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die Opfer von Gewalt in der Familie weitervermittelt und unterstützt. Das Ministerium für Frau­
enangelegenheiten hat eine digitale Plattform entwickelt, die der Unterstützung von Opfern, der 
verstärkten Nachverfolgung von Fällen sowie Interventionen im Sinne der Opfer dient (USDOS 
23.4.2024).
Das Innenministerium betreibt im ganzen Land in unterschiedlichen Polizeistationen insgesamt 
127 spezialisierte Abteilungen, die mit der Untersuchung von Gewaltverbrechen gegen Frau­
en betraut sind. Das Justizministerium verfolgt Fälle von Gewalt gegen Frauen und sammelt 
Informationen über die Fälle in den einzelnen Gerichten. Beide Ministerien arbeiten nach Anga­
ben lokaler NGOs mit der Zivilgesellschaft zusammen, um das Bewusstsein für die Gesetze zu 
schärfen (USDOS 23.4.2024).
Vergewaltigung (auch von Männern) ist gesetzlich unter Strafe gestellt. Die Zahl an Vergewal­
tigungen wird seitens der Regierung nicht systematisch erfasst. Vertreter der Zivilgesellschaft 
berichten, dass nur wenige Vergewaltigungsfälle zu einer Verurteilung führen. Vergewaltigung 
ist nach wie vor ein Tabuthema. Der kulturelle Druck sowie die Kriminalisierung von außerehe­
lichem Geschlechtsverkehr hält Opfer oft davon ab, sexuelle Übergriffe anzuzeigen. Es gibt 
keine öffentlichen Aufklärungsprogramme der Regierung hinsichtlich häuslicher Gewalt und 
Vergewaltigung (USDOS 23.4.2024).
2019 wurde unter dem Hashtag „ EnaZeda“ durch die tunesische MeToo-Bewegung zunehmend 
auf Fälle von sexueller Belästigung, insbesondere durch Politiker, aufmerksam gemacht. Auch 
Fälle von sexueller Belästigung in Schulen wurden öffentlich diskutiert (AA 22.6.2023).
Frauen können die Scheidung einreichen und Unterhaltsansprüche gerichtlich geltend machen 
(AA 22.6.2023). Weitere gesetzliche Reformen betrafen u. a. Ungleichstellung zwischen Mann 
und Frau in Bezug auf die elterliche Obsorge: Seit 2015 wird es Frauen ermöglicht, ohne vä­
terliche Genehmigung mit ihren minderjährigen Kindern ins Ausland zu reisen. Es wird jedoch 
zwischen Sorgerecht und gesetzlicher Vormundschaft unterschieden, Letztere obliegt allein 
dem Vater als Familienoberhaupt (Art.23(4) CPS) und muss nach dessen Ableben von einem 
männlichen Familienmitglied übernommen werden (Art.154 CPS) (ÖB Tunis 10.2022).
Die Stimme einer Frau als Zeugin in einem Gerichtsverfahren hat dasselbe Gewicht wie die 
eines Mannes. Eine vom ehemaligen Staatspräsidenten eingesetzte Expertenkommission für 
Gleichheit und individuelle Freiheiten (COLIBE) hat 2018 umfassende Vorschläge zur vollständi­
gen rechtlichen Gleichstellung von Frauen und Männern erarbeitet. Seither gab es in der Frage 
mangels politischen Konsenses aber keine Fortschritte. Vor allem das Erbrecht bleibt umstritten: 
Während progressive Kräfte grundsätzlich gleiche Erbteile für Söhne und Töchter fordern und 
in der Praxis Erblasserinnen und Erblassern die Möglichkeit lassen, testamentarisch abwei­
chende Regelungen zu treffen, setzen sich islamisch-konservative Kreise für eine Umkehrung 
dieses Grundsatzes ein. Weitere von der Expertenkommission vorgeschlagene familienrecht­
liche Reformen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, wie z. B. die Abschaffung der 
hergebrachten Definition des Ehemannes als Familienoberhaupt, haben bislang noch keinen 
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Eingang in konkrete Gesetzesinitiativen gefunden (AA 22.6.2023). 2017 hat das Justizministeri­
um ein Dekret aufgehoben, mit welchem tunesischen Frauen verboten wurde, nicht-muslimische 
Männer zu heiraten (ÖB Tunis 10.2022).
Das Gesetz fordert ausdrücklich gleichen Lohn für gleiche Arbeit, und die Regierung setzt dies im 
Allgemeinen mittels Geldstrafen durch. Gesellschaftliche, rechtliche und kulturelle Hindernisse 
schränken die Beteiligung von Frauen an der Erwerbsbevölkerung erheblich ein, insbesondere in 
Führungspositionen (USDOS 23.4.2024). Im März 2023 forderte ein landesweites Kollektiv von 
Landarbeiterinnen Gesetzesreformen, um ihren Zugang zu Gesundheitsversorgung, sicheren 
Transportmitteln und einem angemessenen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Einer FTDES-
Studie (das Tunesische Forum für wirtschaftliche und soziale Rechte) zufolge kamen 92 % der 
befragten Landarbeiterinnen nicht in den Genuss von Sozialleistungen (AI 24.4.2024). Fälle von 
Ausbeutung in der Landwirtschaft und im Textilsektor sind weit verbreitet (FH 29.2.2024).
Trotz der Bemühungen von Gruppen der Zivilgesellschaft, Probleme des Menschenhandels 
und der sexuellen Ausbeutung zu bekämpfen, werden tunesische Frauen und Kinder sowohl 
in Tunesien als auch im Ausland Opfer von Sexhandel und erzwungener Hausarbeit. Auch 
Flüchtlinge und andere Migranten sind anfällig für die Ausbeutung durch Menschenhändler (FH 
29.2.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2103188.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
15.2 Kinder
Letzte Änderung 2025-02-26 17:12
In Tunesien erhalten Kinder per Geburt die Staatsbürgerschaft von den Eltern (BS 19.3.2024). 
27 % der Tunesier sind unter 18 Jahre alt. Die Armutsrate unter Kindern betrug 2020 ca. 21,2 % 
(ÖB Tunis 10.2022).
Artikel 52 der Verfassung garantiert Kindern gegenüber ihren Eltern und dem Staat das Recht 
auf Würde, Gesundheit, Versorgung, Erziehung und Bildung. Der Staat verpflichtet sich darüber 
hinaus zum Schutz von Kindern „ ohne Diskriminierung und im Einklang mit dem Kindeswohl“
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(AA 22.6.2023). Tunesien hat alle wichtigen internationalen Konventionen zur Kinderarbeit ratifi­
ziert. Darüber hinaus entsprechen die tunesischen Gesetze und Vorschriften den einschlägigen 
internationalen Normen. Die Geldstrafen sind jedoch zu niedrig, um eine angemessene Ab­
schreckung zu sein (USDOL 22.10.2024).
Das Gesetz stellt Kindesmissbrauch unter Strafe, und die Regierung setzt das Gesetz durch. 
Organisationen der Zivilgesellschaft berichten, dass Kindesmissbrauch weit verbreitet ist und 
vor allem in Heimen und Schulen vorkommt. Das Bildungsministerium und das Ministerium für 
Frauen, Familie, Kinder und Senioren führen mit Unterstützung der Zivilgesellschaft öffentliche 
Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen über die schädlichen Auswirkungen von körper­
licher Züchtigung und häuslicher Gewalt durch (USDOS 23.4.2024). Trotz harter Strafen wird 
eine hohe Dunkelziffer vermutet. Gemäß einer jüngst vom Ministerium für Frauen, Familie und 
Kindheit veröffentlichten Studie werden 90 % der Kinder Opfer von Gewalt innerhalb der Familie. 
Im ländlichen Bereich werden Kinder häufig Opfer wirtschaftlicher Ausbeutung und haben wenig 
Zugang zu Bildung (ÖB Tunis 10.2022).
Das 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Verhütung von Gewalt, einschließlich politischer Ge­
walt, gegen Frauen und Mädchen verpflichtet den Staat zu umfangreichen Maßnahmen in den 
Bereichen Prävention, Schutz und Nachsorge für Opfer sowie zur Bestrafung der Täter (AA 
22.6.2023). Sexuelle Beziehungen mit einem Kind unter 16 Jahren gelten in jedem Fall als Ver­
gewaltigung, Tätern drohen 20 Jahre Gefängnis, wobei auch die Möglichkeit einer lebenslangen 
Freiheitsstrafe besteht, wenn erschwerende Umstände, wie Inzest oder Gewaltanwendung, vor­
liegen. Gerichte können jedoch in bestimmten Situationen die Eheschließung von Personen 
unter 18 Jahren auf Antrag und Zustimmung beider Elternteile genehmigen, auch wenn das 
Mindestalter für die Eheschließung bei 18 Jahren liegt. Die Regierung setzt dieses Gesetz durch 
(USDOS 23.4.2024).
Im Jahr 2023 hat Tunesien nur minimale Fortschritte bei den Bemühungen um die Beseitigung 
der schlimmsten Formen von Kinderarbeit gemacht. Die Regierung hat für mehr als 500.000 
Teilnehmer die Zahlungen im Rahmen des Zuschussprogramms „ Back-to-School“ auf etwa 32 
US-Dollar verdoppelt. Dieses Programm dient dazu, Kinder in der Schule zu halten. Außer­
dem wurden 18 Personen wegen Vergehen gegen Kinderarbeit betreffende Gesetze verurteilt. 
Das Budget der Arbeitsaufsichtsbehörde ist jedoch nicht ausreichend, um - insbesondere in 
abgelegenen Gebieten - Inspektionen durchzuführen (USDOL 22.10.2024).
Insgesamt sind Kinder weiterhin den schlimmsten Formen von Kinderarbeit ausgesetzt, u. a. 
durch Zwangsarbeit im Haushalt, Straßenbetteln und Drogenhandel. Sowohl auf der Straße 
als auch im Haushalt verrichten Kinder gefährliche Arbeiten. Bei Kindern, die auf der Straße 
leben, besteht die Gefahr, dass sie durch Zwangsbettelei ausgebeutet werden. Junge Mädchen 
aus dem Nordwesten Tunesiens und anderen Regionen im Landesinneren sind einem höheren 
Risiko ausgesetzt, als Hausangestellte arbeiten zu müssen (USDOL 22.10.2024).
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In den tunesischen Schulen fehlt es an Lehrern, einige Schulen weisen eine mangelhafte In­
frastruktur auf oder haben keinen Zugang zu Wasser. In ländlichen Gebieten können sich ei­
nige Familien die mit dem Schulbesuch verbundenen Transportkosten nicht leisten (USDOL 
22.10.2024).
79 Jugendzentren dienen der Betreuung von bis zu 6.000 Kindern, die in Kinderarbeit beschäf­
tigt oder von Kinderarbeit bedroht sind. Viele dieser Zentren befinden sich in Tunis und bieten 
Kindern, die sonst auf der Straße leben würden, Bildung und medizinische Versorgung. Auch 
für Opfer von Menschenhandel gibt es staatliche Unterkünfte. Diese stellen Unterkunft, Verpfle­
gung, Kleidung und Rechtsbeistand durch ein Netz von kostenlosen Anwälten sowie kostenlose 
medizinische Versorgung zur Verfügung. In Tunis und Sidi Bouzid gibt es zwei Heime speziell 
für minderjährige Opfer von Menschenhandel (USDOL 22.10.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report Tunisia, https://www.ecoi.net/en/fi
le/local/2105847/country_report_2024_TUN.pdf, Zugriff 12.11.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOL - United States Department of Labor [USA] (22.10.2024): 2023 Findings on the Worst Forms 
of Child Labor: Tunisia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2116123.html, Zugriff 3.2.2025
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
15.3 Sexuelle Minderheiten
Letzte Änderung 2025-02-26 16:46
Das Gesetz kriminalisiert einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zwischen 
Erwachsenen (USDOS 23.4.2024; vgl. BAMF 3.4.2024). Homosexualität ist strafbar und wird 
gesellschaftlich weitgehend tabuisiert (AA 22.6.2023; vgl. HRW 11.1.2024). Artikel 230 des Straf­
gesetzbuchs sieht für einvernehmliche gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Männern 
und Frauen bis zu drei Jahre Haft vor (HRW 11.1.2024; vgl. AA 22.6.2023, USDOS 23.4.2024); 
der umstrittene Artikel 230 wird auch nach Meinung des Präsidenten nicht aufgehoben. Dieser 
Artikel untersagt gleichgeschlechtlichen Paaren zudem das Leben im gemeinsamen Haushalt. 
Der damit verbundene, anhaltende Single-Status führt zu sozialer- wie wirtschaftlicher Diskri­
minierung von Angehörigen sexueller Minderheiten (ÖB Tunis 10.2022). Strafrechtliche Verfol­
gungen werden unter Verweis auf Artikel 230 des StGB begründet. Dieser stellt die Verletzung 
der Moral oder der öffentlichen Sittlichkeit unter Strafe. Aufgrund der vagen Formulierung im 
StGB sowie des Fehlens einer gesetzlichen Definition der öffentlichen Sittlichkeit verfügt die Po­
lizei über einen weiten Ermessensspielraum. Im November 2022 stellte das Kassationsgericht 
fest, dass der Artikel 230 des StGB verfassungswidrig ist. Solange keine Aufhebung durch das 
Verfassungsgericht erfolgt, bleibt der Artikel allerdings in Kraft (BAMF 3.4.2024).
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Im Juli 2023 berichtete Damj, der tunesische Verband für Gerechtigkeit und Gleichheit, dass 
Mitglieder der Sicherheitskräfte damit gedroht haben, ihre Büros zu schließen. Am 8.8.2023 
reichte Damj eine Beschwerde nach einer Online-Verleumdungs- und Hasskampagne ein (AI 
24.4.2024). Laut NGOs nutzen die Behörden das Gesetz, um Personen zu verhaften und zu 
ihren sexuellen Aktivitäten und ihrer sexuellen Orientierung zu befragen - Berichten zufolge 
zuweilen allein aufgrund ihres Aussehens (USDOS 23.4.2024; vgl. BAMF 3.4.2024).
Im Jahr 2017 hat die Regierung formell eine Empfehlung des UN-Menschenrechtsrats zur Been­
digung entwürdigender Untersuchungspraktiken (Analtest) bei Inhaftierung akzeptiert. Trotzdem 
besteht die Praxis weiterhin (ÖB Tunis 10.2022). Behörden und Mediziner setzen unfreiwillig 
oder erzwungen, diese Praxis der erzwungenen Analuntersuchungen fort. Auch die erzwungene 
sogenannte Konversionstherapie ist nicht verboten, wird aber laut Angaben lokaler Rechtsgrup­
pen auch nicht praktiziert (USDOS 23.4.2024).
Die Behörden stützen sich bei der Strafverfolgung manchmal auf unrechtmäßig erlangte digitale 
Beweise (HRW 11.1.2024). Human Rights Watch berichtet, dass Sicherheitsbehörden unter 
Androhung oder Anwendung von Gewalt die Mobiltelefone Beschuldigter durchsuchen, um 
Beweise für die unterstellte sexuelle Orientierung zu erlangen. Zudem werden demnach von 
der Regierung sexuelle Minderheiten online gezielt in den Fokus genommen, um sie und mit 
ihnen assoziierte Organisationen zu verfolgen. V. a. in den letzten Jahren hat sich die Online-
Erpressung etabliert, dabei wird auf Dating-Apps und andere soziale Medien zurückgegriffen 
(BAMF 3.4.2024).
Zivilgesellschaftliche Vereinigungen zum Schutz von Angehörigen sexueller Minderheiten be­
stehen, sind aber ständig vom Entzug der Zulassung bedroht und arbeiten unter z. T. schwierigen 
Bedingungen wie Morddrohungen (ÖB Tunis 10.2022).
Die Polizei und andere Regierungsbeamte verüben und dulden Gewalt gegen Angehörige se­
xueller Minderheiten oder gegen Personen, die solche Übergriffe melden. Angehörige sexueller 
Minderheiten sind mit Diskriminierung und Gewalt konfrontiert, einschließlich Mord- und Ver­
gewaltigungsdrohungen und gesellschaftlicher Stigmatisierung. Die vage Formulierung des 
Strafgesetzbuchs sowie das Fehlen einer gesetzlichen Definition der öffentlichen Moral lassen 
der Polizei einen großen Ermessensspielraum bei der Festlegung, was als Straftatbestand der 
Moral oder der öffentlichen Moral gilt (USDOS 23.4.2024).
Menschenrechtsgruppen berichteten über eine Zunahme an Verhaftungen von Angehörigen 
sexueller Minderheiten sowie über einen Anstieg der Fälle von gesellschaftlicher Belästigung. 
U. a. wurde berichtet, dass einige Polizeigewerkschaften Aktivisten für die Rechte sexueller 
Minderheiten belästigen und gefährden, indem sie ihre Wohnadressen oder Bilder online stellen 
und sich an Online-Hassreden beteiligen, ohne Konsequenzen für diese Aktivitäten befürchten 
zu müssen (USDOS 23.4.2024; vgl. AI 24.4.2024).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
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Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ AI - Amnesty International (24.4.2024): The State of the World’s Human Rights - Tunisia 2023, 
https://www.ecoi.net/en/document/2107931.html, Zugriff 14.11.2024
■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.4.2024): Länderkurzinformation 
Tunesien SOGI (Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität): Situation von LGBTIQ-Perso­
nen, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/app/nodes/30081872, Zugriff 14.11.2024
■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2103188.html, Zugriff 15.3.2024
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
16 Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung 2025-02-26 16:39
Gesetzlich sind Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen (USDOS 23.4.2024; 
vgl. FH 29.2.2024), Emigration sowie Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Regierung re­
spektiert im Allgemeinen diese Rechte auch in der Praxis (USDOS 23.4.2024). Die Regierung 
verhängt weiterhin Reiseverbote für Einzelpersonen, gegen die ein Gerichtsverfahren anhängig 
ist (USDOS 23.4.2024).
Allerdings haben die Behörden im Rahmen des Ausnahmezustands weitreichende Befugnis­
se, ohne formal Anklage zu erheben, die Bewegungsfreiheit von Personen einzuschränken. 
