Transporte von Kälbern aus Österreich nach Spanien
Bereits 2014 hat der << Adresse entfernt >> (VGT) erstmals Transporte von Kälbern von Bergheim nach Vic in Spanien dokumentiert und bei Ihnen zur Anzeige gebracht. Fünf Jahre danach hat sich nichts Grundlegendes an diesen Transporten verändert. Die Transporter verlassen noch immer jeden Montag Bergheim und machen sich auf den Weg nach Vic.
Da wir nach wie vor die Art und Weise, wie diese Transporte abgewickelt werden, als rechtswidrig erachten, bitte ich Sie um Auskunft wie Ihre Behörde die abweichende Rechtsmeinung begründet.
1) „Sammelstellen-Hopping“ in Bergheim
Beispiel Vorarlberg: Die Kälber werden Montag früh von Milchvieh-Betrieben auf Sammelstellen in Vorarlberg gebracht. Dort werden sie zu einer Tiergruppe für den Versand zusammengestellt und nach Bergheim transportiert. Bergheim wird als Bestimmungsort angegeben.
Laut VO (EG) 1/2005 Art 2 lit s ist ein Bestimmungsort der Ort an dem die Tiere mindestens 48 Stunden verbleiben oder geschlachtet werden. Ihre Behörde lässt die Tiere aber nach einer 6 stündigen Pause wieder aufladen und weitertransportieren.
Laut VO (EG) 1/2005 Art 2 lit r gibt es zwar die Ausnahme, dass eine Sammelstelle auch dann als „Versandort“ gelten kann, wenn die Tiere beim Transport zur Sammelstelle weniger als 100 km unterwegs waren oder dort mindestens sechs Stunden unangebunden untergebracht waren, aber diese Ausnahme ist nach allgemeiner Rechtsmeinung pro Transport nur einmal in Anspruch zu nehmen. Auf diese Weise soll ein unterlaufen der Ziele der Tierschutzbestimmungen durch ein sogenanntes „Sammelstellen-Hopping“ unterbunden werden.
Das „Handbuch Tiertransporte“ (Teil 1, Stand 2018) des zuständigen österreichischen Bundesministeriums lässt darüber keinen Zweifel aufkommen. Dort heißt es unmissverständlich auf Seite 50, dass diese Ausnahmebestimmung nur „zur erstmaligen Bildung einer Tiersendung“ in Anspruch genommen werden kann. In Bergheim handelt es sich aber nicht um die erstmalige Bildung einer Tiersendung sondern schon mindestens um die zweite. Die erste hat auf den Sammelstellen in Vorarlberg stattgefunden.
Mit welcher Begründung und auf welcher Rechtsgrundlage lässt Ihre Behörde die Kälber weitertransportieren, ohne die vorgeschrieben Dauer einer Transport-Unterbrechung von 48 Stunden einzuhalten?
2) Be- und Entladezeiten werden nicht in der Beförderungsdauer berücksichtigt
Bei der Berechnung der Beförderungsdauer berücksichtigen Sie nicht die Be- und Entladezeiten. Das obwohl im Urteil des EuGH vom 23.11.2006 in der Rechtssache C-300/05 festgestellt wird, dass dieser Zeitaufwand zu berücksichtigen ist, und obwohl die EU-Kommission im Schreiben SANCO D2 LPA/dj D(2007)420763 vom 9.1.2008 erklärt: „Die Kommission vertritt jedoch eine Auslegung der Verordnung, wonach die Zeit für die Verladung der Tiere am Versandort bei der Berechnung der Beförderungsdauer zu berücksichtigen ist. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Auslegung des Gerichtshofes in seinem Urteil vom 23. November 2006 hinsichtlich der Bestimmung der Richtlinie 91/628/EWG auf die neue rechtliche Situation der Verordnung (EG) N1. 1/2005 angewendet werden kann.“
Bemerkenswert ist, dass dem VGT Videomaterial vorliegt, aus dem hervorgeht, dass zumindest einmal die Beladung des Transporters in Bergheim mit Kälbern 6,5 Stunden in Anspruch genommen hat. Hier ist also nicht von einer Bagatelle die Rede, sondern von einer ganz erheblichen zusätzlichen Belastung für die Kälber.
Im ORF Report vom 26.03.2019 erklärt der Salzburger Amtstierarzt Christophorus Huber auf die Frage des ORF-Journalisten, ob der Transport mit der Verladung des ersten Tiers beginne: "Nein, das ist beim Langstreckentransport nicht so, sondern der Transport beginnt mit der Abfahrt. Da gibt es einen Erlass des Ministeriums, wo das so interpretiert worden ist."
Wie lautet dieser Erlass des Ministeriums? Bitte stellen Sie uns dieses Dokument zur Verfügung.
Auf der Webpage des Landes Salzburg https://www.salzburg.gv.at/themen/aw/ve… ist folgender Hinweis zu finden: "Definition der Beförderungsdauer: Nach Mitteilung des Bundesministeriums wurde in einem Aktenvermerk vom 7.12.2017 zur Auslegung der Verordnung "VO (EG) 1/2005" festgehalten: Dass die Zeit für die Be- und Entladung nicht Teil der Beförderungsdauer ist."
Wie lautet dieser Aktenvermerk des Ministeriums? Bitte stellen Sie uns dieses Dokument zur Verfügung.
3) „Überzeit“ wird von vornherein bei der Beförderungsdauer in Kauf genommen
In allen Fällen in denen der VGT die Fahrt von Bergheim nach Vic dokumentiert hat, wurde die zulässige Dauer von 9 + 9 also 18 Stunden reiner Fahrzeit auch überschritten, wenn man die Be- und Entladung nicht berücksichtigt. Und das obwohl der Transporter über weite Strecken mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war.
Wenn man den Routenplaner des ÖAMTC die Route von der Sammelstelle Bergheim, Metzgerstraße 69, 5101 Salzburg zur Sammelstelle in Vic berechnen lässt (über Kufstein, Innsbruck, Brenner, Bozen, Trient, Brescia, Piacenza, Tortona, Ovada, Savona, Ventimiglia, Menton, Nizza, Cannes, Frejus, Brignoles, Aix-en-Provence, Arles, Montpellier, Beziers, Narbonne, Perpignan, Le Perthus, Girona) und zwar für ein Gespann (in den allermeisten Fällen ist ja ein Gespann unterwegs), dann wird für die Entfernung von 1.515,1 km eine Fahrtzeit von 22:01 h:min prognostiziert. Das ist deutlich mehr als die zulässigen 18 Stunden.
Wenn man die Angaben der ZAR „Rinderzucht Austria“ heranzieht, die ein Gespann auf dieser Route von 24. auf den 25.6.2019 begleitet hat, dann muss man ebenfalls feststellen, dass gemäß deren Angaben die erlaubte Maximaldauer auch bei diesem konkreten Transport überschritten wurde.
Die ZAR erklärt dazu lapidar: „Die Tiertransportverordnung gewährt im Sinne der Tiere und unter Berücksichtigung der Nähe zum Bestimmungsort die Möglichkeit den Transport um zwei Stunden zu verlängern.“
Das „Handbuch Tiertransporte“ (Teil 1, Seite 53) des zuständigen österreichischen Bundesministeriums betont aber, dass diese Regelung nur in „Ausnahmefällen“ herangezogen werden kann. Nämlich dann, „wenn trotz sorgfältiger Planung und angepasster Fahrt aus äußeren und nicht vorhersehbaren Umständen der Bestimmungsort nicht in der maximal zulässigen Beförderungsdauer erreicht werden kann“.
Auf die Route Bergheim – Vic trifft das nicht zu, vielmehr ist vollkommen klar, dass die Distanz bei angepasster Fahrt nicht innerhalb von 18 Stunden zu bewältigen ist. Mit anderen Worten werden diese zwei Stunden „Überzeit“ hier offensichtlich regelmäßig in Anspruch genommen. Und das ist genau das, was laut „Handbuch Tiertransporte“ des Bundesministeriums nicht zulässig ist.
Mit welcher Begründung und auf welcher Rechtsgrundlage lässt Ihre Behörde diese Transporte zu, obwohl regelmäßig für den Transport von Bergheim nach Vic die maximal zulässige Beförderungsdauer überschritten wird?
Hat Ihre Behörde jemals eine Plausibilitätsprüfung, der in den Transportpapieren angegebenen Beförderungsdauer von 18,9 Stunden durchgeführt?
Überprüft Ihre Behörde regelmäßig die Plausibilität der Beförderungsdauer auf Basis der aktuellen Straßensituation?
Hat Ihre Behörde jemals nachträglich die tatsächliche Fahrtzeit überprüft?
Überprüft Ihre Behörde regelmäßig die tatsächliche Fahrtzeit?
Wenn Nein, warum nicht?
4) Unzureichende Versorgung am Transport
Auf der Route von Bergheim nach Vic hält der LKW für eine Stunde in einer Haltebucht der Autobahn in der Nähe von Savona. Für diese Zeit wird die Wassertränkanlage eingeschalten.
Der Darstellung der ZAR („Rinderzucht Austria“) über den Transport Bergheim – Vic vom 24./25.6.2019 ist zu entnehmen, dass den Kälbern keine Eimertränken geboten wurden. Es wurde auch offensichtlich nicht darauf geachtet, dass alle Kälber getränkt werden bzw. alle Kälber verstehen, wie das ungewohnte Tränksystem zu bedienen ist.
Dem Handbuch Tiertransporte des Bundesministeriums (Teil Langstrecke, Seite 32) ist zu entnehmen: „Sofern nicht abgesetzte Kälber transportiert werden sollen, die nur an das Tränken aus Eimern mit Gummisaugern oder von einer offenen Wasseroberfläche gewöhnt sind, müssen entsprechende Vorrichtungen zur Versorgung eingebaut sein oder mitgeführt werden.“
Stellt Ihre Behörde sicher, dass beim Transport von Kälbern, die nur an das Tränken aus Eimern mit Gummisaugern oder von einer offenen Wasseroberfläche gewöhnt sind, entsprechende Vorrichtungen im Transporter eingebaut sind oder mitgeführt werden?
Wie stellen Sie das sicher?
Wie stellen Sie fest auf welche Kälber zutrifft, dass sie nur das Tränken aus Eimern mit Gummisaugern oder von einer offenen Wasseroberfläche gewöhnt sind?
Welche Vorrichtungen akzeptieren Sie für solche Kälber als geeignet?
Wie kontrollieren Sie ob diese Vorrichtungen am Transport auch zur Anwendung kommen?
Handbuch Tiertransporte des Bundesministeriums, Teil Langstrecke, Seite 32: „Eine reine Wassertränke ist für Saugkälber und auch Sauglämmer auf langen Transporten nicht geeignet.“
Beim Transport Bergheim - Vic handelt es sich um einen langen Transport, da dieser über 8 Stunden dauert und die maximal erlaubte Beförderungsdauer sogar noch überschreitet.
Die vorliegenden Informationen legen nahe, dass Ihre Behörde eine reine Wassertränke für den Transport Bergheim - Vic als geeignet akzeptiert. Mit welcher Begründung und auf welcher Rechtsgrundlage?
Handbuch Tiertransporte des Bundesministeriums, Teil Langstrecke, Seite 43: „Den Tieren sollen Flüssigkeiten verabreicht werden, die ihren physiologischen Bedürfnissen entsprechen, das sollte für nicht milchentwöhnte Kälber, Lämmer, Zickel und Fohlen nicht reines Wasser sein, sondern stets ein Elektrolytgetränk od. eventuell Milchaustauscher.“ Und weiter: „Vor oder während des Transports sollte die zuständige Behörde systematisch untersuchen, welche Vorkehrungen getroffen wurden, damit sichergestellt ist, dass die Tiere in den Ruhepausen Elektrolytlösungen oder Milchaustauscher erhalten.“
Wie untersucht Ihre Behörde systematisch vor oder während des Transports welche Vorkehrungen getroffen wurden, damit sichergestellt ist, dass die Tiere in den Ruhepausen Elektrolytlösungen oder Milchaustauscher erhalten?
Wann wurde das zuletzt systematisch untersucht?
Welches Ergebnis haben diese systematischen Untersuchungen erbracht. Bitte stellen Sie uns entsprechende Dokumente zur Verfügung.
