Sehr geehrter Herr Lohninger,
Sie haben mit E-Mail unter der Zahl 2608 die Erteilung von Auskünften gem. §§ 2 und 3 Auskunftspflichtgesetz seitens der BBG beantragt, betreffend die Beschaffungen von digitalen Endgeräten und zugehöriger Software für das BMBWF.
Für den Fall einer vollständigen oder teilweisen Nichterteilung der beantragten Auskünfte haben Sie die Ausstellung eines diesbezüglichen Bescheids gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz beantragt.
Die BBG darf zu Ihrem Antrag wie folgt Stellung nehmen:
Gemäß § 1 Abs 1 des Bundesgesetzes vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 (Auskunftspflichtgesetz) idgF. haben
- die Organe des Bundes sowie
- die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht.
Die Bundesbeschaffung GmbH ist gemäß § 1 des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffung Gesellschaft mit beschränkter Haftung (BB-GmbH-Gesetz) eine auf Basis des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), RGBl. Nr. 58/1906 idgF. errichtete GmbH und sohin weder ein Organ des Bundes (Republik Österreich), noch ein Organ der gesetzlichen Selbstverwaltung.
Die Bundesbeschaffung GmbH fällt daher nicht in den persönlichen Geltungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes.
Gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz ist auf Antrag des Auskunftswerbers ein Bescheid zu erlassen, wenn eine Auskunft nicht erteilt wird. Als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, gilt das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist.
Die Bundesbeschaffung GmbH ist eine auf privatrechtlicher Grundlage errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr kommen keine hoheitlichen Aufgaben zu, sie handelt nicht mit "Imperium". Demzufolge ist es ihr auch nicht möglich, rechtlich relevante Entscheidungen in Bescheidform zu erlassen.
Die Judikatur (auch und insbesondere der Höchstgerichte) hat jedoch in Einzelfällen die Anwendung des Auskunftspflichtgesetzes auf ausgelagerte Unternehmen - zumindest unter bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen - "per analogiam" ausgedehnt.
Auskünfte müssen sowohl zur Hoheits- als auch zur Privatwirtschaftsverwaltung der Bundes-, Landes- oder Gemeindeorgane erteilt werden. Auch "verwaltungsinterne Akte" können erfasst sein (Ra 2017/03/0083). Zu den zur Auskunft Verpflichteten können aber auch Rechtsträger, die ausgelagerte Aufgaben vollziehen, zählen. So ist z.B. die Umweltbundesamt GmbH (UBA-GmbH) zur Auskunftserteilung über die von ihr vollzogene Umweltkontrolle verpflichtet.
Art. 20 Abs. 4 B-VG stellt nämlich auf einen funktionellen Organbegriff ab, da von "alle(n) mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betraute(n) Organe(n)" die Rede ist. Die UBA-GmbH wurde durch ein eigenes Bundesgesetz, das Umweltkontrollgesetz, eingerichtet und vollzieht nach diesem Gesetz Aufgaben der Umweltkontrolle. Daher sind die Regelungen des AuskunftspflichtG des Bundes zumindest durch Analogie auf Auskunftsbegehren, die an die UBA-GmbH in diesem Bereich gerichtet werden, anzuwenden. (VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0026)
Die frühere Dienststelle "Umweltbundesamt" des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie wurde aus der Bundesverwaltung ausgegliedert. Ihre Aufgaben übernahm nach Maßgabe des Bundesgesetzes eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Firma "Umweltbundesamt Gesellschaft mit beschränkter Haftung (UBA-GmbH)".
Die durch die Rechtsprechung erkannte analoge Anwendung des AuskunftspflichtG auch auf ausgegliederte Rechtsträger, zumindest solche, "die ausgelagerte Aufgaben vollziehen", setzt voraus, dass die Rechtsträger mit entsprechenden Vollzugsaufgaben betraut sind, wie z.B. das UBA. Dieses ist gemäß Bundesgesetz über die Umweltkontrolle und die Einrichtung einer Umweltbundesamt Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Umweltkontrollgesetz) aufgrund § 6 UmweltkontrollG mit zahlreichen Aufgaben der Vollziehung des Bundes bzw. der Mitwirkung an der Vollziehung des Bundes betraut.
Das Umweltbundesamt ist weiters ein Organ der Verwaltung im Sinne des § 3 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz.
Das UBA unterscheidet sich durch die obenstehenden Kompetenzen und Eigenschaften von der BB GmbH, welche auf Basis des BB-GmbH-Gesetzes "lediglich" privatwirtschaftliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Vergabe von entgeltlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen des Bundes in Erfüllung seiner Aufgaben wahrnimmt bzw. auch berechtigt ist, im Namen und auf Rechnung von Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden und von Auftraggebern gemäß BVergG Vergabeverfahren zur Deckung deren Bedarfes an Waren und Dienstleistungen durchzuführen.
Hoheitliche Aufgaben bzw. Aufgaben "in Vollziehung der Gesetze" kommen der BBG nicht zu.
Wohl aber sind Öffentliche Auftraggeber (und sohin auch die BBG) gemäß den §§ 61, 62 und 66 BVergG 2018 gesetzlich verpflichtet, Aufträge auf Unionsebene bzw. in Österreich öffentlich bekanntzugeben.
Gemäß § 62 Abs 1 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber nach Durchführung eines Vergabeverfahrens jeden vergebenen Auftrag, jede abgeschlossene Rahmenvereinbarung und das Ergebnis jedes Ideenwettbewerbes bekannt zu geben, indem er die Metadaten der Kerndaten von Vergabeverfahren
https://www.data.gv.at/ bereitstellt und darin auf die Informationen gemäß dem 2. Abschnitt des Anhanges VIII (Kerndaten für Bekanntgaben) verweist; davon ausgenommen sind Aufträge, die aufgrund von Rahmenvereinbarungen vergeben wurden und deren Auftragswert 50 000 Euro nicht erreicht.
Gleiches gilt gemäß § 66 BVergG 2018 für öffentliche Auftraggeber im Vollziehungsbereich des Bundes.
Die Plattform data.gv.at ist leider nicht sehr benutzerfreundlich und Abfragen nach bestimmten Beauftragungen gestalten sich nicht einfach.
Einen benutzerfreundlichen Zugang zu den allgemein verfügbaren Daten ("Open Data") finden Sie über die Plattform OffeneVergaben.at unter der Web-Adresse
https://offenevergaben.at/. OffeneVergaben.at ist ein zivilgesellschaftliches Projekt des Forums Informationsfreiheit, welches Auftragsvergaben der öffentlichen Hand über 50.000 Euro nachvollziehbar macht. Dafür werden die seit März 2019 verfügbaren offenen Daten der Auftraggeber verwendet (
https://www.data.gv.at/suche/ausschreib…), welche unter data.gv.at veröffentlicht werden. Diese Daten hatten Sie bereits zur Verfügung.
Hier lassen sich beispielsweise unschwer unter Verwendung eines einschlägigen Suchbegriffs Ausschreibungen und Abrufe aus den Rahmenvereinbarungen der BBG finden.
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird jedenfalls eine umfangreiche Auskunftserteilung geben und sämtliche Fragen entsprechend beantworten.
Wir hoffen, dass wir Ihnen hiermit zufriedenstellende und ausreichend umfangreiche Auskünfte zu Ihrer Anfrage geben konnten und stehen für weitere Anfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,