Tausende Menschen sind von solchen Anordnungen betroffen (FH 29.2.2024; vgl. USDOS 
23.4.2024). Die Behörden haben im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen 
Oppositionelle und vermeintliche Kritiker, wie den Vorsitzenden der Kommission für Wahrheit 
und Würde, Sihem Bensedrine, und den ehemaligen Parlamentsabgeordneten Zied Ghanney, 
mindestens ein Dutzend Reiseverbote verhängt und schränken damit deren Bewegungsfrei­
heit ein (HRW 11.1.2024). Menschenrechtsgruppen kritisieren die Reiseverbote als willkürliche 
Einschränkungen der Bewegungsfreiheit (FH 29.2.2024). Zudem stellen diese fest, dass die 
Behörden das Gesetz nicht konsequent anwenden und dass die Sicherheitskräfte Gerichts­
entscheidungen zur Aufhebung von Reisebeschränkungen nicht immer respektieren (USDOS 
23.4.2024).
Zivilgesellschaftliche Gruppen berichten, dass das Innenministerium weiterhin eine informelle 
Liste mit Reiseverboten, namens „ S17-Beobachtungsliste“ nützt, um eine zusätzliche Kontrolle 
durch Beamte an den Grenzkontrollpunkten zu ermöglichen. Mehrere ehemalige Parlaments­
mitglieder und Politiker haben bekannt gegeben, dass sie daran gehindert wurden, ins Ausland 
zu reisen, obwohl gegen sie kein Gerichtsverfahren eingeleitet worden ist (USDOS 23.4.2024).
Das Gesetz schreibt vor, dass die Behörden diejenigen, die von Reisebeschränkungen betroffen 
sind oder deren Reisepass beschlagnahmt worden ist, unverzüglich über die Gründe für diese 
Entscheidungen informieren. Darüber hinaus haben die betroffenen Personen gesetzlich das 
Recht, eine solche Entscheidung anzufechten. Das Gesetz sieht eine maximale Frist von 14 
Monaten vor, in der ihre Reise eingeschränkt werden kann, bevor eine erneute gerichtliche 
Anordnung erforderlich ist (USDOS 23.4.2024).
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Quellen
■ FH - Freedom House (29.2.2024): Freedom in the World 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2105041.html, Zugriff 15.3.2024
■ HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Tunisia, https://www.ecoi.net/de/do
kument/2103188.html, Zugriff 15.3.2024
■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human 
Rights Practices: Tunisia, https://www.ecoi.net/en/document/2107636.html, Zugriff 11.11.2024
17 Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Änderung 2025-02-26 16:33
Tunesiens Wirtschaft ist stark auf Europa ausgerichtet (WKO 21.11.2024; vgl. ABG 8.2024) und 
dadurch von der Konjunktur in der EU abhängig, wohin mehr als 70 % der Ausfuhren gehen. 
Nach einem Wachstum von knapp unter 1 % im Jahr 2024 rechnet die Europäische Kommission 
in ihrer Herbstprognose für 2025 mit einem realen BIP-Wachstum in der EU von 1,5 % (GTAI 
6.12.2024). Tunesien weist einige gut entwickelte Industriebranchen auf und verfügt über einen 
starken Dienstleistungssektor (ABG 8.2024). Viele europäische Unternehmen betreiben in Tu­
nesien Produktionsstandorte. Dies hat zu einer diversifizierten Industrie geführt, insbesondere 
in der mechanischen und elektronischen Industrie, v. a. der Kabelindustrie, sowie in der Lebens­
mittelverarbeitung und im Textilsektor. Der Dienstleistungssektor, insbesondere der Tourismus, 
spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Dank der geografischen Nähe, des hohen Bildungsniveaus 
und der niedrigen Lohnkosten gilt Tunesien als attraktiver Nearshoring-Markt für europäische 
Unternehmen (WKO 21.11.2024; vgl. ABG 8.2024). Die BIP-Wachstumsrate sank 2023 auf 
0,4 %, was auf die Dürre, die den Agrarsektor betraf, und den Rückgang der Binnennachfrage 
zurückzuführen ist. Die Economist Intelligence Unit (EIU) erwartet für 2024 ein Wachstum von 
1,1 % (WKO 21.11.2024; vgl. AFDB 30.5.2024). Hauptgründe für das geringe Wachstum sind 
Devisenknappheit, hohe Inflation, geringe Investitionen, hohe Arbeitslosigkeit und ein schwa­
ches externes Umfeld (allen voran in Europa) (WKO 21.11.2024). Laut IWF wird für das Jahr 
2024 ein reales BIP-Wachstum von 1,6 % erwartet (GTAI 6.12.2024), nach anderen Angaben 
wird ein BIP-Wachstum von 1,9 % erwartet. Die Inflation betrug im Jahr 2023 8,5 %, für 2024 
werden 7,4 % prognostiziert (ISPI 4.10.2024). Insgesamt ist das Jahr 2024 von einer leichten 
Erholung geprägt, große Strukturreformen scheinen nicht anzustehen. Mit der Wiederwahl von 
Kaïs Saïed zum tunesischen Präsidenten ist keine Änderung der wirtschaftlichen Prioritäten in 
Sicht (GTAI 6.12.2024).
