2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-tunesien-version-9-44d8

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

/ 52
PDF herunterladen
den Schutz der Menschenrechte, und schränkt dessen Mandat ein, indem sie ihm die Kontrolle 
über die Verfassungsmäßigkeit der Verlängerung des Ausnahmezustands entzieht. Die Rechte 
auf persönliche Freiheit, auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sind aufgrund 
von Verlängerungen des Ausnahmezustands teilweise noch immer eingeschränkt. Der Tatbe­
stand der „ Gefährdung der öffentlichen Moral“ gilt weiterhin, ebenso wie immer wieder Fälle von 
Folter angeprangert werden. Zudem fehlt ein verfassungsrechtliches Höchstgericht (ÖB Tunis 
10.2022).
Zu den bedeutenden Menschenrechtsproblemen gehören glaubwürdige Berichte über Folter 
oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch Regie­
rungsbeamte; willkürliche Verhaftungen oder Inhaftierungen; schwerwiegende Probleme mit der 
Unabhängigkeit der Justiz; politische Gefangene oder Häftlinge; willkürliche oder rechtswidri­
ge Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungs- und Medi­
enfreiheit, einschließlich ungerechtfertigter Verhaftungen oder strafrechtlicher Verfolgung von 
Journalisten, Zensur oder Durchsetzung oder Androhung der Durchsetzung von Verleumdungs­
gesetzen zur Einschränkung der Meinungsäußerung; schwerwiegende Einschränkungen der 
Internetfreiheit; erhebliche Eingriffe in die Vereinigungsfreiheit, einschließlich übermäßig restrik­
tiver Gesetze über die Organisation, Finanzierung oder Tätigkeit von NGOs und Organisationen 
der Zivilgesellschaft; Einschränkungen des Rechts, das Land zu verlassen; Zurückweisung von 
Flüchtlingen in ein Land, in dem ihnen Folter oder Verfolgung droht; schwerwiegende und un­
angemessene Einschränkungen der politischen Beteiligung; schwerwiegende Korruption in der 
Regierung, sowohl auf hoher Ebene als auch in großem Umfang; Verbrechen, die mit Gewalt 
oder Gewaltandrohung gegen Schwarztunesier und Afrikaner südlich der Sahara verbunden 
sind; Gesetze, die einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen Er­
wachsenen unter Strafe stellen, und die Durchsetzung dieser Gesetze; Gewaltverbrechen oder 
Gewaltandrohungen gegen Angehörige sexueller Minderheiten; und erhebliche Einschränkun­
gen der Vereinigungsfreiheit von Arbeitnehmern (USDOS 23.4.2024).
Die wichtigste Behörde der Regierung zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und 
zur Bekämpfung von Menschenrechtsbedrohungen ist das Justizministerium. Menschenrechts­
organisationen bemängeln allerdings, dass das Ministerium mutmaßlichen Menschenrechtsver­
letzungen nicht nachgeht oder sie nicht angemessen untersucht. Innerhalb des Präsidialamtes 
wurde das Hohe Komitee für Menschenrechte und Grundfreiheiten mit der Überwachung der 
Menschenrechte und der Beratung des Präsidenten in damit zusammenhängenden Fragen 
beauftragt. Darüber hinaus befasst sich das unabhängige INPT (The National Authority for 
the Prevention of Torture) mit Folter- und Misshandlungsvorwürfen. Die Regierung unternimmt 
einige glaubwürdige Schritte, um gegen Straflosigkeit vorzugehen oder Missbräuche einzu­
dämmen, aber Menschenrechtsgruppen machen häufig geltend, dass es den Ermittlungen zu 
Missbräuchen durch die Polizei, die Sicherheitskräfte und Beamte von Haftanstalten an Trans­
parenz mangelt und dass es zu langen Verzögerungen und verfahrenstechnischen Hindernissen 
kommt (USDOS 23.4.2024).
