Wiener Wasserversorgung: Gewinnung, Verbrauch, Leitungsverluste und Bedarfsprognose
Hintergrundinformation zur Anfrage
In der von der Stadt Wien, Wiener Wasser herausgegebenen Publikation „Wiener Wasser 2050“ (online verfügbar unter https://www.wien.gv.at/umwelt-klimaschu…) werden Daten zum Wasserverbrauch (Grafik S. 9) bzw. „Wasserbedarf“ (Grafik S. 15) der Stadt Wien präsentiert, die teils eklatant voneinander abweichen. Beispielsweise hat der Wasserverbrauch laut Grafik auf S. 9 zwischen 1990 und 2000 stark zugenommen (auf etwa 150 Mio. Kubikmeter). Laut Grafik auf S. 15 war aber der „Wasserbedarf“ 2000 sogar etwas niedriger als 1990!
Die der Grafik zum jährlichen „Wasserbedarf“ auf S. 15 entnehmbaren Angaben übersteigen außerdem für den Zeitraum 2000 bis 2008 die Wasserverbrauchsdaten unter https://www.wien.gv.at/statistik/verwal… um bis zu 23 Mio. Kubikmeter und liegen im Jahr 2006 sogar über dem dort angegebenen Umfang der Wassergewinnung (145,19 Mio. Kubikmeter)!
Ungeachtet der divergierenden Wasserverbrauchszahlen beruht die Wasserbedarfsprognose bis 2050 in „Wiener Wasser 2050“, S. 15 auf Annahmen zur zukünftigen Entwicklung des Pro-Kopf-Wasserverbrauchs in Wien, die in keiner Weise begründet werden.
Der Pro-Kopf-Wasserverbrauch in Wien verringerte sich in den letzten zehn Jahren (2010-2020) laut Grafik auf S. 15 um ca. 0,68 Prozent pro Jahr. Die Fortschreibung dieses Trends würde das erwartete Bevölkerungswachstum von rund 15 Prozent mehr als kompensieren und für 2050 einen Wasserbedarf von lediglich 134 Mio. Kubikmeter ergeben, was deutlich unter dem angegebenen aktuellen Wasserverbrauch liegt. Dem als wahrscheinlichsten Wert präsentierten Wasserbedarf von 165 Mio. Kubikmeter für 2050 liegt jedoch ein stagnierender Pro-Kopf-Verbrauch zugrunde, und selbst der Mindestwert (151 Mio. Kubikmeter) basiert auf einer Reduktion des Pro-Kopf-Verbrauchs um nur ca. 0,28 Prozent pro Jahr.
1. Sofern der Stadt Wien verlässliche Daten zu Wassergewinnung, Wasserverbrauch und zum Ausmaß der Leitungsverluste in der städtischen Wasserversorgung vorliegen: Wie haben sich Wassergewinnung, Wasserverbrauch und Leitungsverluste in der Wasserversorgung der Stadt Wien (in 100.000 Kubikmeter) seit 1980 bis dato (jüngste verfügbare Daten) entwickelt?
2. Sofern solche verlässlichen Daten zur Wasserversorgung vorliegen, warum hat die Stadt Wien bei der Erstellung der Publikation „Wiener Wasser 2050“ sich widersprechende und daher fragwürdige Daten veröffentlicht und bis wann ist damit zu rechnen, dass die Stadt Wien ihren Bürgerinnen und Bürgern in gebührender Form verlässliche Daten zu Wassergewinnung, Wasserverbrauch und Leitungsverlusten bereitstellt?
3. Sofern solche verlässlichen Daten vorliegen, bis wann ist damit zu rechnen, dass die Stadt Wien die unter https://www.wien.gv.at/statistik/verwal… veröffentlichten Daten zu Wassergewinnung und Wasserverbrauch endlich korrigiert, deren Fehlerhaftigkeit laut von der MA 31 – Wiener Wasser bereits im Jänner 2021 eingeräumt wurde?
4. Die Stadt Wien hat der in ihrer Publikation „Wiener Wasser 2050“ veröffentlichten Prognose des Wasserbedarfs bis 2050 Annahmen zur Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs zugrunde gelegt, die einen weit höheren zukünftigen Wasserbedarf ergeben als bei Zugrundelegung des rückläufigen Pro-Kopf-Verbrauchs in den letzten zehn Jahren. Welche Gründe haben die Stadt Wien bewogen, genau diese Annahmen zu treffen und keine anderen?
Ergebnis der Anfrage
Grund der Anfrage waren widersprüchliche offizielle Angaben der Stadt Wien zur Gewinnung und zum Verbrauch von Trinkwasser von 1980 bis 2019, u. a. in der Publikation „Wiener Wasser 2050“, die eine Bedarfsprognose bis 2050 einschließt. Die Stadt Wien hat nun Daten für den Zeitraum 2000 bis 2019 übermittelt und mitgeteilt, dass die Richtigkeit von weiter zurückliegenden Daten "aufgrund der damaligen technischen Ausstattung" nicht überprüft werden kann. Das Ausmaß der Leitungsverluste könne ebenfalls aus technischen Gründen bzw. aufgrund "ungezählten Wasserverbrauchs" nicht exakt angegeben werden, liege aber jedenfalls unter 10 %. Daher war die Anfrage als "teilweise erfolgreich" einzustufen.
Die Stadt Wien hat zudem versprochen, die offensichtlich falschen Daten auf der Webpräsenz der Stadt Wien und in der erwähnten Publikation "Wiener Wasser 2050" zeitnah zu korrigieren.
Zu den Annahmen, die der Projektion des Wasserverbrauchs bis 2050 zugrundeliegen, erklärte die Stadt Wien, dass eine Konsolidierung des Pro-Kopf-Verbrauchs zuletzt sichtbar sei und dass aufgrund des "deutlich sichtbaren Anstiegs der Temperaturen" die Annahme einer signifikanten Abnahme des Wasserverbrauchs "unrealistisch" sei.
Auffallend an dieser Argumentation ist, dass die Stadt Wien den projektierten steigenden Wasserverbrauch als eine Art "Naturereignis" darstellt, dem die Behörden ebenso machtlos gegenüberstünden wie dem Anstieg der Temperaturen.
Zweifellos haben es die Wiener Behörden jedoch in der Hand, einer Verbrauchssteigerung durch Sparmaßnahmen kommunaler Einrichtungen, von Unternehmen und Haushalten entgegenzuwirken, um der Stadt potenziell kostspielige Investitionen in einen Kapazitätsausbau zu ersparen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und Kostensteigerungen zu vermeiden. Es stellt sich daher die Frage, ob die Stadt Wien tatsächlich keinerlei Maßnahmen zur Verringerung des Wasserverbrauchs plant oder vorbereitet.
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum15. Mai 2022
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10. Juli 2022
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