Sehr geehrter Herr Hametner,
aufgrund Ihres Auskunftsbegehrens wird mitgeteilt:
Ad 1.:
Gesetze:
• Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975 idF BGBl. I Nr. 159/2021.
• Bundesgesetz vom 5. März 1986 über die staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz – StAG), BGBl. Nr. 164/1986 idF BGBl. I Nr. 32/2018; insbesondere § 34c.
Verordnungen:
• Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 16. Juni 1986 zur Durchführung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (DV-StAG), BGBl. Nr. 338/1986 idF BGBl. II Nr. 325/2016; insbesondere §§ 2, 8f.
• Geschäftsordnung für die Gerichte I. und II. Instanz (Geo.), BGBl. Nr. 264/1951 idF BGBl. II Nr. 187/2020; insbesondere §§ 371ff.
• Verordnung des Bundesministers für Justiz über die Einstufung als und die Behandlung von Verschlusssachen (Verschlusssachenverordnung), BGBl. II Nr. 3/2015.
Sämtliche genannten Gesetze und Verordnungen sind im RIS abrufbar.
Ad 2.:
Eine Beschränkung der Akteneinsicht für dazu berechtigte Personen (§§ 51ff, § 68 und § 77 StPO) erfolgt durch eine – in der Aktenübersicht zu vermerkende – Herausnahme des jeweiligen Aktenstücks (§ 51 Abs. 2 StPO iVm § 170 Geo.).
Nach den Bestimmungen der DV-StAG iVm der Geo. sind von Akteneinsicht ausgenommene Aktenbestandteile in einer gesonderten Mappe zu verwahren und eine Ausnahme von der Akteneinsicht (tunlichst) in der Aktenübersicht, dem Anordnungs- und Bewilligungsbogen sowie ggf. im Wege eines Einlegeblattes an Stelle der betreffenden Ordnungsnummer zu dokumentieren.
Zudem ist es für die Akteneinsicht nehmende Person aufgrund der fortlaufenden Kennzeichnungspflicht für einlangende Geschäftsstücke mittels ON und Seitenzahlen (§ 8a Abs. 10 iVm § 375, § 378 Geo.) erkennbar, dass Geschäftsstücke oder Teile hiervon dem Akt entnommen wurden.
Im Ergebnis können die vom Auskunftswerber genannten Personen im Wege der Akteneinsicht Kenntnis von dem Umstand erlangen, dass einzelne Aktenbestandteile von der Akteneinsicht ausgenommen sind.
Ad 3.:
In der Regel werden Anlassberichte der Kriminalpolizei, mit welchen die Anordnung einer Durchsuchung angeregt wird, gemäß § 51 Abs 2 zweiter Satz StPO von der Akteneinsicht ausgenommen, um eine vorzeitige Kenntnisnahme insbesondere des Beschuldigten (aber auch anderer Akteneinsichtsberechtigter) von einer bevorstehenden Durchsuchung zu vermeiden. Dasselbe gilt für die schriftliche Anordnung der Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft und die den Aktenverkehr mit dem Gericht im Zusammenhang mit der Bewilligung der Anordnung zum Inhalt habenden Bestandteile des Anordnungs- und Bewilligungsbogens. Die Beschränkung der Akteneinsicht ist in der Regel unverzüglich nach Durchführung der Durchsuchungsmaßnahme aufzuheben.
Überdies besteht die Möglichkeit, einen Ermittlungsakt als Verschlusssache zu führen, wenn wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der aufzuklärenden Straftat oder der Funktion des Tatverdächtigen im öffentlichen Leben besondere Geheimhaltungsgründe bestehen und die Weitergabe von Informationen aus dem Ermittlungsverfahren mit einer besonderen Gefahr für die von den Ermittlungen betroffenen Personen oder Dritte oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verbunden wäre. Die Verschlussführung eines Akts lässt das Recht auf Akteneinsicht nach der StPO selbst zwar unberührt (§ 1 Abs. 5 und § 2 Verschlusssachenverordnung), sie führt jedoch zu einer Beschränkung der Zugriffs- und Bearbeitungsberechtigung auf einen sehr eingeschränkten Personenkreis sowie die Anwendung besonders geheimhaltungsfördernder Regeln betreffend die elektronische Akten- und Registerführung, die Aufbewahrung und Übergabe von Verschlussakten sowie deren (auszugsweise) Vervielfältigung und die Akteneinsicht. In der Praxis werden in besonders öffentlichkeitswirksamen Strafsachen polizeiliche Ermittlungsteams ("Sokos") gebildet, deren Mitglieder im Anlassfall bevorstehende Durchsuchungen auf der Grundlage besonderer kriminalistischer Kenntnisse in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft vorbereiten. Dabei ist auch behördenintern bei der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei nur eine beschränkte Zahl an fallbefassten Personen (und deren Vorgesetzten) über die bevorstehende Durchsuchung informiert. Schlussendlich ist die besondere Geheimhaltungsbedürftigkeit bevorstehender Untersuchungsmaßnahmen bei der Medienarbeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte zu berücksichtigen.
Im angeführten Zeitraum wurden keine spezifischen legistischen Maßnahmen gesetzt, „um zu verhindern, dass Hausdurchsuchungen einem größeren Personenkreis als zwingend nötig vorab bekannt werden“. Durch das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz wurde allerdings in § 49 Abs. 2 StPO klargestellt, dass der Beschuldigte das Recht hat, dass Opfern, Privatbeteiligten oder Privatanklägern Akteneinsicht (§ 68 StPO) nur insoweit gewährt wird, als dies zur Wahrung ihrer Interessen erforderlich ist.
Nach dem kürzlich überarbeiteten Berichtspflichtenerlass müssen Staatsanwaltschaften auch in grundsätzlich berichtspflichtigen Angelegenheiten keinen Vorhabensbericht mehr an das Bundesministerium für Justiz erstatten, so dass selbst die Zentralstelle des BMJ idR keine Kenntnis von bevorstehenden Durchsuchungen hat.
Mit freundlichen Grüßen