Im Jahr 2023 führte Saïeds Haltung gegenüber internationalen Finanzinstitutionen zu einem 
Bruch mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Seine Ablehnung eines IWF-Abkommens 
hat die Knappheit der externen Mittel verschlimmert und Tunesien gezwungen, sich zunehmend 
auf seinen inländischen Finanzsektor, einschließlich der Zentralbank, zu verlassen, um sein 
Haushaltsdefizit zu decken (CMEC 31.10.2024; vgl. GTAI 6.12.2024). Es werden nur in gerin­
gem Umfang Kredite bei ausländischen Regierungen oder Geberbanken aufgenommen. Der 
IWF schätzt das tunesische Haushaltsdefizit für 2024 auf knapp 6 % des BIP (GTAI 6.12.2024). 
Ein Gesetz vom Feber 2024 ermächtigt die Zentralbank, dem Schatzamt eine Sonderfinanzie­
rung in Höhe von 7 Mrd. Dinar (2,2 Mrd. USD) zu günstigen Bedingungen zu gewähren, sodass 
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die Regierung einen Teil ihrer Auslandsschulden zurückzahlen konnte (AFDB 30.5.2024). In 
der 1. Jahreshälfte 2024 betrug die Inlandsverschuldung bereits über 50 % der Gesamtver­
schuldung (GTAI 6.12.2024). Der Zugang zu externer Finanzierung wird immer schwieriger, und 
Verhandlungen mit dem IWF über ein neues Kreditabkommen sind unwahrscheinlich (GTAI 
6.12.2024).
In Tunesien variiert die Beschäftigungsquote je nach Region. Tendenziell ist die Lage an der 
Küste und im Norden des Landes besser, was auf die Tourismusbranche sowie die dort ange­
siedelte Industrie zurückzuführen ist. Bei der Vermittlung von Jobs spielen persönliche Kontakte 
eine größere Rolle als Personalagenturen. Arbeitslosigkeit betrifft vor allem junge Menschen, 
Akademiker und Frauen (ABG 8.2024).
Bei einer Umfrage haben 40 % der Tunesier die Wirtschaft als die wichtigste Herausforderung 
ihres Landes angeführt, gefolgt von Korruption mit 28 %. 85 % der Tunesier gaben an, dass 
die aktuelle Wirtschaftslage sehr schlecht oder schlecht ist. Die Wirtschaftsindikatoren im Land 
stehen im Einklang mit dieser Wahrnehmung. Die meisten Wirtschaftsindikatoren sind ähnlich, 
wenn nicht sogar schlechter, als beim Amtsantritt von Saïed. Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosigkeit 
bei etwas mehr als 17 %, und während sie im Jahr 2022 auf knapp 15 % fiel, beträgt die Quote 
heute wieder etwas mehr als 16 % (ISPI 4.10.2024). Dabei beträgt die Jugendarbeitslosigkeit 
39 %, die Arbeitslosigkeit von Hochschulabsolventen erreicht im Jahr 2023 eine Quote von 24 % 
(CMEC 31.10.2024; vgl. AFDB 30.5.2024).
7 % der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Trotz Saïeds Behauptung, er handle im 
Namen der Armen, haben mit seiner Wirtschaftspolitik in erster Linie die Wohlhabenden profitiert. 
Seine Schuldenstrategie hat die Schaffung von Arbeitsplätzen untergraben und die Inflation an­
geheizt, was die Armen überproportional betrifft, für die der Konsum grundlegender Güter einen 
erheblichen Anteil am Haushaltsbudget darstellt. Infolgedessen sieht sich die Mittelschicht ge­
zwungen, für Bildung, Gesundheitsversorgung und Transport zu bezahlen, während die Armen 
mit unterfinanzierten Schulen, schlecht ausgestatteten Krankenhäusern und dysfunktionalen 
oder nicht vorhandenen Verkehrsnetzen zurückbleiben. Aufgrund der sich verschlechternden 
Wirtschaftslage, die von niedrigem Wachstum und steigender Arbeitslosigkeit geprägt ist, sieht 
sich die Regierung gezwungen, viel Geld für Sozialprogramme auszugeben. Diese Maßnahmen 
sind jedoch zunehmend wirkungslos, was sich in der wachsenden Unzufriedenheit der Tunesier 
mit dem Rückgang der öffentlichen Dienstleistungen (insbesondere im Bildungs- und Gesund­
heitswesen, welche für die Mittelschicht teuer geworden sind) widerspiegelt. Gleichzeitig bleibt 
der Umfang des sozialen Schutzes begrenzt, dieser deckt die wachsende arme Bevölkerung 
nicht angemessen ab. Denn die Zahl der vulnerablen Personen wächst weiter, und der Mangel 
an Investitionen beschleunigt die Erosion öffentlicher Dienste (CMEC 31.10.2024).
