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Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter

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Darüber hinaus unterliegt die Zivilgesellschaft inzwischen immer stärkeren Restriktionen. So 
stehen u. a. Treffen von Vertretern der Zivilgesellschaft und politischen Aktivisten mit ausländi­
schen Diplomaten sowie die Finanzierung von Aktivitäten durch internationale Geber verstärkt 
im kritischen Fokus der Öffentlichkeit – und auch strafrechtlicher Ermittlungen. Viele Organisa­
tionen fühlen sich in ihren Betätigungsmöglichkeiten eingeschränkt und immer mehr Aktivisten 
sorgen sich um ihre persönliche Sicherheit (AA 22.6.2023). Im Oktober 2023 brachten mehrere 
Parlamentarier einen Gesetzentwurf ein, der dem Premierminister weitreichende Befugnisse 
zur Aussetzung, Auflösung oder Verweigerung der Gründung von NGOs einräumen würde. Der 
Gesetzesentwurf enthält auch Bestimmungen zur Überwachung der Finanzierung von NGOs. 
Tunesische Vereinigungen, die ohne vorherige Genehmigung ausländische Mittel annehmen, 
müssten mit Sanktionen und einer möglichen Auflösung rechnen. Menschenrechtsaktivisten 
haben die Sorge geäußert, dass dieses Gesetz im Falle seiner Verabschiedung die tunesische 
Zivilgesellschaft erheblich unterdrücken würde (FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
10.3 Opposition
Letzte Änderung 2025-02-27 11:29
In Tunesien gibt es mehr als 200 überwiegend personenzentrierte Parteien. Es fehlt an pro­
grammatischer Tiefe und (mit Ausnahme der Ennahdha) einer breiten Basis. Nahezu alle maß­
geblichen Oppositionsparteien haben die Parlamentswahlen im Dezember 2022 / Jänner 2023 
boykottiert und den Staatsumbau von Präsident Saïed wiederholt scharf kritisiert (AA 22.6.2023).
In den zehn Jahren nach der Revolution von 2011 vertraten die zahlreichen politischen Parteien 
in Tunesien ein breites Spektrum an Ideologien und Interessen. Seit Präsident Saïed jedoch im 
Juli 2021 Sondervollmachten erhalten hat, sind Oppositionspolitiker und politische Parteien in 
ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Der neue Wahlrahmen, einschließlich des Wahl­
gesetzes von 2022, wurde weithin als ein Schlag gegen die Stärke der politischen Parteien im 
Gegensatz zu Einzelkandidaten mit Zugang zu privaten Ressourcen angesehen (FH 29.2.2024).
Im Jahr 2023 verschärften die tunesischen Behörden die Repression gegen die Opposition und 
andere kritische Stimmen und inhaftierten mehrere Dutzend Personen aufgrund zweifelhafter 
und offenkundig politischer Anschuldigungen (HRW 17.1.2025). Eine Verhaftungswelle im Fe­
ber 2023 richtete sich gegen Oppositionelle verschiedener politischer Richtungen, Aktivisten, 
Rechtsanwälte, Richter und den Leiter eines beliebten Radiosenders. Die meisten dieser Perso­
nen wurden der „ Verschwörung gegen die Staatssicherheit“ beschuldigt und befanden sich bis 
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September 2023 in Untersuchungshaft (HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Überhaupt 
sind Mitglieder der Opposition zur Zielscheibe politisch motivierter Verhaftungen und Verfolgun­
gen geworden (FH 29.2.2024). Die Justizbehörden verschärften ihr Vorgehen gegen Anders­
denkende, indem sie ein breiteres Spektrum von Oppositionellen, insbesondere Mitglieder von 
Ennahda, der größten Oppositionspartei ins Visier nahmen (AI 24.4.2024).
