeinen gering, und sie haben keine Erbrechte gemäß den Bestimmungen der Scharia (DFAT 30.11.2022). Pässe und Ausweisdokumente, einschließlich Wählerregistrierungsformularen, enthalten die Möglichkeit, „ X“ oder „ Hijra“ als drittes Geschlecht auszuwählen. Die nationale Volkszählung, die im Laufe des Jahres durchgeführt wurde, enthielt eine Kategorie für das „ dritte Geschlecht“. Obwohl die Regierung einige Fortschritte bei der Förderung der sozialen Akzeptanz von Hijra- Personen gemacht hat, unternimmt sie nur begrenzte Anstrengungen, um die Rechte anderer in der LGBTQI+-Gemeinschaft zu fördern, und bietet für diese keine rechtliche Anerkennung an (USDOS 20.3.2023). Die gesellschaftliche Diskriminierung von Frauen, wie auch von LGBTQ+-Personen, schränkt die Beteiligung an der Politik in der Praxis ein(FH 10.3.2023). 2019 wurde erstmals eine Vertreterin 48

der Hijras ins Parlament gewählt (AA 23.8.2022). Die Stadt Trilochanpur wählte Ende 2021 einen Bürgermeister aus der Hijra-Community (FH 10.3.2023). Quellen: ■ AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/20780 27/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_ Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_23.08.2022.pdf, Zugriff 12.5.2023 ■ DFAT - Australian Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-information-rep ort-bangladesh.pdf, Zugriff 12.5.2023 ■ FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net /en/document/2088488.html, Zugriff 12.5.2023 ■ HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/d e/dokument/2085390.html, Zugriff 12.5.2023 ■ ILGA – International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association(12.2020): State-Spon sored Homophobia; Global Legislation Overview Update 2020 (Autor: Mendos, Lucas Ramon) https://www.ecoi.net/en/file/local/2044751/ILGA_World_State_Sponsored_Homophobia_report_gl obal_legislation_overview_update_December_2020.pdf, Zugriff 22.5.2023 ■ ÖB New Delhi – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/document/2090012.html, Zugriff 12.5.2023 ■ Syed, Renate (o.D.): „ Nicht Mann, nicht Frau“ Hijras: Indiens drittes Geschlecht, https://www.renate -syed.de/nicht-mann-nicht-frau , Zugriff am 22.5.2023 ■ USDOS – United States Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2089131.html, Zugriff 12.5.2023 19 Bewegungsfreiheit Letzte Änderung 2023-06-13 14:04 Die Verfassung garantiert den Bürgern das Recht, sich im gesamten Staatsgebiet frei zu be wegen, sich an jedem beliebigen Ort in Bangladesch aufzuhalten und niederzulassen sowie das Land zu verlassen bzw. wieder zurückzukehren (DFAT 30.11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023, FH 10.3.2023). Ausnahmen bestehen jedoch für folgende sensible Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT), die Rohingya-Flüchtlingslager in Cox’s Bazar (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 23.8.2023, FH 10.3.2023) und die Insel Bhasan Char im Golf von Bengalen (USDOS 20.3.2023). Die CHT-Distrikte sind ein stark militarisiertes Gebiet und der Zugang zu großen Teilen ist eingeschränkt. Militärische Kontrollpunkte verhindern die freie Bewegung selbst für die lokale Bevölkerung (DFAT 30.11.2022). Hinsichtlich der Wahl der Ausbildung oder des Arbeitsplatzes gibt es nur wenige gesetzliche Beschränkungen (FH 10.3.2023). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Großstädte wie Dhaka und Chittagong. Es han delt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu fin den. Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 23.8.2022). Das DFAT geht davon aus, dass Frauen ohne Zugang zu Familie oder anderen 49

