2025-09-15-coi-cms-laenderinformationen-indien-version-9-afeb
Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Länderinformationsblätter“
kam es zu einer Welle der Gewalt durch hinduistische Bürgerwehren, die muslimische Männer angriffen, weil sie verdächtigt wurden, Rindfleisch zu essen oder Rinder zum Schlachten zu transportieren (HRW 16.1.2025). Bei lokalen religiösen Ausschreitungen kam es regelmäßig zur Zerstörung von überwiegend muslimischem Privateigentum. Viele der als Bestrafung gedachten Angriffe u. a. auf Häuser, Geschäfte und Gebetsstätten wurden nicht geahndet (AI 24.4.2024; vgl. HRW 16.1.2025). Dar über hinaus wurden in mehreren von der BJP regierten Bundesstaaten auch von offizieller Stelle Häuser, Geschäfte und Gebetsstätten von Muslimen ohne ordnungsgemäßes Verfah ren abgerissen und andere rechtswidrige Maßnahmen durchgeführt. BJP-Führer bezeichneten diese Abrisse, die oft als offensichtliche Kollektivbestrafung der muslimischen Gemeinschaft wegen kommunaler Zusammenstöße oder Meinungsverschiedenheiten durchgeführt wurden, als „ Bulldozer-Gerechtigkeit“. Im November 2024 entschied der Oberste Gerichtshof, dass sol che Abrisse illegal sind, und legte Richtlinien fest, um sicherzustellen, dass vor dem Abriss von Häusern ein angemessenes Verfahren durchgeführt wird (HRW 16.1.2025). Der CCPR weist darauf hin, dass der Zusatz zum Staatsbürgerschaftsgesetz (Citizenship Amendment Act, CAA) 2019 und die Citizenship Amendment Rules 2024 den Zugang zur Staats bürgerschaft für Asylsuchende und Flüchtlinge nach religiösen Kriterien regeln und insbesondere Muslime diskriminieren [für weitere Informationen zum CAA siehe Kapitel Staatsbürgerschaft]. Aufgrund der übermäßig komplizierten Verfahren, denen sich Muslime gegenübersehen, und der erforderlichen Nachweise für die Eintragung in das nationale Bevölkerungsregister und das na tionale Bürgerregister (CCPR 2.9.2024) ist der Staatsbürgerschaftsstatus von 1,9 (FH 2025a) bis mehr als 2 Millionen Menschen in Assam ungewiss. Muslime, die bereits die Staatsbürgerschaft besitzen, sind laut CCPR der Gefahr ausgesetzt, staatenlos zu werden und auf unbestimmte Zeit in Haftanstalten festgehalten zu werden, bevor sie aus dem Hoheitsgebiet Indiens ausgewiesen werden (CCPR 2.9.2024). Während das Gesetz angeblich verfolgten religiösen Minderheiten helfen soll, schließt es gefährdete Gemeinschaften wie Rohingya-Muslime, Ahmadiyya-Muslime, Hazara-Schiiten oder Baha’is nicht ein (USCIRF 5.2023; vgl. DGS 10.2024). Quellen ■ AI - Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Indien 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108022.html , Zugriff 10.7.2024 ■ CCPR - UN Human Rights Committee (CCPR) of the International Covenant on Civil and Political Rights (2.9.2024): Human Rights Committee - Concluding observations on the fourth periodic report of India, https://docstore.ohchr.org/SelfServices/FilesHandler.ashx?enc=FWgVcNI4OVyUckRlbEnbaDHOm/ VJRAevfxu95By/Jr9YGrTBH/xTYVrl8YtqU l q0N0QsGW1ag0v7qHmCRF8Q==, Zugriff 17.2.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ DGS - Discover Global Society (10.2024): D. Ananda, The intersection of Indian citizenship amend ment act 2019 and religious persecution, https://www.researchgate.net/publication/385043091_T he_intersection_of_Indian_citizenship_amendment_act_2019_and_religious_persecution , Zugriff 19.2.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 43

■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (5.2023): US CIRF - Annual Report 2023 India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2092551/India 2023.pdf, Zugriff 24.10.2023 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Reli gious Freedom: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111881.html, Zugriff 11.7.2024 15.3 Sikhs Letzte Änderung 2025-04-14 07:59 In Indien sind 1,7% und im Bundesstaat Punjab 54 % der Bevölkerung Sikhs (USDOS 30.6.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Der Sikhismus ist die vorherrschende Religion im Punjab. Auch in den benachbarten Bundesstaaten Haryana, Delhi, Rajasthan, Uttar Pradesh und Uttarakhand gibt es eine große Zahl von Sikhs (DFAT 29.9.2023). Die Verfassung legt fest, dass jeder gesetzliche Verweis auf Hindus so zu verstehen ist, dass er auch Anhänger des Sikhismus, Jainismus und Buddhismus einschließt. Das bedeutet, dass sie den für Hindus geltenden Gesetzen unterliegen, wie z. B. dem Hindu Marriage Act. Spätere Gesetze verwenden das Wort Hindu weiterhin als Kategorie, die Sikhs, Buddhisten, Bahai und Jains umfasst, identifizieren diese Gruppen jedoch als separate Religionen, deren Anhänger unter das Gesetz fallen (USDOS 30.6.2024). Im Dezember 2019 verabschiedete das Parlament das Citizenship (Amendment) Act (CAA), das einen beschleunigten Weg zur Staatsbürgerschaft für Sikhs vorsieht, wenn sie aus Afghanistan, Pakistan oder Bangladesch nach Indien gekommen sind (AA 5.6.2023; vgl. USDOS 30.6.2024). Punjabis haben wie alle Staatsbürger im ganzen Unionsgebiet Niederlassungsfreiheit (ÖB New Delhi 7.2023). Es wird angenommen, dass Sikhs in Indien im Allgemeinen einem geringen Maß an offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind. Sie können aber Ziele örtlich begrenzter Diskriminierung werden (DFAT 29.9.2023). Die Sikhs, 60 % der Be völkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen (auch bundesweit – praktisch alle indischen Generalstabschefs der Bundesarmee waren bisher Sikhs) offen. Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden. Verhaftungen erfolgen allerdings, sobald jemand offen eine verbotene Organisation (z. B. das Khalistan Movement) unterstützt (ÖB New Delhi 7.2023). Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (Sikhs, insbes. Khalistan-Separatisten, Kaschmiris) werden von indischer Seite beobachtet und registriert. Personen, die im Ausland eine in In dien verbotene Vereinigung unterstützen, werden nach ihrer Rückkehr in Indien strafrechtlich verfolgt. Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland unterstützen radikale Sikh-Organisa tionen auch finanziell. Die in Indien verbotenen militanten Sikh-Organisationen sind: Babbar Khalsa International, Khalistan Commando Force, Khalistan Zindabad Force, International Sikh Youth Federation (ÖB New Delhi 7.2023). Die Khalistan-Bewegung ist eine politische Ideolo gie, die von Sikhs vertreten wird. Sie fordert die Schaffung eines autonomen Heimatlandes für 44

die Sikhs (EB 17.3.2025b). Die Forderung nach einem unabhängigen Sikh-Staat war in den zurückliegenden Jahren im Zusammenhang mit den Bauernprotesten 2021 erstmals wieder prominent in Erscheinung getreten. In den Jahren davor war es um die in den 1980er Jahren entstandene Khalistan-Bewegung ruhig geblieben. Im März 2023 kam es zu einem mehrtägigen Polizeieinsatz und zahlreichen Verhaftungen nachdem bewaffnete Anhänger des Sikh-Predigers Amritpal Singh ein Polizeirevier in Amritsar überfallen hatten (BAMF 20.3.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (20.3.2023): Briefing Notes (KW 12/2023), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingN otes/2023/briefingnotes-kw12-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 25.3.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (17.3.2025b): Khalistan, https://www.britannica.com/topic/Khalistan, Zugriff 25.3.