2014 richtete Tunesien eine Kommission für Wahrheit und Würde (IVD) ein, um die seit 1956 
begangenen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verbrechen zu untersuchen. Anfang 2018 
16
21

stimmte das Parlament gegen eine Verlängerung des Mandats der Kommission, eine Entschei­
dung, die von Rechtsaktivisten als Schwächung der Bemühungen um eine Übergangsjustiz 
kritisiert wurde. Die Kommission legte ihren Abschlussbericht 2019 vor und veröffentlichte ihn 
offiziell 2020. Er stützt sich auf mehr als 62.000 Beschwerden tunesischer Bürger gegen den 
Staat wegen Menschenrechtsverletzungen. Tunesische Gerichte begannen mit der Prüfung 
von 69 Anklagen und 131 Verweisen der IVD, aber die Notstandsmaßnahmen des Präsiden­
ten im Jahr 2021 schufen Unsicherheit über die Zukunft des Prozesses der Übergangsjustiz 
(FH 29.2.2024). Die Empfehlungen der IVD zur Umsetzung wichtiger institutioneller Reformen 
bleiben unerfüllt. Nichtsdestotrotz war sie eine relevante Instanz bei der Sichtbarmachung der 
Rolle der ehemaligen Präsidenten sowie anderer hochrangiger Beamter bei Folter, willkürlicher 
Inhaftierung und vielen anderen Misshandlungen. Am 31.12.2021 endete das Mandat der Kom­
mission (ÖB Tunis 10.2022). Am 1.8.2024 ordnete ein Richter die Inhaftierung der ehemaligen 
Vorsitzenden der Kommission für Wahrheit und Würde, Sihem Bensedrine, in Zusammenhang 
mit ihrer Rolle als Leiterin zwischen 2014 und 2018 an. Ihr werden „Ausnutzung ihrer Posi­
tion zur Erlangung eines unlauteren Vorteils“, Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit 
dem Abschlussbericht der Kommission vorgeworfen (HRW 16.1.2025; vgl. HRW 17.1.2025). Am 
8.8.2024 bezeichneten drei UN-Experten Bensedrines Verhaftung als eine gerichtliche Schikane 
für ihre Arbeit, die sie als Leiterin der Kommission geleistet hat (HRW 16.1.2025). Am 14.1.2025 
trat Sihem Bensedrine im Gefängnis von Manouba in einem Hungerstreik. Bensedrine hat vier 
Jahrzehnte lang gegen den Missbrauch aufeinanderfolgende Regierungen gekämpft und wurde 
unter den ehemaligen Präsidenten Habib Bourguiba und Ben Ali inhaftiert. Laut ihren Anwälten 
basiert ihre Inhaftierung ausschließlich auf einer Klage aus dem Jahr 2020, die sie beschuldigt, 
den Bericht zu verfälscht zu haben. Sie wird in vier weiteren Fällen im Zusammenhang mit ihrer 
Arbeit als Kommissionspräsidentin strafrechtlich verfolgt (HRW 17.1.2025).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (17.1.2025): Tunisian Human Rights Defender on Hunger Strike, https:
//www.hrw.org/news/2025/01/17/tunisian-human-rights-defender-hunger-strike , Zugriff 22.1.2025
■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2120124.html, Zugriff 21.1.2025
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
10.1 Meinungs- und Pressefreiheit
Letzte Änderung 2025-02-27 11:04
In Tunesien bleiben Meinungs- und Pressefreiheit zunehmend eingeschränkt (USDOS 23.4.2024). 
Am Index zur Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF) lag das Land 2024 auf Rang 
17
22

118 von insgesamt 180 (2023: Rang 121) (RSF 2024). In der Verfassung und in den Gesetzen 
ist das Recht auf freie Meinungsäußerung verankert - auch für die Presse und andere Medien - 
doch die Regierung respektiert diese Rechte nicht immer (USDOS 23.4.2024).
Die Medienlandschaft ist seit der Revolution von 2011 vielfältiger geworden (RSF 2024), von 
2011 bis 2021 nahmen die unabhängigen Medien zu, auch im Internet (FH 29.2.2024). Die 
Machtergreifung von Präsident Kaïs Saïed im Juli 2021 hat allerdings zu einem großen Rück­
schlag bzgl. Pressefreiheit geführt (RSF 2024). Ferner sind private Diskussionen in der Regel 
offen und frei, aber öffentliche Äußerungen zu bestimmten Themen, einschließlich Kritik am 
Militär, können Repressalien nach sich ziehen (FH 29.2.2024).