Unterstützungsnetzwerken mehr Schwierigkeiten bei der Umsiedlung haben als Männer, ins besondere wenn sie arm oder alleinstehend sind oder geschlechtsspezifische Gewalt erlitten haben (DFAT 30.11.2022). Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formulars. Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe ausgestellt, die für wenige Monate gültig sind. Ein Ausreisever bot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB New Delhi 11.2022). Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es nicht (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. AA 23.8.2022). Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglich keiten kaum vorhanden sein (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. UKHO 3.2022). Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB New Delhi 11.2022). Dasselbe gilt im Falle von Verfolgung und/oder ernsthaftem Schaden durch den Staat (UKHO 3.2022). Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung (ÖB New Delhi 11.2022) sowie bei Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein. Für Atheisten bzw. Personen, die beschul digt wurden, „ die religiösen Gefühle verletzt“ zu haben, ist eine Ausweichmöglichkeit in der Einschätzung des britischen Innenministerium allerdings wiederum unwahrscheinlich (UKHO 3.2022). Quellen: ■ AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2022): Auswärtiges Amt – Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Juli 2022), https://www.ecoi .net/en/file/local/2078027/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_ab schiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Juli_2022%29%2C_2 3.08.2022.pdf, Zugriff 25.4.2023 ■ DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (30.11.2022): Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2086697/country-informa tion-report-bangladesh.pdf, Zugriff 28.4.2023 ■ FH – Freedom House (10.3.2023): Freedom House: Freedom in the World 2023 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2088488.html, Zugriff 25.4.2023 ■ ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (11.2022): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2090012/BANG_%C3%96B-Bericht_2022_11.docx , Zugriff 25.4.2023 ■ UKHO - UK Home Office [Vereinigtes Königreich] (3.2022): Country Policy and Information Note Bangladesh: Religious minorities and atheists, https://www.ecoi.net/en/file/local/2070685/BGD_CPI N_Religious_minorities_and_atheists.pdf, Zugriff 28.4.2023 ■ USDOS – US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089131.html, Zugriff 2.5.2023 50

20 IDPs und Flüchtlinge Letzte Änderung 2023-06-05 09:53 20.1 Rohingya Letzte Änderung 2024-08-16 15:33 Bevölkerung Die Rohingya sind eine ethnische Gruppe aus dem Norden Myanmars (DFAT 30.11.2022). In Bangladesch halten sich in etwa eine Million Menschen dieser Volksgruppe auf, die in mehreren Flüchtlingswellen seit den 90er-Jahren aus der Provinz Rakhine in Myanmar flohen (ÖB New Delhi 11.2022; vgl. FH 10.3.2023). In Myanmar gelten die, einen im Südosten Bangladeschs ge bräuchlichen bengalischen Dialekt sprechenden, muslimischen Rohingya als „ Bengalen“. 