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Reli gious Freedom: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111881.html, Zugriff 11.7.2024 16 Ethnische Minderheiten Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Die Verfassung verbietet die Diskriminierung von Bürgern aufgrund ihrer Religion, Ethnie, Kaste, Geschlechts oder ihres Geburtsortes (USDOS 23.4.2024; vgl. DFAT 29.9.2023). Minderheiten haben laut Gesetz das Recht auf eigene Bildungseinrichtungen sowie auf Pflege ihrer eigenen Sprache, Schrift und Kultur (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. DFAT 29.9.2023). In der Verfassung sind die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte benachteiligter Gruppen indigener Menschen verankert, doch in der Praxis verweigern die Behörden häufig ihre Rechte, und es gab Berichte, dass die Regierung oder ihre Vertreter indigenen Personen Gewalt androhten oder zufügten. In vielen nordöstlichen Bundesstaaten, in denen indigene Gruppen den Großteil der Bevölkerung ausmachten, sah das Gesetz Stammesrechte vor, doch einige lokale Behörden missachteten diese Bestimmungen (USDOS 23.4.2024). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit (FH 2025a). Auch die „ Unberührbarkeit“ ist verfassungsrechtlich abgeschafft sowie ihre Ausübung verboten. Trotz dieser Regelungen prägt die Zugehörigkeit (bzw. Nicht-Zugehörigkeit) zu einer Kaste das indi sche Sozialgefüge und geht mit zahlreichen Diskriminierungen einher (ÖB New Delhi 7.2023). Gesetze schreiben Quoten im Bildungs- und Regierungsbereich für historisch benachteiligte Gruppen vor (FH 2025a; vgl. ÖB New Delhi 7.2023; vgl. USDOS 30.6.2024), die in Scheduled Castes (SC, „ Dalits“), Stammesgemeinschaften oder Scheduled Tribes (ST, „Adivasi“) sowie 45

Other Backward Classes (OBC, „ andere rückständige Klassen“) (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. US DOS 30.6.2024, FH 2025a) und „ wirtschaftlich schwächere Schichten“ eingeteilt werden (FH 2025a). Die Verfassung legt fest, dass nur Hindus, Sikhs und Buddhisten als Angehörige einer Scheduled Caste gelten können. Folglich haben Christen und Muslime nur dann Anspruch auf Vergünstigungen, wenn sie aufgrund ihres sozialen und wirtschaftlichen Status als Mitglieder der OBC gelten (USDOS 30.6.2024). Allerdings trübt sich die Menschenrechtslage speziell für Minderheiten vor dem Hintergrund einer von der regierenden BJP (Bharatiya Janata Party) markant vorgetragenen Hindu-Mehr heitspolitik weiter ein (AA 5.6.2023). Behörden diskriminieren Minderheiten und gehen nicht angemessen gegen BJP-Anhänger vor, die für Übergriffe verantwortlich sind. Gesetze zum Ver bot der Zwangskonversion in mindestens 12 Bundesstaaten werden missbraucht, um Christen, insbesondere aus Dalit- und Adivasi-Gemeinschaften, zu schikanieren und ermutigen Selbst justizgruppen zu Gewalttaten (HRW 16.1.2025). Schutz durch Polizei und Justiz ist nicht aus reichend gegeben, auf Anzeigen folgen nur selten Verurteilungen (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. FH 2025a). Indien bleibt Ursprungs-, Transit- sowie auch Zielland des internationalen Menschenhandels. Angehörige marginalisierter Gruppen wie Dalits und Adivasi sind besonders gefährdet. Aufgrund des in vielen Regionen niedrigen Frauenanteils kommt es zu Menschenhandel mit Bräuten. Die indische Regierung unternimmt erhebliche Anstrengungen zur Eindämmung von Menschenhan del. Dennoch sind nach wie vor Verurteilungen im Vergleich zum Ausmaß unverhältnismäßig niedrig (AA 5.6.2023). Einkommen und Bildungsgrad korrelieren sehr stark mit der Kastenzugehörigkeit (AA 5.6.2023). Obwohl der rechtliche Rahmen im Allgemeinen das Recht auf Eigentum und private Geschäfts tätigkeit unterstützt, sind die Eigentumsrechte für Stammesgruppen und andere marginalisierte Gemeinschaften eher schwach ausgeprägt. Mitgliedern dieser Gruppen werden oft angemes sene Umsiedlungsmöglichkeiten und Entschädigungen verweigert, wenn ihr Land für Entwick lungsprojekte beschlagnahmt wird (FH 2025a). Um historisch marginalisierte Gruppen zu schützen und ihre demokratische Partizipation und Repräsentation zu gewährleisten, sieht die Verfassung vor, dass in jedem Panchayat [Anm.: Dorf], jeder Gemeinde sowie in den Legislativen der einzelnen Bundesstaaten und der Union eine bestimmte Anzahl von Sitzen für SC und ST sowie für Frauen (mindestens ein Drittel) reserviert werden muss, gemessen am Anteil dieser Gruppen an der Gesamtbevölkerung der jeweiligen Verwaltungsebene (CoI 1.5.2024; vgl. FH 2025a). Die bestehenden Quoten gewähr leisten, dass 84 bzw. 47 Sitze in der Lok Sabha [Anm.: Unterhaus des indischen Parlaments] für Angehörige der SC bzw. ST reserviert sind (FH 2025a). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] 46

