Grenzüberschreitende Verbringung von medizinischen Cannabisblüten nach Österreich
Sehr geehrtAntragsteller/in
Sehr geehrteAntragsteller/in
hiermit beantrage ich gem §§ 2, 3 AuskunftspflichtG die Erteilung folgender Auskunft:
Herr Mag. Raphael Bayer hat uns bereits am 21. 08. 2018 für die Gesundheitsministerin Hartinger-Klein unter ihrer GZ BMASGK-21561/0024-X/9/2018 folgendes mitgeteilt:
„Die in Deutschland geänderte Rechtslage, welche […] die
ärztliche Verschreibung von Cannabis in Form getrockneter Blüten ermöglicht, hat rechtliche
Implikationen auf die grenzüberschreitende Verbringung derartiger Blüten im internationalen Reiseverkehr nach Österreich; [...] die österreichische Rechtsordnung sieht derzeit eine solche Verbringung nämlich nicht vor, womit ein Spannungsverhältnis zu Art. 75 Schengener
Durchführungsübereinkommen besteht, zumal dieser ein Mitführen der für den
persönlichen medizinischen Eigenbedarf benötigten suchtmittelhaltigen Arzneimittel unter bestimmten Bedingungen gestattet. Eine diesbezüglich gebotene Adaptierung der
österreichischen Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Verbringung suchtgifthaltiger Arzneimittel im internationalen Reiseverkehr wird daher derzeit geprüft.“
Am 09. 12. 2019 hat uns dann Frau DDr. Meinhild Hausreither für Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl unter ihrer GZ BMASGK-21561/0058-IX/A/9/2019 folgendes mitgeteilt:
„Die in einigen EU-Mitgliedstaaten nunmehr geltende Rechtslage in Bezug auf ‚Medizinalhanfblüten‘, wonach in bestimmten Fällen auch die ärztliche Verschreibung von Cannabis in Form getrockneter Blüten möglich ist, hat rechtliche Implikationen auf die grenzüberschreitende Verbringung derartiger Blüten im internationalen Reiseverkehr nach Österreich. […] Die Prüfung einer allfällig diesbezüglich gebotenen Adaptierung der österreichischen Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Verbringung suchtgifthaltiger Arzneimittel im internationalen Reiseverkehr ist anhängig, diesbezügliche legistische Vorarbeiten wurden bereits geleistet. […]
1. Ist Ihr Ministerium in Kenntnis dieses Spannungsverhältnis zu EU-Recht und erkennen Sie den Bedarf eine EU-rechtskonformen Lösung?
a. Falls ja: Wurden Sie bzw. Ihr Ministerium in den Entscheidungsfindungsprozess miteinbezogen?
b. Falls ja: Wie weit sind diese legistische Vorarbeiten nun vorangeschritten, was war Ihre Aufgabe?
c. Falls ja: Welche Expertinnen und Experten wurden seitens Ihres Ministeriums in den Entscheidungsfindungsprozess miteinbezogen?
d. Falls nein: Wird sich Ihr Ministerium um eine EU-rechtskonforme Lösung bemühen?
Ad: Suchtmittelrechtliches Verschreibungsverbot von Cannabisblüten
Am 09. 12. 2019 hat uns Frau DDr. Meinhild Hausreither für Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl unter ihrer GZ BMASGK-21561/0058-IX/A/9/2019 folgendes mitgeteilt:
Zum Einsatz von Cannabinoiden und cannabisbasierten Arzneimitteln in Österreich darf auf den „Bericht in Entsprechung der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 2018
betreffend Liberalisierung von Cannabis zu medizinischen Zwecken“ des BMASGK verwiesen werden. Den Schlussfolgerungen im „Hartinger-Klein“-Bericht folgend ist Reinsubstanzen im Vergleich zu den getrockneten Blüten- und Fruchtständen im medizinischen Einsatzgebiet der Vorzug zu geben, da diese in bedarfsgerecht exakter und reproduzierbarer Dosierung zum Einsatz gelangen können."
