Sehr geehrtAntragsteller/in
wir danken für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Aus- und Weiterbildung von Richtern und Rechtspflegern im Bereich Behinderung & Barrierefreiheit. Wir haben dazu eine Information unserer Aus- und Fortbildungsabteilung im Bundesministerium für Justiz eingeholt.
• Besteht für Richter und Rechtspfleger eine verpflichtende Aus- und Weiterbildung? Falls ja, welche Inhalte sind vorgeschrieben?
Ausbildung:
Für Richter:innen der ordentlichen Gerichtsbarkeit gibt es eine verpflichtende Ausbildung, die im Abschnitt II des Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) und in der Richteramtsanwärter-Ausbildungs-Verordnung geregelt ist. Konkrete Inhalte der Ausbildung sind gesetzlich festgelegt und können unter anderem § 16 Abs 4 RStDG entnommen werden.
Richter:innen des BVwG müssen gemäß Art. 134 Abs. 3 B–VG das Studium der Rechtswissenschaften oder die rechts– und staatswissenschaftlichen Studien abgeschlossen haben, über eine fünfjährige juristische Berufserfahrung verfügen. Eine verpflichtende Ausbildung für das Richteramt vor der Ernennung besteht nicht.
Rechtspfleger:innen
Für Rechtspfleger in der ordentlichen Gerichtsbarkeit gibt es eine verpflichtende Ausbildung. Zunächst ist die Absolvierung einer der Grundausbildungslehrgängen für den (qualifizierten) mittleren Dienst und den Fachdienst (§ 31 Abs. 8 und 9 Rechtspflegergesetz) erforderlich, danach erfolgt die Absolvierung des Grundlehrgang für Rechtspfleger nach den Bestimmungen des Rechtspflegergesetzes sowie der Absolvierung des Lehrgangs für das jeweilige angestrebte Arbeitsgebiet (Arbeitsgebietslehrgang).
Da die Ausbildungsinhalte sich je nach Ausbildung und Arbeitsgebiet unterscheiden ist eine pauschale Auflistung der Inhalte nicht mit verhältnismäßigem Aufwand nicht möglich.
Fortbildung:
Für Richter:innen und Rechtspfleger:innen besteht eine allgemeine Fortbildungsverpflichtung nach § 57 Abs 1 RStDG bzw. § 58 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979. Konkrete Fortbildungsinhalte sind nicht vorgeschrieben.
• Gibt es spezielle Schulungen oder Weiterbildungsangebote zum Thema Behinderung, Barrierefreiheit und der Umgang mit Menschen mit Behinderungen? Falls ja, wie oft werden diese angeboten und sind sie verpflichtend?
Vom Bundesministerium für Justiz wird seit 2023 jährlich das Seminar „Menschen mit Behinderung - Achtung der Rechte und respektvoller Umgang im Justizalltag“ angeboten. Im vergangenen Jahr wurde der Schwerpunkt auf gehörloses Personen gelegt, im Jahr 2025 stehen Personen mit Sehbehinderung im Fokus. Im Jahr 2021 wurde das Seminar „Perspektivenwechsel - Vielfalt erleben“ angeboten.
Im Jahr 2019 wurden vom Oberlandesgericht Graz fünf Schulungen zum Thema „Sensibilisierungsschulungen für Bedienstete zur Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG)“ durchgeführt. Im Jahr 2020 wurde vom Oberlandesgericht Innsbruck das Seminar „Barrierefrei - Die UN-Behindertenrechtskonvention in der Rechtsprechung“ abgehalten. Im Jahr 2023 wurde vier Justizmitarbeiter:innen die Teilnahme am Seminar „Update Barrierefreiheit: Die neue ÖNORM B 1600“ ermöglicht.
Regelmäßig werden auch interdisziplinäre Fortbildungen zum Erwachsenenschutzgesetz und Heimaufenthaltsgesetz abgehalten.
Darüber hinaus stehen Justizmitarbeiter:innen das Fortbildungsangebot der Verwaltungsakademie des Bundes offen, die jährliche mehrere Seminare zu den in der Frage genannten Themen veranstalten. Das Programm ist auf der Webseite der Verwaltungsakademie des Bundes frei abrufbar.
Zur verpflichtenden Weiterbildung wird auf die Frage 2 verwiesen.
• Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsgesetzes stellt sich für uns die Frage, welche Abteilungen oder Stellen innerhalb des Justizministeriums für Diskriminierungsfälle im Zusammenhang mit Barrierefreiheit zuständig sind. Können Sie uns hierzu nähere Informationen geben?
Angelegenheiten der IKT-Sicherheit und der Barrierefreiheit im IKT-Bereich (inkl. Barrierefreiheitsbeauftragter für den IT-Bereich) - Abt III3
Barrierefreiheitsbeauftragte für den gebäudetechnischen Bereich - Abt III2
Koordinierung und Evaluierung von Maßnahmen für ein barrierefreies Ressort - Abt III4
Nähere Informationen dazu sind der Geschäftseinteilung des BMJ auf der Website Justiz zu entnehmen.
• Wir ersuchen zudem um eine Übersicht des Auftragsvolumens für Fortbildungen im Justizbereich – insbesondere in Bezug auf Schulungen zu den oben genannten Themen.
Diese Daten liegen dem Bundesministerium für Justiz nicht vor. Da die Aus- und Fortbildung in der Justiz von einer Vielzahl an Stellen angeboten werden (Zentralstelle, Oberlandesgerichte, Oberstaatsanwaltschaften, Landesgerichte, Staatsanwaltschaften, Bundesverwaltungsgericht, Vereinigung der österreichischen Richter:innen, Vereinigung der österreichischen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte) und darüber hinaus die Fortbildung zumeist von Justizbediensteten in den Räumlichkeiten der Justiz abgehalten werden und daher Kostenanteile herausgerechnet werden müssten, stellt die Aufschlüsselung der Kosten für Fortbildungsveranstaltungen einen unvertretbar hohen Aufwand dar, der im Rahmen des Auskunftspflichtgesetzes nicht geleistet werden kann (siehe dazu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Auskunftspflichtgesetz, 41 d.B. (XVII. GP). Die Kosten der Fortbildungsveranstaltungen der Verwaltungsakademie des Bundes müssten direkt dort erfragt werden.
Mit freundlichen Grüßen