2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-indien-version-9-afeb
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
Allgemeinen Straffreiheit (FH 2025b). Aufständische begehen schwere Übergriffe, darunter Tö tungen und Entführungen von Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei, von Regierungsbeamten und Zivilisten (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2025b). Dem österreichischen Außenministerium (BMEIA) zufolge besteht in den westlichen Teilen von Ladakh und entlang der pakistanischen und chinesischen Grenze ein hohes Sicherheitsrisi ko (BMEIA 18.2.2025). Laut [deutschem] Auswärtigem Amt ist im Unionsterritorium Ladakh die Sicherheitslage grundsätzlich stabil. Allerdings kann es in den direkten Grenzregionen zu Zusammenstößen zwischen indischen und pakistanischen und indischen und chinesischen Sicherheitskräften kommen (AA 27.2.2025). Justizwesen Die Gerichte in der Region sind politisiert und fungieren in der Regel als verlängerter Arm der indischen Exekutive und des Militärs. Regierung und Sicherheitskräfte missachten häufig Gerichtsurteile, die ihrem Handeln Grenzen setzen. Obwohl das Obergericht (High Court) von J & K und Ladakh Schritte unternommen hat, um freie Richterstellen bis 2024 zu besetzen, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz. Das Recht auf ein faires Verfahren, einschließlich der Möglichkeit einer zügigen Gerichtsverhandlung, wird teilweise durch einen großen Rückstau anhängiger Fälle und zeitweilige Streiks der Anwälte beeinträchtigt. Die Gerichte in J & K schließen nur sehr wenige Fälle pro Jahr ab (FH 2025b). Befugnisse der Sicherheitskräfte Das Gesetz über besondere Befugnisse der Streitkräfte (Armed Forces Special Powers Act, AFSPA) und das Gesetz über unruhige Gebiete (Disturbed Areas Act) erlauben es den Sicher heitskräften (FH 2025b), Häuser zu durchsuchen, Verdächtige ohne Haftbefehl festzunehmen (FH 2025b; vgl. USDOS 23.4.2024), Verdächtige auf Sicht zu erschießen und Gebäude zu zerstören, in denen Militante oder Waffen vermutet werden. Das AFSPA sieht vor, dass Si cherheitskräfte nur mit Zustimmung der Zentralregierung strafrechtlich verfolgt werden dürfen, die jedoch selten erteilt wird (FH 2025b). Das Gesetz über die öffentliche Sicherheit (Public Safety Act, PSA) gilt nur in J & K und ermöglicht es den Behörden, Personen ohne Anklage oder gerichtliche Überprüfung bis zu zwei Jahre lang festzuhalten (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023, FH 2025b), ohne dass Familienangehörige sie besuchen dürfen. Sowohl das UAPA (Unlawful Activities Prevention Act) als auch das PSA erlauben es der Regierung, Eigen tum zu beschlagnahmen, ohne dass ein ordnungsgemäßes Verfahren oder Schutzmaßnahmen vorgesehen sind. Im Februar 2024 berichtete die Presse, dass von 2019 bis Februar 2024 mehr als 800 Personen auf Grundlage des PSA inhaftiert worden waren. Es gibt Berichte, wonach die Regierung unmittelbar nach Ablauf einer zweijährigen Haftstrafe neue Haftbefehle ausstellt, wo durch de facto eine unbegrenzte Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren ermöglicht wird (USDOS 23.4.2024). In mehreren Fällen behält die Polizei Personen weiterhin in Gewahrsam, indem sie neue Anschuldigungen erhob, obwohl die Gerichte ihnen bereits Kaution gewährt oder Haftbe fehle aufgehoben hatten (HRW 16.1.2025). Aufgrund von Verzögerungen bei der Durchführung von Rückführungsverfahren bleiben Ausländer häufig über den Ablauf ihrer Haftstrafe hinaus in 10