Die Behörden haben auch die Ennahda faktisch aufgelöst, ohne sie formell zu verbieten. Etwa 
20 Parteimitglieder, darunter die führenden Köpfe der Partei, Rached Ghannouchi, Ali Laaray­
edh und Nourredine Bhiri, wurden willkürlich festgenommen (HRW 17.1.2025). Am 15.5.2023 
verurteilte ein Gericht in Tunis Ghannouchi im Zusammenhang mit öffentlichen Äußerungen zu 
einer einjährigen Haftstrafe und einer Geldstrafe wegen Terrorismus. Gegen Ghannouchi wird 
auch in mehreren anderen Strafverfahren ermittelt, u. a. wegen des Vorwurfs der „ Verschwö­
rung gegen den Staat“ (HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Am 30.10.2023 verurteilte 
das Berufungsgericht in Tunis Ghannouchi aufgrund seiner öffentlichen Äußerungen nach dem 
Antiterrorismusgesetz von 2015 zu 15 Monaten Haft. Am 13.2.2024 verhafteten Sicherheitskräf­
te den ehemaligen Justizminister und Ennahda-Führer Noureddine Bhiri gewaltsam und fügten 
ihm dabei schwere Verletzungen zu (AI 24.4.2024; vgl. AI 1.11.2024). Die Verhaftungen wurden 
im Laufe des Jahres in den Reihen der Opposition und vermeintlicher Regierungskritiker fort­
gesetzt, sodass sich im September 2024 mindestens 40 Personen, die als kritisch gegenüber 
Saïed gelten, inhaftiert waren (HRW 17.1.2025). Am 18.10.2024 wurde Noureddine Bhiri zu 
zehn Jahren Haft verurteilt. Grundlage der Anschuldigungen gegen ihn ist ein Beitrag in sog. 
sozialen Medien, den er seinen Angaben zufolge nicht geschrieben hat. Er wurde auf Grundla­
ge von Paragraf 72 des Strafgesetzbuchs beschuldigt, versucht zu haben, einen Wechsel der 
Staatsform herbeizuführen und Menschen gegeneinander aufzuhetzen (AI 1.11.2024).
Am 18.4.2023 schloss die Polizei die Ennahda-Zentrale in Tunis und verhindert seitdem den 
Zugang zu den Büros der Partei im ganzen Land. Am selben Tag schlossen die Behörden den 
Hauptsitz der Partei Tunisia Will Movement in Tunis, welcher auch Aktivitäten der Nationalen 
Heilsfront (NSF), einer von Ennahda mitbegründeten Oppositionskoalition, beherbergt hatte 
(HRW 17.1.2025; vgl. USDOS 23.4.2024). Nach Berichten lokaler und internationaler NGO 
untersagten die Behörden die Abhaltung von Ennahda-Sitzungen in ihren Büros im ganzen 
Land. Die Behörden verhafteten und inhaftierten die meisten der derzeitigen und ehemaligen 
Führungsmitglieder der Ennahda, die sich noch im Land aufgehalten haben. Lokale und in­
ternationale Menschenrechtsgruppen behaupten, dass die Verhaftungen und Inhaftierungen 
von Oppositionsführern anderer politischer Parteien ebenfalls politisch motiviert gewesen sind 
(USDOS 23.4.2024). Am 3.10.2023 verhaftete die Polizei Abir Moussi, die Vorsitzende der op­
positionellen Free Destourian Party, als sie versuchte, Einspruch gegen Präsidialdekrete im 
Zusammenhang mit der Organisation bevorstehender Wahlen einzulegen (AI 24.4.2024).
Die Behörden verhängten mindestens ein Dutzend Reiseverbote im Zusammenhang mit straf­
rechtlichen Ermittlungen gegen Oppositionelle und vermeintliche Kritiker, wie den Vorsitzen­
den der Kommission für Wahrheit und Würde Sihem Bensedrine und den ehemaligen Parla­
mentsabgeordneten Zied Ghanney, und schränkten damit deren Bewegungsfreiheit ein (HRW 
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17.1.2025). Obwohl einige politische Gefangene auch wieder freigelassen worden sind, blieben 
viele andere in Untersuchungshaft (FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (1.11.2024): Tunesien: Ex-Minister zu 10 Jahre Haft verurteilt, https://www.
amnesty.de/mitmachen/urgent-action/tunesien-ex-minister-zu-10-jahre-haft-verurteilt-2024-11-05 , 
Zugriff 31.1.2025
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (17.1.2025): Tunisian Human Rights Defender on Hunger Strike, https:
//www.hrw.org/news/2025/01/17/tunisian-human-rights-defender-hunger-strike , Zugriff 22.1.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
11 Haftbedingungen
Letzte Änderung 2025-02-27 11:51
Die Bedingungen in den Gefängnissen und Haftanstalten entsprechen nach Ansicht von na­
tionalen und internationalen Beobachtern wie der Weltorganisation gegen Folter (OMCT) nicht 
den internationalen Standards, vor allem wegen starker Überbelegung, mangelnder Infrastruktur 
und einer unzureichenden sanitären Versorgung (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 22.6.2023). Die 
27 bzw. 28 tunesischen Haftanstalten (plus sechs Zentren für Minderjährige) sind chronisch 
überbelegt, es mangelt an Hygiene (AA 22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Laut „Anwälte ohne 
Grenzen“ waren in Tunesien im Jahr 2020 23.000 Inhaftierte auf 18.000 Gefängnisplätzen un­
tergebracht. Bei einer Bevölkerung von 11,1 Millionen zählt Tunesien zu den Ländern mit den 
vergleichsweise höchsten Häftlingszahlen (ÖB Tunis 10.2022). NGOs berichten von einzelnen 
dubiosen Todesfällen in Polizeigewahrsam oder Haft, bei denen eine Fremdeinwirkung nicht 
auszuschließen oder sogar wahrscheinlich ist (AA 22.6.2023).