Seit 2021 verfügt Präsident Saïed über Sondervollmachten. Seither sind Journalisten im Zu­
sammenhang mit ihrer Arbeit zunehmend Druck und Einschüchterung durch Regierungsbeamte 
ausgesetzt, einschließlich strafrechtlicher Sanktionen für Verleumdung und andere angebli­
che Vergehen (FH 29.2.2024). Die Verfassungsänderung vom Juli 2022, die dem Präsidenten 
weitreichende Gesetzgebungsbefugnisse zu Lasten der bis dahin bestehenden Kontrollme­
chanismen einräumt, gefährdet die Gewaltenteilung und stellt eine große Bedrohung für die 
Errungenschaften der tunesischen Revolution in Bezug auf die Pressefreiheit dar. Auch die 
Unabhängigkeit der Justiz wurde geschwächt, sodass zu befürchten ist, dass die Gerichte bei 
der Auslegung der neuen Beschränkungen unter dem Deckmantel vermeintlicher Sicherheits­
erfordernisse politischen Interessen dienen. Die Gerichte entscheiden nach wie vor auf der 
Grundlage von Gesetzen, die noch aus der Ära Ben Ali stammen, anstatt sich auf die für die 
Pressefreiheit günstigeren Gesetzesdekrete von 2011 zu stützen (RSF 2024).
Nach der Verschlechterung des politischen Umfelds stellt das Gesetzesdekret 54 vom Sep­
tember 2022 (2022-54) zur Bekämpfung von „ Fake News“ eine neue große Gefahr für die 
Pressefreiheit dar (RSF 2024). Diese von Präsident Saïed im September 2022 erlassene Ge­
setzesverordnung 2022-54 über Cyberkriminalität verletzt das Recht auf Privatsphäre und führt 
harte Strafen für weit gefasste und vage definierte Sprachvergehen ein (AI 30.5.2024). Der Prä­
sidialerlass aus dem Jahr 2022, der härtere Gefängnisstrafen und Geldstrafen für Personen 
vorsieht, die „ falsche Informationen oder Gerüchte“ über Online- oder Offline-Kommunikations­
netzwerke verbreiten, wirkt abschreckend auf kritische Äußerungen. Denjenigen, die verurteilt 
werden, drohen bis zu 10 Jahre Gefängnis, wenn sich der Inhalt gegen Amtsträger richtet. Das 
Gesetz räumt auch zivilen und militärischen Strafverfolgungsbehörden einen größeren Spiel­
raum für den Zugriff und die Durchsuchung privater Geräte und Materialien ein (FH 29.2.2024). 
Die Behörden haben Artikel 24 des Dekrets 2022-54 häufig genutzt, um abweichende Meinun­
gen zu unterdrücken. Artikel 24 sieht eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und eine Geldstrafe 
von bis zu 50.000 TND (etwa 16.000 US-Dollar) für die Nutzung von Telekommunikationsnetzen 
vor, um „ Fake News“ oder „ Gerüchte“ zu produzieren, zu versenden oder zu verbreiten, ande­
re zu verletzen, zu verleumden oder zu Gewalt gegen andere aufzurufen oder die öffentliche 
Sicherheit oder die nationale Verteidigung zu untergraben, Angst zu verbreiten oder Hass zu 
schüren. Die Strafe wird verdoppelt, wenn sich die Straftat gegen einen „ öffentlichen Beamten 
oder eine vergleichbare Person“ richtet. Artikel 86 des Telekommunikationsgesetzes, der von 
18
23

den Behörden seit Langem zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung eingesetzt wird, 
sieht eine Strafe von bis zu zwei Jahren Gefängnis vor (AI 30.5.2024).
Seit 2021 haben die Behörden zunehmend Personen wegen sprachbezogener Vergehen ver­
folgt, darunter Beleidigung des Präsidenten und Diffamierung des Militärs. Bei den Angeklagten, 
die sowohl vor Militär- als auch vor Zivilgerichte gestellt wurden, handelte es sich in der Regel 
um Personen mit bedeutenden Online- oder Offline-Plattformen und nicht um normale Bür­
ger oder Nutzer sozialer Medien (FH 29.2.2024). Nach Angaben der lokalen NGO Alliance for 
Security and Liberties leitete die Regierung bis Juli 2023 mindestens 20 strafrechtliche Ermitt­
lungen auf der Grundlage des Dekrets 2022-54 wegen Handlungen ein, die mit der Ausübung 
des Rechts auf freie Meinungsäußerung zusammenhängen (USDOS 23.4.2024). Im Vorfeld 
der Präsidentschaftswahlen haben die tunesischen Behörden die Unterdrückung der freien 
Meinungsäußerung durch das Dekret 2022-54 über Cyberkriminalität und andere, veraltete Ge­
setze verschärft. Mit Stand Mai 2024 befanden sich mindestens 40 Personen willkürlich in Haft, 
darunter politische Gegner, Journalisten, Aktivisten, Menschenrechtsaktivisten und Nutzer sog. 
sozialer Medien (AI 30.5.2024). Organisationen der Zivilgesellschaft äußern sich hinsichtlich 
der Anwendung des Verleumdungsstrafrechts zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung 
besorgt. Laut Freedom House hat die Selbstzensur im Internet seit Juli 2021 zugenommen, da 
sowohl Journalisten als auch Internetnutzer versuchen, Vergeltungsmaßnahmen für bestimmte 
Äußerungen zu vermeiden, insbesondere für Kritik am Präsidenten, an den Sicherheitskräften 
oder an Regierungsstellen (USDOS 23.4.2024). Eine von einer zivilgesellschaftlichen Organisa­
tion durchgeführte Umfrage zur Bewertung des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet 
nach der Verabschiedung des Gesetzesdekrets 2022-54 ergab, dass sich nur 8 % der Befragten 
frei fühlten, ihre Meinung in den sozialen Medien zu äußern, und 78 % nannten die Überwachung 
durch die Regierung als Ursache für den Rückgang der Online-Freiheit (FH 16.10.2024).
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen und unabhängigen Journalisten kommt es 
weiterhin zu Gewalt und Schikanen gegen Journalisten. In ihrem im Mai 2023 veröffentlichten 
Jahresbericht bezeichnete die Nationale Union der tunesischen Journalisten (SNJT) das Jahr als 
das gefährlichste für Journalisten, seit die SNJT im Jahr 2017 mit der Berichterstattung zu dieser 
Frage begonnen hat. Im Juli 2023 meldete Amnesty International mehr als 39 Ermittlungen oder 
strafrechtliche Verfolgung von Bloggern, Journalisten und anderen Personen wegen friedlicher 
Meinungsäußerung. In einem SNJT-Bericht vom September 2023 wurden 295 verbale und 
physische Angriffe gegen Journalisten von Mai 2022 bis August 2023 verzeichnet (USDOS 
23.4.2024).
Der Zugang zum Internet wird von der Regierung im Allgemeinen nicht eingeschränkt oder unter­
brochen, obwohl es laut Freedom House einige Zugangshindernisse, inhaltliche Einschränkun­
gen und Verstöße gegen die Nutzerrechte gibt. Die NGO berichtet, dass Regierungsbehörden 
und verschiedene andere Stellen manchmal versuchen, Online-Inhalte zu entfernen (USDOS 
23.4.2024).
19
24

Quellen
■ AI - Amnesty International (30.5.2024): Tunisia: Authorities escalate clampdown on media, freedom 
of expression, https://www.ecoi.net/de/dokument/2110115.html, Zugriff 23.1.2025
■ FH - Freedom House (16.10.2024): Freedom on the Net 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2116595.html, Zugriff 28.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ RSF - Reporter ohne Grenzen (2024): Tunisia, https://rsf.org/en/country/tunisia, Zugriff 24.1.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
10.2 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit
Letzte Änderung 2025-02-27 11:17
Verfassung und Gesetze sehen Versammlungsfreiheit vor (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023), 
und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 23.4.2024). Ein Gesetz 
zur Terrorismusbekämpfung aus dem Jahr 2015 und aufeinanderfolgende Ausnahmezustände 
schränken Versammlungen jedoch erheblich ein (FH 29.2.2024).
In Zarzis kam es infolge eines Bootsunglücks im September 2022, bei dem 18 Menschen ertrun­
ken sind, zu anhaltenden Protesten gegen die lokalen Behörden und die Migrationspolitik der 
Regierung. Gegen den Staatsumbau von Staatspräsident Saïed kam es im Laufe des Jahres 
2022 und rund um die Parlamentswahlen zu Jahresbeginn 2023 zu regelmäßigen Protesten 
von Ennahdha und anderen Oppositionsparteien/-bündnissen, die friedlich verliefen und später 
abgeflaut sind. Gleichwohl kommt es immer wieder auch zu Einschränkungen der Demonstrati­
onsfreiheit. Dabei ist das Verbot von Versammlungen ohne eine konkrete Bedrohungslage unter 
dem geltenden Ausnahmezustand grundsätzlich zulässig. Allerdings wirft die ständige - de facto 
unbegrenzte - Verlängerung des Ausnahmezustands seit 2015 ihrerseits rechtliche Fragen auf. 