Der oben erwähnte „Hartinger-Klein“-Bericht, kommt zu dem Schluss, es bestehe kein Bedarf an Medizinalhanf-Blüten, da Reinsubstanzen den Blüten überlegen seien. Diese Position ist in der Wissenschaft heftig umstritten. Zahlreiche PatientInnen, ÄrztInnen und ForscherInnen sowie eine wachsende Menge wissenschaftlicher Evidenz legt nahe, dass die Blüte besser wirkt als die Monosubstanz.
Darüber hinaus steht dieser Bericht in fragwürdigem Licht, da sich einige der befragten und mitverfassenden Experten und Institutionen in einem Naheverhältnis zum deutschen Pharmaunternehmen Bionorica AG befanden bzw. noch befinden. Bionorica kauft in Österreich von der AGES produziertes Cannabis und extrahiert daraus Dronabinol (THC), das wiederum nach Österreich zurückimportiert und über österreichische Apotheken an Kostenträger und Endverbraucher verkauft wird.
Im Übrigen zeichnet sich der Bericht durch gänzliche Ignoranz gegenüber der Expertise von Befürwortern der medizinischen Anwendung von Cannabisblüten aus der Medizin, sowie gegenüber den Erfahrungen von persönlich betroffenen Menschen!
2. Ist im Ministerium die Problematik der ehemaligen bzw. bestehenden Naheverhältnisse zw. den als Experten hinzugezogenen Personen und den Pharmafirmen, welche mit suchtgifthaltigen Arzneimitteln handeln, bekannt?
3. In Österreich behandeln sich mehrere Tausend Menschen illegal mit Cannabisblüten und anderen Cannabiszubereitungen aus eben diesen Blüten. Ist es nicht im Sinne der Entlastung der Gerichte geboten, diese Menschen (zum Teil schwerkranke PatientInnen) vor Strafverfolgung zu schützen?
4. Ist es aus Sicht des Justizministeriums weiterhin geboten Cannabisblüten einem suchtmittelrechtlichem Verschreibungsverbot zu unterziehen?
a. Wenn ja: Aus welchen Gründen?
Ad: Entkriminalisierung und Straffreistellung bei PatientInnen
Faktum ist, in Österreich behandeln sich mehrere Tausend Menschen illegal mit Cannabisblüten und anderen Cannabiszubereitungen aus eben diesen Blüten, ob aus deutschen Apotheken, aus eigener Produktion, oder vom Schwarzmarkt. Es ist als Dauerzustand inakzeptabel, dass der Politik ein Missstand seit Jahren bekannt ist, aber nichts unternommen wird, um diesen zu beseitigen. Wir versuchen nun schon seit 2014, der Politik unsere Positionen näherzubringen, die Resultate sind aber in jeder Hinsicht vollkommen unzufriedenstellend geblieben.
5. Sollen PatientInnen, teils schwerkranke Menschen, weiterhin der Strafverfolgung ausgesetzt sein?
6. Ist es in einem Rechtsstaat nicht bedenklich, gesundheitlich beeinträchtigte Menschen aufgrund Nichtverfügbarkeit bestimmter Medikamente (Cannabisblüten) die wiederum aus einer Fehlentwicklung im Medizinbereich resultiert, strafrechtlich zu belangen?
7. Warum ist es in Österreich immer noch unmöglich, im Rahmen eines „compassionate use act“ schwerstkranken Menschen medizinische Cannabisblüten zugänglich zu machen? Es gibt hierbei nichts neu zu erfinden.
Ich stelle diese Anfrage als Obmann des Vereins Antragsteller/in (https://arge-canna.at). Es wird beabsichtigt die Informationen und Dokumente weiteren Analysen zuzuführen und gegebenenfalls für Veröffentlichungen zu verwenden. Es handelt sich somit um ein Auskunftsersuchen im öffentlichen Interesse, das einem "Forum der öffentlichen Debatte" iSd Entscheidung des VwGH vom 29.05.2018, Ra 2017/03/0083-10 zufließen soll, es sind die Kriterien einer NRO sowie eines sogenannten „Social Watchdog“ erfüllt.
Für den Fall einer vollständigen oder teilweisen Nichterteilung der Auskunft (zB Verweigerung) beantrage ich die Ausstellung eines Bescheides gem § 4 AuskunftspflichtG.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum22. März 2021
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17. Mai 2021
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