■ CoI - Constitution of India [Indien] (1.5.2024): The Constitution of India, https://cdnbbsr.s3waas.g ov.in/s380537a945c7aaa788ccfcdf1b99b5d8f/uploads/2024/07/20240716890312078.pdf , Zugriff 11.2.2025 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (16.1.2025): World Report 2025 - India, https://www.ecoi.net/de/doku ment/2120041.html, Zugriff 22.1.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (30.6.2024): 2023 Report on International Reli gious Freedom: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2111881.html, Zugriff 11.7.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 16.1 Dalits (Scheduled Castes) Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 [Anm.: zu Gewalt an Frauen aus marginalisierten, gefährdeten und Stammesgemeinschaften, einschließlich Dalit-Frauen siehe Kapitel Geschlechtsspezifische Gewalt] Der Begriff Dalit, auch bekannt als Unterdrückte Klasse, Harijan, Scheduled Caste (SC) oder Unberührbare, bezieht sich auf alle Angehörigen eines breiten Spektrums sozialer Gruppen, die in der hinduistischen Kastengesellschaft historisch marginalisiert wurden. Die offizielle Bezeich nung Scheduled Caste ist heute in Indien die gebräuchlichste Bezeichnung für die Angehörigen dieser Gruppen, obwohl die Angehörigen der SC oft den Begriff Dalit bevorzugen (EB 10.2.2025). Die Zahl der Dalits wird auf ein Fünftel der Bevölkerung (oder 260 Mio. Menschen) geschätzt (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023). Die Dalits, oder auch Kastenlosen sind aus dem Kastensystem ausgeschlossen (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023, DFAT 29.9.2023) und wurden historisch mit Arbeiten in Verbindung gebracht, die als weniger erstrebenswert galten, wie z. B. Reinigungsarbeiten oder Müllabfuhr, und es gab traditionelle Tabus für Angehörige der vier Hauptkasten, sie zu berühren. Viele Dalits arbeiten nach wie vor als Reinigungskräf te, manuelle Müllabfuhr, Kanalreiniger, Müllsammler und Straßenkehrer, und viele von ihnen sind Binnenmigranten, die auf der Suche nach Arbeit aus ländlichen Gebieten in die Slums der Städte gezogen sind (DFAT 29.9.2023). Trotz eines offiziellen Verbots der „ manuellen Fäkalien entsorgung“, einer entwürdigenden und gefährlichen Praxis, wird diese Arbeit im ganzen Land fortgesetzt und führt zu Todesfällen und Verletzungen (HRW 6.2024). Zwischen 2018 und 2023 starben insgesamt 339 Menschen bei der Reinigung von Abwasserkanälen und Klärgruben (AI 24.4.2024). Vor allem Dalits und Kastengruppen, die in der Regel am unteren Ende der Kastenhierarchie stehen, werden zu dieser Arbeit gezwungen (HRW 6.2024). Obwohl laut Verfassung die Kastendiskriminierung verboten ist (USDOS 23.4.2024; vgl.AA 5.6.2023, FH 2025a), bleibt die Registrierung zum Zwecke positiver Förderprogramme bestehen, und die Bundes- und Bundesstaatsregierungen betreiben weiterhin verschiedene Programme, um Mitglieder niederer Kasten zu stärken - wie Bereitstellung von qualitativ besseren Unter künften, Zugang zu subventionierten Nahrungsmitteln (USDOS 23.4.2024) sowie Quoten in 47