Die tunesische Regierung ist bestrebt, die Haftbedingungen durch bauliche Maßnahmen und 
Reformen zu verbessern (AA 22.6.2023). Die Reform des Haftsystems - insbesondere auch in 
Hinblick auf Deradikalisierung - scheitert bislang an mangelnden finanziellen und personellen 
Ressourcen sowie der prekären Sicherheitslage (ÖB Tunis 10.2022).
Seit 2005 besteht eine Vereinbarung zwischen der Regierung und dem Internationalen Komitee 
des Roten Kreuzes (IKRK), die es dem IKRK ermöglicht, Haftanstalten zu besuchen und der 
Regierung periodisch zu berichten. Diese Möglichkeit wird seither auch regelmäßig genutzt 
(AA 22.6.2023). Neben dem IKRK gewährt die Regierung auch anderen unabhängigen nicht-
staatlichen Beobachtern, darunter lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen, NGOs, 
dem UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter, dem OMCT, der unabhängigen tunesischen 
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Organisation gegen Folter und der tunesischen Beobachtungsstelle für Freiheiten Zugang zu 
den Haftanstalten (USDOS 23.4.2024).
Die Dauer der Untersuchungshaft bleibt unvorhersehbar und kann von einem Monat bis zu 
mehreren Jahren dauern, was laut lokalen und internationalen NGOs vor allem auf langwierige 
Strafverfolgungsverfahren, Ineffizienz der Justiz und mangelnde Kapazitäten zurückzuführen 
ist (USDOS 23.4.2024). Die Untersuchungshaft kann bis zu 6 Monate, infolge des überlasteten 
Justizsystems auch länger dauern. Auch wenn das Gesetz den Schutz von Häftlingen vorsieht 
und deren Rechte definiert, sind repressive und die Menschenrechte missachtende Praktiken 
durchaus noch üblich (ÖB Tunis 10.2022). In Fällen von bzw. Straftaten gegen die nationale 
Sicherheit oder bei Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren, kann die Untersuchungshaft 
zwischen sechs Monaten und - in einigen seltenen Fällen - mehrere Jahre dauern (USDOS 
23.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
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■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
12 Todesstrafe
Letzte Änderung 2025-02-27 11:52
Das tunesische Strafgesetzbuch von 1913 sieht in seiner geltenden Fassung die Todesstrafe 
für Mord, Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Landesverrat vor (AA 22.6.2023). Neue Straf­
tatbestände, für die eine Sanktionierung mit der Todesstrafe vorgesehen ist, wurden durch das 
am 7.8.2015 in Kraft getretene Gesetz gegen Terrorismus und Geldwäsche geschaffen (AA 
22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Die Todesstrafe ist auch in der neuen 2022 implementierten 
Verfassung enthalten (ÖB Tunis 10.2022).
Eine verfassungsrechtliche oder gesetzliche Aufhebung der Todesstrafe wurde in der Phase 
des demokratischen Übergangs seit 2011 diskutiert, fand jedoch im Parlament keine Mehrheit 
(AA 22.6.2023). Tunesien hat zwar den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische 
Rechte (ICCPR-International Covenant on Civil and Political Rights) noch nicht unterschrieben, 
jedoch war es im November 2012 gemeinsam mit Algerien das einzige arabische Land, welches 
sich in der UN-Generalversammlung für das Moratorium gegen die Todesstrafe ausgesprochen 
hat (ÖB Tunis 10.2022). Eine Abschaffung der Todesstrafe bleibt in Tunesien gesellschaftlich 
jedoch umstritten. In der tunesischen Öffentlichkeit werden immer wieder Forderungen laut, die 
Vollstreckung der Todesstrafe wieder aufzunehmen (AA 22.6.2023). Präsident Saïed sprach 
sich im Oktober 2020 für den Beibehalt der Todesstrafe aus (ÖB Tunis 10.2022).