Oftmals beklagt auch die Presse Einschränkungen ihrer Berichterstattung durch Sicherheits­
kräfte bei friedlichen Protesten (AA 22.6.2023). Die Polizei geht bei öffentliche Demonstrationen 
regelmäßig mit Gewalt vor. Journalisten haben fotografiert, wie Beamte zu unterschiedlichen An­
lässen Schlagstöcke, Tränengas und gepanzerte Fahrzeuge gegen Demonstranten eingesetzt 
haben (FH 29.2.2024).
Das Gesetz bzw. Artikel 42 der Verfassung sieht das Recht auf Vereinigungsfreiheit vor, die 
Regierung respektiert es jedoch nicht immer (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023). Das 2011 
liberalisierte Vereinsrecht (Dekret 88) basiert auf dem Grundsatz der bloßen Erklärung der Ver­
einsgründung gegenüber dem Generalsekretariat der Regierung. Dabei müssen bestimmte 
notariell beglaubigte Unterlagen vorgelegt werden. Mit einer entsprechenden Eingangsbestä­
tigung kann die Bekanntmachung im Amtsblatt erfolgen. Gleichwohl enthält das Vereinsrecht 
Möglichkeiten der Sanktionierung von nicht-rechtstreuen sowie verfassungswidrigen Vereini­
gungen (AA 22.6.2023).
20
25

Darüber hinaus unterliegt die Zivilgesellschaft inzwischen immer stärkeren Restriktionen. So 
stehen u. a. Treffen von Vertretern der Zivilgesellschaft und politischen Aktivisten mit ausländi­
schen Diplomaten sowie die Finanzierung von Aktivitäten durch internationale Geber verstärkt 
im kritischen Fokus der Öffentlichkeit – und auch strafrechtlicher Ermittlungen. Viele Organisa­
tionen fühlen sich in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt und immer mehr Aktivisten 
sorgen sich um ihre persönliche Sicherheit (AA 22.6.2023). Im Oktober 2023 brachten mehrere 
Parlamentarier einen Gesetzentwurf ein, der dem Premierminister weitreichende Befugnisse 
zur Aussetzung, Auflösung oder Verweigerung der Gründung von NGOs einräumen würde. Der 
Gesetzesentwurf enthält auch Bestimmungen zur Überwachung der Finanzierung von NGOs. 
Tunesische Vereinigungen, die ohne vorherige Genehmigung ausländische Mittel annehmen, 
müssten mit Sanktionen und einer möglichen Auflösung rechnen. Menschenrechtsaktivisten 
haben die Sorge geäußert, dass dieses Gesetz im Falle seiner Verabschiedung die tunesische 
Zivilgesellschaft erheblich unterdrücken würde (FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
10.3 Opposition
Letzte Änderung 2025-02-27 11:29
In Tunesien gibt es mehr als 200 überwiegend personenzentrierte Parteien. Es fehlt an pro­
grammatischer Tiefe und (mit Ausnahme der Ennahdha) einer breiten Basis. Nahezu alle maß­
geblichen Oppositionsparteien haben die Parlamentswahlen im Dezember 2022 / Jänner 2023 
boykottiert und den Staatsumbau von Präsident Saïed wiederholt scharf kritisiert (AA 22.6.2023).
In den zehn Jahren nach der Revolution von 2011 vertraten die zahlreichen politischen Parteien 
in Tunesien ein breites Spektrum an Ideologien und Interessen. Seit Präsident Saïed jedoch im 
Juli 2021 Sondervollmachten erhalten hat, sind Oppositionspolitiker und politische Parteien in 
ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Der neue Wahlrahmen, einschließlich des Wahl­
gesetzes von 2022, wurde weithin als ein Schlag gegen die Stärke der politischen Parteien im 
Gegensatz zu Einzelkandidaten mit Zugang zu privaten Ressourcen angesehen (FH 29.2.2024).
Im Jahr 2023 verschärften die tunesischen Behörden die Repression gegen die Opposition und 
andere kritische Stimmen und inhaftierten mehrere Dutzend Personen aufgrund zweifelhafter 
und offenkundig politischer Anschuldigungen (HRW 17.1.2025). Eine Verhaftungswelle im Fe­
ber 2023 richtete sich gegen Oppositionelle verschiedener politischer Richtungen, Aktivisten, 
Rechtsanwälte, Richter und den Leiter eines beliebten Radiosenders. Die meisten dieser Perso­
nen wurden der „ Verschwörung gegen die Staatssicherheit“ beschuldigt und befanden sich bis 
21
26

September 2023 in Untersuchungshaft (HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Überhaupt 
sind Mitglieder der Opposition zur Zielscheibe politisch motivierter Verhaftungen und Verfolgun­
gen geworden (FH 29.2.2024). Die Justizbehörden verschärften ihr Vorgehen gegen Anders­
denkende, indem sie ein breiteres Spektrum von Oppositionellen, insbesondere Mitglieder von 
Ennahda, der größten Oppositionspartei ins Visier nahmen (AI 24.4.2024).
