Sehr geehrter Herr Spasic,
bezug nehmend auf Ihre E-Mail-Anfrage vom 11.08.2015, betr. „Gemeinsame Übung mit
dem Bundesheer“, wird folgende Auskunft erteilt:
A. Allgemein:
Mit den Verträgen von Amsterdam (1997) und Lissabon (2009) wurde eine engere
militärische Kooperation einzelner Mitgliedstaaten im Rahmen der EU geschlossen. Kernziel
war die Verbesserung der militärischen Handlungsfähigkeit bei Krisenmanagement-
Einsätzen. Diese auch als „Petersberg-Aufgaben“ bzw. „Petersberg-Plus-Aufgaben“
bekannten Einsätze der EU umfassen unter anderem:
· humanitäre Hilfe,
· Konfliktverhütung,
· friedensschaffende und friedenserhaltende Einsätze zur Stabilisierung der Lage nach
· Konflikten.
Zur Durchführung dieser Aufgaben kann die EU auf zivile und militärische Mittel
zurückgreifen. Die Mitgliedstaaten entscheiden dabei selbst, ob und in welcher Form sie
teilnehmen wollen.
Um das österreichische Bundesheer in die Lage zu versetzen, im Auslandseinsatz ohne Hilfe
örtlicher Regierungsorganisationen/Zivilverwaltung Handlungssicherheit in polizeilichen
Aufgabenstellungen zu erlangen und bei gemeinsamen internationalen Einsätzen mit
Militäreinheiten anderer Staaten eingesetzt werden zu können, gibt es seit dem Jahre 2010
eine Ausbildungskooperation des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport mit
dem Bundesministerium für Inneres.
In diesem Zusammenhang organisierte die Militärakademie am 06.08.2015 eine
Vorbereitungsausbildung für Einsätze des österreichischen Bundesheeres im Ausland.
Aufgrund der Aufgabenstellung „Konfliktverhütung und Setzen friedenserhaltender
Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten“ muss
militärisches Personal bei diesen Einsätzen auch polizeiliche Aufgaben im sog. Großen
sicherheitspolizeilichen Ordnungsdienst (darunter fallen auch Einsätze bei Demonstrationen)
wahrnehmen. Da im Verband internationaler Kontingente auch von anderen Nationen
beigesteuerte Sondereinsatzmittel wie Wasserwerfer und sondergeschützte Räumfahrzeuge
wie der Sonderwagen 4 zum Einsatz gebracht werden können, erfolgte durch die WEGA
eine Einweisung in bzw. Erläuterung der Wirkungsweise und Einsatzmöglichkeiten dieser
Sondereinsatzmittel.
B. Zu Ihren Fragestellungen im Einzelnen:
Zu 1. Was war der Zweck dieser Übung?
Der Zweck dieser Einweisung ergibt sich aus der allgemeinen Einleitung.
Zu 2. Wo und wann fand diese Übung statt?
Diese Einweisung fand am 06. August 2015 in Bruckneudorf in der dortigen
Ortskampfanlage des österreichischen Bundesheeres (Angererdorf) statt.
Zu 3. Wie oft finden solche Übungen statt?
Solche Einweisungen finden im Rahmen der o.a. Ausbildungskooperation, üblicherweise vor
Entsendungen zu Auslandseinsätzen statt.
Zu 4. Wieso wird der Einsatz gegen Demonstranten gemeinsam mit dem Bundesheer
geübt?
Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich aus der allgemeinen Einleitung. Es handelt sich
dabei um keine gemeinsame Einsatzübung mit dem Bundesheer gegen Demonstranten,
sondern wie bereits ausgeführt lediglich um eine Einweisung in bzw. Erläuterung der
Wirkungsweise und Einsatzmöglichkeiten dieser Sondereinsatzmittel
Zu 5. Wann kann das Bundesheer bei einer Demonstration einschreiten, bzw. was ist
der gesetzliche Rahmen?
Der Einsatz von Angehörigen des Bundesheeres bei einer Demonstration ist ausschließlich
im oben zitierten Auslandsdiensteinsatz und keinesfalls in Österreich vorgesehen.
Zu 6. Was hat es mit dem Panzer, welcher auf einem der Bilder zu sehen ist, auf sich?
Das bei der WEGA stationierte sondergeschützte Räumfahrzeug „Sonderwagen 4“ ist kein
Panzer, verfügt über keine Bewaffnung und ist auch nicht für den Einsatz gegen Menschen
vorgesehen. Es handelt sich dabei um ein Schutzfahrzeug, mit dem gefährdete Personen
gesichert aus einem bzw. Einsatzkräfte gesichert in einen brisanten Einsatzraum gebracht
werden können und mit dem dort errichtete Barrikaden weggeschoben oder mittels Winde
weggezogen werden können.
Zu 7. Dürfen bei der nächsten Demonstration neben Polizeiwasserwerfern auch
Soldaten und Panzer bestaunt werden?
Ein derartiger Einsatz ist nicht vorgesehen.
Zu 8.-10. Welche Einsatzfahrzeuge oder Waffen möchte die Polizei zusätzlich
anschaffen? Zieht das Bundesministerium für Inneres eine Militarisierung der Polizei in
Erwägung, nachdem ein 290 Millionen Euro teures Sicherheitspaket für die Nachrüstung
der Polizei beschlossen wurde? Stuft das Bundesministerium für Inneres
Demonstrationen als Gefahr ein, denen mit Panzern und Soldaten entgegnet werden
muss?
Das Bundesministerium für Inneres zieht keine Militarisierung der Polizei in Erwägung und
wird daher auch keine diesbezüglichen Einsatzfahrzeuge oder Waffen beschaffen. Auch gab
und gibt es keine Gefährdungseinschätzungen über Demonstrationen, die einen
Assistenzeinsatz des Bundesheeres mit Panzern und Soldaten erfordern würden.
Pressestelle
Bundesministerium für Inneres
Herrengasse 7 - 1010 Wien
Tel +43 1 53126
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