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29

Trotz Art. 20 der Verfassung (Recht auf Leben) und trotz des Moratoriums gegen die Vollstre­
ckung der Todesstrafe haben die tunesischen Gerichte allein 2019 47 Angeklagte zum Tode 
verurteilt (ÖB Tunis 10.2022). Dies geschieht bei schweren Straftaten wie Mord oder Vergewal­
tigung mit Todesfolge sowie Terrordelikten. Nach Eindruck von NGOs ist bei der Verhängung 
von Todesurteilen eine steigende Tendenz zu verzeichnen. Alleine im März 2023 verhängten 
tunesische Gerichte zehn Todesurteile (AA 22.6.2023). Zwischen Feber 2023 und April 2024 
wurde gegen mindestens 50 Personen - darunter Oppositionelle, Menschenrechtsaktivisten, 
Anwälte und Geschäftsleute - in einem sogenannten Verschwörungsfall ermittelt, der mit hohen 
Gefängnisstrafen bis hin zur Todesstrafe geahndet werden kann (AI 24.4.2024).
Seit 1991 wurde keine Todesstrafe mehr vollstreckt (De-Facto-Moratorium) (AA 22.6.2023; 
vgl. ÖB Tunis 10.2022, FH 29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
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13 Religionsfreiheit
Letzte Änderung 2025-02-27 13:22
99 % der Bevölkerung sind Muslime – mehr oder weniger praktizierend. Die meisten sind Sun­
niten. Neben Muslimen leben in Tunesien rund 25.000 Christen (größtenteils Katholiken), wobei 
die Gemeinden zum Großteil aus ausländischen Bürgern bestehen, und 1.500 Juden (CIA 
23.10.2024; vgl. USDOS 26.6.2024, AA 22.6.2023). Des Weiteren gibt es noch Schiiten und 
Baha’i (CIA 23.10.2024; vgl. USDOS 26.6.2024). Bis zur Revolution im Jänner 2011 konnte der 
Islam über die Befolgung der grundlegenden muslimischen Riten hinaus kaum gesellschaft­
liche und politische Aktivitäten entfalten. Außerhalb der Gebetszeiten blieben die Moscheen 
geschlossen. Zudem wurden die Freitagspredigten sowie alle religiösen Gemeinschaften vom 
Staat überwacht. Mit der Revolution ist der Islam im gesellschaftlichen und politischen Leben 
des Landes allmählich immer sichtbarer geworden (AA 22.6.2023).
In der neuen Verfassung von 2022 wurde die Erwähnung des Islams als „ Staatsreligion“ gestri­
chen, die in der Verfassung von 2014 enthalten war, in welcher Tunesien jedoch als ziviler Staat 
auf der Grundlage der Staatsbürgerschaft bekräftigt wurde (BS 19.3.2024). Die Verfassung 
verpflichtet den Staat, die Ziele des Islams zu unterstützen und zu fördern, und sieht vor, dass 
„Tunesien Teil der islamischen Umma ist“ und dass der Staat sich für die Verwirklichung der Ziele 
des Islams einsetzen muss, um „ Leben, Ehre, Eigentum, Religion und Freiheit“ zu schützen 
(USDOS 26.6.2024). Die Umma ist die Weltgemeinschaft der Muslime. Dieser Bezug auf die 
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30

Religion und die Ziele des Islams in der Verfassung, gepaart mit der Streichung des Hinweises 
auf den zivilen Charakter des Staates stellen eine Gefahr für die Freiheiten dar, argumentieren 
viele NGOs (ÖB Tunis 10.2022). In der Verfassung heißt es außerdem, dass die oben genann­
ten Verpflichtungen „ im Rahmen eines demokratischen Systems“ verwirklicht werden. Es heißt 
weiter, dass die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Freiheit der Religionsausübung 
garantiert werden. Die Verfassung schreibt vor, dass der Präsident Muslim sein muss (USDOS 
26.6.2024; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Sowohl die Verfassung von 2014 als auch die 2022 verab­
schiedete neue Charta beinhalten also Glaubens- und Gewissensfreiheit, enthalten aber auch 
Bestimmungen, die dem Islam einen offiziellen Status verleihen (FH 29.2.2024).