Bildungseinrichtungen, im öffentlichen Dienst (USDOS 23.4.2024; vgl. DFAT 29.9.2023, ÖB New Delhi 7.2023) und reservierte Sitze in der Legislative (DFAT 29.9.2023). Kritiker behaupten, dass viele dieser Programme an den Folgen einer mangelhaften Umsetzung und Korruption leiden (USDOS 23.4.2024). Einige Dalits haben, zum Teil mithilfe dieser Programme, hohe Positionen erreicht (DFAT 29.9.2023). Premier Modi hat 2014 und 2019 jeweils auch Dalits in das Minister-Kabinett be rufen. Der ehemalige Staatspräsident Ram Nath Kovind, dessen Amtszeit im Juli 2022 endete, weist Dalit-Abstammung auf (ÖB New Delhi 7.2023). Die langjährigen Beispiele für positive Maßnahmen (Affirmative Action) haben jedoch nicht die tiefen sozialen Ungerechtigkeiten beseitigt, denen die meisten Dalits nach wie vor ausgesetzt sind (DFAT 29.9.2023). Vor allem in ländlichen Gebieten kommt es häufiger zu Diskriminierung (ÖB New Delhi 7.2023). Das Kasten system kann komplex sein, und die Eliten innerhalb einer Kaste (es gibt unzählige Unterkasten innerhalb jeder Kaste) sind eher in der Lage, von den Reservierungen und Zugeständnissen zu profitieren, die Menschen aus niedrigen Kasten angeboten werden. Frauen und Arme innerhalb dieser Kasten können „ verdrängt“ werden. Die Verfügbarkeit von Vorzugsbehandlungen sollte nicht nur aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste angenommen werden. Es gibt einige Beispiele für Betrug - Menschen, die fälschlicherweise behaupten, zu einer Gruppe zu gehören, die Anspruch auf Reservierungen hat (DFAT 29.9.2023). Die Diskriminierung von Dalits umfasst den Zugang zu Dienstleistungen, wie medizinischer Ver sorgung und Bildung oder der Zugang zu Brunnen, Hygieneeinrichtungen und zu Tempeln (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. DFAT 29.9.2023). NGOs berichten, dass Dalit-Schülern manchmal der Zugang zu bestimmten Schulen aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit verweigert wird. Sie müssen vor der Aufnahme einen Kastennachweis vorlegen, werden vom Morgengebet ausgeschlossen, müssen in der letzten Reihe der Klasse sitzen oder werden gezwungen, die Schultoiletten zu reinigen, während ihnen der Zugang zu diesen Einrichtungen verwehrt wird. Darüber hinaus gibt es Berichte über Lehrer, die sich weigern, die Hausaufgaben von Dalit-Kindern zu korrigieren oder ihnen eine Mittagsmahlzeit zu geben, und die Dalit-Kinder auffordern, getrennt von Kindern aus Familien der höheren Kasten zu sitzen (USDOS 23.4.2024; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Die Diskriminierung zieht sich durch die gesamte Bildungslaufbahn bis zur Universität (ÖB New Delhi 7.2023). Das Gesetz zur Verhütung von Grausamkeiten (Prevention of Atrocities Act, PAA) von 1989 sieht scharfe Strafen für Straftaten gegen Dalits und die Einrichtung von Sondergerichten vor, die in jedem Distrikt diese Vorfälle untersuchen sollen. Jedoch verfügen bislang nur 170 von 773 Distrikten über solche Gerichte, wodurch es zu Überlastungen kommt. Im Allgemeinen ist Schutz durch Polizei und Justiz nicht ausreichend gegeben, auf Anzeigen folgen nur selten Verurteilungen (ÖB New Delhi 7.2023). Im Oktober 2024 wies der Oberste Gerichtshof die Regierung an, die Kastenzugehörigkeit von Häftlingen aus den Akten zu streichen und die Gefängnisvorschriften zu überarbeiten, um kastenspezifische Aufgaben abzuschaffen. Damit wurde die tief verwurzelte Diskriminierung im Strafvollzug deutlich (FH 2025a). 48

Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ AI - Amnesty International (24.4.2024): Amnesty International Report 2023/24; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Indien 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2108022.html , Zugriff 10.7.2024 ■ DFAT - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (29.9.2023): DFAT COUNTRY INFORM ATION REPORT INDIA, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-india .pdf, Zugriff 19.10.2023 ■ EB - Encyclopaedia Britannica (10.2.2025): Dalit (social class, India), https://www.britannica.com/t opic/Dalit, Zugriff 12.2.2025 ■ FH - Freedom House (2025a): Freedom in the World 2025 - India, https://freedomhouse.org/country /india/freedom-world/2025, Zugriff 4.3.2025 ■ HRW - Human Rights Watch (6.2024): Letter to Prime Minister Modi Regarding Human Rights Agenda for the New