Die Behörden haben auch die Ennahda faktisch aufgelöst, ohne sie formell zu verbieten. Etwa 
20 Parteimitglieder, darunter die führenden Köpfe der Partei, Rached Ghannouchi, Ali Laaray­
edh und Nourredine Bhiri, wurden willkürlich festgenommen (HRW 17.1.2025). Am 15.5.2023 
verurteilte ein Gericht in Tunis Ghannouchi im Zusammenhang mit öffentlichen Äußerungen zu 
einer einjährigen Haftstrafe und einer Geldstrafe wegen Terrorismus. Gegen Ghannouchi wird 
auch in mehreren anderen Strafverfahren ermittelt, u. a. wegen des Vorwurfs der „ Verschwö­
rung gegen den Staat“ (HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Am 30.10.2023 verurteilte 
das Berufungsgericht in Tunis Ghannouchi aufgrund seiner öffentlichen Äußerungen nach dem 
Antiterrorismusgesetz von 2015 zu 15 Monaten Haft. Am 13.2.2024 verhafteten Sicherheitskräf­
te den ehemaligen Justizminister und Ennahda-Führer Noureddine Bhiri gewaltsam und fügten 
ihm dabei schwere Verletzungen zu (AI 24.4.2024; vgl. AI 1.11.2024). Die Verhaftungen wurden 
im Laufe des Jahres in den Reihen der Opposition und vermeintlicher Regierungskritiker fort­
gesetzt, sodass sich im September 2024 mindestens 40 Personen, die als kritisch gegenüber 
Saïed gelten, inhaftiert waren (HRW 17.1.2025). Am 18.10.2024 wurde Noureddine Bhiri zu 
zehn Jahren Haft verurteilt. Grundlage der Anschuldigungen gegen ihn ist ein Beitrag in sog. 
sozialen Medien, den er seinen Angaben zufolge nicht geschrieben hat. Er wurde auf Grundla­
ge von Paragraf 72 des Strafgesetzbuchs beschuldigt, versucht zu haben, einen Wechsel der 
Staatsform herbeizuführen und Menschen gegeneinander aufzuhetzen (AI 1.11.2024).
Am 18.4.2023 schloss die Polizei die Ennahda-Zentrale in Tunis und verhindert seitdem den 
Zugang zu den Büros der Partei im ganzen Land. Am selben Tag schlossen die Behörden den 
Hauptsitz der Partei Tunisia Will Movement in Tunis, welcher auch Aktivitäten der Nationalen 
Heilsfront (NSF), einer von Ennahda mitbegründeten Oppositionskoalition, beherbergt hatte 
(HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Nach Berichten lokaler und internationaler NGO 
untersagten die Behörden die Abhaltung von Ennahda-Sitzungen in ihren Büros im ganzen 
Land. Die Behörden verhafteten und inhaftierten die meisten der derzeitigen und ehemaligen 
Führungsmitglieder der Ennahda, die sich noch im Land aufgehalten haben. Lokale und in­
ternationale Menschenrechtsgruppen behaupten, dass die Verhaftungen und Inhaftierungen 
von Oppositionsführern anderer politischer Parteien ebenfalls politisch motiviert gewesen sind 
(USDOS 23.4.2024). Am 3.10.2023 verhaftete die Polizei Abir Moussi, die Vorsitzende der op­
positionellen Free Destourian Party, als sie versuchte, Einspruch gegen Präsidialdekrete im 
Zusammenhang mit der Organisation bevorstehender Wahlen einzulegen (AI 24.4.2024).