Wie ist es trotz systematischer Untersuchungen möglich, dass beim Transport am 24./25.6.2019 laut ZAR den Kälbern nur Wasser angeboten wurde?
Die EU-Kommission führt in SANCO D5 DS/dj D(2009) 450351 aus: „Nicht abgesetzte Kälber und Lämmer können im Transportmittel nicht angemessen gefüttert und getränkt werden. Die Tränkvorrichtungen sind für Wasser mit Raumtemperatur vorgesehen, während nicht abgesetzte Tiere an warm verabreichte Milchaustauscher gewöhnt sind.
Nicht abgesetzte Kälber und Lämmer können sich im Transportmittel nicht selbstständig versorgen. Da nur kaltes Wasser vorhanden ist, bleiben die meisten Tiere durstig und diejenigen, die trinken, riskieren eine Wasserintoxikation.“
Beim Transport von Bergheim nach Vic werden die Kälber am Transportmittel mit Tränkvorrichtungen versorgt. Die EU Kommission schreibt, dass unter diesen Bedingungen keine adäquate Versorgung möglich ist, manche Kälber durstig bleiben und andere eine Wasserintoxikation riskieren.
Warum lassen Sie einen Transport in dieser Form zu, wenn unter diesen Bedingungen laut EU Kommission keine adäquate Versorgung möglich ist?
Wie ist sichergestellt, dass alle Kälber mit Wasser versorgt werden?
Wie ist sichergestellt, dass auf dem Transport keines der Kälber zuviel Wasser trinkt und eine Wasserintoxikation erleidet?
Wird das Wasser im Transporter in den Tränksystemen erwärmt oder wird es kalt angeboten?
Werden auf der Strecke Bergheim - Vic auch Transporter eingesetzt, die über das Tränksystem Elektrolytlösungen anbieten? Wie sieht es diesbezüglich mit Milchaustauscher aus?
Gibt es Ihres Wissens überhaupt Transporter, die über eine solche Ausstattung verfügen?
Wenn sich Ihre Behörde nicht an die Vorgaben des Bundesministeriums und der EU Kommission hält: Wie begründen Sie das?
5) „Sammelstellen-Hopping“ in Vic
Für den Transport von Bergheim nach Spanien wird die Sammelstelle in Vic als „Bestimmungsort“ geführt. Eine Sammelstelle ist nur in extremen Ausnahmefällen tatsächlich ein Bestimmungsort. Sie wissen ja selbst von der Sammelstelle in Bergheim, dass praktisch kein Tier dort 48 Stunden verbleibt. Dass eine Sammelstelle ein Bestimmungsort ist, ist jedenfalls ohne weitere Beweise nicht plausibel. Sie als zuständige Behörde sind verpflichtet die Plausibilität der Angaben auf den Transportpapieren zu überprüfen.
Der VGT konnte 2014 vor Ort in Vic feststellen, dass Mittwoch um 9 Uhr die Kälber verladen und weitertransportiert wurden, sie also nicht 48 Stunden in Vic verblieben sind.
Hat Ihre Behörde jemals die Angabe, dass die Sammelstelle Vic der Bestimmungsort ist, auf ihre Richtigkeit überprüft?
Wenn Nein, warum nicht?
Auf welcher Basis erscheint Ihnen die Angabe, dass die Sammelstelle Vic der Bestimmungsort ist, als glaubwürdig, obwohl klar ist, dass es sich bei Sammelstellen im Allgemeinen nur um Zwischenstationen handelt?
Die Angabe der Sammelstelle Bozen als Bestimmungsort wird behördlich nicht mehr akzeptiert. Warum wird im vollkommen analogen Fall „Sammelstelle Vic“ anders vorgegangen?
6) Allgemeine Frage
Hat Ihre Behörde jemals einen dieser Transporte untersagt? Wenn ja, wann und aus welchen Gründen?
Ist Ihnen der weitere Verbleib und der Ort der Schlachtung der nach Spanien exportierten Kälber bekannt?
Wenn Sie Fragen bzgl. meiner Ausführungen haben oder Quellen und Unterlagen benötigen, können Sie sich gerne an mich wenden.
Für die Bearbeitung unseres Anliegens bedanke ich mich im Voraus.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum4. November 2019
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30. Dezember 2019
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