Government, https://www.hrw.org/news/2024/06/11/letter-prime-minister-mod i-regarding-human-rights-agenda-new-government , Zugriff 18.3.2025 ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 16.2 Adivasi (Scheduled Tribes) Letzte Änderung 2025-04-09 09:57 Anm.: zu Gewalt an Frauen aus marginalisierten, gefährdeten und Stammesgemeinschaften, einschließlich Dalit-Frauen siehe Relevante Bevölkerungsgruppen / Frauen / Geschlechtsspe zifische Gewalt Die Verfassung garantiert zwar die sozialen, ökonomischen und politischen Rechte von benach teiligten Gruppen von indigenen Stämmen und das Gesetz spricht ihnen einen speziellen Status zu, doch werden diese Rechte oftmals von den Behörden auch verweigert (USDOS 12.4.2022). Viele leben unterhalb der Armutsgrenze (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Die Adivasi sind staatlichem und privatem Zugriff auf ihr Land ausgesetzt. Im Nordosten, wo Adivasi einen Großteil der Bevölkerung ausmachen, gibt es verfassungsrechtlichen Schutz für die Lebens räume der Indigenen, z. B. was den Abbau von Rohstoffen und den Erwerb von Land durch Nicht-Adivasi betrifft. Dieser Schutz wird aber oft missachtet, dies führt teils zu gewalttätigen Gegenreaktionen (ÖB New Delhi 7.2023). Trotz deutlicher Fortschritte innerhalb der letzten Jahre haben Adivasi mit Bezug auf fast alle sozio-ökonomischen Indikatoren die schlechtesten Lebensbedingungen aller Inder. Sie erfahren gesellschaftliche Diskriminierung, mitunter auch Gewalt (AA 5.6.2023). Menschenrechtsorganisationen wie das Asian Center for Human Rights sprechen von einer Zunahme von Straftaten gegen Angehörige indigener Bevölkerungsgrup pen. Es wird von Straftaten, wie Diskriminierung, Belästigung, Folter, willkürlichen Verhaftungen, sowie Lynchjustiz durch Straßenmobs berichtet. Die Verantwortlichen bleiben rechtlich oft un belangt. Allerdings nimmt die Kritik an diesen menschenverachtenden Praktiken innerhalb der indischen Gesellschaft zu (ÖB New Delhi 7.2023). 49

In vielen nordöstlichen Bundesstaaten, in denen indigene Gruppen die Mehrheit der Bevölkerung stellen, sind die Rechte der Stämme gesetzlich verankert. Einige lokale Behörden ignorieren diese Bestimmungen jedoch. Das Gesetz verbietet Nicht-Stammesangehörigen, einschließlich Bürgern anderer Bundesstaaten, das Überschreiten einer von der Regierung festgelegten inne ren Grenze ohne gültige Genehmigung. Niemand darf ohne Genehmigung Gummi, Wachs, El fenbein oder andere Waldprodukte aus Schutzgebieten entnehmen. Auch der Verkauf von Land an Nichtstammesangehörige muss von den Stammesbehörden genehmigt werden (USDOS 23.4.2024) oder ist in manchen Bundesstaaten, wie Meghalaya, für Nichtstammesangehörige explizit verboten (AA 5.6.2023). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ ÖB New Delhi - Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (7.2023): Asylländerbericht 2023 - Indien ■ USDOS - United States Department of State [USA] (23.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2107729.html, Zugriff 3.5.2024 ■ USDOS - United States Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071142.html, Zugriff 19.10.2023 17 Relevante Bevölkerungsgruppen 17.1 Frauen Letzte Änderung 2025-04-14 08:00 Zu Ehe, Ehrenmorde und Mitgiftstreitigkeiten siehe Kapitel Relevante Bevölkerungsgruppen / Ehen Die indische Verfassung enthält grundsätzlich eine Reihe von Rechten, insbesondere die Gleich behandlung von Männern und Frauen (Art. 14) und das Recht auf ein Leben in Würde (Art. 21) (BAMF 7.2024). Indien hat zwar die Internationale Konvention gegen Frauendiskriminierung ratifiziert, aber Vorbehalte gegen jene Artikel angemeldet, die sich auf Kultur und gewohnheits rechtliche Praktiken beziehen. Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts ist in Indien nach wie vor eine alltägliche Erscheinung und beginnt oft bereits vor der Geburt (ÖB New Delhi 7.2023). Die patriarchalische Struktur trägt dazu bei, dass die soziale Realität von Frauen in Indien von systematischer Benachteiligung und Diskriminierung bestimmt bleibt - weniger aufgrund staatlichen Handelns, als vielmehr aufgrund tief verwurzelter sozialer Traditionen (AA 5.6.2023). Auch Aktivisten, die sich für Frauenrechte einsetzen, sind häufig Diskriminierung ausgesetzt (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. USDOS 23.4.2024), die bis zu falschen Anklagen oder unrechtmäßigem Freiheitsentzug reichen (ÖB New Delhi 7.2023). DieRegierung bemüht sich durch Sozialprogramme und Sensibilisierungskampagnen gezielt um besondere Förderung von Frauen sowohl bei der Integration ins Erwerbsleben als auch in Bezug auf ihre sozialen Rechte (AA 5.6.2023). Die Regierung kämpft seit 2003 mit einem be sonderen Programm zur Förderung der Mädchen-Schulausbildung gegen den Analphabetismus 50

unter jungen Frauen an und hat damit erste Erfolge (ÖB New Delhi 7.2023). Obwohl die Gleich stellung von Männern und Frauen ein selbst gesetztes politisches Ziel der indischen Regierung ist, werden Frauen und Mädchen gesellschaftlich hinsichtlich Bildung, Gesundheitsversorgung sowie Zugang zum Arbeitsmarkt gegenüber Männern benachteiligt, besonders in ärmeren Ge sellschaftsschichten und auf dem Land (BAMF 7.2024). Frauen werden bei der Beschäftigung, im Beruf (USDOS 23.4.2024; vgl. BAMF 7.2024) und beim Zugang zu Krediten diskriminiert. Viele Landsysteme der Stämme, auch in Bihar, verweigern Stammesfrauen das Recht auf Land besitz. Andere Gesetze oder Gepflogenheiten in Bezug auf den Besitz von Vermögenswerten und Land gewähren Frauen wenig Kontrolle über die Nutzung, den Erhalt oder den Verkauf von Land (USDOS 23.4.2024). Das Gesetz verbietet die Diskriminierung am Arbeitsplatz und verlangt einen gleichen Lohn für gleiche Arbeit, doch Berichten zufolge bezahlen die Arbeitgeber Frauen für die gleiche Arbeit oft weniger als Männern, diskriminieren sie bei der Einstellung und befördern sie seltener als Männer (USDOS 23.4.2024). Religiöse, kulturelle und traditionelle Praktiken sind ein Hindernis für die proportionale Beteili gung von Frauen an politischen Institutionen (USDOS 23.4.2024). Bei den Parlamentswahlen 2024 war die Wahlbeteiligung der Frauen erneut hoch (FH 2025a), nachdem diese bereits bei den nationalen Wahlen von 2019 zum ersten Mal eine ebenso hohe Wahlbeteiligung wie die der Männer erreicht hatten (FH 2023). Im Jahr 2024 lag die Beteiligung von Frauen in 19 der 36 Bundesstaaten und Unionsterritorien über der der Männer (FH 2025a). Im September 2023 verabschiedete das Parlament einen Verfassungszusatz, den Constitution (One Hundred and Sixth Amendment) Act, der als Women’s Reservation Bill bekannt ist. Das Gesetz reserviert 33 % der Sitze im Unterhaus des Parlaments und in den gesetzgebenden Versammlungen der Bundesstaaten für Frauen (USDOS 23.4.2024; vgl.ÖB New Delhi 7.2023). Die Vertretung von Frauen in der Lok Sabha [Anm.: indisches Unterhaus] ist mit 14 % jedoch gering. In der aktuellen Legislaturperiode entfallen nur 74 der insgesamt 543 Sitze auf Frauen (FH 2025a). Die Regierung der Bharatiya Janata Party (BJP) erklärte, dass das Gesetz, an dem seit 27 Jahren gearbeitet wurde, erst nach der nächsten Volkszählung und der Neufestlegung der Wahlkreis grenzen umgesetzt wird - komplizierte Prozesse, die voraussichtlich mehrere Jahre dauern werden (HRW 11.1.2024; vgl.FH 2024). In den Parlamenten der Bundesstaaten und lokalen Gremien existieren vergleichbare Quoten für weibliche Abgeordnete (FH 2025a). Schwangerschaftsabbruch, Müttersterblichkeit und sexuelle und reproduktive Rechte Der UN-Menschenrechtsausschuss des Zivilpakts (CCPR) stellt fest, dass mehrere rechtliche und praktische Hindernisse den tatsächlichen Zugang zu sicheren und legalen Schwanger schaftsabbrüchen verhindern oder erschweren, einschließlich des Bharatiya Nyaya Sanhita von 2023, die