Sehr geehrter Herr Kossatz,
grundsätzlich gibt es in Österreich hinsichtlich der sprachlichen Gestaltung von Gesetzesentwürfen nur Empfehlungen. Es liegt in der Verantwortung des Einbringers / der Einbringerin, ob und wie er / sie diesen Folge leistet.
In den Legistischen Richtlinien 1990 des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes (abrufbar unter
http://www.bundeskanzleramt.at/site/3513/default.aspx >> Legistische Richtlinien >> Handbuch der Rechtssetzungstechnik, Teil 1) findet sich zu der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften Folgendes:
"10. Sprachliche Gleichbehandlung von Frau und Mann
In Rechtsvorschriften sind unsachliche Differenzierungen zwischen Frauen und Männern zu vermeiden. Formulierungen sind so zu wählen, daß sie Frauen und Männer gleichermaßen betreffen.
Bei Regelungen, in denen zwischen Frauen und Männern differenziert werden soll, ist im Einzelfall kritisch zu prüfen, ob die unterschiedliche Behandlung aus sachlichen Gründen geboten ist.
Organ- und Funktionsbezeichnungen, Regelungen über den Zugang zu bestimmten Berufen und Tätigkeiten, ebenso Typenbezeichnungen, Unterrichtsfächer und Lehrziele im Schul- und Berufsausbildungsrecht sowie Rechtsvorschriften über personenstandsrelevante Angelegenheiten, die Ausübung von Rechten, die einen Haushalt betreffen, die Vertretung von Kindern und anderen Haushaltsangehörigen und dergleichen sind geschlechtsneutral zu formulieren. Alternativ oder in Fällen, in denen dies nicht möglich ist, sollen - wenn es sich nicht um Novellen handelt und Auslegungsprobleme entstehen können - die weibliche und die männliche Form angeführt werden."
Auch das Handbuch "Bessere Rechtsetzung" von 2008 verweist auf den Seiten 41 und 42 auf die Legistischen Richtlinien 1990.
http://www.bundeskanzleramt.at/DocView.axd?CobId=31617
Allerdings sind die Legistischen Richtlinien 1990 "nicht verbindlich für ein normiertes Normsetzungsverfahren" (siehe
http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:rc1EFZ0CRVIJ:www.verwaltungsakademie.ktn.gv.at/28231_DE-1.-Legistik-Muenster-Bitterer_2003.pdf+&cd=6&hl=de&ct=clnk&gl=at; Seite 2, vorletzter Absatz).
Hinweisen möchten wir Sie auch noch auf den Leitfaden "Gender Mainstreaming in der Legistik" (
http://www.imag-gmb.at/cms/imag/attachments/7/6/5/CH0596/CMS1416491088475/gender_mainstreaming_in_der_legistik.pdf), wonach Gender Mainstreaming den Auftrag umfasst, "Gesetzesentwürfe in ihrer sprachlichen Dimension zu gendern".
Schließlich sei zum Thema geschlechtergerechter Sprachgebrauch auch noch auf den Ministerratsbeschluss aus 2001 hingewiesen, wonach "die Mitglieder der Bundesregierung in ihren Ressorts darauf achten (mögen), dass dem geschlechtergerechten Sprachgebrauch besonderes Augenmerk geschenkt wird". Im zugehörigen Ministerratsvortrag werden auch "geschlechtergerechte Formulierungen in Gesetzen" (bzw. die Anregung von solchen) erwähnt. - Es sei in diesem Zusammenhang auch daran erinnert, dass ja die Entwürfe zu der Mehrzahl der letztlich im Parlament beschlossenen Gesetze in den einzelnen Ressorts erstellt werden (sog. "Ministerialentwürfe").
Der Ministerratsvortrag ist unter
https://www.bmbf.gv.at/frauen/gleichbehandlung/sg/mv_sprachliche_gleichbehandl_26117.pdf?4dz8a1 abrufbar.
Freundliche Grüße,
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