Die Behörden verhängten mindestens ein Dutzend Reiseverbote im Zusammenhang mit straf­
rechtlichen Ermittlungen gegen Oppositionelle und vermeintliche Kritiker, wie den Vorsitzen­
den der Kommission für Wahrheit und Würde Sihem Bensedrine und den ehemaligen Parla­
mentsabgeordneten Zied Ghanney, und schränkten damit deren Bewegungsfreiheit ein (HRW 
22
27

17.1.2025). Obwohl einige politische Gefangene auch wieder freigelassen worden sind, blieben 
viele andere in Untersuchungshaft (FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (1.11.2024): Tunesien: Ex-Minister zu 10 Jahre Haft verurteilt, https://www.
amnesty.de/mitmachen/urgent-action/tunesien-ex-minister-zu-10-jahre-haft-verurteilt-2024-11-05 , 
Zugriff 31.1.2025
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (17.1.2025): Tunisian Human Rights Defender on Hunger Strike, https:
//www.hrw.org/news/2025/01/17/tunisian-human-rights-defender-hunger-strike , Zugriff 22.1.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
11 Haftbedingungen
Letzte Änderung 2025-02-27 11:51
Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten entsprechen nach Ansicht von na­
tionalen und internationalen Beobachtern wie der Weltorganisation gegen Folter (OMCT) nicht 
den internationalen Standards, vor allem wegen starker Überbelegung, mangelnder Infrastruktur 
und einer unzureichenden sanitären Versorgung (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023). Die 
27 bzw. 28 tunesischen Haftanstalten (plus sechs Zentren für Minderjährige) sind chronisch 
überbelegt, es mangelt an Hygiene (AA 22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Laut „Anwälte ohne 
Grenzen“ waren in Tunesien im Jahr 2020 23.000 Inhaftierte auf 18.000 Gefängnisplätzen un­
tergebracht. Bei einer Bevölkerung von 11,1 Millionen zählt Tunesien zu den Ländern mit den 
vergleichsweise höchsten Häftlingszahlen (ÖB Tunis 10.2022). NGOs berichten von einzelnen 
dubiosen Todesfällen in Polizeigewahrsam oder Haft, bei denen eine Fremdeinwirkung nicht 
auszuschließen oder sogar wahrscheinlich ist (AA 22.6.2023).
Die tunesische Regierung ist bestrebt, die Haftbedingungen durch bauliche Maßnahmen und 
Reformen zu verbessern (AA 22.6.2023). Die Reform des Haftsystems - insbesondere auch in 
Hinblick auf Deradikalisierung - scheitert bislang an mangelnden finanziellen und personellen 
Ressourcen sowie der prekären Sicherheitslage (ÖB Tunis 10.2022).
Seit 2005 besteht eine Vereinbarung zwischen der Regierung und dem Internationalen Komitee 
des Roten Kreuzes (IKRK), die es dem IKRK ermöglicht, Haftanstalten zu besuchen und der 
Regierung periodisch zu berichten. Diese Möglichkeit wird seither auch regelmäßig genutzt 
(AA 22.6.2023). Neben dem IKRK gewährt die Regierung auch anderen unabhängigen nicht-
staatlichen Beobachtern, darunter lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen, NGOs, 
dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter, dem OMCT, der unabhängigen tunesischen 
23
28

Organisation gegen Folter und der tunesischen Beobachtungsstelle für Freiheiten Zugang zu 
den Haftanstalten (USDOS 23.4.2024).
Die Dauer der Untersuchungshaft bleibt unvorhersehbar und kann von einem Monat bis zu 
mehreren Jahren dauern, was laut lokalen und internationalen NGOs vor allem auf langwierige 
Strafverfolgungsverfahren, Ineffizienz der Justiz und mangelnde Kapazitäten zurückzuführen 
ist (USDOS 23.4.2024). Die Untersuchungshaft kann bis zu 6 Monate, infolge des überlasteten 
Justizsystems auch länger dauern. Auch wenn das Gesetz den Schutz von Häftlingen vorsieht 
und deren Rechte definiert, sind repressive und die Menschenrechte missachtende Praktiken 
durchaus noch üblich (ÖB Tunis 10.2022). In Fällen von bzw. Straftaten gegen die nationale 
Sicherheit oder bei Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren, kann die Untersuchungshaft 
zwischen sechs Monaten und - in einigen seltenen Fällen - mehrere Jahre dauern (USDOS 
23.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
12 Todesstrafe
Letzte Änderung 2025-02-27 11:52
Das tunesische Strafgesetzbuch von 1913 sieht in seiner geltenden Fassung die Todesstrafe 
für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Landesverrat vor (AA 22.6.2023). Neue Straf­
tatbestände, für die eine Sanktionierung mit der Todesstrafe vorgesehen ist, wurden durch das 
am 7.8.2015 in Kraft getretene Gesetz gegen Terrorismus und Geldwäsche geschaffen (AA 
22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Die Todesstrafe ist auch in der neuen 2022 implementierten 
Verfassung enthalten (ÖB Tunis 10.2022).