Haft, darunter auch Personen, die nach dem Einwanderungsgesetz der illegalen Einreise oder des illegalen Aufenthalts beschuldigt werden (USDOS 23.4.2024). Allgemeine Menschenrechtslage In Jammu und Kaschmir (J & K) ist die Versammlungsfreiheit in Zeiten von Unruhen häufig eingeschränkt (FH 2025b). Vereinzelt werden Anträge für Versammlungen in J & K abgelehnt, wo die Angst vor gewalttätigen Ausschreitungen groß ist (ÖB New Delhi 7.2023). Dies betrifft vor allem öffentliche Versammlungen von politischen Parteien, die für Separatismus eintreten (USDOS 23.4.2024), wie der separatistischen Allparteienkonferenz Hurriyat (APHC). Separa tistenführer werden oftmals vor geplanten Demonstrationen festgenommen, und häufig kommt es zu Gewalthandlungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften (FH 2025b). Zudem kann es in J & K zur Verhängung von Ausgangssperren kommen (USDOS 23.4.2024). Eine Reihe von Gewalttaten gegen Pandits oder Kaschmir-Hindus hat im Laufe der Jahre meh rere Hunderttausend Hindus gezwungen, aus ihren Häusern in der Region zu fliehen, und viele von ihnen leben nach wie vor in Flüchtlings- („Transit-“)lagern. Auch Angehörige anderer reli giöser und ethnischer Minderheiten wurden zum Ziel von Angriffen, darunter Sikhs und Gujjars. Frauen werden gesellschaftlich diskriminiert und sind Schikanen, Einschüchterungen und Ge walt, einschließlich Vergewaltigung und Mord, sowohl durch die Sicherheitskräfte als auch durch militante Gruppen ausgesetzt. LGBT+-Personen werden in der kaschmirischen Gesellschaft generell ausgegrenzt (FH 2025b). Die Religionsfreiheit wird von den Behörden im Allgemeinen respektiert. Dennoch kommt es im mer wieder zu Gewaltausbrüchen zwischen Muslimen und Hindus, bei denenMenschen verletzt oder getötet werden. Die Behörden haben die Hauptmoschee in Srinagar wiederholt für Gläubige geschlossen, meist mit der Begründung von Sicherheitsbedenken. Ein jahrzehntelanges Verbot der Muharram-Prozessionen der schiitischen Muslime während der Trauerzeit zum islamischen Neujahrsfest wurde 2023 aufgehoben, sodass die Prozessionen wieder stattfinden können (FH 2025b). Im Juli 2024 erlaubte die Regierung die Muharram-Prozession in Srinagar (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2025b), allerdings verhängte die Regierung einige Einschränkungen hinsicht lich der Verwendung von Slogans oder der Darstellung von Logos verbotener Organisationen (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (27.2.2025): Indien: Reise- und Sicherheitshinweise, https: //www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/indien-node/indiensicherheit-205998#content_1 , Zugriff 21.3.2025 ■ BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (18.2.2025): Indien (Republik Indien), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/ indien, Zugriff 21.3.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ FH - Freedom House (2025b): Freedom in the World 2025 - Indian Kashmir, https://freedomhouse .org/country/indian-kashmir/freedom-world/2025, Zugriff 7.3.2025 11

■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ UNHRC/WGEID - United Nations Human Rights Council - Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances (26.7.2024): Enforced or involuntary disappearance Report of the Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances [A/HRC/57/54], https://documents.un.org/doc/undoc/g en/g24/122/18/pdf/g2412218.pdf, Zugriff 27.1.2025 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 4 Rechtsschutz / Justizwesen Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Die Justiz ist in Indien von der Legislative und der Exekutive getrennt (DFAT 29.9.2023) und agiert formell unabhängig von der Politik (FH 2025a). Es gibt eine verfassungsmäßig garantierte unabhängige Gerichtsbarkeit (AA 5.6.2023; vgl. USDOS 23.4.2024) mit dreistufigem Instanzen zug (AA 5.6.2023). Die Regierung respektiert im Allgemeinen die Unabhängigkeit der Justiz, doch kommt es im Justizsystem zu Verzögerungen, Kapazitätsproblemen (USDOS 23.4.2024) und Korruptionsvorwürfen auf den unteren Ebenen (USDOS 23.4.2024; vgl. FH 2025a). Richter, insbesondere am Obersten Gerichtshof, sind traditionell autonom, allerdings zeigen die Gerichte Anzeichen einer zunehmenden Politisierung. Die Regierung hat zudem Richterernennungen vorgenommen, die Beobachter als politisch motiviert einstufen (FH 2025a). Die Zentralregierung und die Regierungen der Bundesstaaten halten sich im