Furcht vor Repressalien gegen Ärzte, sehr strenge Beschränkungen für Ab treibungen aus medizinischen Gründen nach der zwanzigsten Schwangerschaftswoche, die Verpflichtung, in vielen Fällen die Zustimmung eines Dritten einzuholen, und Gewissensgrün de seitens des medizinischen Personals. Laut CCPR veranlassen diese Umstände Frauen, darunter auch Minderjährige, zu heimlichen und unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen, die das Risiko der Müttersterblichkeit erhöhen. Zudem gibt es Berichte über geschlechtsselektive Abtreibungen, die trotz des Verbots nach nationalem Recht weit verbreitet sind, und über die 51

Praxis der Zwangssterilisation unter dem Deckmantel der Familienplanung, insbesondere unter den ärmsten Bevölkerungsschichten (CCPR 2.9.2024). Einige Frauen, insbesondere arme Frauen und Frauen aus niedrigeren Kasten, wurden Be richten zufolge von ihren Ehemännern und Familien zu Eileiterunterbrechungen oder Hyste rektomien gedrängt. Die Regierung gewährte Frauen, die Verhütungsmethoden, einschließlich der freiwilligen Sterilisation, akzeptierten, eine finanzielle Entschädigung für den Lohnausfall, Transportkosten, Medikamente und Verbandsmaterial sowie Nachuntersuchungen. Es gab kei ne formellen Beschränkungen für den Zugang zu anderen Formen der Familienplanung; trotz der jüngsten Bemühungen, das Angebot an Verhütungsmethoden zu erweitern, blieb die frei willige Sterilisation jedoch aufgrund der Kosten und der begrenzten Verfügbarkeit alternativer Verhütungsmethoden die bevorzugte Methode. Viele Staaten förderten die Sterilisation von Frauen als Familienplanungsmethode (USDOS 23.4.2024). Weibliche Genitalverstümmelung bzw. -beschneidung Es gibt kein nationales Gesetz, das sich mit der weiblichen Genitalverstümmelung bzw. - beschneidung (Female Genital Mutilation / Cutting, FGM/C) befasst, obwohl seit 2017 ein Rechtsstreit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig ist, um die Praxis zu verbieten. Laut Menschenrechtsgruppen und Medienberichten wird angenommen, dass zwischen 70 und 90 % der Dawoodi Bohras, einer religiösen Gruppe von etwa einer Million Menschen, die sich auf Maharashtra, Gujarat, Rajasthan und Delhi konzentrieren, FGM/C praktizieren (USDOS 23.4.2024). Devadasi-System Es gibt Berichte darüber, dass Frauen und Mädchen, die im Devadasi-System symbolische Ehen mit Hindu-Gottheiten eingehen (eine Form der rituellen Prostitution), Opfer von Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch durch Priester und Tempelherren werden, einschließlich Sexhandel. Diese Praxis findet sich in Karnataka, Maharashtra, Andhra Pradesh und Tamil Nadu wieder und betrifft fast immer Mädchen ausSC/ST-Gemeinschaften (Scheduled Caste/Scheduled Tribe). NGOs vermuten, dass Familien Mädchen aus niedrigeren Kasten ausbeuten, um die finanzielle Belastung des Haushalts und die Aussicht auf eine Mitgift zu mindern. Diese Praxis beraubt die Mädchen ihrer Bildung und ihrer reproduktiven Rechte und setzt sie Stigmatisierung und Diskriminierung aus. Die Gesetze in Tamil Nadu, Andhra Pradesh, Karnataka und Maharash tra verbieten das Devadasi-System und sehen Nachsorgeleistungen für die von dieser Praxis betroffenen Frauen und Mädchen vor. Die Durchsetzung dieser Gesetze wird als mangelhaft beschrieben (USDOS 23.4.2024; vgl. BAMF 7.2024). Quellen ■ AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.6.2023): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Indien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2093231/Auswärtiges_Amt,_Bericht_über_die_a syl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Indien_(Stand_April_2023),_05.06.2023.pdf , Zugriff 19.10.2023 [Login erforderlich] ■ BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (7.2024): Länderkurzinformation Indien, Frauen und Minderjährige, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/fetchcsui/-30231447/Deutschlan 52