Am 9.5.2023 wurden mehrere jüdische Personen bei einem Angriff auf die El Ghriba-Synagoge 
in Djerba getötet, weitere wurden verletzt. Die Regierung hat angekündigt, dass sie den Angriff 
umfassend untersuchen wird. Am 17.5.2023 traf Präsident Saïed mit den Führern der drei 
wichtigsten Religionsgemeinschaften des Landes zusammen. Nach Angaben des Oberrabbiners 
des Landes hat der Präsident versichert, dass sich ein solcher Angriff „ nicht wiederholen wird“. 
Am 17.10.2023, nach dem Angriff der Hamas auf Südisrael, verunstalteten pro-palästinensische 
Randalierer eine geschlossene Synagoge und einen Schrein in Zentraltunesien und setzten 
die Gebäude in Brand. Die örtliche Polizei reagierte, wurde aber vom Mob überwältigt. Bis zum 
Jahresende 2023 hatten die Behörden noch keine Festnahmen im Zusammenhang mit dem 
Vorfall gemeldet (USDOS 26.6.2024).
Es ist rechtlich möglich, vom Islam zum Christentum zu konvertieren. Missionierung und das 
Verteilen religiösen Materials sind der katholischen Kirche jedoch verboten (AA 22.6.2023). Es 
gibt erheblichen gesellschaftlichen Druck gegen die Konversion vom Islam zu einer anderen 
Religion (USDOS 26.6.2024). Einige Christen, insbesondere Konvertiten, berichten von Ab­
lehnung durch ihre Familien und die Gesellschaft. Es kommt mitunter zu Drohungen, Gewalt 
und Verbannung aus ihren Häusern (USDOS 26.6.2024). Konvertiten werden häufig schikaniert 
und diskriminiert (FH 29.2.2024; vgl. USDOS 26.6.2024). Zivilgesellschaftliche Organisationen 
berichten, dass die Zahl muslimischer Konvertiten zum Christentum zunimmt, die gesellschaft­
lichen Tabus jedoch nach wie vor so stark und weit verbreitet sind, dass diese Personen ihren 
Glaubenswechsel im Allgemeinen lieber geheim halten. Ferner berichten Christen, dass Famili­
enmitglieder Konvertiten häufig beschuldigen, „ Schande“ über die Familie zu bringen (USDOS 
26.6.2024).
Gruppen religiöser Minderheiten berichten davon, dass es im Zuge von Vereinsanmeldungen 
zu teils extremen Verzögerungen in der Verwaltung kommt (USDOS 23.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
26
31

■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (23.10.2024): Tunisia - The World Factbook, https://www.ci
a.gov/the-world-factbook/countries/tunisia/#military-and-security , Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (26.6.2024): 2023 Report on International Reli­
gious Freedom: Tunisia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111975.html, Zugriff 28.11.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
14 Ethnische Minderheiten
Letzte Änderung 2025-02-27 13:47
Die Bevölkerung besteht zu 98 % aus Arabern, 1 % Europäern und 1 % Juden und anderen 
(CIA 23.10.2024).
Ein Gesetz aus dem Jahr 2018 stellt rassistische Diskriminierung unter Strafe (FH 29.2.2024; 
vgl. AA 22.6.2023). Gesetzlich verboten sind alle Formen der Diskriminierung aufgrund von Ras­
se, einschließlich „ jeglicher Unterscheidung, Ausgrenzung, Einschränkung oder Bevorzugung 
aufgrund von Ethnie, Hautfarbe, Herkunft“. Das Gesetz bestraft diskriminierende Handlungen 
mit bis zu drei Jahren Gefängnis und einer hohen Geldstrafe für Einzelpersonen und einer 
noch höheren Geldstrafe für juristische Personen wie Unternehmen. Im Jahr 2023 gab es keine 
Berichte über strafrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen die Antidiskriminierungsgesetze 
(USDOS 23.4.2024).
In der Praxis sehen sich schwarze Tunesier mit chronischer Ungleichheit bei Beschäftigung 
und Bildung konfrontiert. Gesellschaftliche Vorurteile sind nach wie vor ein weitverbreitetes Pro­
blem (FH 29.2.2024; vgl. AA 22.6.2023). Farbige Menschen – darunter schwarze Tunesier und 
ausländische Migranten – leiden unter Armut, eingeschränktem Zugang zu höherer Bildung 
und begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten. Ihre Situation hat sich im Laufe des Jahres 2023 
verschlechtert, ein Trend, den lokale und internationale NGO insbesondere auf rassistische 
Rhetorik und Gewalt seitens des Präsidenten zurückführen. Farbige Tunesier sind in Politik 
und Medien weitgehend abwesend, obwohl sie etwa 10 bis 15 % der Bevölkerung ausmachen. 