1982 entzog Myanmar ihnen die seit der Unabhängigkeit informell bestehende Staatsbürgerschaft ( ÖB New Delhi 11.2022). Die jüngste Flüchtlingswelle geht auf 2017 zurück (FH 10.3.2023). Nach massiver und sys tematischer Gewalt der myanmarischen Sicherheitskräfte gegen die Rohingya im August 2017 nahm Bangladesch 700.000 weitere geflohene Rohingya auf (AA 23.8.2022; vgl. DFAT 30.11.2022). Sie gesellten sich zu den bereits ansässigen etwa 300.000 Rohingya-Flüchtlingen und leben nun in 33 Flüchtlingslagern (DFAT 30.11.2022) im süd-östlichen Distrikt Cox’s Bazar an der Grenze zu Myanmar (AA 23.8.2022). Insgesamt wird die Zahl der Rohingya Flücht linge in den Lagern auf derzeit um die 930.000 geschätzt (IOM 16.5.2023). Es ist damit das weltweit größte Flüchtlingslager (ACAPS 12.5.2023; vgl. AA 23.8.2022). Die große Mehrheit hat keinen offiziellen Flüchtlingsstatus (FH 10.3.2023), nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge aus den 90-er Jahren ist offiziell registriert (AA 23.8.2022). Es sind dies um die 33.000 registrierte Rohingya-Flüchtlinge, die in den zwei offiziellen Flüchtlingslagern Kutupalong und Nqayapara leben (ÖB New Delhi 11.2022) [Anmerkung: für eine Landkarte mit den Flüchtlingslagern und Belegungszahlen laut Regierung und UNHCR siehe UNHCR 30.4.2023]. Die meisten der Flüchtlinge aus den 90er leben seit Jahrzehnten ohne formelle Registrierung über das Land verteilt (AA 23.8.2022). So lebeten vor der Flüchtlingswelle 2017 mindestens 200.000 in den Dörfern und Städten um Cox’s Bazar, denen die Regierung - u. a. mangels Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention - kein Asyl gewährt und die daher als illegale Wirt schaftsflüchtlinge gelten (ÖB New Delhi 11.2022). Die Rohingya sind kaum von einheimischen Bangladeschern zu unterscheiden. Oft sind sie in der Lage, sich in die lokale Gemeinschaft und Wirtschaft zu integrieren. Es gibt einige sprachliche und kulturelle Unterschiede, aber Rohingya schwächen diese ab, z. B. um eine informelle Beschäftigung zu erhalten. Manchmal verschwin den die kulturellen oder sprachlichen Unterschiede im Laufe der Zeit. Einige Rohingya sind optisch auch einigen indigenen Gruppen in Bangladesch ähnlich (DFAT 30.11.2022). In den Kernzonen der Flüchtlingszuströme fühlt sich die bangladeschische Bevölkerung durch die große Zahl an Rohingyas allerdings zunehmend bedrängt (u. a. Sinken des lokalen Lohnni veaus, Abholzung der Wälder), was nunmehr häufiger zu Repressalien durch die Bevölkerung - aber auch seitens bangladeschischer offizieller Stellen - führt und das allgemeine soziale 51

Klima verschlechtert (ÖB New Delhi 11.2022). Die Betrachtung der Rohingya als Konkurrenz für Arbeitsplätze und Ressourcen durch die lokalen Bevölkerung hat in der Vergangenheit zu Massendemonstrationen gegen die Rohingya geführt (DFAT 30.11.2022). Spannungen mit der bangladeschischen Bevölkerung nehmen zu. Verwicklungen in illegale Tätigkeiten wie Dro genschmuggel und Menschenhandel sowie der rasante Preisanstieg haben eine zunehmende Diskriminierung von Rohingya im gesamten Land zur Folge. Außerdembreitet sich Islamis mus über informelle Koranschulen in den Lagern aus (AA 23.8.2022). Teilweise werden die Flüchtlingslager nunmehr von den Behörden mit Stacheldraht eingezäunt, um die angestammte Bevölkerung von der lokalen zu trennen und Zusammenstöße zu vermeiden (ÖB New Delhi 11.2022). Allgemeine Situation in den Lagern Die Grundversorgung in den Lagern wird durch die bangladeschische Regierung sowie von UN- Organisationen und NGOs gesichert (AA 23.8.2022). Die Regierung arbeitet größtenteils mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um den Rohingya-Flüchtlingen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 20.3.2023). Die Zahl der Neuankömmlinge hat zu einer immensen Belastung der Infrastruktur, der Dienstleis tungen, der Umwelt und der Aufnahmebevölkerung geführt. Die Lager sind überfüllt. Rohingya in den Lagern sind in hohem Maße von Armut und Kriminalität betroffen und fast vollständig auf humanitäre Hilfe angewiesen (DFAT 30.11.2022). Rohingya ist es nicht erlaubt zu arbeiten. In der Praxis