Allgemeinen an die Urteile des Obers ten Gerichtshofs und der bundesstaatlichen Obergerichte, selbst wenn die Gerichte gegen die Positionen der Regierung entscheiden (USDOS 23.4.2024). Das Justizsystem gliedert sich in den (a) Supreme Court, der als Oberster Gerichtshof der Union mit Sitz in Delhi, als Verfassungsgericht Streitigkeiten zwischen dem Zentralstaat und den Uni onsstaaten regelt. Er fungiert auch als Berufungsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen untergeordneter Gerichte, insbesondere für Urteile, welche eine Interpretation der Verfassung beinhalten oder bei Todesurteilen; den (b) High Court, ein Obergericht in jedem Unionsstaat, das als Kollegialgericht als Berufungsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen fungiert. Es übt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die untergeordneten Gerichte des Bundesstaa tes aus, um so die Justiz vor Einflüssen der Exekutive abzuschirmen; sowie (c) Subordinate Civil and Criminal Courts, die als untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der je weiligen Unionsstaaten in Zivil- und Strafrecht aufgeteilt sind. In diesen werden die Fälle von Einzelrichtern entschieden. Richter am District and Sessions Court entscheiden in Personaluni on sowohl Zivil- als auch Strafsachen (als District Judge in Zivilsachen, als Sessions Judge in Strafsachen). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge steht der 1st Class Judicial Magistrate, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für leichtere Strafsachen. (ÖB New Delhi 7.2023). 12

Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis ist nicht fest zustellen, unmenschliche oder erniedrigende Strafen werden nicht verhängt. Die Strafzumes sung bewegt sich regelmäßig im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Allerdings sind insbesondere die unteren Instanzen nicht frei von Korruption (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Zudem sind sie oft politisch besetzt bzw. agieren in vorauseilendem Gehorsam gegenüber lokalen Amtsträgern, wie beispielsweise Abgeordneten (ÖB New Delhi 7.2023). Die Kapazität der Gerichte behinderte das Recht auf ein rechtzeitiges Verfahren. Das Justizsystem weißt eine beträchtliche Anzahl unbesetzter Richterstellen auf, ist nach wie vor stark überlastet und verfügte über keine modernen Fallbearbeitungssysteme, was häufig zu Verzögerungen oder Verweigerung von Gerichtsverfahren führt (USDOS 23.4.2024). Die Überlastung und Un terbesetzung führt wiederum zu einer langen Untersuchungshaft für Verdächtige, von denen viele länger in Haft bleiben als die Dauer der Strafe, die sie im Falle einer Verurteilung erhalten könnten (FH 2025a; vgl. USDOS 23.4.2024). Die Regeldauer (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Ca. 77 % aller Gefangenen sind Untersuchungshäftlinge. Fast 71 % der Untersuchungshäftlinge sind zwischen drei Monaten und mehr als fünf Jahren in Haft (AA 5.6.2023). Von der Untersuchungshaft sind unverhältnismäßig viele arme und marginalisierte Gruppen betroffen, die oft am wenigsten in der Lage sind, eine Kaution zu hinterlegen. Im April 2023 erklärte die Zentralregierung, sie werde Personen finanziell unterstützen, die sich keinen Rechtsbeistand, keine Strafe und keine Kaution leisten können (USDOS 23.4.2024). Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023), was dazu führt, dass Zeugen aufgrund von Bestechung und/oder Bedrohung vor Gericht häufig nicht frei aussagen. Auch Zeugen können für ihre Vernehmung gemäß Strafprozessordnung über mehrere Tage inhaftiert werden, sofern Fluchtgefahr besteht. Fälle von Sippenhaft sollen nicht vorkommen (AA 5.6.2023). Rechtsschutz Zahlreiche Sicherheitsgesetze erlauben die Inhaftierung ohne Anklageerhebung oder auf der Grundlage vage definierter Straftaten (FH 2025a). Präventivhaft ist bei Fällen von Gefährdung der öffentlichen Ordnung gesetzlich vorgesehen (ÖB New Delhi 7.2023). Das Gesetz zur Verhin derung rechtswidriger Aktivitäten (Unlawful Activities Prevention Act, UAPA) gibt den Behörden die Möglichkeit, Personen in Fällen von Aufständen und Terrorismus bis zu 180 Tage lang ohne Anklage in Haft zu nehmen. Das UAPA enthält strenge Kautionsbestimmungen, insbesondere für Personen, die des Terrorismus verdächtigt werden (USDOS 23.4.2024). Das Nationale Si cherheitsgesetz (National Security Act, NSA) von 1980 erlaubt Vorbeugehaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren bis zu einem Jahr, wenn eine Person als Sicherheitsrisiko eingestuft wird (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. USDOS 23.4.2024), ohne dass das Gesetz die Sicherheitsgründe näher definiert (ÖB New Delhi 7.2023). Das NSA erlaubt es Familienangehörigen und Anwälten, aus Gründen der nationalen Sicherheit inhaftierte Personen zu besuchen (USDOS 23.4.2024). Verhaftete Personen müssen innerhalb von 15 Tagen über die Haftgründe informiert werden. Spätestens nach sieben Wochen muss ein Beratungsausschuss über die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung befinden (ÖB New Delhi 7.2023). 13

Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung, mit Ausnahme derer, gegen die ein UAPA-Strafver fahren läuft. Angeklagte können ihren Rechtsbeistand frei wählen. Die Verfassung sieht vor, dass der Staat Angeklagten, die sich keinen Anwalt leisten können, einen kostenlosen Rechtsbei stand zur Verfügung stellt, aber Kapazitätsengpässe führen manchmal dazu, dass der Zugang zu einem kompetenten Rechtsbeistand eingeschränkt ist. Angeklagte haben das Recht, ihre An kläger zu konfrontieren und ihre eigenen Zeugen und Beweise zu präsentieren, aber Angeklagte nehmen dieses Recht manchmal nicht wahr, weil sie keine angemessene rechtliche Vertretung haben (USDOS 23.4.2024). Generell ist festzuhalten, dass das indische Rechtssystem in vielen Bereichen rechtsstaatlich bedenkliche Verfahrensvorschriften zur Beweislastumkehr kennt (ÖB New Delhi 7.2023). Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist gesetzlich verankert, außer in Verfahren, in denen es um Staatsgeheimnisse oder die Sicherheit des Staates geht (USDOS 23.4.2024; vgl. AA 5.6.2023). Das Gesetz verbietet willkürliche Festnahmen und Inhaf tierungen und sieht vor, dass jede Person das Recht hat, die Rechtmäßigkeit ihrer Festnahme oder Inhaftierung vor Gericht anzufechten. Die Regierung hält sich im Allgemeinen an diese Bestimmungen, aber es gibt zahlreiche Berichte über willkürliche Verhaftungen und mehrere Fälle, in denen die Polizei Sondergesetze anwendet, um die gerichtliche Überprüfung von Ver haftungen aufzuschieben (USDOS 23.4.2024). Laut Freedom House werden die Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht konsequent eingehalten. Die Bürger stoßen bei ihrer Su che nach Gerechtigkeit auf erhebliche Hindernisse. Dazu gehören Bestechungsgelder und die Schwierigkeit, die Polizei dazu zu bewegen, einen ersten Bericht aufzunehmen, der erforderlich ist, um eine Untersuchung eines mutmaßlichen Verbrechens einzuleiten (FH 2025a). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit ter roristischem oder politischem Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse (AA 5.6.2023). Das Heranziehen von erzwungenen Geständnissen (z. B.: durch Gewalt oder Folter) in die Beweislage ist rechtswidrig, kommt aber dennoch vor (ÖB New Delhi 7.2023). In Fällen des Terrorismusverdachts erlaubt das UAPA auch die Verwendung von Beweisen, die aus abgehörter Kommunikation gewonnen wurden (USDOS 23.4.2024). Informelle und alternative Systeme der Rechtssprechung In einigen ländlichen Gemeinden gibt es Dorfgerichte (Nyaya Panchayat genannt), die manche Inder dem formellen Rechtssystem vorziehen. Die Entscheidungen fallen schneller, sind ge meinschaftsbezogen und oft weniger anfällig für Korruption (DFAT 29.9.2023). Ein Panchayat („ Zusammenkunft von fünf Personen“) ist eine Versammlung, ein Rat oder ein Gericht von fünf oder mehr Mitgliedern einer Kaste oder eines Dorfes, die zusammenkommen, um Konflikte zu lösen oder Gruppenrichtlinien festzulegen. Obwohl es in mehreren Bundesstaaten Gesetze gibt, in denen Nyaya Panchayats erwähnt werden, scheint es in der Praxis nur in Himachal Pradesh kontinuierliche und funktionierende Nyaya Panchayats zu geben. Das Panchayat wur de von der lokalen Bevölkerung selbst gegründet, um den Bewohnern ländlicher Gebiete eine dezentralisierte, zugängliche und bis zu einem gewissen Grad individualisierte Möglichkeit der Streitbeilegung zu bieten. Obwohl die Nyaya Panchayats seit den 1970er Jahren zunehmend an 14