Sowohl struktureller als auch zwischenmenschlicher Rassismus führt zu Ungleichheiten, wo­
bei farbige Menschen von öffentlichen Dienstleistungen ausgeschlossen werden. Schwarze 
Tunesier berichteten auch, dass sie beschimpft und körperlich angegriffen und als ausländi­
sche Migranten identifiziert werden. Medienberichten zufolge sehen sich einige ausländische 
Staatsangehörige, häufig aus Subsahara-Afrika, auch mit weit verbreiteter Rassendiskriminie­
rung konfrontiert. Es gibt keinen institutionellen Rahmen für den Schutz und die Aufnahme von 
Migranten. Es gibt nur begrenzt Beschäftigungsmöglichkeiten, und Migranten arbeiten häufig 
in informellen Verhältnissen. Es kommt weiterhin zu Schikanen und erniedrigender Behand­
lung, da durch die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage auch die negative Wahrnehmung 
entsteht, dass Migranten den Tunesiern Ressourcen wegnehmen (USDOS 23.4.2024).
Nach auf Migranten zielenden, rassistischen Äußerungen durch Präsident Saïed im Feber 2023 
dokumentierten lokale und internationale NGOs einen Anstieg von gewalttätigen Übergriffen, 
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32

Raubüberfällen und Vandalismus gegen Migranten, willkürliche Räumungen durch Vermieter 
und Kündigungen durch Arbeitgeber (USDOS 23.4.2024 vgl. AA 22.6.2023). Am 22. Mai 2023 
griffen sieben mit Messern bewaffnete Angreifer 19 Subsahara-Afrikaner in Sfax an, wobei ein 
Staatsangehöriger aus Benin getötet wurde (USDOS 23.4.2024; vgl. ICG 5.2023). Im Juli 2023 
berichteten Menschenrechtsorganisationen und internationale Organisationen, dass die Behör­
den Hunderte von Migranten aus Subsahara-Afrika, darunter mindestens sechs Asylbewerber, 
gewaltsam festgenommen an die Grenzen zu Libyen und Algerien gebracht haben. Dort hatten 
diese Menschen keinen Zugang zu Unterkunft, Lebensmitteln oder Wasser. Laut Quellen von 
Human Rights Watch sind mehrere Personen in der militärischen Pufferzone zwischen Tunesien 
und Libyen an Hitze und Hunger gestorben (USDOS 23.4.2024).
Die indigene Bevölkerung der Amazigh (Berber) wird nach Angaben regionaler Medien in sozia­
ler, rechtlicher, beruflicher und wirtschaftlicher Hinsicht diskriminiert. Die Regierung lehnt laut 
einem Bericht ihre Bemühungen ab, eine eigene politische Partei registrieren zu lassen (USDOS 
23.4.2024). Nach anderen Angaben wurde 2019 die erste Partei, die sich für die Interessen 
der Amazigh einsetzt, gegründet - die Akal-Bewegung (FH 29.2.2024). Viele Amazigh können 
ihre Vornamen nicht in den kommunalen Standesämtern eintragen lassen, da es sich nicht um 
arabische Namen handelte (USDOS 23.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
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■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
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15 Relevante Bevölkerungsgruppen
15.1 Frauen
Letzte Änderung 2025-02-27 17:09
Frauen sind seit der Unabhängigkeit Tunesiens mit der Einführung des fortschrittlichen Perso­
nenstandsgesetzes von 1957 Männern rechtlich weitgehend gleichgestellt (AA 22.6.2023; vgl. 
ÖB Tunis 10.2022). Das für die arabische Welt als sehr progressiv geltende Personenstandsge­
setz, gewährt weitreichende jedoch keine vollständige Gleichheit vor dem Gesetz. Der einseitige 
Verstoß aus dem Familienverband ist durch die richterliche Scheidung ersetzt und die Poly­
gamie abgeschafft. Innerhalb des Familienverbandes blieb die patriarchale Struktur allerdings 
bestehen, z. B. die elterliche Autorität, die Wahl des Wohnsitzes durch den Ehemann oder die 
Ungleichheiten im Erbrecht etc. (ÖB Tunis 10.2022).