arbeiten einige zum Beispiel in kleinen Geschäften oder Betrieben in den Lagern oder in der lokalen informellen Wirtschaft (DFAT 30.11.2022; USDOS 20.3.2023). Freiwilligen einsätze mit geringen Aufwandsentschädigungen und begrenzte Lohnarbeit zur Ausführung von Aufgaben in den Lagern sind ihnen erlaubt (USDOS 20.3.2023). Diese Programme von Hilfsorganisationen sind zwar klein, bieten aber einigen Rohingya begrenzte Einkommensmög lichkeiten (DFAT 30.11.2022). Im August billigte die Nationale Task Force den Entwurf eines Rahmens für die Entwicklung von Qualifikationen. Er umreißt die Ausbildung, die den Flüchtlin gen und den Aufnahmegemeinschaften mit Unterstützung der Vereinten Nationen angeboten werden darf ( USDOS 20.3.2023). Während der Einschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie waren auch die Mög lichkeiten der Hilfsorganisationen stark eingeschränkt und die Bedingungen in den Lagern ver schlechterten sich. Die Beschränkungen blieben bis September 2021 in Kraft (DFAT 30.11.2022). Sicherheitslage in den Lagern, inkl. Naturkatastrophen Der Distrikt Cox’s Bazar ist anfällig für Naturkatastrophen wie Überschwemmungen bzw. Wir belstürme und die Unterkünfte bestehen nicht aus Materialien, die den extremen Witterungs bedingungen standhalten können (DFAT 30.11.2022; vgl. USDOS 20.3.2023). So verloren 21.000 Rohingya durch monsunbedingte Überschwemmungen im Juli 2021 ihre Behausun gen und im März 2021 fielen mindestens 15 Menschenleben einem Großbrand zum Opfer (DFAT 30.11.2022). Im März 2023 brach ebenfalls ein Großfeuer aus (UNHCR 9.5.2023; vgl. Tagesschau 5.3.2023). Der Lagerfeuerwehr aus extra ausgebildeten Rohingyas - u. a. von 52

UNHCR finanziert - gelang es, zusammen mit den lokalen Behörden das Feuer in drei Stunden zu löschen. Dennoch wurden mehr als 3.000 Zelte und 1.000 Einrichtungen zerstört und damit 16.000 Menschen obdachlos (UNHCR 9.5.2023).Es gibt keine Berichte zu Toten (Tagesschau 5.3.2023; vgl. UNHCR 9.5.2023). Die meisten Feuer können schnell durch die Feuerwehr der Flüchtlinge gelöscht werden (UNHCR 9.5.2023). Im Mai 2023 zerstörte Zyklon Mocha in den Rohingya Camps über 2.000 Behausungen teilweise und 250 vollständig sowie Wasserstellen und Infrastruktur. Beinahe 16.000 Menschen waren betroffen. Hilfsorganisationen hatten in Kooperation mit den Behörden Vorbereitungen getroffen (IOM 16.5.2023). Berichtenzufolge gab es auch hier keine Toten (FAZ 15.5.2023; vgl. BBC 19.5.2023, IOM 16.5.2023). Gewalt, einschließlich Bandengewalt, Waffenkriminalität und Gewalt gegen Frauen, wie häusli che Gewalt und sexuelle Übergriffe, ist in den Lagern weit verbreitet - auchwenn - so schätzt das australische Innenministerium - das Ausmaß manchmal übertrieben dargestellt zu sein scheint, um eine bestimmte politische Darstellung zu unterstützen. Quellen berichten, dass sich das Problem während der COVID-19-Pandemie verschlimmert hat, als weniger internationale Helfer vor Ort waren, Stressfaktoren auftraten und die Menschen isoliert wurden (DFAT 30.11.2022). Nichtregierungsorganisationen berichten, dass Menschenhandel und Schmuggel in den Lagern weit verbreitet sind, wobei nur wenige Fälle von der Justiz des Landes verfolgt wurden (USDOS 20.3.2023). Vor allem Frauen und Kinder, die den Großteil der letzten Fluchtwelle ausmachen, sind der Gefahr ausgesetzt, Opfer u. a. sexueller und körperlicher Gewalt, Zwangsheirat, Kinderarbeit oder Menschenhandel zu werden (AA 23.8.2022). Zusätzlich sind Frauen in den Lagern dem Druck religiös-konservativer Gemeinschaften ausgesetzt, die sie in ihrer Bewegungsfreiheit und Arbeitsfähigkeit einschränken. Einige Frauen und Mädchen berichten, dass sie sich in den Lagern unsicher fühlen, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit (DFAT 30.11.2022). Die Rechenschaftspflicht für alle Verbrechen, einschließlich des Menschenhandels, ist ein Pro blem. Die Rohingya sind auf die für die einzelnen Lager zuständigen Regierungsbeamten (auch Camps in Charge oder CiC genannt) angewiesen, um Verbrechen zu klären. Die CiCs waren weitgehend autonom und gingen unterschiedlich auf die Bedürfnisse der Lager ein. Nach Anga ben internationaler Organisationen waren einige CiCs anfällig für Korruption (USDOS 20.3.2023). Internationale Organisationen äußern Vorwürfe, dass einige Beamte des Grenzschutzes, des Militärs und der Polizei in den Handel mit Rohingya-Frauen und -Kindern verwickelt waren, was vom „ Wegschauen“ über Bestechungsgelder bis hin zur direkten Beteiligung reichte (USDOS 20.3.2023). Militante, die mit der Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA), einer Miliz aus dem myanma rischen Bundesstaat Rakhine, in Verbindung gebracht werden, sind in den Lagern aktiv, und einige Männer und Jungen befürchten, von diesen Gruppen entführt zu werden. Im Oktober 2021 griffen ARSA-Kämpfer ein islamisches Seminar in den Lagern an, wobei sieben Menschen getötet wurden (DFAT 30.11.2022) 53

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit Die Freizügigkeit der Rohingya ist eingeschränkt. Gemäß der Vereinbarung zwischen der Regie rung und dem UNHCR ist es registrierten Rohingya-Flüchtlingen nicht gestattet, sich außerhalb der offiziellen Lager zu bewegen. Nach dem Zustrom 2017 errichtete die Polizei Kontrollpunk te an den Straßen, um die Bewegungsfreiheit sowohl der registrierten Flüchtlinge als auch der Neuankömmlinge außerhalb der Unterbezirke Ukhiya und Teknaf einzuschränken (USDOS 20.3.2023). Viele Lagerbehörden führten Ausgangssperren und Polizeipatrouillen ein, insbesondere nachts, als Reaktion auf Berichte über gewalttätige Angriffe oder Entführungen in den Lagern. Um die Lager besser zu sichern, hat die Regierung Wachtürme und Zäune errichtet (USDOS 20.3.2023). 2022 setzen die Behörden laut HRW neue Maßnahmen zur Einschränkung der Bewegungs freiheit, wie Drohungen, häufige Ausgangssperren und Schikanen an Checkpoints ein (HRW 12.1.2023). Gesundheit Die Regierungsbehörden gestatten registrierten und nicht registrierten Rohingyas regelmäßigen Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversorgung. Rohingya benötigten jedoch eine behördliche Genehmigung, um das Lager zu verlassen. Die Hilfsorganisationen übernehmen die Gesund heitskosten. Den verfügbaren Daten zufolge entsprach die Gesamtversorgung den Mindest anforderungen (USDOS 20.3.2023). Quellen berichten allerdings, dass die Gesundheits- und Sozialdienste in den Lagern unzureichend sind, um den humanitären Bedarf zu decken. Ande rerseits können aufgrund der Präsenz internationaler Hilfsorganisationen in einigen Umständen die Bedingungen besser als in anderen Teilen Bangladeschs sein. Die Dienste der psychischen Gesundheitsversorgung sind unzureichend (DFAT 30.11.2022). Die Gefahr von Seuchen und Epidemien ist aufgrund der beengten Verhältnisse hoch (AA 23.8.2022). Übertragbare Krankheiten wie Masern, akute Diarrhöe, Diphtherie und Krätze sind weit verbreitet (DFAT 30.11.2022). Mit Stand September 2022 hatten 453.160 Rohingya- Flüchtlinge (die Hälfte) in Cox’s Bazar zwei Dosen des Impfstoffs COVID-19 erhalten (USDOS 20.3.2023). Das neu eingerichtete Lager auf der Insel Bhasan Char verfügt über Einrichtungen der medizi nischen Grundversorgung, aber nicht über Einrichtungen der