Bedeutung verloren haben (GAP-G 1.2024), versucht der indische Staat mit dem Gram Nyaya layas Act von 2008, Streitparteien auf dem Land den Zugang zu dörflichen Rechtsinstitutionen zu ermöglichen (GAP-G 1.2024; vgl. DoJ-IND 2021). Allerdings unterscheiden sich die neuen Gram Nyayalayas, die mehr mit dem formellen Gerichtssystem gemeinsam haben, stark von den Nyaya Panchayats und deren Vorstellung einer indigenen Streitbeilegung, weshalb einige Menschen eine Rückkehr zu den „ traditionellen“ Praktiken unterstützen (GAP-G 1.2024). Darüber hinaus gibt es in Teilen des Landes, vor allem in ländlichen Gebieten, informelle Gemein deräte, die Verordnungen zu sozialen Bräuchen erlassen. Ihre Beschlüsse führen manchmal zu Gewalt oder Verfolgung von Personen, die gegen die sozialen Normen verstoßen, insbesondere Frauen und Angehörige der unteren Kasten (FH 2025a). In Indien gibt es zudem die Möglichkeit der Alternative Dispute Resolution (ADR / Alternative Streitbeilegung). ADR bietet die Mög lichkeit, alle Arten von Angelegenheiten zu lösen, einschließlich zivilrechtlicher, kommerzieller, industrieller und familiärer Angelegenheiten usw., bei denen die Menschen nicht in der Lage sind, eine Verhandlung zu beginnen und eine Einigung zu erzielen. Im Allgemeinen wird bei ADR eine neutrale dritte Partei eingesetzt, die den Parteien hilft, miteinander zu kommunizieren, die Differenzen zu erörtern und den Streit zu lösen. Das Verfahren verläuft ohneEinschaltung gerichtlicher Institutionen (LSI o.D.). Schnellgerichte bei Vergewaltigungen und Sexualstraftaten gegen Kinder Das Programm zur Einrichtung von Schnellgerichten (Fast Track Special Courts, FTSCs) zur schnellen Verhandlung von Vergewaltigungsfällen und Fällen, die unter das Gesetz zum Schutz von Kindern vor Sexualstraftaten (POCSO) fallen, wurde bis 31.3.2026 verlängert. Da es sich um eine befristete Maßnahme handelt, ist die Schaffung einer dauerhaften Infrastruktur nicht vorgesehen. Nach Ablauf der Programmlaufzeit werden die verbleibenden Fälle, sofern vor handen, von den ordentlichen Gerichten oder anderen Sondergerichten nach Entscheidung der Regierungen und Obergerichte der Bundesstaaten/Unionsterritorien behandelt. Zum 30.11.2023 waren insgesamt 201.805 Fälle von Vergewaltigung und dem POCSO-Gesetz vor 758 Schnell gerichten, davon 411 ausschließlich POCSO-Gerichten, anhängig (DoJ-IND 2023). Neue Strafgesetze Am 1.7.2024 traten drei neue Strafgesetze in Kraft: das Bharatiya Nyaya Sanhita (BNS) [Anm.: Indian Judicial Code / Indisches Gerichtsgesetzbuch], das Bharatiya Nagrik Suraksha Sanhita (BNSS) [Anm.: Indian Civil Defence Code / Indisches Zivilschutzgesetzbuch], das Bharatiya Sakshya Adhiniyam (BSA) [Anm.: Indian Evidence Act / Indisches Beweisgesetz], welche im Dezember 2023 im Parlament verabschiedet wurden. Diese Gesetze ersetzen das Indische Strafgesetzbuch (Indian Penal Code, IPC) von 1860, die Strafprozessordnung (Criminal Pro cedure Code, CrPC) von 1973 und das Indische Beweisgesetz (India Evidence Act) von 1872 (BAMF 1.7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a 15

syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (1.7.2024): Briefing Notes - Indien, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-30205973/Deutschland._Bundesamt_für_Migration_u nd_Flüchtlinge,_Briefing_Notes,_KW27,_01.07.2024.pdf?nodeid=30207283&vernum=-2 , Zugriff 24.9.2024 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ DoJ-IND - Department of Justice [Indien] (2023): SCHEME ON FAST TRACK SPECIAL COURTS (FTSCs) FOR EXPEDITIOUS DISPOSAL OF CASES OF RAPE AND PROTECTION OF CHILDREN FROM SEXUAL OFFENCES (POCSO) ACT, https://dashboard.doj.gov.in/fast-track-special-court/a ssets/pdf/FTSC_Guidelines.pdf, Zugriff 4.3.2025 ■ DoJ-IND - Department of Justice [Indien] (2021): Gram Nyayalaya - An Introduction, https://dashbo ard.doj.gov.in/gn/introduction, Zugriff 6.3.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ GAP-G - GAP Goyan - A Global Journal of Social Sciences (1.2024): Nyaya Panchayat: The most neglected aspect of the Panchayati Raj implementation in India, https://www.gapgyan.org/ res/articles/(49-52) NYAYA PANCHAYAT THE MOST NEGLECTED ASPECT OF THE PANCHAYATI RAJ IMPLEMENTATION IN INDIA.pdf, Zugriff 6.3.2025 ■ LSI - Legal Service India (o.D.): Alternative Dispute Resolution (ADR), https://www.legalserviceindi a.com/legal/article-1678-alternative-dispute-resolution-adr-.html , Zugriff 19.10.2023 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 5 Sicherheitsbehörden Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Das Militär und die Sicherheitsbehörden teilen sich auf drei Ministerien auf: dem Verteidigungs ministerium unterstehen die indischen Streitkräfte, bestehend aus Armee, Marine, Luftwaffe und Küstenwache, das Defense Security Corps, das für die Sicherheit der Einrichtungen des Verteidigungsministeriums verantwortlich ist, und die Territorialarmee (TA), eine militärische Re servetruppe, die sich aus freiwilligen Teilzeitkräften zusammensetzt, die die indische Armee unterstützen. Sie ist Teil der regulären Armee und hat die Aufgabe, die reguläre Armee von statischen Aufgaben zu entlasten, die zivilen Behörden bei Naturkatastrophen zu unterstützen und die wesentlichen Dienste in Notfällen aufrechtzuerhalten, sowie bei Bedarf Einheiten für die reguläre Armee bereitzustellen. Dem Innenministerium (Ministry of Home Affairs) unterstehen die Border Security Force (BSF), zuständig für die indisch-pakistanische und indisch-bangla deschische Grenze; die Sashastra Seema Bal (SSB) bewacht die indisch-nepalesische und indisch-bhutanische Grenze; die Central Industrial Security Force; die Indo-Tibetan Border Po lice; die National Security Guards; die National Disaster Response Force (NDRF); die Central Reserve Police Force (CRPF) umfasst eine Rapid Reaction Force (RAF) zur Bekämpfung von Unruhen und das Commando Battalion for Resolute Action (COBRA) zur Aufstandsbekämpfung. Die Assam Rifles unterstehen der administrativen Kontrolle des Ministeriums für innere Angele genheiten, während die operative Kontrolle dem Verteidigungsministerium (insbesondere der indischen Armee) untersteht. Als letztes Ministerium verfügt das Eisenbahnministerium mit der Railway Protection Force ebenfalls über eigene Sicherheitskräfte (CIA 16.1.2025). 16

Das Central Intelligence Bureau (IB) ist Indiens zentraler Geheimdienst. Offiziell ist das IB dem Innenministerium unterstellt, der Direktor des Geheimdienstes ist jedoch Teil eines gemeinsamen Geheimdienstkomitees und berichtet in bestimmten Situationen direkt dem Premierminister. Hauptaufgaben des Geheimdienstes sind die Spionageabwehr und die Terrorismusbekämpfung/- abwehr. Ebenso gehören Aufklärung und Informationsgewinnung in den Grenzregionen zu den Aufgaben (BICC 7.2024). Die Nachrichtendienste Indiens, im Inland (Intelligence Bureau) sowie im Ausland (Research and Analysis Wing), handeln auf gesetzlicher Grundlage (AA 5.6.2023). Die Indische Polizei (Indian Police Service - IPS) ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Voll zugsbehörde. Sie fungiert vielmehr als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffi ziere der Polizei in den Bundesstaaten. Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert (BICC 7.2024; vgl. OSAC 4.10.2024). Die einzelnen Einheiten haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlrei chen nationalen Strafrechten und der oben beschrieben zentralen Rekrutierungsstelle für Füh rungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus. Innerhalb der Polizei gibt es eine Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department: CID), in die wiederum eine Sondereinheit (Special Branch) integriert ist. Während erstere mit nationalen und bundesstaatenübergreifenden Verbrechen betraut ist, hat die Sondereinheit Informations beschaffung und Überwachung jeglicher subversiven Elemente und Personen zur Aufgabe. In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frau en und Kindern beschäftigen. Kontrolliert wird ein Großteil der Strafverfolgungsbehörden vom Innenministerium (BICC 7.2024). Die rechtsstaatliche Kontrolle der Polizei ist defizitär. Es zeigt sich vor allem ein den Anforderun gen an einen modernen Rechtsstaat nicht adäquater Ausbildungs- und Ausrüstungsstand der Polizei (AA 5.6.2023; vgl. DFAT 29.9.2023). Übergriffe (AA 5.6.2023) und Korruption innerhalb der Polizei sind nach wie vor ein Problem (FH 2025a; vgl. AA 5.6.2023). Darüber hinaus wird von Folter, Misshandlung und Vergewaltigung durch Strafverfolgungs- und Sicherheitsbeamte berichtet (FH 2025a). Dies schlägt sich in einem mangelhaften Vertrauen der Bevölkerung nie der und hat damit auch mittelbar Auswirkungen auf andere Menschenrechtsbereiche, z. B. die Bereitschaft zu Strafanzeigen bei Menschenrechtsverstößen. Besonders in sogenannten Unru hegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 5.6.2023). Die Polizeikräfte können bei Bedarf durch Einheiten des Militärs oder paramilitärische Kräfte verstärkt werden. Paramilitärische Kräfte sind Kräfte, die auf Grund sondergesetzlicher Ermäch tigungen handeln, welche zum Teil Grundrechte einschränken oder außer Kraft setzen und die dem indischen Innenministerium unterstehen (ÖB New Delhi 7.2023), so auch die in den von linksextremistischen Gruppen (sog. Naxaliten) betroffenen Bundesstaaten Zentralindiens eingesetzten paramilitärischen Einheiten (AA 5.6.2023). Das Militär kommt auch bei Naturkata strophen zum Einsatz (BICC 7.2024). 17

Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt. Der Oberbefehl obliegt der Präsidentin. Gemes sen an der Zahl der Soldaten hat Indien die zweitgrößten Streitkräfte der Welt (BICC 7.2024). Gemäß dem Gesetz über Sondervollmachten der Streitkräfte (Armed Forces Special Powers Act - AFSPA) ist die Zentralregierung dazu ermächtigt, bestimmte Regionen oder Teile davon als Unruhegebiete einzustufen (USDOS 23.4.2024). In diesen Gebieten dürfen Sicherheitskräf te zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung tödliche Gewalt einsetzen und Verdächtige ohne vorherige Benachrichtigung der Betroffenen festnehmen (USDOS 23.4.2024; vgl. DFAT 29.9.2023, BS 19.3.2024), sowie Häuser, Personen und Räumlichkeiten ohne Durchsuchungs befehl durchsuchen (DFAT 29.9.2023; vgl. BS 19.3.2024). Das Gesetz gewährt den Sicher heitskräften außerdem Immunität vor ziviler Strafverfolgung für Handlungen, die in Regionen unter dem AFSPA begangen werden (USDOS 23.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025). In Jammu und Kaschmir (J & K) sowie mehreren nordöstlichen Bundesstaaten (HRW 16.1.2025), wie in Tei len von Nagaland, Arunachal Pradesh, Manipur und Assam, ist der AFSPA weiterhin in Kraft (USDOS 23.4.2024). Polizeibeamte waren in Vergewaltigungsvorwürfe verwickelt, auch bei Opfern in Polizeigewahr sam. Die Regierung ermächtigte die Nationale Menschrechtskommission (National Human Rights Commission, NHRC), Vergewaltigungsfälle zu untersuchen, an denen Polizeibeamte beteiligt waren (USDOS 23.4.2024). Zudem waren Sicherheitskräfte, die regionale Aufstände bekämpfen, in außergerichtliche Tötungen, Vergewaltigungen, Folter, Entführungen und die Zerstörung von Häusern verwickelt (FH 2025a). Übergriffe der Militärs und der paramilitärischen Gruppen bei ihren Einsätzen im Inneren (v. a. in J & K sowie in Indiens Nordosten) werden vereinzelt (militär-) gerichtlich geahndet, der Prozess und Prozessausgang bleiben allerdings geheim. Trotz der Trainings für Sicherheitskräfte bleiben willkürliche Verhaftungen, Folter und erzwungene Geständnisse verbreitet. Die Sicherheitsbehörden sind überarbeitet, unterbezahlt und oft politischem Druck ausgesetzt, was in weiterer Folge zu Korruption führt (ÖB New Delhi 7.2023). Die Strafprozessordnung schreibt vor, dass die Regierung die Strafverfolgung von Si cherheitskräften genehmigen muss, allerdings wird diese Genehmigung nur selten erteilt, was zu Straffreiheit führt (FH 2025a). Es gab Berichte über das erzwungene Verschwinden von Personen durch oder im Namen von Regierungsbehörden. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen verschwanden in der Region J & K zwischen 1989 und 2006 etwa 8.000 bis 10.000 Personen, die angeblich den Regierungstruppen, paramilitärischen Kräften und Terroristen zugeschrieben werden. Die Daten, die das Verschwinden von Personen in J&K seit 2006 dokumentieren, sind begrenzt (USDOS 23.4.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] 18

■ BICC - Bonn International Centre for Conflict Studies (7.2024): Indien - Länderinformationen zu den Europäischen Kriterien für Rüstungsexporte, https://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberi chte/indien/2024_Indien.pdf, Zugriff 3.2.2025 ■ BS - Bertelsmann Stiftung (19.3.2024): BTI 2024 Country Report - India, https://www.ecoi.net/en/fi le/local/2105881/country_report_2024_IND.pdf, Zugriff 24.1.2025 ■ CIA - Central Intelligence Agency [USA] (16.1.2025): India - The World Factbook, https://www.cia. gov/the-world-factbook/countries/india/#military-and-security , Zugriff 3.2.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ OSAC - Overseas Security Advisory Council [USA] (4.10.2024): India Country Security Report, https: //www.osac.gov/Country/India/Content/Detail/Report/f9ced08b-e66e-4b2b-b072-1dc1ee841504 , Zugriff 3.2.2025 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 6 Folter und unmenschliche Behandlung Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Indien hat im Jahr 1997 das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, un menschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe unterzeichnet, jedoch bisher nicht ratifiziert (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023, BICC 7.2024). Bislang gibt es kein zentra les Gesetz zur Verhinderung von Gewalt im Gewahrsam (Charan/SCC 23.3.2024) und somit auch keine für die Ratifizierung notwendigen Änderungen der nationalen Gesetzgebung (BICC 7.2024). In Indien kommt es immer wieder zu Tötungen in Gewahrsam, Polizeigewalt, einschließlich Folter und Vergewaltigung (BS 19.3.2024; vgl. USDOS 23.4.2024, ÖB New Delhi 7.2023). Be nachteiligte Gruppen sind in besonderem Maße von der unzureichenden Durchsetzung von Schutzgesetzen und dem langsamen, ineffizienten Justizsystem betroffen. Obwohl das indi sche Rechtssystem den benachteiligten sozialen Gruppen theoretisch den Zugang zu einer gleichberechtigten Justiz gewährleistet, ist die Realität eine andere (BS 19.3.2024). Die Natio nale Menschenrechtskommission (NHRC) registrierte in den ersten neun Monaten des Jahres 2024 121 Todesfälle in Polizeigewahrsam, 1.558 Todesfälle in Justizgewahrsam und 93 mut maßliche außergerichtliche Tötungen (NHRC India 2024; vgl. HRW 16.1.2025). Bei bekannt gewordenen Fällen von extralegalen Tötungen handelt es sich überwiegend um Todesfälle in Polizei- oder Justizgewahrsam, bei denen die Opfer entweder an den Folgen der Folter gestor ben sind oder getötet wurden, um die Folter zu vertuschen bzw. unangenehme Aussagen und Beweise gegen hochrangige Persönlichkeiten zu unterdrücken. Nur in wenigen Fällen kommt es zu Konsequenzen (ÖB New Delhi 7.2023). Denn obwohl die Strafprozessordnung eine staat liche Genehmigung für die Strafverfolgung von Sicherheitskräften vorsieht, wird diese nur selten erteilt, was zu Straflosigkeit führt (FH 2025a). 19