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Das Personenstandsgesetz enthält Bestimmungen, welche die Rechte von Frauen einschrän­
ken; Männern und Frauen werden beispielsweise nicht die gleichen Rechte in Bezug auf elterli­
che Pflichten eingeräumt, und die Rechte alleinstehender Mütter und außerehelich geborener 
Kinder werden nicht anerkannt (USDOS 23.4.2024). Eine weitere Ausnahme stellt das Erbrecht 
dar (AA 22.6.2023; vgl. ÖB Tunis 10.2022), es kommt zu Unterschieden zwischen Männern und 
Frauen (USDOS 23.4.2024).
Insgesamt hat sich die Lage bzgl. Frauenrechte unter Saïeds Präsidentschaft verschlechtert. 
Seine maßgeschneiderte Verfassung, die im Juli 2022 durch ein nationales Referendum ange­
nommen worden ist, besagt, dass Frauen und Männer „ in Bezug auf Rechte und Pflichten gleich 
sind und ohne jegliche Diskriminierung vor dem Gesetz gleich sind“. In Artikel 5 heißt es jedoch, 
dass „Tunesien Teil der islamischen Umma [Gemeinschaft/Nation] ist“, was die Verwirklichung 
der Ziele des Islam zu einer Aufgabe des Staates macht. Solche Bestimmungen können dazu 
dienen, Angriffe auf die Rechte der Frauen zu rechtfertigen, die auf der Auslegung religiöser 
Gebote beruhen, wie es andere Staaten in der Region getan haben (HRW 11.1.2024). Obwohl 
die Verfassung die Gleichstellung der Geschlechter garantiert, werden Frauen in der Arbeitswelt 
diskriminiert, und sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum ist weiterhin weit verbreitet (FH 
29.2.2024).
Das tunesische Recht diskriminiert Frauen nach wie vor beim Erbrecht, und Saïed hat sich 
entschieden gegen die Reform des Erbrechts ausgesprochen, die 2019 im Parlament debattiert 
worden ist (HRW 11.1.2024; vgl. ÖB Tunis 10.2022). Nach geltendem Recht erhalten Frauen die 
Hälfte des Anteils, den Männer am Erbe erhalten, und die Bemühungen um die Gleichstellung 
der Geschlechter im Erbrecht sind im Parlament nicht vorangekommen (FH 29.2.2024). Die 
Erbschaftsbestimmungen der Scharia gewähren Männern in einigen Fällen einen größeren 
Anteil am Erbe. Nicht-muslimische Frauen und ihre muslimischen Ehemänner können nicht 
voneinander erben, es sei denn, sie beantragen ein gerichtliches Urteil auf der Grundlage der 
in der Verfassung verankerten Rechte (USDOS 23.4.2024).
Dennoch ist die neue Verfassung Tunesiens im Vergleich zu anderen arabischen oder musli­
mischen Ländern in Bezug auf Frauenrechte ein Musterbeispiel. Die Gleichstellung der Frau 
sowie eine Mindestquote im Parlament wurden sichergestellt. Der Präsident hat die erste Regie­
rungschefin im arabischen Raum ernannt und ein Drittel der Ministerposten mit Frauen besetzt 
(ÖB Tunis 10.2022). Trotzdem wird die politische Teilhabe von Frauen sowohl durch recht­
liche als auch durch gesellschaftliche Hindernisse erschwert. Mit dem vom Präsidenten im 
Jahr 2022 eingeführten Wahlgesetz wurde das 2014 eingeführte Quotensystem zur Förderung 
der Geschlechterparität in der Legislative abgeschafft (USDOS 23.4.2024). Mit dem neuen, 
von Saïed im September 2022 einseitig erlassenen Wahlgesetz wurden Bestimmungen aus 
dem vorherigen Gesetz gestrichen, mit denen eine paritätische Vertretung der Geschlechter 
in den gewählten Versammlungen Tunesiens erreicht werden sollte (HRW 11.1.2024). Infol­
gedessen sitzen in der neuen Versammlung mit 161 Sitzen nur 25 Frauen (HRW 11.1.2024; 
vgl. FH 29.2.2024). Ferner wurde mit dem Wahlgesetz die Quote von 2017 - gleiche Anzahl 
von Männern und Frauen an der Spitze der Kandidatenlisten auf jeder Liste - aufgehoben, und 
bei den Parlamentswahlen im Dezember 2022 waren nur 11 % der Kandidaten Frauen (FH 
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29.2.2024). Nur 15 % der Kandidaten, die im Januar in die Legislative gewählt wurden, sind 