Sekundär- und Tertiärversorgung, sodass Patienten für eine weiterführende Behandlung an medizinische Einrichtungen außerhalb der Insel überwiesen werden müssen. Durch die erforderlichen Genehmigungen, die Wetterbe dingungen und die Verfügbarkeit von Booten wird dies allerdings erschwert (USDOS 20.3.2023). Bildung UNICEF überwand den früheren Widerstand der Regierung gegen formale Bildung, mit einem Pilotprogramm für den Unterricht nach dem nationalen Lehrplan Myanmars (USDOS 20.3.2023). Aufgrund der COVID-19-Pandemie konnte die Umsetzung erst im Dezember 2021 beginnen. Im März 2022 durften alle Lernzentren in den Rohingya-Lagern geöffnet werden (DFAT 30.11.2022). 54

Die Regierung erlaubte humanitären Akteuren in den Lagern mit dem Unterricht nach dem Lehrplan von Myanmar zu beginnen, eine in Bangladesch anerkannte Bildung wird jedoch verweigert (HRW 12.1.2023). Berichten zufolge hat die Regierung zwischen Dezember 2021 und April 2022 von der Rohin gya Gemeinschaft selbst betriebene Schulen aufgelöst (AI 27.3.2023b; vgl. HRW 12.1.2023, FH 10.3.2023). Laut USDOS waren davon 32.000 Schüler betroffen (USDOS 20.3.2023). Die geschlossenen Schulen unterrichteten informell, ohne Rechtsstatus (DFAT 30.11.2022; vgl. US DOS 20.3.2023FH 10.3.2023). Allerdings reichen die schulischen Einrichtungen nicht aus, um den gesamten Bedarf zu decken (DFAT 30.11.2022). Rohingya-Flüchtlinge berichteten außer dem, dass einige Lehrer vorübergehend festgenommen wurden (AI 27.3.2023b). Insgesamt verbesserte sich der Zugang zu Bildung für Rohingya aufgrund des Pilotprojekts trotz der Rückschläge der Schulschließungen. Allerdings schätzt UNICEF, dass von den mehr als 400.000 Rohingya-Kindern im schulpflichtigen Alter in den Flüchtlingslagern 100.000 keine Lernzentren besuchen (AI 27.3.2023b). Umsiedlungen auf die Insel Bhasan Char Im Jahr 2020 begannen die Behörden mit der Umsiedlung von Flüchtlingen auf die Insel Bhasan Char, auf der mit Stand August 2022 30.000 Flüchtlinge lebten. Die Regierung plant, mindestens 100.000 Menschen dort anzusiedeln (FH 10.3.2023; vgl. AA 23.8.2022, ÖB New Delhi 11.2022, AI 27.3.2023b). Bhasan Char ist allerdings, wie Cox’s Bazar, anfällig für Naturkatastrophen, insbesondere für Wirbelstürme und Überschwemmungen (DFAT 30.11.2022; vgl. FH 10.3.2023, FH 10.3.2023). Vor den Umsiedlungen sind dort feste Häuser und Wohnungen, inkl. Schulen und Gesundheits einrichtungen, errichtet worden. Menschenrechtsorganisation kritisieren, dass die Menschen auf der Insel ohne Unterstützung nicht selbstständig leben können, da es an nachhaltigen Ein kommensmöglichkeiten mangelt. Das Festland ist mehrere Stunden Bootsfahrt von der Insel entfernt. Die Regierung argumentiert mit der Reduzierung der starken Überbelegung der Lager auf dem Festland und folglich mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen (ÖB New Delhi 11.2022). Human Rights Watch berichtet von Lebensmittel- und Medikamentenknappheit sowie Misshand lungen von Sicherheitskräften auf der Insel. Trotz des Engagements des UNHCR werden viele ohne vollständige und informierte Zustimmung umgesiedelt (HRW 12.1.2023). Teilweise kam es zu gewalttätigen Protesten der bereits auf der Insel befindlichen Rohingyas, die wieder zurück auf das Festland möchten (ÖB New Delhi 11.2022). Außerdem versuchten nach den ersten Umsiedlungen, Berichten zufolge, Hunderte von der Insel zu gelangen, einige ertranken. Boote wurden daraufhin beschlagnahmt (DFAT 30.11.2022). Es wird auch berichtet, dass Flüchtlinge, die versuchten, die Insel zu verlassen, von der Polizei festgenommen wurden (AI 27.3.2023b; vgl. USDOS 20.3.2023). 55