Einige positive Zeichen halten Tunesien jedoch über Wasser. Der Tourismus hat sich nach dem 
drastischen Rückgang im Zuge der Pandemie erholt, und die Rücküberweisungen aus dem 
Ausland fließen ebenfalls wieder. Auch die Einnahmen aus Olivenöl sind deutlich gestiegen. 
All das reicht jedoch nicht aus, um der aktuellen Verschuldung und Dysfunktion in Tunesien 
entgegenzuwirken (ISPI 4.10.2024). Tunesien ist bei Treibstoffen und Nahrungsmitteln stark 
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von Importen abhängig (GTAI 6.12.2024). Der durchschnittliche Benzinpreis ist von 2 Dinar 
im Jahr 2019 auf 2,53 im Jahr 2023 gestiegen (ISPI 4.10.2024). In den ersten zehn Monaten 
des Jahres 2024 sind die tunesischen Exporte immerhin um 2 % gestiegen. Dieses Wachs­
tum ist u. a. auf die anhaltend hohen Preise für Olivenöl - dem wichtigsten Exportprodukt im 
Nahrungsmittelsektor – zurückzuführen (GTAI 6.12.2024). Wegen der Dürre ging Tunesiens 
Getreideernte in den ersten neun Monaten 2023 um zwei Drittel zurück. Gleichzeitig hat man 
es nicht geschafft, genügend Nahrungsmittel zu importieren, um diesen Verlust auszugleichen. 
Trotz der Verbesserungen der Agrarhandelsbilanz im Jahr 2024 gibt es weiterhin Engpässe. In 
den ersten neun Monaten des Jahres 2024 stiegen die Lebensmittelexporte um 35,4 %, v. a. 
durch höhere Olivenölexporte (62 %). Unterdessen gingen die Importe um 11,1 % zurück, was 
hauptsächlich auf den reduzierten Einkauf von Zucker (minus um 39,6 %) und Getreide (minus 
um 19 %) zurückzuführen ist (CMEC 31.10.2024).
Schwierig ist die Lage für lokale Unternehmen, die u. a. vom schlechten Zugang zu Finanzierung 
betroffen sind. Aufgrund von Devisenknappheit kam es in der Vergangenheit immer wieder zu 
Engpässen bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Die International Islamic 
Trade Finance Corporation hat den importierenden Staatsunternehmen einen Kredit in Höhe 
von 1,2 Milliarden US-Dollar mit einer Laufzeit von drei Jahren zur Verfügung gestellt, um diese 
Einfuhren finanziell zu stützen (GTAI 6.12.2024).
Die Grundversorgung der Bevölkerung ist zwar vor allem dank staatlicher Subventions- und 
Interventionspolitik bis auf saisonale Versorgungsengpässe einigermaßen gesichert, hingegen 
besteht ein eklatantes Einkommensgefälle zwischen wohlhabenderer Küstenregion sowie dem 
Großraum Tunis (mit allein ca. 50 % der Bevölkerung) und den benachteiligten ruralen Gebieten 
im Hinterland (ÖB Tunis 10.2022). Bei einer in drei tunesischen Städten (Great Tunis, Sousse 
und Sfax) durchgeführten Umfrage zu sozioökonomischen Faktoren wurden, mittels Computer 
Assisted Telephone Interviewing (CATI)-Methode und Quotenstichproben auf der Grundlage 
der neuesten verfügbaren offiziellen Bevölkerungsdaten zwischen 16.7.2024 und 30.7.2024 in 
jeder der genannten Zielstädte, Einwohner, bzw. eine Stichprobe von 601 Personen zwischen 
16 und 35 Jahren, von One to One for Research and Polling befragt. 19 % der Befragten geben 
an, dass sie ihren Haushalt kaum mit Lebensmitteln versorgen können, ca. 5 % können dies 
gar nicht. Die Versorgung des eigenen Haushalts mit grundlegenden Konsumgütern, wie etwa 
Kleidung und Schuhe, empfinden 26 % als unproblematisch. 42 % schaffen dies gerade so, 
weitere 24 % können diese Art von Gütern entweder kaum, 8 % gar nicht besorgen (STDOK 
2024).
Es existiert ein an ein sozialversichertes Beschäftigungsverhältnis geknüpftes Kranken- und 
Rentenversicherungssystem (CNAM und CNSS) (AA 22.6.2023). Das tunesische Sozialsystem 
bietet zwar keine großzügigen Leistungen, stellt aber dennoch einen gewissen Grundschutz für 
Bedürftige, Alte und Kranke dar. Der Deckungsgrad beträgt 95 % (ÖB Tunis 10.2022). Nahezu 
alle Bürger finden Zugang zum Gesundheitssystem. Die Regelungen der Familienmitversiche­
rung sind großzügig und umfassen sowohl Ehepartner als auch Kinder und sogar Eltern der 
Versicherten. Allerdings gibt es keine allgemeine Grundversorgung oder Sozialhilfe. Die mit 
Arbeitslosigkeit verbundenen Lasten müssen überwiegend durch den traditionellen Verband der 
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Großfamilie aufgefangen werden, deren Zusammenhalt allerdings schwindet (AA 22.6.2023). 