Frauen, verglichen mit mehr als 30 % zwischen 2014 und 2018 (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz gegen gewalttätige Übergriffe in der Ehe und Familie wurde Ende Juli 2017 ein­
stimmig verabschiedet. Zudem wurde die Verpflichtung des Staates zur Beseitigung der Gewalt 
gegen Frauen ausdrücklich hinzugefügt. Erstmals werden die Opfer von häuslicher Gewalt unter 
Schutz gestellt. Das neue Gesetz erkennt körperliche, moralische und sexuelle Gewalt gleicher­
maßen an (ÖB Tunis 10.2022). Dieses Gesetz befasst sich mit häuslicher Gewalt und enthält 
Bestimmungen zum Schutz von Frauen vor Belästigung in der Öffentlichkeit und vor wirtschaftli­
cher Diskriminierung (FH 29.2.2024; vgl. USDOS 23.4.2024). Das Gesetz zum Verbot häuslicher 
Gewalt sieht für Übergriffe, die vom Ehepartner oder einem Familienmitglied begangen werden, 
doppelt so hohe Strafen vor. Die Durchsetzung erfolgt allerdings selten, und häusliche Gewalt 
bleibt ein ernstes Problem. Das Gesetz ermöglicht es Frauen jedoch, einstweilige Verfügungen 
gegen Täter zu erwirken, ohne ein Strafverfahren einleiten oder die Scheidung einreichen zu 
müssen (USDOS 23.4.2024).
Dennoch bleiben Frauen in hohem Maße von häuslicher Gewalt betroffen (FH 29.2.2024). Ge­
walt gegen Frauen ist weit verbreitet und systemisch (USDOS 23.4.2024). Eine NGO hat min­
destens 21 Femizide dokumentiert (AI 24.4.2024). Rechtliche, kulturelle und soziale Normen 
führen häufig dazu, dass Straftaten nicht gemeldet werden und die Strafverfolgungsbehörden 
in Fällen von Gewalt gegen Frauen nur unzureichend reagieren. Die Beamten weigern sich 
häufig, Anzeigen entgegenzunehmen, oder setzen, wenn es sich bei dem Täter um einen Ehe­
partner handelt, Opfer unter Druck, sich privat mit dem Täter zu versöhnen, anstatt rechtliche 
Schritte einzuleiten (USDOS 23.4.2024). Die Umsetzung des entsprechenden Gesetzes gegen 
häusliche Gewalt wird durch Unzulänglichkeiten behindert, darunter mangelndes Bewusstsein 
für seine Bestimmungen, ein Mangel an geschulten Beauftragten für die Bearbeitung von Be­
schwerden, Druck auf Frauen durch einige Beauftragte, misshandelnde Ehemänner nicht vor 
Gericht zu bringen, und logistische Hindernisse bei der Anzeige von Missbrauch (FH 29.2.2024). 
Oft scheitert man immer noch an einer effektiven Gewaltprävention und an ausreichend Schutz 
für besonders vulnerable Frauen (ÖB Tunis 10.2022). Trotz neuer Unterstützungsdienste, der 
Präventions- und Schutzmechanismen für Opfer vorsieht, gibt es zahlreiche Mängel bei der Um­
setzung des Gesetzes, insbesondere bei der Art und Weise, wie Polizei und Justiz Beschwerden 
über häusliche Gewalt behandeln. Die unzureichende staatliche Finanzierung für die Umset­
zung des Gesetzes sowie das Fehlen von Frauenhäusern sind entscheidende Lücken (HRW 
11.1.2024; vgl. AA 22.6.2023). Opfer können sich an zwei Dutzend Sozialzentren im ganzen 
Land wenden, es gibt Zentren unter staatlicher Leitung und jene von zivilgesellschaftlichen Or­
ganisationen, die sich an Überlebende von geschlechtsspezifischer Gewalt wenden (USDOS 
23.4.2024). So hat etwa die Organisation „Tunesischer Verband demokratischer Frauen“ mehr 
als 600 Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, unterstützt (AI 24.4.2024).
Das Ministerium für Frauen, Familie und Senioren geht Beschwerden über häusliche Gewalt 
nach und arbeitet auch mit der Zivilgesellschaft zusammen, um das Bewusstsein für das Gesetz 
zu schärfen und die Zivilgesellschaft dabei zu unterstützen, Frauen an Unterstützungsdienste 
zu vermitteln. Die Nationale Beobachtungsstelle für Gewalt gegen Frauen betreibt eine Hotline, 
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