Eine verfassungsrechtliche oder gesetzliche Aufhebung der Todesstrafe wurde in der Phase 
des demokratischen Übergangs seit 2011 diskutiert, fand jedoch im Parlament keine Mehrheit 
(AA 22.6.2023). Tunesien hat zwar den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische 
Rechte (ICCPR-International Covenant on Civil and Political Rights) noch nicht unterschrieben, 
jedoch war es im November 2012 gemeinsam mit Algerien das einzige arabische Land, welches 
sich in der UN-Generalversammlung für das Moratorium gegen die Todesstrafe ausgesprochen 
hat (ÖB Tunis 10.2022). Eine Abschaffung der Todesstrafe bleibt in Tunesien gesellschaftlich 
jedoch umstritten. In der tunesischen Öffentlichkeit werden immer wieder Forderungen laut, die 
Vollstreckung der Todesstrafe wieder aufzunehmen (AA 22.6.2023). Präsident Saïed sprach 
sich im Oktober 2020 für den Beibehalt der Todesstrafe aus (ÖB Tunis 10.2022).
24
29

Trotz Art. 20 der Verfassung (Recht auf Leben) und trotz des Moratoriums gegen die Vollstre­
ckung der Todesstrafe haben die tunesischen Gerichte allein 2019 47 Angeklagte zum Tode 
verurteilt (ÖB Tunis 10.2022). Dies geschieht bei schweren Straftaten wie Mord oder Vergewal­
tigung mit Todesfolge sowie Terrordelikten. Nach Eindruck von NGOs ist bei der Verhängung 
von Todesurteilen eine steigende Tendenz zu verzeichnen. Alleine im März 2023 verhängten 
tunesische Gerichte zehn Todesurteile (AA 22.6.2023). Zwischen Feber 2023 und April 2024 
wurde gegen mindestens 50 Personen - darunter Oppositionelle, Menschenrechtsaktivisten, 
Anwälte und Geschäftsleute - in einem sogenannten Verschwörungsfall ermittelt, der mit hohen 
Gefängnisstrafen bis hin zur Todesstrafe geahndet werden kann (AI 24.4.2024).
Seit 1991 wurde keine Todesstrafe mehr vollstreckt (De-Facto-Moratorium) (AA 22.6.2023; 
vgl. ÖB Tunis 10.2022, FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
13 Religionsfreiheit
Letzte Änderung 2025-02-27 13:22
99 % der Bevölkerung sind Muslime – mehr oder weniger praktizierend. Die meisten sind Sun­
niten. Neben Muslimen leben in Tunesien rund 25.000 Christen (größtenteils Katholiken), wobei 
die Gemeinden zum Großteil aus ausländischen Bürgern bestehen, und 1.500 Juden (CIA 
23.10.2024; vgl. USDOS 26.6.2024, AA 22.6.2023). Des Weiteren gibt es noch Schiiten und 
Baha’i (CIA 23.10.2024; vgl. USDOS 26.6.2024). Bis zur Revolution im Jänner 2011 konnte der 
Islam über die Befolgung der grundlegenden muslimischen Riten hinaus kaum gesellschaft­
liche und politische Aktivitäten entfalten. Außerhalb der Gebetszeiten blieben die Moscheen 
geschlossen. Zudem wurden die Freitagspredigten sowie alle religiösen Gemeinschaften vom 
Staat überwacht. Mit der Revolution ist der Islam im gesellschaftlichen und politischen Leben 
des Landes allmählich immer sichtbarer geworden (AA 22.6.2023).
In der neuen Verfassung von 2022 wurde die Erwähnung des Islams als „ Staatsreligion“ gestri­
chen, die in der Verfassung von 2014 enthalten war, in welcher Tunesien jedoch als ziviler Staat 
auf der Grundlage der Staatsbürgerschaft bekräftigt wurde (BS 19.3.2024). Die Verfassung 
verpflichtet den Staat, die Ziele des Islams zu unterstützen und zu fördern, und sieht vor, dass 
„Tunesien Teil der islamischen Umma ist“ und dass der Staat sich für die Verwirklichung der Ziele 
des Islams einsetzen muss, um „ Leben, Ehre, Eigentum, Religion und Freiheit“ zu schützen 
(USDOS 26.6.2024). Die Umma ist die Weltgemeinschaft der Muslime. Dieser Bezug auf die 
25
30

Go to next pages