Folgende staatliche Hilfen werden angeboten: Rente, Arbeitslosengeld, Kindergeld, Kranken­
geld, Mutterschaftsgeld, Sterbegeld, Witwenrente, Waisenrente, Invalidenrente, Hilfen für arme 
Familien, Erstattung der Sach- und Personalkosten bei Krankenbehandlung, Kredite für Familien 
(ÖB Tunis 10.2022).
Eine Arbeitslosenunterstützung wird für maximal ein Jahr ausbezahlt – allerdings unter der Vor­
aussetzung, dass man vorab sozialversichert war. Gemäß Nationalem Statistikinstitut INS zählt 
der informelle Sektor rund 1,5 Mio. Beschäftigte, die nicht mit einer Finanzhilfe rechnen können. 
Laut tunesischem Industrieverband UTICA wurden alleine während der ersten COVID-19-Welle 
165.000 Arbeitsplätze vernichtet. Während der COVID-Lockdowns kam es zu zahlreichen Pro­
testen, da sich viele ihrer Einkommensgrundlage beraubt sahen. Die früher relativ breite, weit 
definierte Mittelschicht Tunesiens aus selbstständigen Kleinunternehmern, Angestellten und 
Beamten sieht ihre Kaufkraft zunehmend schwinden und droht, in die Prekarität abzugleiten. 
Die schmale Oberschicht aus traditionell einige Wirtschaftszweige beherrschenden Familien ist 
mehr an Machterhalt als an Beschäftigung zusätzlicher Arbeitskräfte interessiert. Die allmäch­
tige traditionelle Gewerkschaft UGTT lehnt bisher jede Änderung des Status quo rigoros ab 
und behindert so eine Umstrukturierung des ineffizienten auf Nepotismus und Rentenmentalität 
beruhenden öffentlichen Sektors. Es gibt folgende Arbeitsvermittlungsinstitutionen: Nationale 
Arbeitsagentur (ANETI), Berufsbildungsagentur (ATFP), Zentrum für die Ausbildung der Aus­
bilder und die Entwicklung von Lehrplänen (CENAFFIF), Zentrum für die Weiterbildung und 
Förderung der beruflichen Bildung (CNFCPP) (ÖB Tunis 10.2022).
Quellen
■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.6.2023): AA Bericht über die asyl- und abschiebungsrele­
vante Lage in Tunesien (Stand: Mai 2023), https://www.ecoi.net/en/file/local/2093953/Auswärtiges_
Amt,_Bericht_über_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tunesien,_22.06.2023.pdf , 
Zugriff 4.12.2024 [Login erforderlich]
■ ABG - Africa Business Guide (8.2024): Africa Business Guide - Alles zur Wirtschaft in Tunesien, 
https://www.africa-business-guide.de/de/maerkte/tunesien, Zugriff 6.2.2025
■ AFDB - African Development Bank Group (30.5.2024): African Economic Outlook 2024, https://ww
w.afdb.org/en/documents/african-economic-outlook-2024 , Zugriff 6.2.2025
■ CMEC - Carnegie Middle East Center (31.10.2024): Kais Saied’s Grip on Tunisia Comes at a High 
Cost, https://carnegieendowment.org/research/2024/10/kais-saieds-grip-on-tunisia-comes-at-a-hig
h-cost?center=middle-east&lang=en, Zugriff 6.2.2025
■ GTAI - Germany Trade and Invest (6.12.2024): Wirtschaftsausblick Tunesien, https://www.gtai.de/
de/trade/tunesien-wirtschaft/wirtschaftsausblick, Zugriff 6.2.2025
■ ISPI - Italian Institute for International Political Studies (4.10.2024): Tunisia’s Saïed Cannot Avoid 
the Economy in His Second Term, https://www.ispionline.it/en/publication/tunisias-saied-cannot-a
void-the-economy-in-his-second-term-185808 , Zugriff 6.2.2025
■ ÖB Tunis - Österreichische Botschaft Tunis [Österreich] (10.2022): Asylländerbericht Tunesien [Login 
erforderlich]
■ STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (2024):  
Survey report on the socio-economic situation - Tunisia
■ WKO - Wirtschaftskammer Österreich (21.11.2024): Tunesien: Neuer Wirtschaftsbericht, https://ww
w.wko.at/aussenwirtschaft/tunesien-wirtschaftsbericht, Zugriff 6.2.2025
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