Sehr geehrtAntragsteller/in
vielen Dank für Ihr Schreiben, das dem Bürger/innenservice des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Bearbeitung überantwortet wurde.
Folgende Informationen dürfen wir Ihnen aus der Fachabteilung übermitteln:
In den österreichischen Lehrplänen sind in den Anwendungsbereichen (=Pflichtlehrstoffe) Themen so formuliert, dass größere Zusammenhänge vermittelt werden können und Schülerinnen und Schüler historisch-politische Kompetenzen erwerben. Ein dezidierte Nennung von einzelnen Quellen erfolgt nicht. Es bleibt jedoch Schulbuchautor/innen oder Lehrkräften unbenommen, auf Quellen exemplarisch Bezug zu nehmen und diese im Unterricht zu verwenden.
Hitlers Pamphlet „Mein Kampf“ war bis zum Erscheinen der wissenschaftlich kommentierten Ausgabe 2016 z.B. in Bayern verboten und fiel in Österreich unter das Verbotsgesetz, dennoch musste davon ausgegangen werden, dass in sog. einschlägigen Kreisen das Werk online oder gar im Original der Erstausgabe kursierte und bekannt war. Das Verbot schloss aber grundsätzlich eine pädagogisch-didaktische oder wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Werk nicht aus. Da es jedoch verfügbare andere erkenntnisreiche Quellen gibt – sowohl des NS-Regimes als auch von den zahlreichen Opfern -, ist eine Auseinandersetzung mit „Mein Kampf“ im Unterricht weder zwingend erforderlich noch für das Verständnis des NS-Regimes zwingend förderlich.
Soweit dem BMBWF Einblicke in den Unterricht vorliegen, konnte zum Erscheinungszeitraum der wissenschaftlich kommentierten Fassung von „Mein Kampf“ ein gewisses Interesse festgestellt werden. Über die Jahre hat sich dieses aber – auf vielleicht ganz wenige Interessenslagen – marginalisiert, weil ein Mehrwert für das Verstehen des NR-Regimes im Regelunterricht offensichtlich nicht gegeben ist. Es ist dem Ministerium kein Fall bekannt, dass „Mein Kampf“ in vollem Umfang oder auch nur in Auszügen im Unterricht verwendet worden wäre und in der Folge unter Lehrkräften oder Schüler/innen eine Debatte dazu geführt worden wäre. Dies schließt allerdings nicht aus, dass dies an einzelnen Schulen nicht doch geschehen mag, jedoch nicht an das BMBWF herandringt. So lange sich solche Debatten im unterrichtsbezogenen Rahmen auf das Erkenntnisinteresse bezögen, gäbe es auch keinen Handlungsbedarf. Würden daraus jedoch Ideen für Propagandazwecke im Sinne der Wiederbetätigung verwendet
werden, wäre dies auf Basis des Verbotsgesetzes ohnehin der Staatsanwaltschaft zur Anzeige zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen